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240 den Thron. [* 2] Erst als die Ruhe im Innern wieder vollständig hergestellt war, suchten die Könige der 19. Dynastie die asiat. Besitzungen Ä.s wiederzugewinnen. In Syrien hatten sich jedoch die Machtverhältnisse während des Endes der 18. Dynastie wesentlich verändert. Die Hethiter, die schon unter Amenophis IV. angefangen hatten ihre Macht auszubreiten, hatten das Reich von Naharina am obern Euphrat vernichtet und traten nunmehr als die Vorkämpfer des asiat. Widerstandes gegen Ä. ins Feld.
Der zweite König der 19. Dynastie, Sethos I., kam zum erstenmal mit ihnen in den Kampf, und wenn er sie auch wirklich, wie die ägypt. Inschriften rühmend melden, besiegt hat, so hatte der Sieg doch keinen größern Erfolg. Sein Sohn und Nachfolger Ramses II. mußte wieder den Krieg mit ihnen aufnehmen; nach mannigfachen Kämpfen kam es endlich im 21. Regierungsjahre des Königs zu Verträgen, die ein dauerhaftes Friedensverhältnis einleiteten. Ä. behauptete das südl. Palästina, [* 3] während der Norden [* 4] wohl dem Hethiterreiche tributpflichtig wurde.
Ramses II. hat nach diesem Vertrage noch 46 Jahre in Frieden über Ä. geherrscht und während dieser Zeit eine große Zahl von Bauten in allen Teilen des Landes, vom südl. Nubien bis zum Delta, [* 5] ausgeführt. Man hat vielleicht mit Recht behauptet, daß die Hälfte aller aus dem alten Ä. stammenden Bauwerke von ihm herrühre. Wie dies bei den engen Beziehungen zu Syrien erklärlich ist, wurde der Schwerpunkt [* 6] des Reichs in das östl. Delta verlegt; hier residierte auch Ramses mit Vorliebe in Tanis, das er mit neuen Bauten schmückte; hier erstanden neue Städte und Festungen, vor allem Pithom und das nach ihm benannte Ramses (s. d.), an dessen Bau nach dem biblischen Berichte die Hebräer teilgenommen haben sollen.
Ramses' Sohn Merenptah hielt noch das Reich seines Vaters zusammen; einen Angriff libyscher Stämme, die sich mit Völkerschaften von den Küsten und Inseln Kleinasiens verbündet hatten und ins westl. Delta eingefallen waren, warf er siegreich zurück. Aber nach seinem Tode brachen wieder Thronstreitigkeiten und innere Wirren aus, die lange Jahre andauerten und den Staat Ramses' II. zersetzten. Endlich siegte einer der Prätendenten, Setnacht, dem es gelang, wieder geordnete Zustände zu schaffen.
Sein Sohn Ramses III., mit dem die 20. Dynastie beginnt, vollendete das Werk seines Vaters und ließ sich namentlich die Wiederherstellung der Tempel [* 7] angelegen sein. Auch nach außen hin war er mit Glück thätig: er besiegte die Libyer und überwand in zwei großen Schlachten [* 8] einen mächtigen Angriff barbarischer Völkerschaften, die von Kleinasien her zu Wasser und zu Lande gegen Ä. angerückt waren und deren Ansturm bereits das Hethiterreich erlegen war. Die Nachfolger Ramses' III. verfielen immer mehr in Abhängigkeit von der Priesterschaft, bis endlich die Hohenpriester von Theben selbst um 1150 v. Chr. den Thron bestiegen (Dynastie 21). 7) Epoche der libyschen Herrschaft.
Seit dieser Zeit sank die Macht Ä.s mehr und mehr. Um 950 v. Chr. wurde das Geschlecht der Hohenpriester durch libysche Fürsten gestürzt, deren Familie als Führer von Söldnerheeren nach Ä. gekommen war, sich im östl. Delta ansässig gemacht und bei der Schwäche des Königtums immer größere Macht erlangt hatte. Unter den Königen dieses (22.) Herrscherhauses, das in seinem Stammsitze Bubastis residierte, ist besonders Sesonchis I. (ägypt. Scheschonk) bemerkenswert, dessen Name Schischak uns auch durch die Bibel [* 9] überliefert ist. Er suchte Syrien wieder zurückzugewinnen, zog im fünften Jahre des Königs Rehabeam von Juda nach Palästina, eroberte Jerusalem [* 10] und plünderte den Salomonischen Tempel.
