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Fajum. – Die
Libysche Wüste im W. des
Nils, 631000 qkm mit ungefähr 34000 Bewohnern, ist eine 100–120 m hohe, ganz
aus Tertiärgestein gebildete Wüstenplatte, durchzogen von einer dem
Nil parallelen
Kette von Einsenkungen, in deren tiefsten
StellenOasen liegen. Die wichtigste ist die
ProvinzFajum (s. d.), eine Tagereise vom
Nil entfernt und durch
einen niedrigen durch den Josephskanal durchbrochenen Hügelzug von demselben getrennt. Die nächste im
SW., 5 Tagereisen
vom
Fajum, ist die
KleineOase
(Barieh, mit 2410 E.) in 35 m Höhe, reich an Kulturpflanzen und Fruchtbäumen, namentlich an
Datteln; 150 km im SSW. die
OaseFarafrah mit 345 E., zuerst von Rohlfs besucht, die kleinste dieser
Oasen.
Etwa 10 Tagereisen südlicher folgt die
InnereOase
(Wah el-Dachel, 40 km lang und 22 km breit) mit 20000 E. in 11 Ortschaften
und zahlreichen Ruinen alter Kultur, in 55 m Höhe, reichlich Bodenfrüchte hervorbringend. Drei Tagereisen östlicher in 95 m
Höhe die
Große oder äußere
Oase
(Wah el-Chargeh) mit 5740 E., die, etwa 150 km von N. nach S.sich ausdehnend, einen großen
altägypt.
Tempel
[* 2] und viele Ruinen birgt. Weit im W. von
Fajum, 14 Tagereisen von
Alexandria entfernt, die
OaseSiwah (s. d.),
ein fruchtbares Gebiet von 30 km Länge und bis 2 km
Breite,
[* 3] 32,3 m unter der Meeresfläche, mit 5600 E.
– Die
ArabischeWüste im O. des
Nils schließt sich an den zwischen Mittelmeer und Rotem
Meer gelegenen Isthmus von
Sues,
eine öde Sand- und Kieselwüste aus mitteltertiären und postpliocänen Kalkgesteinen, ohne
Süßwasser, die, nur wenig
über den
Spiegel
[* 4] der beiden
Meere erhoben, gegen O. hin sich der
Syrischen Wüste anschließt und von Pelusium im N. bis
Sues
im S. 120 km mißt.
Sowohl von Ä. wie von
Asien
[* 5] her neigt sich die gewellte
Fläche nach der Mitte und bildet hier eine längliche Bodensenkung
mit den
Becken beträchtlicher Seen. Ungefähr 30 km von
Sues nach N. zieht sich das tiefe, bisher wasserlose,
aber durch den
Sueskanal
[* 6] wieder gefüllte
Becken der sog.
Bitterseen. Nördlicher folgt der salzhaltige, teilweise von
Vegetation
umgebene Timsah- oder Krokodilsee, im Centrum des Isthmus. Von hier läuft eine Einsenkung nach W. gegen den
Nil hin, das
Wadi Tumeilat, in dem
Spuren des alten
Kanals vom
Nil durch den Isthmus zum
RotenMeere sichtbar sind.
Dieser schlechtweg
el-Wadi genannte
Bezirk, das Land Gosen der
Bibel,
[* 7] wie viele behaupten, enthält Ruinen ansehnlicher
Städte,
die einst an dem
Kanale lagen. Das Nilwasser tritt in der Überschwemmungszeit noch in das
Wadi Tumeilat
ein und reicht bei starkem
Schwellen sogar bis zum
Timsahsee. Nördlich von letzterm liegt der mit dem
Mensaleh zusammenhängende
Ballahsee, der an die Ebene von Pelusium stößt, die bei hohem Nilstande und hoher See unter Wasser steht.
Die bedeutendste
Erhebung (15–18 m) im Isthmus liegt zwischen dem Timsah- und dem Ballahsee. Der Isthmus
bildet die Erdbrücke zwischen
Afrika
[* 8] und
Asien und zugleich die
Barre zwischen dem Mittelmeere und dem
RotenMeere und hat, wie
geolog. Untersuchungen ergaben, Meeresboden zur Grundlage; früher also waren die beiden
Meere nicht voneinander getrennt.
Schon die Alten suchten dieVerbindung durch Nilkanäle wiederherzustellen. Nachdem neuere Messungen ergeben
hatten, daß die
Gewässer der beiden
Meere im
Gleichgewicht
[* 9] stehen, führte der
Franzose Lesseps (s. d.) nach einem großartigen
Plane einen direkten
Kanal
[* 10] (s.
Sueskanal) durch den Isthmus aus, der das Mittelmeer mit dem
RotenMeere und
Indischen Ocean in
Verbindung setzt. (Hierzu Karte:
Ägypten.)
[* 11]
[* 12]
Das Klima von Ä. ist in den Sommermonaten heiß und trocken, aber den größten
Teil des Jahres hindurch gesund,
namentlich in ganz Oberägypten vom Delta
[* 13] an, und mehr noch an und in der Wüste als in der Nähe des
Flusses. Verschieden
ist es in
Alexandria und überhaupt in der Nähe der Meeresküste von dem in
Kairo,
[* 14] welches schon an dem
oberägyptischen teil hat; so sinkt in
Alexandria die
Temperatur in Winternächten nie so tief wie in
Kairo. Während im Delta
der
Regen nicht selten fällt
(Alexandria hat 215
mm Regenmenge), sind in
Kairo, wo nur 30
mmRegen im Jahre
fallen, nach einer durchschnittlichen
Rechnung etwa 240
Tage ganz heiter, an 86
Tagen sind
Wolken sichtbar, an 31 ist der Himmel
[* 15] bedeckt, an 8 nebelig.
