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230 Assuan bis über den 25.° nördl. Br. nach El-Kab herab und besonders bei der Stromenge von Selseleh liegen die ausgedehntesten
Steinbrüche eines festen, fein- und gleichkörnigen Sandsteins, der das vortreffliche Material zu den großartigen Tempelbauten
der Ramessiden bildete. Die berühmten Königsgräber von Theben sind in die libyschen Kalkfelsen eingehauen,
die dicht über der obersten Kreide liegen, und die Pyramiden bei Kairo sind aus dem festern Nummulitenkalksteine der Brüche
bei Maassarah und Turra auf dem gegenüberliegenden Nilufer erbaut.
Ein anderer, im Altertum häufig verarbeiteter und geschätzter Stein ist der orient. Kalkalabaster, der vorzüglich im Arabischen
Gebirge gegenüber vom alten Memphis bei Heluan und außerdem auf der Ostseite von Minjeh (Minia) und Siut
(dem alabastrites mons des Ptolemäus) gebrochen und noch zu Mehemed Alis Zeit daselbst verarbeitet wurde. Von andern Mineralien
ist das besonders im Thal der Natronseen südlich von Alexandria gefundene Natron zu erwähnen. Auch viel Kochsalz, Salpeter
und Alaun wird gewonnen; an einigen Orten tritt Erdöl zu Tage, wie beim Dschebel Sēt am Roten Meere.
Nach Steinkohlenlagern ist häufig, aber immer vergeblich geforscht worden, obgleich die Formation an einer Stelle der östl.
Wüste, im Wadi Arabah, zu Tage tritt; dagegen hat man 1850 Schwefellager am Roten Meere auf der Halbinsel
Dschemsah unter 27° 42' nördl. Br., 290 km von Sues, entdeckt. Auch die im Altertum und von den Arabern ausgebeuteten Goldminen
wurden beim Dschebel Ollagi in Nubien und die Smaragdminen beim Dschebel Sebara neuerdings wieder gefunden, lohnen aber jetzt
die Betriebskosten nicht mehr. Der Topas kam von der Insel Topasion im Roten Meere, der Saphir von der dort
befindlichen Insel Safirene.
Die im ganzen arme Pflanzenwelt Ä.s zählt 1300 Arten, einschließlich der angebauten und verwilderten
Species, von denen nur 50 ausschließlich auf Ä. beschränkt sind, wenn man den Sinai nicht mitrechnet. Der Flora der Wüste
steht die des Nilthals, die vorzugsweise Ackerflora ist, fast unvermittelt gegenüber. Jene bildet einen
Teil der sich durch ganz Nordafrika vom Senegal bis nach Arabien und über Südpersien und Beludschistan bis an den Indus ausdehnenden
Region, die durch die Kultur der Dattelpalme am besten charakterisiert wird.
Viele Eigentümlichkeiten zeigt die Flora der Oasen und des längs der Küste zwischen dem Golf von Solum
und Abukir sich erstreckenden Kalksandsteins, die sich von der von Kyrenaika deutlich unterscheidet. Die für Ä. charakteristischen
Bäume sind die wahrscheinlich im Altertume aus Südarabien eingeführte Sykomore, die hier nirgends wild auftritt, die Nilakazie
(Acacia nilotica Dcl.), zwei Arten Tamarisken, in Oberägypten die Dumpalme (Hyphaene thebaica L.), die erst
im südl. Nubien wild auftritt. Im ganzen hat Ä. 20 Arten von Wild- und Zierbäumen, 25 von Fruchtbäumen und 67 verschiedene
Feldpflanzen. – Was den Bodenbau betrifft, so ist Ä. mehr als irgend ein Land der Erde auf diesen angewiesen, worin
eine teilweise Erklärung für die frühzeitige Kultur des Volks zu suchen ist.
Vermöge seiner Mittelstellung zwischen drei Weltteilen und als Übergangsgebiet sehr verschiedener klimatischer Zonen, das
bei Völkerverschiebungen seit uralter Zeit als Völkerbrücke diente, hat Ä. eine sehr große Mannigfaltigkeit der Bodenerzeugnisse
auszuweisen. Von der 25769
qkm großen Gesamtkulturfläche des Landes waren 1887 20,3 Proz. mit Weizen,
11,2 Proz. mit Mais, 8,5 Proz. mit Gerste, 7,2 Proz. mit Durrha (Sorghum) und 2,5 Proz. mit Reis bebaut.
Unter den Hülsenfrüchten wird vor allem die Saubohne (Faba), 12,3 Proz., und die Linse (2,5
Proz.) angebaut; weniger Kichererbsen (0,5 Proz.), Lupinen und Lubiabohnen (Vigna sinensis Endl.). Grünfutter
für die Viehzucht liefert fast ausschließlich der ägypt. Klee mit 15,2 Proz.
des Areals; griech. Heu (2,1 Proz.) und Luzerne spielen keine große
Rolle. Der früher sehr einträgliche Tabakbau ist seit dem J. 1889 durch Steuermaßregeln unmöglich gemacht worden.
