Linien
Madrid-Alicante und Alcazar-Ciudad-Real der
Bahn Madrid-Saragossa-Alicante, gut gebaut und betriebsam, hat (1887) 9557 F.,
eine große königl. Salpeterfabrik, Pulver- und Schokoladenmühlen, Seifenfabriken, Wollwebereien
und in der Nähe reiche
Galmei- und Eisengruben. Die einförmigen Hochebenen ringsum schildert
Cervantes im
«Don Quirote». -
Alcazar - Quivir nennen die
Spanier die marokk. Stadt
Kassr el-Kebir (s. d.).
(spr. ahlster oder abster), Frederick
BeauchampSeymour, Lord, brit.
Admiral, geb. zu
London,
[* 2] trat 1834 in
die Marine ein, wurde 1842 Schiffslieutenant, 1854
Kapitän, 1870
Konteradmiral und 1876 Vizeadmiral. Er nahm 1852-53 am
Kriege
gegen
Birma teil, befehligte 1855-56 eine schwimmende
Batterie im
SchwarzenMeere und war 1868-70 Privatsekretär
des ersten Lords der
Admiralität, 1872-74 Lord der
Admiralität im Marineministerium. 1880 führte er den Oberbefehl über
die Flotte vor Dulcigno, 1882 über die engl. Flotte vor
Alexandria, bombardierte 11. Juli die
Forts und besetzte 14. Juli die Stadt,
worauf er im
August die Überführung der brit.
Truppen nach Ismailia am
Sueskanal
[* 3] leitete. Dafür erhielt
er eine
Dotation von 25000 Pfd. St. und wurde als
Baron von Alcester zur Peerswürde erhoben. Er starb in
London.
L., Frauenmantel, Pflanzengattung aus der Familie der Rosaceen (s. d.),
Abteilung der Poterieen, mit gegen 30
Arten, meist in den Gebirgsgegenden
Südamerikas; einige sind in der nördlich gemäßigten
Zone der
Alten Welt weit verbreitet. Es sind ausdauernde, selten einjährige Kräuter mit meist handförmig gelappten oder
geteilten und zugleich handnervigen, selten vielspaltigen
Blättern und kleinen unansehnlichen, gelblich-grünen,
meist in doldenrispig angeordneten
Trugdolden stehenden
Blüten. In
Deutschland
[* 4] ist Alchemilla vulgarisL. (gemeiner Frauenmantel, Marienmantel,
Sinau) eine auf feuchten Wiesen, an
Gräben und in schattigen Wäldern häufige Art, deren langgestielte, nierenförmige, 7 - 9 lappige
Blätter früher offizinell waren. An Felsen und steinigen Orten der
Alpen
[* 5] ist häufig die schöne, auch
als Gartenzierpflanze benutzte Alchemilla alpinaL.
Alchymie (arab. al-kimia, entweder aus kemi, dem einheimischen kopt.
NamenÄgyptens, oder aus dem grch. chýmos, Flüssigkeit, Saft, entstanden) war der
Name, mit dem im Mittelalter bis herab
in das 17. Jahrh. die
Chemie bezeichnet wurde. Seitdem jedoch letztere wissenschaftliche
Begründung und
Gestalt gewonnen hat, wird mit Alchimie nur noch die vermeintliche Kunst, unedle Metalle in
Gold
[* 6] und
Silber zu verwandeln, benannt.
Die Alchimie verhält sich demnach zur gegenwärtigen
Chemie ebenso wie die
Astrologie
[* 7] zur
Astronomie.
[* 8]
Das Bestreben der Alchimisten des Mittelalters ging vorzüglich auf die
Darstellung zweier
Geheimmittel,
durch die jene erwünschte
Veredelung (Perfektionierung) der Metalle ermöglicht werden sollte. Das wichtigste dieser beiden
Präparate, das die Kraft
[* 9] besitzen sollte, nicht bloß
Silber, sondern auch unedle (imperfekte) Metalle, wie
Blei,
[* 10]
Quecksilber
u. s. w. in
Gold zu verwandeln, führte den
NamenStein der Weisen, roter Löwe,
großes Elixir oder Magisterium
(Meisterstück), auch
rote Tinktur und Panacee des Lebens.
Man
legte diesem
Mittel allerhöchste Kraft bei, insofern es nicht nur im stande sein sollte, unedle Metalle in edle zu verwandeln,
sondern auch als Universalmedizin zu dienen, die, aufgelöst und in angemessener Verdünnung als
Trinkgold (aurum potabile)
in kleinen Dosen genommen, alle
Krankheiten heile, das
Alter verjünge und das Leben verlängere. Die
Mystiker unter den Alchimisten
legten ihm sogar erlösende Kraft bei. Das zweite
Geheimmittel, auf halber
Stufe der
Vollkommenheit, das den
Namen weißer Löwe,
weiße Tinktur oder kleines Magisterium (Elixir) führte, beschränkte sich auf die Kraft, alle unedeln
Metalle in
Silber zu verwandeln.
