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Tripo-189 lis aus den Niger zu gewinnen. Der Lösung des großen Rätsels kamen endlich die Reisen Clappertons, Denhams und Oudneys (1822–24) näher. Zum erstenmal wurde von Tripolis aus die Sahara durchschritten, der Tsadsee, Bornu und Sokoto erreicht. Doch hielt man den Schari für den in den Tsadsee mündenden Niger. Clapperton wurde ein zweites Mal 1825 nach Sokoto entsendet;
diesmal ging er von der Guineaküste, von der Bai von Benin aus und kam den Niger aufwärts wirklich bis Sokoto;
doch hier starb er 1827. Seinem Diener Lander, der 1830 von Joruba aus im Auftrag der engl. Regierung nach den Haussastaaten reiste und den großen Nebenfluß Binue entdeckte, glückte es, das Werk seines Herrn zu vollenden;
er fuhr auf der Heimkehr den Niger stromabwärts und erreichte die Mündung in der Bucht von Benin.
Ein anderes geogr. Ziel war Timbuktu. Der Engländer Major Laing kam zwar 1825 von Tripolis aus zu dieser Stadt; doch seine Ermordung machte die Reise resultatlos. Der Ehrgeiz der Franzosen war auf diesen Punkt ebenfalls gerichtet. Mollien entdeckte 1818 die Senegal- und Gambiaquellen; Caillié gelangte auf seiner denkwürdigen Reise 1827–28 von Sierra Leone aus an den obern Niger und nach Timbuktu, durchzog die ganze Wüste, überstieg den Hohen Atlas [* 2] und kam bei Tanger wieder an die Küste.
Mit dem Jahre 1830 begann der Ausbau der genauern Erforschung der entdeckten Gebiete in Nordwestafrika und es gesellte sich zu dem wissenschaftlichen Triebe das Verlangen, Handelsbeziehungen mit den üppig fruchtbaren Ländern anzuknüpfen. Die Eroberung Algiers 1830 durch die Franzosen lenkte die Aufmerksamkeit der engl. Regierung nach dem Sudan. Sie entsandte nach dem Plan Richardsons, der 1845–46 nach Mursuk, Ghadames und Ghat gekommen war, eine große Expedition durch die Sahara nach Bornu, deren bedeutendste Teilnehmer Barth und Overweg waren.
Barth erschloß 1850–55 die neue Wüstenroute über Air nach Bornu, die Länder am Tsadsee und südlich bis zum 10. Breitengrad, überschritt das Gebirge und entdeckte Adamaua, befuhr den Binue und besuchte Timbuktu. Auf Barth folgte Vogel (1853–56); er drang nach Wadai vor, wo er auf Befehl des Sultans ermordet wurde; von Beurmann erlitt ein ähnliches Schicksal in Kanem. Rohlfs durchquerte 1865–67 zum erstenmal ganz Nordwestafrika von den Syrten bis zum Golf von Guinea, wobei er neue Bahnen durch die Haussastaaten bis zum mittlern Binue und durch Joruba bis Lagos einschlug.
Auf der neu entdeckten Wasserstraße des Binue setzten mit eingehenden Forschungen ein der Engländer Baikie (1854) und besonders der Deutsche [* 3] Flegel (1879–85), der von den Quellen des Binue und von dem Hochlande Adamauas die ersten sichern Nachrichten brachte. Staudinger und Hartert bereicherten 1885 unsere Kenntnis namentlich über die Flora der Gegenden zwischen Binue und Sokoto. Mizon gelang es 1891–92 von Adamaua aus die Wasserscheide zwischen Binue, Schari und Kongo zu überschreiten und Stanley Pool zu erreichen.
Maistre erschloß 1892–93 die Länder im Hinterland von Kamerun zwischen Ubangi und den Binuequellen. Ch. de Foucaulds Reise quer durch Marokko [* 4] (1883–84) wirkte bahnbrechend für die Topographie wie für die kartogr. Darstellung der drei Atlasketten. Nachtigal (1869–71) ging von der Basis Tripolis-Kuka aus, machte drei Entdeckungsreisen in noch unerforschte Länder, nach Tibesti, Borku und Wadai, von wo aus er über Darfur und Kordofan den Nil erreichte. Auf zwei Reisen nach Süden, deren erste ihn in Bagirmi den Schari aufwärts bis über 10° nördl. Br., deren zweite in Wadai zum 10.° nordl.
