gekauft, der sie in Frankreich erziehen ließ und wahrscheinlich zu seiner Maitresse machte. Eine bedeutende Summe, die ihr
der Graf vermacht hatte, trat sie an dessen Schwester ab. Sie starb 1733. Ihre Briefe (hg. von Voltaire, Par. 1787; Ravenel 1846;
Asse 1873) sind durch ihre Beziehungen zu den berühmtesten Persönlichkeiten ihrer Zeit interessant. -
Vgl. Sainte-Beuve in der «Revue des Deux mondes» (1846).
(Ahistulfus, Haistulfus), König der Langobarden, folgte 749 seinem Bruder Ratchis, der Mönch wurde. Aistulf erneuerte
den Versuch, ganz Italien unter der langobard. Krone zu vereinigen, eroberte Ravenna, nötigte die Herzöge von Benevent und
Spoleto zur Heerfolge und bedrängte Rom. Da zog auf Bitten des Papstes Stephan II. der Frankenkönig Pippin 754 nach
Italien und zwang Aistulf zu dem Versprechen, die Eroberungen herauszugeben. Als Aistulf seine Zusage nicht
erfüllte, drang Pippin 756 wieder in Italien ein, zwang Aistulf seine Oberherrschaft anzuerkennen und ihm die streitigen Lande
zu übergeben, die Pippin dann dem Papste überwies. Aistulf starb Ende 756. -
Vgl. Abel, Der Untergang des
Langobardenreichs (Gött. 1859).
(Äther), die in den mythischen Kosmogonien und Theogonien der Griechen vorkommende göttliche Personifikation
des Äthers, d. h. der obern, reinern Himmelsluft, die, wie bei den Indern, als Sitz des Lichts und der
obern Götter, namentlich des Himmelsgottes Zeus gedacht wurde. In Hesiods Theogonie erscheint Aither als Sohn des Erebos und der
Nyr (Nacht) und Bruder der Hemera (des Tages), die orphischen Hymnen fassen dagegen Aither als Weltseele, d. h. als
feuriges Lebenselement aller organischen Wesen auf. Hie und da wird er auch mit Zeus oder Uranos identifiziert und als Gatte
der Erde gedacht.
(Äthra), Tochter des Pittheus (s. d.) von Trözen, durch Poseidon oder Aigeus Mutter des Theseus. Ihr vertraute dieser
die geraubte Helena an, als er mit Peirithoos in die Unterwelt hinabstieg. Während seiner Gefangenschaft
daselbst befreiten die Dioskuren ihre Schwester und führten Aithra als Gefangene mit nach Sparta. Als Sklavin der Helena gelangte
sie mit nach Troja, wurde aber bei der Eroberung der Stadt von ihren Enkeln Demophon und Akamas erkannt und wieder befreit.
Als Sklavin der Helena war Aithra auf dem Kasten des Kypselos dargestellt. Auf Reliefs findet sie sich, wie
sie dem Theseus das von seinem Vater unter einem Felsen verborgene Schwert und die Schuhe zeigt, auf Vasen erscheint ihre Befreiung
aus der Knechtschaft.
(Ätolus), Sohn des Endymion von Elis, mythischer Stammvater der Ätoler, wanderte infolge
einer Blutschuld nach dem Lande der Kureten aus, das nach ihm fortan Ätolien hieß.
(spr. eht'n), William, Botaniker, geb. 1731 bei Hamilton in Schottland, war seit 1759 Vorstand des königl. Botanischen
Gartens zu Kew, der unter ihm der reichste der Welt wurde, und starb 1. Febr. 1793 zu Kew. Sein «Hortus Kewensis»
(3 Bde., Lond. 1789) enthält die Beschreibung von 5600 zum Teil bis dahin noch unbekannten Pflanzenarten. - Sein Sohn und
Nachfolger, William Townsend Aiton, geb. 2. Febr. 1766 in Kew, gest.
daselbst 9. Okt. 1849, lieferte eine neue Ausgabe des «Hortus Kewensis» (5 Bde., Lond.
1810-13).
Lieuwe van, niederländ. Geschichtschreiber, geb. 19. Nov. 1600
zu
Dokkum, widmete sich dem Studium der Politik und der Staatswissenschaften und wurde 1645 Resident der Hansestädte im Haag,
wo er 23. Febr. 1669 starb. Aitzema sammelte mit Umsicht alle wichtigen Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte seiner Zeit, reihte
sie in Urtext und holl. Übersetzung aneinander und schuf so, jene Aktenstücke erläuternd, ein höchst
wertvolles Werk, das die glänzendste Periode der niederländ. Geschichte (1621-69) darstellt: «Historie
of Verhael van Saken van staet en oorlogh, in ende omtrent de vereenighde Nederlanden» (15 Bde.,
Haag 1657-71; 2. unvollständige Ausg., 7 Bde.,
1669-72).