Die mittlere Jahreswärme ist in
Alexandria 20,8°, in
Kairo 21,3°, in
Kenneh 26,5° und in
Theben über 29° C. Der kälteste
Monat ist der Januar mit 14,9° C. in
Alexandria, mit 12,1° in
Kairo; der heißeste der
August mit 26,8°
in
Alexandria und mit 29,6° (Juni) in
Kairo; das Küstenklima mildert wie überall die Temperaturwechsel. Das
Thermometer
[* 16] steigt
indessen zu
Kairo nicht selten im Schatten
[* 17] auf 40° C., im Winter sinkt es bis auf 4° C., ja sogar für
kurze Zeit bis unter 0°. Im ganzen teilt sich Ä. klimatisch in eine feuchtere Zone, die das Delta umfaßt, und in eine
heiße, trockne Zone des höhern Nilthals.
Fast das ganze Jahr hindurch, nämlich von Juni bis April, herrschen die Nord-, in den Wintermonaten
die Nordwestwinde in Ä.; sie lindern nicht nur die Tageshitze, sondern sind auch für die Schiffahrt vom größten Nutzen.
Morgens ist meist Windstille, gegen 12
Uhr
[* 18] erhebt sich der
Wind und nimmt zu bis gegen Sonnenuntergang. Nach dem Frühlingsäquinoktium
erscheinen die heißen, erschlaffend wirkenden Südwinde, Chamsin genannt, die bis zum Juni andauern
und in
Kairo im Durchschnitt an 11
Tagen im Jahre wehen; schnelle Temperatursteigerung, in
Kairo nicht selten bis 43°, und
ebenso plötzliches Sinken der Luftfeuchtigkeit sind die Begleiterscheinungen dieses
Windes, der einige
Stunden nach Sonnenaufgang
einsetzt, in den ersten Nachmittagstunden seine größte Heftigkeit erreicht und um Sonnenuntergang aufhört.
Nicht zu verwechseln mit diesen, den Himmel oft durch Staubwolken in leichten Flor hüllenden
Winden
[* 19] ist der Sandsturm der
Wüste, der eigentliche Samum, der nur in sandigen
Teilen der Wüste weht und im Nilthal wenig verspürt wird. (über die
Wirkung des ägypt.
Klimas auf
Kranke s.
Klimatische Kurorte.) – Die tropischen
Regen spielen für A. eine
bedeutende Rolle. Sie sind die
Ursache für das jährliche Steigen und Fallen
[* 20] des
Nils (s. d.).
Mineralien
[* 21] wertvoller Art besitzt Ä. nicht viel. Es finden sich in den
Urgebirgen des Kataraktes von
Assuan, sowie in der
Arabischen Wüste östlich und nordöstlich von
Kenneh schöne Granite und
Syenite,
Diorite und Porphyre mannigfacher Art, die daselbst seit den ältesten
Zeiten in großen
Massen gebrochen, durch ganz
Ä. und
nach den Mittelmeerländern verschifft und sowohl zu
Skulpturen aller Art als auch zum massiven
Bau vielfach verwendet wurden;
der bekannteste ist der seit den
Zeiten der röm.Kaiser berühmte dunkelrote Porphyr vom
Dschebel Dochan.
Unterhalb
¶
mehr
230 Assuan bis über den 25.° nördl. Br. nach El-Kab herab und besonders bei der Stromenge von Selseleh liegen die ausgedehntesten
Steinbrüche eines festen, fein- und gleichkörnigen Sandsteins, der das vortreffliche Material zu den großartigen Tempelbauten
der Ramessiden bildete. Die berühmten Königsgräber von Theben sind in die libyschen Kalkfelsen eingehauen,
die dicht über der obersten Kreide
[* 23] liegen, und die Pyramiden bei Kairo sind aus dem festern Nummulitenkalksteine der Brüche
bei Maassarah und Turra auf dem gegenüberliegenden Nilufer erbaut.
Ein anderer, im Altertum häufig verarbeiteter und geschätzter Stein ist der orient. Kalkalabaster, der vorzüglich im ArabischenGebirge gegenüber vom alten Memphis bei Heluan und außerdem auf der Ostseite von Minjeh (Minia) und Siut
(dem alabastrites mons des Ptolemäus) gebrochen und noch zu MehemedAlis Zeit daselbst verarbeitet wurde. Von andern Mineralien
ist das besonders im Thal
[* 24] der Natronseen südlich von Alexandria gefundene Natron zu erwähnen. Auch viel Kochsalz, Salpeter
und Alaun
[* 25] wird gewonnen; an einigen Orten tritt Erdöl
[* 26] zu Tage, wie beim Dschebel Sēt am RotenMeere.
Nach Steinkohlenlagern ist häufig, aber immer vergeblich geforscht worden, obgleich die Formation an einer Stelle der östl.
Wüste, im WadiArabah, zu Tage tritt; dagegen hat man 1850 Schwefellager am RotenMeere auf der Halbinsel
Dschemsah unter 27° 42' nördl. Br., 290 km von Sues, entdeckt. Auch die im Altertum und von den Arabern ausgebeuteten Goldminen
wurden beim Dschebel Ollagi in Nubien und die Smaragdminen beim Dschebel Sebara neuerdings wieder gefunden, lohnen aber jetzt
die Betriebskosten nicht mehr. Der Topas
[* 27] kam von der Insel Topasion im RotenMeere, der Saphir von der dort
befindlichen Insel Safirene.