Unter dem Grundsatz der Aktenmäßigkeit versteht man
die Regel des schriftlichen Prozeßverfahrens, daß nur der Akteninhalt Grundlage des richterlichen
Urteils sein soll («Quodnon est in actis, non est in mundo», d. h. «was
nicht in den
Akten, ist für den
Richter nicht in der Welt»).
Im mündlichen
Verfahren gilt der entsprechende
Grundsatz, daß der
Richter nur das zu berücksichtigen hat, was vor ihm vorgetragen ist.
ein aus
Italien
[* 2] nach
Deutschland
[* 3] übernommenes, aber durch die heutige Prozeßgesetzgebung aufgehobenes
und daher auch in die
Deutsche Civilprozeßordnung
[* 4] und Strafprozeßordnung nicht übergegangenes Rechtsinstitut.
Nach früherm
Gemeinen
Recht war der
Richter befugt, aus eigenem
Antriebe oder auf
Antrag einer Partei, nach
Schluß der Verhandlung die gesamten
Prozeßakten an eine Juristenfakultät oder an einen Schöppenstuhl zu übersenden, deren
Spruch er dann als
Urteil zu publizieren
verpflichtet war.
I.
Begriff und rechtliche
Struktur. DieAktiengesellschaft ist ein
Verein, der als solcher durch bestellte
Vertreter auf der Grundlage eines durch Einlagen als festbestimmte Beteiligungseinheiten gebildeten festbestimmten
Kapitals
(Grundkapital), in welchem der alleinige Haftungsgegenstand besteht, ein Unternehmen betreibt. Die Mitgliedschaften sind
entsprechend der Zahl der Beteiligungseinheiten gebildet, auf wechselnde
Personen angelegt und mittels der ausgestellten Beteiligungsurkunden
übertragbar. Da die Eigenschaft des Geschäftsherrn nicht individuell bestimmten Gesellschaftern, sondern
dem
Verein zukommt, wird die
Aktiengesellschaft in
FrankreichSociété anonyme genannt.
Sowohl die Mitgliedschaft wie die über dieselbe ausgestellte
Urkunde heißt Aktie (frz. action; engl. share). Die charakteristischen
Merkmale für die
Aktiengesellschaft bestehen darin, daß die Haftung sämtlicher Mitglieder für die Gesellschaftsschulden
auf die das
Kapital bildenden festen Einlagen beschränkt ist, daß die Mitgliedschaften in der bezeichneten
Weise gestaltet
sind, und daß eine Vereinsorganisation vorhanden ist. Es kann die
Beschränkung des Einsatzes seitens aller Mitglieder auf
bestimmte Einlagen beabsichtigt sein, und doch liegt keine
Aktiengesellschaft vor, weil die Mitgliedschaften nicht
aktienartig gestaltet sind; dabei ist indessen zu bemerken, daß es in
Bezug auf diese Gestaltung, insbesondere was die
Übertragbarkeit
durch
Urkunden anlangt, unvollkommene
Bildungen geben kann, die deshalb noch nicht zur
Annahme berechtigen, es liege keine
Aktiengesellschaft
vor.
Andererseits genügt es für das Vorhandensein einer
Aktiengesellschaft nicht, daß die Gesellschaft ein
aus Einlagen der Mitglieder zusammengesetztes
Kapital hat, welches die Gestaltungsnorm für die Mitgliedschaften bildet, sofern
es nicht zugleich auch die Grenze für die Haftung der Mitglieder bildet. So kennt die engl.
Gesetzgebung Gesellschaften mit einem in Aktien geteilten
Kapital, deren Mitglieder aber unbeschränkt oder für die durch
dasKapital nicht gedeckten Schulden ein jedes bis zu einer bestimmten
Summe haften und die deshalb keine
Aktiengesellschaften sind, nämlich die unlimited companies having a capital divided into shares und die companies limitedby guarantee having a capital divided into shares, im Gegensatze zu den als
Aktiengesellschaften zu
erachtenden companieslimitedby shares.Endlich kann trotz der auf ein
Kapital beschränkten Haftung und trotz der aktienähnlichen
Gestaltung der Mitgliedschaften die
Aktiengesellschaft ausgeschlossen sein, weil im Gegensatz zu einem organisierten,
d. i.
durch eine
Verfassung zu einer Einheit zusammengefaßten und durch Organe handelnden
Vereine nur eine
Verbindung der einzelnen
zu individueller Bethätigung durch Geschäftsbetrieb,
Kontrolle oder maßgebenden
Widerspruch vorliegt.