Sehr ausgebreitet, vor allem im Delta, ist die Baumwollkultur mit 14,1 Proz.
des Gesamtareals, deren Jahresproduktion bereits 9 Mill. Pfd. St. beträgt. Die Zuckerproduktion
Ä.s ist nicht bedeutend, nur 1,2 Proz. der gesamten Kulturfläche ist mit Zuckerrohr bestanden; überhaupt ist die Kultur
von Baumwolle und Zuckerrohr in Ober- und Mittelägypten fast unmöglich, da deren Vegetationsperiode gerade in
die Überschwemmungszeit fällt und in Ermangelung genügender Kanalisation es unmöglich ist, das Wasser abzuleiten und günstiger
zu verteilen, wie es in Unterägypten der Fall ist. An eigentümlichen Gemüsen, die in besonderer Menge gezogen werden,
sind zu erwähnen: Bamien (Hibiscus esculentus L., eine unreif benutzte Kapselfrucht; badingān (Solanum esculentum Dun.),
Colocasiaknollen, meluchia (Chorchorus olitorius L.), das wie Spinat genossen wird;
eigentümliche blutrote
Karotten, sehr milde weiße Rettiche, deren Blätter man ißt, und in großer Formenauswahl Melonen und Kürbisse.
Bereits im
Altertum galt Ä. als das Land der Zwiebeln und des Lauches, die auch noch heute in reichem Maße den Eingeborenen zur
Nahrung dienen und massenhaft nach England ausgeführt werden. Unter den Fruchtbäumen, unter denen alle südeurop. Formen
vertreten sind, herrschen im Delta Orangen und Citronen und im Nilthal die Feigen vor; Dattelpalmen zählte man 1887 in Unterägypten
1097552, in Oberägypten 2355122 Stück, Pfirsiche und Aprikosen giebt es massenhaft, aber von geringer
Güte, indes Granatäpfel, Feigen und Oliven vorzüglichster Art sind. Mitteleurop. Obstsorten gedeihen in Ä. nicht, und die
wenigen Äpfel, Birnen und Pflaumen sind unschmackhaft.
Auch die Tierwelt Ä.s ist verhältnismäßig arm; am zahlreichsten in Bezug auf Arten sind die Fische vertreten.
Der Nil ist reich an Fischen, besonders Welsen, Karpfenarten, Aalen, elektrischen Hechten u.s.w. Unter
den Reptilien zeichnen sich die Krokodile aus, die früher in Unterägypten und im Fajum, jetzt aber nur noch bis Theben zu
treffen sind. Giftige Schlangen und Frösche sind auch häufig. Ebenso war früher das Nilpferd häufig bis ins Delta herab,
wahrend es jetzt erst in Dongola vorkommt.
Die größern reißenden Tiere sind wegen des Mangels an Wäldern und der Nahrungslosigkeit der Wüste selten. Doch scheint
es, daß auch diese in frühern Zeiten tiefer herabkamen als jetzt, da sich auf den alten Monumenten öfter Jagden, namentlich
Löwenjagden, abgebildet finden. Hyäne, Fuchs, Schakal, Ichneumon und Hase sind häufig; tiefer in der
Wüste sind Gazellen, und besonders auf den höhern Plateaus Steinböcke oft zu treffen, während das Mähnenschaf in der
Arabischen Wüste sehr selten ist. Zahlreich sind die Raubvögel; auch sieht man in großen
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231 Schwärmen Störche, Wachteln, Tauben u. s. w. Der im Altertum in ganz Ä. so häufige und wegen seiner Heiligkeit geschonte
Ibis ist jetzt sehr selten und hat sich nach dem Süden zurückgezogen. An Skorpionen, Heuschrecken, Mosquitos und andern schädlichen
Insekten ist kein Mangel, ebensowenig an Mistkäfern, darunter die Pillenkäfer oder Skarabäen der Alten.
Die ehemals berühmte Bienenzucht ist jetzt unbedeutend. Schmarotzerwürmer sind bei den Bewohnern sehr häufig.
Das allgemeinste Nutztier ist der Esel, von größter Wichtigkeit auch das einhöckerige Kamel, welches jedoch seine Bedeutung
erst in neuern Zeiten erlangt hat und selbst in den Städten in großer Anzahl zu finden ist. Das Pferd
kommt auf den ältesten Monumenten noch nicht vor; es erscheint erst im «Neuen Reiche» und wurde wahrscheinlich aus Vorderasien
eingeführt; es ward jedoch im Altertum, nach den Monumenten zu urteilen, nur zum Ziehen, nie zum Reiten gebraucht.
Neben der einheimischen Rasse findet man das Dongolapferd und das syrische (türk.
Beigir); besonders geschätzt ist das syr. Anezi. Am höchsten steht jedoch das seit Mehemed Alis Kriegszügen in Arabien bekannte
Nedschdi, das schönste, edelste und tüchtigste aller Pferde. Für die Veredelung des Pferdes geschieht in Ä. selbst sehr
wenig. Maultiere sind in den größern Städten häufig. Hornvieh ist zahlreich vertreten, besonders schöne
Stiere, eine Hauptstütze des Ackerbaues.
Sehr verbreitet ist auch der Büffel, der gleich dem Stiere zur Arbeit verwendet wird, aber von der seit Mitte der sechziger
Jahre wütenden Rinderpest verschont blieb. Schaf und Ziege sind in Ä. durch besondere Rassen vertreten, von denen die der
Ziege sich durch einen rechtwinklig gewachsenen Nasenrücken auszeichnet. Selten fehlen bei einer Bauernwohnung
dürftige Gänse, kleine und meist unschmackhafte Hühner, Enten und vortreffliche Trut- und Perlhühner. Die Hühner werden noch
jetzt, wie schon im Altertum, hier und dort in Brütöfen ausgebrütet.