Br. führte, zog er ausführliche Erkundigungen über das Flußsystem des Schari ein. In umgekehrter Richtung – Kordofan, Bornu, Niger, Golf von Guinea – durchquerten den Kontinent 1880 Matteucci und Massari. Im Interesse der franz. Kolonien am Mittelländischen Meer und am Senegal lag es, eine Verbindung zu Land durch die Sahara herzustellen, Timbuktu lag in der Mitte. Seit 1850 begannen die Versuche, von Norden [* 5] einzudringen: Duveyrier (1859–61), der unermüdliche Erforscher der Sahara;
und Soleillet (1874 und 1878).
Demselben Zuge folgten die Deutschen Rohlfs (1861–64) und Lenz (1880), dem es endlich glückte, von Marokko aus Timbuktu zu erreichen und von hier nach der Westküste zu gelangen. Folgenreicher waren die Bestrebungen vom Senegal aus. Nach Raffenels Vorstoß nach Kaarta (1847) begann eine durchgreifende Erforschung Senegambiens bis zum Niger unter der Regierung des Gouverneurs Faidherbe (1855–65). Die Expeditionen drangen in die Wüstenlandschaften im Norden bis Adrar (Vincent 1860) und bis in die Nähe von Timbuktu vor (1860–61), Mage und Quintin 1865 und Gallieni 1880–81 bis Segu.
Das Erforschungswerk wurde durch die Fahrt des Lieutenants Caron auf einem Kanonenboot den Niger abwärts von Bammako bis zu dem Hafenplatz von Timbuktu und 1894 durch die Besetzung Timbuktus unter Oberst Bonnier gekrönt. Über die oro- und hydrogr. Verhältnisse von Futa-Dschalon brachte Bayol 1881 auf seiner diplomat. Reise wichtiges Material. Von der Guineaküste aus, südlich von Senegambien, wurden keine durchgreifenden Versuche gemacht, in das Innere vorzudringen.
Von Wichtigkeit sind allein die Reisen Reudes (1868–70) von Sierra Leone nach Farabane und Bure. Andersons (1868) von Liberia [* 6] nach Musardu, Zweifels und Moustiers (1879), die die lange gesuchten Quellen des Niger entdeckten, und Goldsburys (1881) den Gambia aufwärts nach Timbo in Futa-Dschalon. An der Goldküste bestimmen die kriegerischen Erfolge der Engländer den Fortschritt geogr. Wissens. Wohl hatten Bowdich 1817 und Freeman mit Chapman 1838–43 das Königreich Aschanti betreten, aber erst seit dem großen Kriege von 1873 ward eine größere Freiheit und Sicherheit den Europäern gewährt, so daß Bonnet 1875–76 den Voltafluß bis Salaga befahren, Lonsdale 1882 nach Bontuku und Jendi, und Kirby 1884 nach Kuntampo gelangen konnten. – Am Rande der Sklavenküste waren hauptsächlich im Königreich Dahome thätig: Duncan 1845, Dencham 1846, Guillevin und Burton 1860–61;
letzterer auch am Volta, dessen gründlichere Erforschung wesentlich Bonnet (1875–76) zu verdanken ist.
Das Ewe- und Togogebiet bereisten 1887 und 1883 Burgi und Henrici, welch letzterer das Agomegebirge überschritt. Das Hinterland von Togo, nördlich des Apossogebirges, erforschten 1888 und 1889 in ausgiebigster Weise Dr. Wolf, der von der neugegründeten Station Bismarckburg in Adeli Vorstöße nach Fasugu, Udjuti und Kebu unternahm, und Hauptmann von François, der nördlich von ¶
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190 Salaga und Jendi bis in die Landschaft Mossi vordrang. Wolf drang von Bismarckburg in nordöstl. Richtung ins Hinterland von Dahome vor, wo er unweit Ndali starb. Wolf und François lieferten vorzügliches kartogr. Material. Hauptmann Kling bereiste mit wissenschaftlichem Erfolg 1891/92 die Borgu-Staaten und Kintampo. – Drei Reisen haben in der neuesten Zeit uns Kenntnis vom Innern Nordwestafrikas gebracht. Krause ging 1886 von der Goldküste über Salaga nördlich durch Mossi bis Duensa in Massina und kehrte auf demselben Wege 1887 wieder zurück.