Die, welche den
Stein der Weisen gefunden hatten, hießen
Adepten (s. d.). Die Ursprünge der Alchimie weisen auf das alte
Ägypten
[* 11] hin; der röm.
Kaiser Diocletian befahl 296 n. Chr., daß alle ägypt.
Bücher über die Goldmacherkunst verbrannt werden sollten. Spätere Alchimisten leiteten ihre Kunst
von Hermes
[* 12]
Trismegistus (s. d.) oder
Thoth
[* 13] ab, weshalb die Kunst des Goldmachens auch die
hermetische Kunst genannt ward. Im 4. Jahrh.
n. Chr. wurde das Problem der Goldverwandlung auf der gelehrten Schule zu
Alexandria mir Eifer verfolgt.
Ein unter dem
NamenDemokritos auftretender Schriftsteller, der offenbar dem alexandrinischen Gelehrtenkreise angehörte, eröffnete
mit seinem Werke «Physica et mystica» die lange Reihe eigentlich alchimist.
Werke. Dieselben erschienen großenteils unter dem
Namen berühmter
Philosophen (wie
Plato, Pythagoras u. s. w.), um der Sache
Achtung und Eingang zu verschaffen, sind aber wegen ihrer bilderreichen
Darstellung und seltsamen Nomenklatur wenig verständlich.
Die Griechen wurden die
Lehrer derAraber, welche die alchimist. Kunst mit Vorliebe pflegten und ihr zugleich
mit dem
Namen auch die Gestalt gaben, die sie im wesentlichen behalten hat. Epochemachend in letzterer
Beziehung wurde der
AraberAbu Musa Dschafar al-Sofi, genannt Geber (s. d.). Sein Hauptwerk ist die
ins
Lateinische übersetzte
«Summa perfectionis magisterii in sua natura»
(Rom,
[* 14] zwischen 1490
u. 1520;
Danzig
[* 15] 1682; französisch in Salmons «Bibliothèque des philosophes chimiques», 2 Bde.,
Par. 1672-78; vermehrte Ausg., 3 Bde.,
1741, mit einem 4. Bd. u. d. T.
«Bibliothèque des philosophes alchimiques ou hermétiques», 1754), aus
dem hervorgeht, daß zu Gebers Zeit als die Grundidee der
Chemie die Hypothese galt, die Metalle seien
zusammengesetzte oder vielmehr in ihrer
Substanz verwandelbare
Stoffe.
Alle Metalle sollten aus
Merkur
[* 16]
(Quecksilber) und Schwefel gebildet sein. Man könne daher denselben das hinzufügen, was ihnen
fehle, oder das von ihnen fortnehmen, was im Überfluß vorhanden sei. Das
Abendland erhielt die von den
Arabern und Mauren
in
Spanien
[* 17] seit dem 10. und 11. Jahrh.; von denselben entnahm man sowohl die Formen als die
Stoffe des
Studiums. Die berühmten Scholastiker
Albert d. Gr. und Roger
Bacon waren auch die berühmtesten Alchimisten ihrer
Zeit.
Arnoldus Villanovanus, gest. 1314, ein ausgezeichneter
Arzt, verfaßte über 20 alchimist.
Schriften. Der berühmteste
Alchimist des 13. und 14. Jahrh. war der excentrisch phantastische
Raimundus Lullus (s. d.), der 500
Schriften
meist alchimist. Natur verfaßt haben soll. Das Orakel der Alchimisten des 15. Jahrh. und
der Folgezeit wurde der
BenediktinerBasiliusValentinus (um 1415), der in jenem Zeitalter für
¶
mehr
den bedeutendsten und überhaupt letzten Chemiker gelten kann, dessen Richtung eine ausschließlich alchimistische war. Schon
Paracelsus (s. d.) ist nicht mehr zu den reinen Alchimisten zu rechnen, da er
ausdrücklich sagt, der wahre Zweck jener Wissenschaft sei nicht Gold zu machen, sondern Arzneien zu bereiten. Mit dem 16. Jahrh.
beginnt eine Sonderung der Bestrebungen, und von den wissenschaftlichen Chemikern, die sich jedoch noch
nicht ganz von dem Wahne der Alchimie befreien können, scheidet sich eine zahlreiche Klasse meist umherziehender Abenteurer, die
den allgemeinen Glauben an die Möglichkeit, Gold zu machen, zu trügerischen Zwecken benutzen und scheinbare Proben ihrer Kunst
ablegen.