Die
Aktiengesellschaft unterscheidet sich in ihrer
Struktur ganz wesentlich von der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft
(s. d.) mit beschränkter Haftpflicht (Gesetz vom denn letztere hat
eine durch
Ab- und Zugang wechselnde Zahl von Mitgliedschaften und ebendeshalb wie wegen der besondern Bestimmungen über
die
Bildung der Geschäftsanteile ein sich nur allmählich bildendes und in seiner Höhe wechselndes
Kapital,
und der Einsatz der Mitglieder besteht neben den Einlagen zur
Bildung dieses
Kapitals in der Haftung für die durch dasselbe
nicht gedeckten Schulden in Höhe bestimmter
Summen (nicht niedriger als der Geschäftsanteil).
Die als Gewerkschaft (s. d.) bezeichnete deutschrechtliche
Bergwerksgenossenschaft neuern
Rechts hat mit der
Aktiengesellschaft Mitgliedschaften gemein, welche entsprechend einer Zerlegung
des Grundvermögens in
Teile (sog. Kuxe) gebildet, dauernd und auf den Wechsel in der
Person des Inhabers angelegt sind. Aber
die Gewerkschaft bewirtschaftet das
Bergwerk mit Einschüssen, welche die Mitglieder entsprechend ihren Anteilen fortgesetzt
gemäß dem vorhandenen Bedürfnis zu leisten haben und welche an sie mittels Verteilung der gewonnenen
Ausbeute zurückfließen, und diese unbeschränkte Beitragspflicht erhält ihre Grenze nur durch die Befugnis jedes Mitgliedes
zur Aufgebung seines Anteils behufs des Verkaufs oder des
Anfalls zu Gunsten der übrigen Mitglieder.
Die
Schiffsparten bei der
Reederei (s. d.) haben zwar eine gewisse äußere
Ähnlichkeit
[* 5] mit den Aktien,
aber die
Reederei steht ihrer rechtlichen Natur nach, wenn man sie auch als einen Mehrheitsverband bezeichnen kann, der
Aktiengesellschaft
durchaus fern, was sich schon daraus ergiebt, daß die Mitreeder für alle
Verbindlichkeiten, für welche ein
Reeder überhaupt
über Schiff
[* 6] und Fracht hinaus haftet, nach Verhältnis der
Größe ihrer
Schiffsparten persönlich haftbar
sind.
Entspricht es dem reinen
Typus der
Aktiengesellschaft, daß sich in der festen Einlage zu dem Gesamtkapital die
Verbindlichkeit
aus der Mitgliedschaft erschöpft, so lassen sich doch Modifikationen denken, indem die Mitglieder noch neben den Einlagen
andere gesellschaftliche Beiträge begrenzter Art, wenn auch nicht zur
Vermehrung des Grundkapitals, so
doch zu Betriebszwecken zu leisten sich verpflichten. So haben in
Deutschland fortgesetzt bereits seit Mitte der fünfziger
Jahre sich
Vereinigungen von Landwirten zum Betrieb von Zuckerfabriken mit selbstgewonnenen Rüben in der Form von
Aktiengesellschaften
mit Rübenbau- und Rübenlieferungspflicht der
Aktionäre gebildet und anstandslos die Registrierung und
die Staatsgenehmigung, als es letzterer noch bedurfte, erhalten. Die Rechtsprechung erkennt aber, weil die Gesetzgebung die
Entstehung und die Bethätigung der
Aktiengesellschaft unter einzuhaltende Normativbestimmungen gestellt hat und diese nur
den reinen
Typus, bei dem sich die Mitgliedsverpflichtung in
¶
mehr
der festen Einlage zum Grundkapital erschöpft, vor Augen haben, die rechtliche Zulässigkeit solcher Verbindung innerhalb
des Rahmens der Aktiengesellschaft nicht an, so daß die Rechtslage dieser Gesellschaften, die vielfach sich gedeihlich entwickelt
haben, eine in vielen Beziehungen prekäre ist. Die Aktienurkunden sind, weil sich in ihnen die Anteile am Gesellschaftsvermögen
zum Zwecke der Übertragung nach Grundsätzen des Sachenrechts verkörpern, Wertpapiere und als solche Gegenstand des Verkehrs.