Diese kriegerischen Thaten sind noch jetzt auf den Tempelwänden von Karnak verzeichnet. Unter den Nachfolgern Scheschonks verfiel der Staat wieder, der Norden löste sich in kleine Fürstentümer auf, bis 728 v. Chr. ganz Ä. in die Hände der Äthiopen (25. Dynastie) fiel, die schon früher Feldzüge gegen das Nilthal unternommen und den Süden Ä.s sich zeitweilig unterworfen hatten. Auch in die asiat. Verhältnisse griffen die äthiop. Könige zu Gunsten der syr. Kleinstaaten gegen die vordringende assyr. Großmacht ein, ohne indessen die Eroberungen der Assyrer hemmen zu können.
Diese griffen vielmehr auch Ä. an und eroberten unter Asarhaddon 671 v. Chr. das Nilthal bis Theben. Der Äthiopenkönig Tirhaka mußte in sein Stammland fliehen, und die unterägypt. Kleinfürsten unterwarfen sich. Bis 662 v. Chr. blieb Ä. assyr. Provinz. Um diese Zeit machte sich einer der assyr. Vasallen, Psammetich von Saïs, mit Hilfe ionischer und karischer Söldnerscharen, die ihm sein Bundesgenosse König Gyges von Lydien geschickt hatte, von der Oberherrschaft der Assyrer, die damals gerade durch Kriege in Asien [* 11] in Anspruch genommen waren, frei und vertrieb die feindlichen Besatzungen aus dem Lande. Es gelang ihm (auf welche Weise ist unbekannt), der Herrschaft der kleinen Fürstentümer, der sog. Dodekarchie (s. d.), ein Ende zu machen und Ä. die lange entbehrte Einheit zurückzugeben.
8) Die Spätzeit. Unter Psammetich und seinen Nachfolgern (26. Dynastie), Necho (609–595
v. Chr.), Psammetich
II. (594–589),
Apries (588–570),
Amosis (569–526) war Ä. noch eine letzte Blüteperiode
beschieden. Den
Söldnern, denen
Psammetich seine
Erhebung auf den
Thron verdankt hatte, folgten weitere Scharen nach,
und sie bildeten die Hauptstütze des
neuen
Staates. Die alte Kriegerkaste fühlte sich durch diesen jungen, frischen Nachwuchs benachteiligt,
und es sollen, wie Herodot berichtet, 240000
Krieger nach
Äthiopien ausgewandert sein.
Die griech.
Söldner siedelte Psammetich in Ä. an und gestattete überhaupt griech.
Niederlassungen, um den
Handel des
Landes
zu heben. Später räumte
Amasis den Griechen eine ganze Hafenstadt,
Naukratis, ein, die bald der wichtigste
Handelsplatz wurde. Reichtümer strömten von allen Seiten dem neueröffneten Markte zu, und zu keiner Zeit, weder früher
noch später, war der allgemeine Wohlstand in Ä. größer und
die Bevölkerung zahlreicher als gegen Ende dieser Dynastie.
Auch die Künste nahmen noch einmal einen neuen Aufschwung. Man knüpfte an die klassische
Periode der
ägypt. Kunst, das alte
Reich, an und suchte die ältern Formen wieder anzuwenden, so daß die 26. Dynastie mit vollem
Rechte
als eine ägypt. Renaissanceperiode
bezeichnet werden kann. Es machte sich diese Nachahmung
des alten
Reichs auch auf andern Gebieten, in der
Titulatur des
Hofs, der Litteratur, sogar in der Schreibweise
der
Inschriften geltend.