Der franz. Kapitän Binger zog von Bammako aus am obern Niger 1888 nach Süden, durch Samorys Reich, erreichte die Stadt Kong (in der Landschaft Wangara) und von hier Mossi; über Salaga zurückkehrend, traf er 1889 mit Treiche-Lapène zusammen, der zu seiner Unterstützung von Assini an der Elfenbeinküste aufgebrochen war. Beide gelangten durch noch unbetretene Länder nach Groß-Bassam an der Guineaküste. Monteil durchquerte 1891–92 von Segu am Niger aus den Nigerbogen (Lanfiera-Wagadugu-Say) und über Bornu die Sahara. c. Das Nilproblem und die centralafrikanischen Seen.
Zur Lösung der Nilfrage führten zuerst schrittweise die Reisen und Kriegszüge, die 1793–1839 von Ägypten [* 8] aus gegen den Sudan und Abessinien unternommen wurden. Abgesehen von einem vereinzelt gebliebenen Vorstoß Brownes (1793–96) über Assuan nach Darfur warf man sich zur Zeit Napoleons (1798–1801) und unmittelbar darauf auf die mehr archäol. als geogr. Erforschung des Nilthals bis zu den Katarakten. Cailliaud und Letorzek wandten sich 1819–20 westwärts in die Libysche Wüste, deren gründliche Untersuchung erst Rohlfs 1869 und 1873–74 mit Zittel, Jordan und Ascherson zum Abschluß brachte.
Mit dem Heere Mehemed Alis zogen 1820–21 Cailliaud und Letorzek nach Nubien bis zur Teilung des Nils in den Blauen und Weißen Nil. Ihre Entdeckungen setzten nach Süden fort: Beke, der 1840 die Quellen des Blauen Nils fand, Pruyssenaere, Poncet und Lejean 1859–64, Marno 1870–71 und Schuver 1881–82, der hier den 9.° nördl. Br. erreichte. Man stand vor den Thoren Abessiniens; nach Salts wissenschaftlich wenig verwertbarer Reise wirkten 1837–48 die Gebrüder d'Abbaddie grundlegend für die Kenntnis des Landes bis südlich nach Kaffa, nachdem Combes und Tamisier schon 1835 und 1836 bis Schoa Bahn gebrochen hatten.
Fast gleichzeitig (1839–43) hielten sich hier auf: die Reisenden Rüppell, Ferret und Galinier;
in den sechziger Jahren Heuglin, Steudner, Rohlfs und Lejean;
auch der engl. Feldzug 1867–68 bereicherte das topogr. und ethnogr.
Wissen. Während durch die Wüsten im Westen des Nils schon 1824 Rüppell bis Kordofan und Russegger und Kotschy sogar bis Dar [* 9] Nuba, d. h. bis zum 11.° nördl. Br. und 29.° östl. L. von Greenwich gewandert waren, entschloß man sich erst mit Beginn der fünfziger Jahre, von den Küsten des Roten Meers aus dem Hochland durch die Wüsteneien sich zu nähern. 1852 ging Malzac, 1854 Hamilton von Suakin gegen den Atbara vor; Munzinger leistete während seines langen Aufenthalts in Keren (1855–75) Vorzügliches im Marebgebiet, das Hildebrand und Heuglin in den siebziger Jahren ebenfalls durchforschten.