(im Türkischen; grch. Kydonia oder Kidonia; beides heißt Quittenstadt), Seestadt im Sandschak
Karassi des türk. Wilajets Khodawendikjar, im nordwestl. Kleinasien, 40 km südwestlich von der Stadt Adramytti, am Golf von
Adramytti, mit einem 16-30 m tiefen Hafen, dessen Eingang verschlammt ist und nur 1-1½ m Tiefe hat, ist durch wiederholte
Einwanderungen aus Griechenland erst im 18. Jahrh. entstanden. Aïwalyk, bis 1821 eine rein griech.
Stadt von mehr als 34000 E., wurde in diesem Jahre wegen Teilnahme an der griech. Erhebung von den Türken mit Feuer und Schwert
verwüstet.
Später erwarb der Rest der zerstreuten Bevölkerung (18000) vom Sultan Mahmud die Erlaubnis zur Rückkehr.
Gegenwärtig hat Aïwalyk 30000 E., nur Griechen, die sich mit Landbau, namentlich mit der Kultur des Ölbaums, mit Schiffbau, Seeschiffahrt
und Handel, besonders mit Ölhandel beschäftigen. Sie stehen unter eigenen Lokalbehörden, haben ein Gymnasium, drei Elementarschulen
und ein Krankenhaus. Am südl. Eingänge in den Golf von Adramytti liegt die Gruppe der Moskonisia-Inseln,
von denen Moskonisos, mit der Stadt Moskonisia, mit Aïwalyk durch eine Brücke verbunden ist.
oder Aiwaz, in der Türkei ein mit gröberer, jedoch nicht anstrengender Arbeit beschäftigter Hausdiener, der
namentlich den Küchenbedarf herbeizuschaffen hat und sich an geringer Kost und dürftigem Lohn genügen läßt.
In frühern Jahrhunderten kam es wohl vor, daß Aiwas zu Reichtümern gelangten und zu hohen Würden aufstiegen;
wo dann das
Wort Aiwas ihrem Namen und Titel vorangestellt wurde;
z. B.
Aiwas Mehemed Pascha.
Ile d'Air (spr. ihl dähß oder däh), eine 2300 m lange und 1800 m breite, 129 ha
große, von Fischern bewohnte Insel (367 E.) an der atlantischen Küste Frankreichs, zwischen der Mündung der Charente und der
Insel Oléron, zur ehemaligen Landschaft Aunis und dem jetzigen Depart. Charente-Inférieure gehörig, 31 km südlich von La
Rochelle. Die Insel hat einen Leuchtturm von 17 m Höhe und ein Fort, das dem 20 km südöstlich liegenden
Hafenplatze Rochefort zum Schutze dient.
Ihre Reede ist wegen der beträchtlichen Tiefe eine der besten Frankreichs. Die von Rochefort ausgelaufenen Schiffe erwarten
daselbst den günstigen Wind. Vor 1707 war die Insel durch einen Landstreifen mit dem Festlande verbunden. Im Siebenjährigen
Kriege wurde das Fort 1757 und 1761 von den Engländern zerstört. Am 11. April 1809 fand hier ein Seetreffen
zwischen den Engländern und Franzosen statt, in dem die erstern vier franz. Linienschiffe zerstörten; 1815 überlieferte
sich hier Napoleon I. den Engländern.
2) Hauptstadt Aix oder Aix-en-Provence des Arrondissements und der ehemaligen Provence, in fruchtbarer Ebene, nicht weit und
links vom Arc, an den Linien Lyon-Grenoble-Marseille und Aix-Rognac der Franz. Mittelmeerbahn, ist Sitz eines Erzbischofs (die
Kirchenprovinz Aix umfaßt die Erzdiöcese Aix, Arles und Embrun und die Suffraganbistümer Digne, Fréjus
und Toulon, Gap, Marseille, Nizza, Ajaccio), eines Appellhofs, eines Civil- und Handelstribunals, einer Gewerbekammer und hat
(1891) 19 220, als Gemeinde 28 357 E., in Garnison das 3. Infanterieregiment, eine theol., eine jurist. und eine philos.
Fakultät, eine Akademie der Wissenschaften (seit 1100), ein Lyceum, eine Bibliothek (170000 Bände, 1190 Handschriften),
eine Schule für Künste und Gewerbe u. s. w. Von den vier Springbrunnen ist die Fontaine de la Rotonde mit drei Marmorstatuen
(Gerechtigkeit, Agrikultur und Kunst) der schönste; ein anderer giebt warmes Mineralwasser und ein dritter trägt ein Marmorstandbild
des Königs René d'Anjou, des Freundes der Troubadours. Das Altertumsmuseum enthält die zu Entremont
aufgefundenen ältesten gall.
