Ägyptische Chlorose - Ägyptische Expedition der Franzosen
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253 entspricht keiner bestimmten Entzündungsform, sondern ist ein Sammelname für eine Anzahl verschiedener
Ophthalmien,
die Blennorrhöe, die
Diphtheritis, die kruppöse und granulöse
Entzündung und das
Trachom, die den
Bestand und die Funktionsfähigkeit
der befallenen
Augen zum
Teil im höchsten
Grade, zum
Teil nur wenig gefährden. (S.
Augenentzündung.) Die
Krankheit überträgt
sich von
Auge
[* 2] zu
Auge, von Individuum zu Individuum. Der
Träger
[* 3] des
Kontagiums ist wahrscheinlich nur der von dem erkrankten
Auge abgesonderte
Schleim und
Eiter, insbesondere darin enthaltene specifische Entzündungsträger (Kokken), die in ein gesundes
Auge gelangen. Ob auch ein Luftkontagium besteht, ob auch die in der Luft suspendiertenEiterzellen gesunde
Augen infizieren können, ist zweifelhaft.
Jedenfalls wird aber die Ausbreitung auf viele
Personen und somit die Entstehung von
Epidemien begünstigt durch Unreinlichkeit,
ungenügende Lüftung stark belegter Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräume. Im J. 1798 fanden die in
Ägypten
[* 4] gelandeten franz.
Truppen die
Krankheit dort vor und wurden sofort in großer Anzahl von derselben befallen. Daher rührt
der
Name.
Franz., ital. und engl.
Truppen verschleppten die
Krankheit nach den verschiedensten Gegenden. Sie grassierte in den
verschiedenen
Heeren, namentlich zu Anfang des 19. Jahrh. (daher die
NamenOphthalmia militaris oder Ophthalmia bellica), befiel
1813–20 besonders heftig die preuß.
Truppen und gelangte mit diesen nach
Belgien,
[* 5] wo sie bedeutende
Opfer forderte.
Die sog.
Epidemien von die in neuester Zeit öfters in Schulen beobachtet wurden und eine ärztliche Überwachung derselben
nötig machten, haben mit jenen gefährlichen
Augenentzündungen nichts gemein. Es handelte sich gewöhnlich nur um einen
ansteckenden, kumuliert auftretenden Bindehautkatarrh, dem in vielen Fällen durch das Auftreten einzelner
Knötchen und
Bläschen in der
Bindehaut eine gewisse
Ähnlichkeit
[* 6] mit jenen Formen und eine besondere Hartnäckigkeit verliehen
wurde.
In der Revolutionszeit lenkte der franz. Konsul Magallon in
Kairo
[* 10] die
Aufmerksamkeit des Direktoriums wiederholt auf diese
Frage und
Talleyrand unterstützte ihn mit dem «Essai sur les avantages à retirer descolonies nouvelles» vom Juli 1797.
Bald nachher vertrat
Bonaparte den gleichen
Plan, um die verlorenen
Kolonien
zu ersetzen und die engl. Interessen im
Orient, vielleicht in
Indien zu gefährden. Das Direktorium nahm seinen
Vorschlag an,
weil es den ehrgeizigen
General aus Rücksichten innerer Politik ans
Frankreich entfernen wollte.
Die Expedition wurde im tiefsten
Geheimnis (Dekret vom vorbereitet.
Talleyrand sollte dem
Sultan
die Expedition als eine auf Unterwerfung der Mamluken unter seine Herrschaft abzielende darstellen. Am
ging
Bonaparte
mit einem
Teile der etwa 40000 Mann starken Expeditionsarmee in
Toulon
[* 11] in See, andere
Teile liefen von Genua,
[* 12]
Ajaccio und Civitavecchia
aus;
AdmiralBrueys mit 15 Linienschiffen, ebensoviel
Fregatten, 7 Korvetten und über 30 kleinern Kriegsfahrzeugen
führte die Transportflotte (400 Schiffe).
[* 13]
Die
Truppen waren meist der siegreichen ital.