Persische, macedonische, römische Herrschaft. Der Aufschwung wurde bald wieder unterbrochen; das Reich erlag dem Andrange der pers. Macht und wurde 525 v. Chr. von Kambyses erobert. Der Nationalhaß beider Völker macht sich breite Bahn. Eine allgemeine Zerstörung der ägypt. Denkmäler soll nach den Berichten der griech. Schriftsteller auf ¶
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241 Befehl des Kambyses erfolgt sein. Sein Nachfolger Darius, ein weiser und milder Herrscher, suchte dagegen die Neigung der Ägypter zu gewinnen; er wird in den ägypt. Annalen sogar mit unter den großen Gesetzgebern des Landes aufgeführt. Von nun an blieb Ä. – Perioden glücklicher Aufstände, die dem Lande vorübergehend seine Selbständigkeit wieder brachten, abgerechnet – pers. Provinz. Als solche fiel es im Herbste 332 v. Chr. Alexander d. Gr. zu und blieb bis 305 unter macedon.
Herrschaft. Ptolemäus, des Lagus Sohn, der schon seit Alexanders Tode im Namen des Philippus Arrhidäus und Alexanders II. die Regierung des Landes geführt hatte, nahm in diesem Jahre den Königstitel an. Dennoch ist er auf den ägypt. Monumenten seiner Zeit bisher noch nirgends als König erschienen, und in der Regel beginnen die ägypt. Ptolemäerlisten auf den einheimischen Denkmälern erst mit Ptolemaus Philadelphus, der schon zwei Jahre vor dem Tode seines Vaters, 285 v. Chr., die Regierung übernahm.
Die Zeit der griech. Herrschaft ist für alles Nationale in Ä. eine Zeit raschen Verfalls. Die Übermacht und jugendliche Frische des griech. Geistes assimiliert sich schnell die aufgespeicherten Früchte der Jahrtausende alten ägypt. Bildung. Die alten Organe sterben ab und werden unbrauchbar. Alexandria wird der Mittelpunkt griech. Gelehrsamkeit und zugleich des höchsten Luxus. Unter den Künsten erhält sich noch am kräftigsten die Architektur. Eine Reihe großartiger Tempel, die von den alten Formen verhältnismäßig wenig abweichen, in Dendera, Theben, Esneh, Edfu, Ombos, Philä u.s.w. legen davon Zeugnis ab, während die Skulptur und Zeichnung größtenteils schon in Barbarei verfällt.
Die greuelhafte Sittenverderbnis, die in der Herrscherfamilie selbst immer mehr um sich griff, trug nicht wenig zum Verfall des Landes bei und führte endlich durch die sechste Kleopatra (s. d.) zum Untergange des Staates. Nach der Schlacht bei Actium, 30 v. Chr., ward Ä. dem Römischen Reiche einverleibt. Die Wichtigkeit dieser neuen und reichen Provinz wurde so hoch angeschlagen, daß Augustus ein Gesetz gab, nach welchem kein Römer [* 13] vom Range eines Konsuls oder selbst eines Ritters Ä. ohne die besondere Erlaubnis des Kaisers betreten durfte; man glaubte, daß die Verführung zu nahe liege, sich dieser «Kornkammer», dieser «claustra terrae et maris», zu bemächtigen, deren Abfall Italien [* 14] mit einer Hungersnot bedrohte.
Schon im 1. Jahrh. n. Chr. wurde angeblich das Christentum nach Ä. gebracht; als Gründer der ersten Gemeinde wird in der Legende der Evangelist Markus angegeben. Eine ascetische und solidarische Lebensweise hatte sich teilweise schon in der Ptolemäischen Epoche unter den ägypt. Priestern ausgebildet. Ein förmliches Mönchsleben führten, nach der Beschreibung des Philo, die jüd. Therapeuten in der Nähe von Alexandria, und derselben Richtung folgte dann auch ein großer Teil der ägypt. Christen, so daß der Ursprung des später immer weiter verbreiteten Mönchs- und Einsiedlerlebens recht eigentlich auf Ä. zurückgeführt werden muß, das sich durch die Lage der umgebenden Wüsten ganz besonders dazu eignete. Das Christentum verbreitete sich rasch und kräftig in Ä., und Alexandria, so lange Zeit der Mittelpunkt der griech. Gelehrsamkeit, wurde nun wieder der Schauplatz der heftigsten und gelehrtesten christl.-theol. Kämpfe. Doch lassen sich noch hieroglyphische Inschriften in ägypt. Tempeln bis in die Mitte des 3. Jahrh. nachweisen, und in Philä wurde der Isiskultus erst um die Mitte des 6. Jahrh. unter Justinian aufgehoben.