Basreliefs und viele röm. und christl. Denkmäler der ersten Jahrhunderte; das Museum von Bourguignon de Fabregoules umfaßt 1000 Nummern;
ein naturwissenschaftliches Museum befindet sich im Hotel de Ville. Das Musee Granet, 8. Dez. 1801 eröffnet, enthält nur Gemälde
dieses hier geborenen Malers. Die vorzüglichsten Bauwerke der Stadt sind: die alte Kathedrale St. Sauveur
aus dem 11. Jahrh., die got. St. Johanniskirche von 1231 mit den 1828 wiederhergestellten
Gräbern der Grafen von Provence, der 1831 vollendete Justizpalast, das Stadthaus, der Uhrturm bei den Quellen des Marktes mit
einer merkwürdigen Mechanik.
Die Stadt hat mehrere sehr große und schöne Plätze und eine herrliche Promenade (Cours Sextius, früher Orbitelle genannt).
Aix ist der Mittelpunkt für die Bereitung des Provenceröls; außerdem bestehen Kattundruckereien, Ölpressen, Hutfabriken
(2000 Arbeiter), Fabrikation von Mehlwaren; Handel mit Öl, Wein, Getreide, Mehl, Vieh, Salz, Wolle, Mandeln, Konfitüren u. s. w.
Die Thermalquellen (35° C.) sind klar und durchsichtig wie Quellwasser, fast geruchlos, jedoch mit einem
etwas bitterlichen Geschmack. Sie haben den Ruf, die Schönheit der Haut zu erhalten, und werden deshalb besonders von Frauen
besucht. - Aix wurde 123 v. Chr. durch den röm. Prokonsul Cajus Sextius Calvinus angelegt und wegen seiner
Mineralquellen Aquae Sextiae, später Colonia Julia Aquensis Augusta genannt. Auf der Ebene zwischen und Arles schlug Marius 102 v. Chr.
die Teutonen und Ambronen. Im Mittelalter erlangte die Stadt Bedeutung als Hoflager der Grafen von Provence. Aix war Sammelplatz
der Troubadours, Sitz der Liebeshöfe und der Galanterie. 1481 wurde es mit Frankreich vereinigt.
3) Hauptstadt (Aix oder Aix-les-Bains; das röm. Aquae Gratianae oder Aquae Domitianae) des Kantons Aix (108,77 qkm, 14 Gemeinden, 15 039 E.)
im Arrondissement Chambéry des franz. Depart. Savoie, 12 km
nördlich von Chambéry, 32 m über dem See von Bourget und in einem breiten Thale, an den Linien Culoz-Chambéry
und Aix-Annecy (40 km) der Franz. Mittelmeerbahn, hat (1891) 3752, als Gemeinde 6296 E. und war schon in der röm. Kaiserzeit
ein besuchter Badeort. Unter zahlreichen Resten aus dem Altertum sind der sog. Bogen des Campanus, ein aus dem 3. oder 4. Jahrh.
stammendes Grabdenkmal in Form eines Triumphbogens (9,16 m hoch, 6,75 m breit), welchesL. Pompejus Campanus
für seine Familie zur Aufnahme der Urnen errichtete, ferner die Ruinen eines ion. Dianatempels und eines Vaporariums und röm.
Bades am besten erhalten.
Das Stadthaus, ein ehemaliges Schloß, enthält ein Museum mit im See aufgefundenen Altertümern und eine
Bibliothek. Die im Osten der Stadt gelegenen Bäder sind Schwefelthermen. Man unterscheidet die Schwefelquelle (eine Quelle von
45° C.) und die 1858 gefaßte (aber keinen Alaun enthaltende) Alaun- oder St. Paulsquelle von 43,3° C. Das Wasser beider
Quellen, in 24 Stunden 45000 hl, ist klar, hat schwach schwefelwasserstoffartigen Geruch und Geschmack und
wird zum Baden, wenig zum Trinken, besonders gegen Pfortaderstockungen, Blennorrhöen und Rheumatismus, auch in Form von Gasbädern
(26 Zellen) und Douchen (28) benutzt.
Die Zahl der Badegäste beläuft sich jährlich auf über 12000. Die mittlere Jahrestemperatur ist 10° C. Das Badegebäude
wurde 1779-83 von Victor Amadeus III. von Sardinien erbaut und 1857-70 erweitert. Das Hospital ist 1813 von
der Königin Hortense gegründet. Ungefähr 2 km entfernt entspringen im Dorfe Marlioz sehr wirksame alkalische Quellen von
14° C., welche Schwefel, Jod und Brom enthalten und seit 1850 in Gebrauch gekommen sind. Am westl. Ufer des Sees die Cistercienserabtei
Haute-Combe (s. d.).