Armee entnommen, ihre
Generale die besten, außerdem befanden sich über 120 Gelehrte,
Künstler und
Techniker im Gefolge des Oberfeldherrn. Ungünstige Witterung und irrige
Annahmen über das Ziel der Expedition
hinderten die engl. Flotte unter Nelson, das Auslaufen der franz.
Schiffe und ihre
Vereinigung zu stören. Zuerst wurde
Malta bis auf das feste Lavaletta nach kurzem
Bombardement12. Juni genommen
(s.
Hompesch), und der Malteserorden trat tags darauf die
Insel an
Frankreich ab. Dann richtete
Bonaparte, um der engl. Flotte
zu entgehen, den Lauf nach der Südküste
Candias und von dort nach
Alexandria, das sofort nach der Landung, 2. Juli, erstürmt
wurde.
Die Flotte ankerte vor
Abukir, das
Heer trat den
Marsch auf
Kairo an. Ihm voraus ging eine arab. Proklamation
Bonapartes, die
den Einwohnern
Achtung ihrer
Religion undSitte zusicherte. Vergebens griffen 5000 Mamluken mit ihrer Hauptmacht
unter 23 vereinigten
Beis, deren mächtigste
Murad und Ibrahim waren, die
Franzosen21. Juli bei Embabeh oder den Pyramiden an.
Sie wurden geschlagen;
Murad floh nach Oberägypten, Ibrahim in die
Syrische Wüste.
Bonaparte zog 25. Juli in
Kairo ein, folgte
mit Lannes' Division dem Ibrahim, erreichte dessen Nachhut 11. Aug. bei Salihieh, ohne sie zum Stehen zu
bringen, kehrte nach
Kairo zurück und beschäftigte sich nun mit der Organisation des
Landes, während er Desaix nach Oberägypten
zur Verfolgung
Murads entsandte.
Bonaparte eilte aus
Kairo herbei und vernichtete sie 25. Juli in entscheidender
Schlacht bei
Abukir (s. d.). Rücksichten auf die
Ereignisse inFrankreich, von denen er durch heimliche
Boten unterrichtet war, bewogen ihn
Ägypten22. Aug. zu
verlassen. Er übergab den
Befehl an
Kleber, der, als der Großwesir mit einem mächtigen
Heere auf engl. Schiffen herankam
und die
Pest ausbrach, zu freier Rückkehr nach
Frankreich28. Jan. den
Vertrag von
El-Arisch schloß. Da jedoch
England auf bedingungsloser Unterwerfung bestand, nahm
Kleber den Kampf wieder
auf und schlug bei Heliopolis den
Großwesir bis zur Vernichtung und eroberte auch das verlorene
Kairo. Er wurde
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254 jedoch 14. Juni von einem fanatischen Türken ermordet, und das Kommando ging auf den unfähigen Menou über. Eine engl.
Expedition unter Keith und Abercromby landete bei Abukir (17000 Mann); die Franzosen wurden hier 21. März und schwerer
bei Ramanjeh 9. April geschlagen, worauf eine neue türk. Flotte Verstärkungen
landete, während es dem franz. Admiral unmöglich war, neue Truppen und Vorräte nach Ägypten zu schaffen. Überdies hatte
Menou seine Streitkräfte nutzlos geteilt, so daß Kairo28. Juni und Alexandria31. Aug. kapitulierten und die Trümmer des Heers
auf engl. Schiffen vertragsmäßig nach Frankreich übergeführt wurden. So war militärisch die Expedition
gescheitert, die jedoch in wissenschaftlicher Hinsicht unendlich wichtig geworden ist. (S. Ägypten.) Litteratur: Denon, Voyagedans laHauteetBasseÉgypte (mit Atlas,
[* 15] Par. 1802);
Raybaud, Histoire scientifique et militaire de l'expédition françaiseenÉgypte (9 Bde., ebd. 1830–36);
Letters from the Army ofBonaparteinEgypt (Lond. 1798-99);
Wilson,
History of theBritishexpedition toEgypt (ebd. 1803): Gourgaud, La campagne d'Égypte (nach Napoleons Diktat; in «Mémoirespour servir à l'histoire deFrancesous Napoléon», 8 Bde., Par.
1822–25);