Sie werden auf die Geldbetragsziffer des für die Aktie normierten Kapitalanteils (den Nominalbetrag) ausgestellt. Dies kann
freilich irre führen, da das spätere Gesellschaftsvermögen dem normierten Grundkapital möglicherweise infolge von Verlusten
gar nicht mehr entspricht, und es wäre zutreffender, auf der Aktie nur das quotale Verhältnis der einzelnen
Aktie zur Gesamtzahl der Aktien zum Ausdruck zu bringen. Vorschläge in dieser Richtung haben bisher keinen Eingang gefunden,
weil die Bildung des Tagespreises der Aktien an der den Markt für dieselben bildenden Börse, wie er im Kurs
zum Ausdruck kommt, zunächst ihren Ausgangspunkt vom ursprünglichen Werte der Aktien nimmt und deshalb, sowie behufs steter
Vergleichung des derzeitigen Preises mit dem ursprünglichen Werte die stete und sofortige Erkennbarkeit des Geldbetrages
des letztern im Verkehr als Bedürfnis erachtet wird. Nur das belg. Gesetz läßt solche Quotenaktien
fakultativ zu.
Für Deutschland ist seit dem in Bezug auf die Aktiengesellschaft wie die Kommanditgesellschaft
auf Aktien (s. unten) das Reichsgesetz vom in Wirksamkeit. Die Aktiengesellschaft ist, gleichviel worin der Gegenstand
ihres Unternehmens besteht, Handelsgesellschaft und daher Kaufmann. Sie kann nur eine Sachfirma haben, darf aber bei
Erwerb eines bereits bestehenden Geschäfts nebst dessen Personenfirma Zusätze über dieses Nachfolgeverhältnis machen.
Um das Kleinkapital von der Anlage in Aktien mit den daran geknüpften Gefahren fernzuhalten, darf die Zerlegung des Grundkapitals
nicht in Teile unter 1000 M. erfolgen und keine weitere Unterteilung stattfinden. Indessen sind Aktien mit einem Mindestbetrage
von 200 M. an zulässig, falls die Übertragung des Aktienrechts an die Genehmigung der Aktiengesellschaft gebunden ist oder
der Bundesrat die Ausgabe von Aktien für ein gemeinnütziges Unternehmen bei örtlichem Bedürfnis oder für ein Unternehmen
mit Ertragsgarantie, die von einer öffentlichen Körperschaft ausgeht, gestattet.
Die Gesellschaft bedarf zur Entstehung nicht der Staatsgenehmigung und unterliegt nicht der behördlichen
Aufsicht, soweit nicht, wie z. B. bei Eisenbahnen, der Gegenstand des Unternehmens an sich genehmigungspflichtig ist oder behördlicher
Aufsicht unterliegt. Ihre Entstehung, wie die Veränderung ihrer Verfassung und ihre Auflösung unterliegen dem Registrierungszwang.
Erst mit der Eintragung in das Handelsregister des Handelsgerichts am Sitze der Gesellschaft gelangt
sie zur rechtlichen Existenz.
Wird vor dieser Eintragung namens der Gesellschaft gehandelt, so haftet jeder der Handelnden Dritten gegenüber persönlich
zum vollen Betrage der entstandenen Verbindlichkeit. Von dieser Haftung befreit nicht schon die Kenntnis des Dritten, daß
die Aktiengesellschaft noch nicht besteht, sondern nur besondere Vereinbarung mit demselben.