Namentlich wurden Fürsten und Vornehme auf diese Weise hintergangen. Viele gekrönte Häupter im 15., 16. und 17. Jahrh.
waren eifrig mit dem Studium der Alchimie beschäftigt; so z. B. mehrere Könige von England, besonders
Heinrich VI., unter dem mit Hilfe einer Compagnie von Goldmachern das Land mit falschem Golde und falscher Münze
überschwemmt wurde. Das Metall, das hier die Rolle des Goldes übernehmen mußte, war sehr wahrscheinlich eine Kupferlegierung.
In ähnlicher Weise manipulierte um dieselbe Zeit Karl VII. von Frankreich mit Hilfe eines gewissen Jacques Le
[* 19] Coeur.
Selbst Frauen, wie die Kaiserin Barbara, Witwe des Kaisers Sigismund, werden unter den Adepten genannt. KaiserRudolf II. (1576-1612) war Mäcen der fahrenden Alchimisten, und seine Residenz bildete den Mittelpunkt für die alchimist.
Bestrebungen seiner Zeit. Seine Schützlinge nannten ihn den deutschen Hermes Trismegistos, und sein Beispiel erweckte besonders
am benachbarten sächs. Hofe Nachahmung. Kurfürst August von Sachsen
[* 20] und seine Gemahlin Anna von Dänemark
[* 21] beschäftigten
sich mit der erstere in seinem «Goldhaus» zu Dresden,
[* 22] die letztere in ihrem prächtig eingerichteten Laboratorium
[* 23] im Fasanengarten
zu Annaburg.
Dresden blieb noch lange der Sitz alchimist. Fürsten, und die Alchimie wurde am eifrigsten betrieben, als die
Erwerbung der poln. Krone einen außerordentlichen Geldaufwand erforderte. Auch der Berliner
[* 24] Hof
[* 25] ward unter
Kurfürst JohannGeorg der Schauplatz eines alchimist. Schwindlers, des Leonhard Thurnheysser, der jedoch aus Berlin
[* 26] fliehen
mußte. Über hundert Jahre später fällt das Auftreten von JohannFriedrichBöttger (s. d.) in Dresden, der zwar kein Gold zu
stande brachte, dafür aber in seiner Haft 1704 erst das braune Jaspisporzellan und 1709 das weiße Porzellan
erfand.
Einer der letzten Adepten war um dieselbe Zeit Caetano, genannt Graf Ruggiero, ein geborener Neapolitaner und Bauernsohn, der
an den Höfen von München,
[* 27] Wien
[* 28] und Berlin sein Unwesen trieb und in letzterer Stadt 1709 sein Ende an einem mit Flittergold
beklebten Galgen fand. Doch trat nach ihm noch ein Engländer, der Arzt James Price, auf, der vor der königl.
Gesellschaft der Wissenschaften erklärte, ein rotes und weißes Pulver erfunden zu haben, womit man Quecksilber beliebig in
Gold und Silber verwandeln könne.
Als er jedoch ernstlich gedrängt ward, die Beweise dafür zu liefern, brachte er sich 1783 durch Gift um.
Mit ihm waren die Alchimisten immer noch nicht ganz ausgestorben. Noch zu Anfang des 19. Jahrh.
bestand in Deutschland eine von Kortum (s. d.) in Bochum
[* 29] (dem Verfasser der «Jobsiade») gegründete Gesellschaft von
Alchimisten (die «Hermetische Gesellschaft» genannt),
die ihre Verhandlungen regelmäßig im «Deutschen Reichsanzeiger» veröffentlichte.
Nach dem gegenwärtigen Stande der Chemie, wonach man die Metalle als Elemente, d. i. als chemisch einfache Stoffe, ansieht,
muß es für unmöglich gelten, aus andern als goldhaltigen StoffenGold zu gewinnen. Sollte sich aber auch zeigen, daß die
Metalle zerlegbar sind, so steht doch fest, daß der Weg zur Metallverwandlung ein ganz anderer sein
müßte, als der von den Alchimisten eingeschlagene. Die Alchimisten haben aber durch die Erfahrungen, die sie bei ihren
Experimenten notwendig machen mußten, der Chemie den wesentlichsten Nutzen gebracht, ja mit den Grund zu dieser Wissenschaft
gelegt.
Litteratur. Schmieder, Geschichte der Alchimie (Halle
[* 30] 1832);