Die älteste Einteilung des Landes war die in Ober- und Unterägypten. Oberägypten, der «Süden», umfaßte das Nilthal von der nub. Grenze bis zum Orte Tetaui (Acanthus) [* 15] südlich von Memphis. Seine Hauptstadt war (in vorhistor. Zeit) Nechbet (grch. Eileithyia, heute El-Kab),
seine Schutzgöttin hieß gleichfalls Nechbet und wurde als Geier dargestellt. Der König von Oberägypten hieß setne und trug als Zeichen seiner Würde eine kegelförmige «weiße» Krone. Unterägypten oder das «Nordland», das vornehmlich das Delta und die Umgebung von Memphis umfaßte, hatte als Hauptstadt die Doppelstadt Pe und Dep, das spätere Buto (am Burlossee). Seine Schutzgöttin war die Uzot, die die Gestalt einer Uräusschlange hatte. Der König des Nordlandes hieß bite und trug eine eigentümlich geformte rote Krone. – Infolge dieser ursprünglich auch polit.
Zweiteilung Ä.s nannten sich die Könige stets «Könige des Südens und Nordlandes» oder «Herren beider Länder» und trugen die Doppelkrone, den Pschent. Eine Dreiteilung Ä.s hat in alter Zeit nie bestanden. Erst unter der Herrschaft der Ptolemäer und Römer wurde es in drei Teile: Delta, Heptanomis und Thebaïs eingeteilt;
doch ist diese künstliche Einteilung nie volkstümlich geworden.
Für die Verwaltung war das Land seit der ältesten Zeit in Provinzen (Gaue, Nomen) geteilt, die wohl zum Teil aus den vorhistor. Kleinstaaten erwachsen sind. Die Zahl dieser Gaue schwankt; gewöhnlich zerfällt Oberägypten und Unterägypten in alter Zeit in je 20 Nomen. Diodor schreibt diese Einteilung dem Könige Sesoosis (Sesostris) zu, der Ä. in 36 Nomen geteilt habe; von diesen kamen nach Strabo 10 auf die Thebaïs, 10 auf das Delta und 16 auf das Zwischenland. Nach den Münzen [* 16] war Ä. später in 46 Nomen geteilt, nämlich die Thebaïs in 13, das Delta in 26, der mittlere Teil, Heptanomis («Siebennomenland»),
in 7 Nomen. Auch Plinius giebt 46 Nomen an, doch mit einigen Verschiedenheiten; Ptolemäus 47, indem der Heptanomis ein achter Nomos Antinoïtes zugefügt ward. Das Land jenseit des ersten Katarakts bis nach Hierasykaminos wurde nach seiner Länge von 12 ägypt. Schoenen Dodekaschoinos genannt. Bis hierhin gingen nach dem Itinerarium Antonini des 4. Jahrh. die röm. Heerstraßen; ebenso weit reicht Ä. auf der Peutingerschen Tafel. Zur Zeit des Kaisers Arcadius, um 400 n. Chr., wurde das Delta in drei Provinzen geteilt, von denen die beiden östlichen die erste und die zweite Augusta, die westliche Aigyptiake hießen. Die Heptanomis bis Oxyrhynchos wurde Arkadia genannt; dann folgte bis Panopolis «die nächste Thebaïs», endlich bei Philä «die obere Thebaïs». (Hierzu zwei Karten: Das alte Ägypten [* 17] I und Das alte Ägypten II: Theben.)
III. Kultur.
1) Religion. Wie der ägypt. Staat ursprünglich kein einheitlicher war, so auch die ägypt. Religion; vielmehr besaß jeder Gau, nicht selten auch jede größere Stadt, einen eigenen Gott, der mit besonderer Verehrung gepflegt wurde. So war z. B. in Koptos der Bauern- und Erntegott Min, den auch die Reisenden, die von Koptos aus durch die Wüste ziehen wollten, anriefen, der «heimische Gott»; in Theben verehrte man den Ammon, [* 18] in Elephantine den Gott Chnum, [* 19] in Chmun (Hermopolis) den Dhoute (Thoth), [* 20] in Hermonthis den Month. In ¶