Die für
die Entstehung der Gesellschaft und ihre Bethätigung gegebenen Normativbestimmungen bezwecken den Schutz sowohl der Gesellschaftsgläubiger
wie der Aktionäre. Da das Grundkapital, dessen normierte Höhe vom Handelsgericht sofort nach der Registrierung öffentlich
kundgegeben wird, die alleinige Kreditbasis bildet, so zielen jene Normativbestimmungen darauf ab, thunlichste Sicherheit
dafür zu gewähren, daß zur Zeit der Eintragung das Grundkapital aufgebracht ist, daß es dauernd erhalten
wird, und daß das Unternehmen seitens des Publikums richtig geschätzt werden kann.
Dies geschieht durch ein System von Verantwortlichkeiten, welche in Bezug auf die Entstehung der Gesellschaft mit dem normierten
Grundkapital insbesondere den Urhebern der Entstehung, den Gründern (s. d.), für
ihnen nach dem Gesetz obliegende Erklärungen und Prüfungen, in Bezug auf die dauernde Erhaltung des Grundkapitals und die
wahrheitsgemäße Kundgebung des Standes des Unternehmens bestimmten Organen der Gesellschaft für ihre Verwaltungs- und Beaufsichtigungshandlungen
auferlegt sind.
Die Errichtung der Gesellschaft muß sich in bestimmt vorgeschriebenen Formen vollziehen, die verschieden
sind, je nachdem sich der Gründungshergang als einheitlicher Gesamtakt oder als allmählich fortschreitende Reihe von Einzelakten
darstellt (Simultan- oder Successiverrichtung, s. Gründung). Beiden gemeinschaftlich ist die erforderliche
Feststellung des als Verfassung der Gesellschaft zu erachtenden, gemeinhin als «Statut» bezeichneten Inhalts des Gesellschaftsvertrages.
Zu den hier notwendig festzusetzenden Punkten gehört die Festsetzung des Grundkapitals in bestimmter
Höhe.
Dieses muß bereits vor der Eintragung der Gesellschaft voll aufgebracht sein. Für den vom rechtlichen Standpunkt als die
Regel zu erachtenden Fall, daß es sich um ein Barkapital handelt, welches die Gesellschaft mit ihrer Entstehung zu einer
nicht schon im voraus durch Abmachungen beschränkten Verwendung erhält, geschieht die Aufbringung durch
sämtliche Teilbeträge deckende Beteiligungserklärungen, Übernahme oder Zeichnung (s. d.)
von Aktien, und Einzahlung von mindestens 25 Proz. des Nominal- oder höhern Ausgabebetrages für
jede Aktie.
Das Grundkapital kann aber auch ganz oder teilweise ein anderes als bares, nämlich ein durch vorhandene oder herzustellende
Anlagen oder sonstige Vermögensstücke, die sog. Illationen oder Apports, vertretenes sein, indem diese Vermögensstücke,
auf einen bestimmten Kapitalsbetrag angeschlagen, eingebracht und dafür demselben entsprechend Aktien gewährt werden, oder
es kann das Barkapital ganz oder teilweise durch Vorverträge schon mit dem Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaft zu bestimmten
Verwendungen, insbesondere auch zur Gewährung von Belohnungen und Vergütungen für die Gründung der
Gesellschaft, gebunden sein. Um hier wie überhaupt Täuschung und Beschädigung des Aktien erwerbenden Publikums zu vermeiden,
fordert das Gesetz die Offenlegung des wirklich Vereinbarten im Gesellschaftsvertrage, legt den Gründern noch besonders
in Bezug auf gewisse Grundlagen für die Wertsbemessung von Sacheneinlagen eine Offenlegungspflicht
auf und verpflichtet sie, sowie neben ihnen bestimmte andere Kategorien von Personen, die zu der Gründung in Beziehung stehen
oder vom Gesetz in Beziehung gesetzt sind und denen das Gesetz die Pflicht
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