Cecchi und Chiarini drangen 1876–81 von Zeila, Soleillet 1882 von der Tedschurabai gegen Schoa und Kaffa vor, denen Aubry 1883–85 bis Bonga folgte. Ebenso war Schoa das Ziel für Antonelli, der 1883 die Danakil-Wüste durchschritt, wie auch Bianchi 1884, Ragazzi und Rimbaud, die von Harrar aufbrachen. 1885–87 nahmen Antonelli und Traversi an den Kriegszügen des Königs Menilek teil und erweiterten wesentlich unsere geogr. und ethnogr. Anschauungen von dem Süden Abessiniens; Borelli gelangte 1886–88 von Schoa aus nach Dschimma. 1821 war die Mündung des Blauen Nils gefunden und der Weiße Nil als der Hauptstrom erkannt worden. 1827 befuhr ihn Linant de Bellefonds bis zum 13. nördl. Br. Mehemed Ali nahm die weitere Erforschung zum Ziel; die erste Expedition unter Thibaut gelangte 1840 bis zum 6.° 30' nördl. Br. und die zweite 1841 unter d'Arnaud und Werne bis zu 4° 42'. Der südlichste Punkt nilaufwärts, der von Ägypten aus und zwar durch Miani 1860 zuerst erreicht wurde, lag unter 3° 34' nördl. Br. Ein ungeheuer wasserreiches und fruchtbares Gebiet war durch Mehemed Ali erschlossen worden.
Den Kaufleuten, Elefantenjägern und Sklavenhändlern folgten ein Jahrzehnt später die Männer der Wissenschaft, hauptsächlich in die Länder westlich vom Nil, in das sog. Bahr el-Ghasal-Gebiet. Brun Rollet fand 1856 den Schlüssel dazu in Meschra el-Rek;
weiter nach Süden zum Djur drang 1857 Poncet, Petherick bis zu den Niam-Niam;
weiter nach Südwesten 1860–65 Antinori, Piaggia;
Lejean (1861) und Heuglin (1863);
in Gondokoro im Nilthal selbst hielten sich 1860–62 Petherick und Peney auf.
Den Beginn der gründlichen und wissenschaftlichen Erforschung machte Schweinfurth 1868–71, der die Wasserscheide der westl. Nilzuflüsse überschritt und im Monbuttu-Lande den nach Westen strömenden Uelle entdeckte, den wir jetzt als den Oberlauf des Ubangi, also als Nebenfluß des Kongo kennen. Nach Miani im Monbuttu-Lande (1871) und Marno in Makaraka 1874–75 leistete Dr. Schnitzer, bekannter unter dem Namen Emin Pascha, 1877–89 durch seine ethnogr., topogr. und botan. Arbeiten im weiten Umkreis nach Westen und Osten von Lado und Dr. Junker durch seine Reisen (1877–78 und 1880–86) im Flußgebiet des Uelle bis zur Seriba Abdallah 23° 10' östl. L. von Greenwich und des Nepoko der geogr. Wissenschaft die wertvollsten Dienste. [* 10]
Gleichzeitig mit Emin Pascha wirkte Lupton als ägypt. Beamter im Bahr el-Ghasal-Gebiet und kam 1883 zum Teil durch die von Potagos (1876–77) bereisten Länder bis Foro in Dar Banda, sehr nahe der weit westlich liegenden Vereinigung des Mboma mit dem Uelle-Ubangi; Buchta machte 1878 interessante ethnogr. Studien im Djur-Lande; Casati ergänzte 1884–89 die Forschungen bei den Monbuttu, und Bohndorff glückte es in dieser Zeit wahrscheinlich bis Dar Abu Dinga zu kommen.
Nicht unwesentlich wurden alle diese wissenschaftlichen Expeditionen durch den Generalgouverneur des Sudan Gordon (1874–80) in Chartum unterstützt, in dessen Auftrag auch ägypt. Generalstabsoffiziere, außerdem die Engländer Purdy und Colston (1874–75) topogr. Aufnahmen in Kordofan und dem bisher verschlossenen Darfur bewerkstelligten. – Das Nilproblem zu lösen wurde nicht durch ein weiteres schrittweises Vordringen von dem 1860 erreichten südlichsten Punkte (3° 34') im Nilthal versucht, sondern weitausgreifend von der Ostküste aus ¶