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dadurch im stande, schnell auf jeder Eisenbahn befördert zu werden und vom Bahnkörper aus stets schußfertig nach allen Richtungen zu sein.
Seit dem Herbst 1889 nach langen Versuchen in Frankreich eingeführt.
dadurch im stande, schnell auf jeder Eisenbahn befördert zu werden und vom Bahnkörper aus stets schußfertig nach allen Richtungen zu sein.
Seit dem Herbst 1889 nach langen Versuchen in Frankreich eingeführt.
[* ] der persische, allgemein gebräuchliche Name des Landes der Afghanen, einheimisch kurzweg als Urlajat (Stammland) oder nach den Hauptgebieten als Kabulistan u. s. w. bezeichnet.
Lage, Grenzen und Ausdehnung. Afghanistan liegt, geographisch, geschichtlich und sprachlich den Übergang von Indien zum westl. Asien bildend, zwischen 28° 45' und 37° 45' nördl. Br. und 60° 55' und 74° 45' östl. L. Im O. wird es von den Pamirlandschaften sowie Tschitral, Kafiristan, Pischawar und dem Pandschab, im S. von Belutschistan, im W. durch das pers. Chorassan, im N. durch das jetzt russ. Gebiet der Turkmenen, Buchara, Darwas, Schignan und Ostturkestan begrenzt, und zwar so, daß die Orte Merutschak am Murghab, Andchui und die Amufähre bei Chodscha Salih noch auf afghan. Gebiete liegen.
Auf dem Pamir bildet der Teil des Amu, der aus dem Sarikul entspringt, die Grenze. Die Bestandteile A.s sind: im N., von W. nach O., das Kyptschak, Dschemschidi und Gardschistan um den obern Murghab;
Maimene, Balch, Chulm, Kundus, Badachschan und Wachan, über welch letztern nur eine lose Oberhoheit ausgeübt wird (insgesamt das afghan. Turkestan);
im W., von N. nach S. Ghur oder Ghurdschistan und Herat, ferner Teile von Seistan;
östlich davon, im N., das Aimak- und Hasara-Gebirgsland;
südlicher das Hilmendgebiet: Samindawar und Garmsel;
östlicher das eigentliche Afghanistan, zu dem im NO. Kabulistan, im SO. Siwistan gehören.
Das Areal beträgt seit 1887 mit den Grenzgebieten im O. (117000) etwa 667000 qkm. (S. Karte: Westasien II, beim Artikel Asien.)
Bodengestaltung und Bewässerung. Die Bodengestalt A.s wird beherrscht durch das Hindukusch-Gebirgssystem, welches in zahlreichen Verzweigungen das ganze Land durchzieht und im W. in die pers. Gebirge übergeht. Vier Fünftel des Landes sind daher gebirgig, zwischen den Ketten liegen gut bewässerte, höchst fruchtbare Thäler von hoher Schönheit und kalte, öde, kaum Weide bietende Tafelländer von bedeutender Höhe. Im N. zieht sich von der Pamir westwärts der 6000 m übersteigende Hindukusch mit seinen Schneegipfeln und unwegsamen Zerklüftungen.
Von letzterm durch den geschichtlich bedeutsamen Bamianpaß geschieden, läuft in derselben Richtung westlich der nach der Nordseite wild und zerklüftet abfallende Gebirgszug Kohi-Baba, etwa 5500 m hoch, ebenfalls in die Region ewigen Schnees aufragend, auf dem der Hilmend entspringt und sechs sehr beschwerliche Pässe den Verkehr vermitteln. Dem Kohi-Baba schließen sich wiederum westlich zwei parallele Gebirgszüge an, der Sefid-Koh (Weißes Gebirge, der alte Paropamisus) und der Sija-Koh (Schwarzes Gebirge), die das Thal von Herat einschließen.
Der westl. Sefid-Koh ist nicht zu verwechseln mit dem östl. Sefid-Koh. Von dem Hauptzuge des Hindukusch und Kohi-Baba aus zweigen sich zahlreiche Ketten ab, welche gegen SW. zum Unterlaufe des Hilmend ziehen, südöstlich Herat das Bergland Hasara anfüllen und im SO. A.s fast Südrichtung erhalten, so daß ein fächerförmiges Auseinanderstreben stattfindet. Am bekanntesten sind hier die östl. und die westl. Suleimankette, in deren letzterer unter 31° 4' nördl. Br. der Tacht-i-Suleiman bis zu 3910 m aufsteigt.
Dieser bis nach Belutschistan hinabreichende Höhenzug bildet eine höchst charakteristische Grenze zwischen der ind. und pers. Welt, mit seinem öden, steinigen Abfall im W. stark gegen das fruchtbare Industhal abstechend. Es giebt unter den zahlreichen, wegen ihrer Enge und ihrer räuberischen Anwohner gefährlichen Verbindungswege fünf wichtigere: den 53 km langen Chaibarpaß (s. d.) an dem Durchbruch des Kabulflusses nach dem Pandschab, der Kurumpaß von Bannu nach Thal und Fort Kurum und nach Ghasni, südlicher der Chusoran und der für Artillerie gangbare Tankpaß;
an der Nordseite des Tacht-i-Suleiman der Gomal- oder Gumal- oder Ghwalarpaß (235 km).
Fast im rechten Winkel zum Suleimangebirge verläuft der östl. Sefid-Koh mit dem 4500 m hohen Paiwarpasse südlich Kabul. Zu den Erhebungen des Nordens und Ostens bietet die Einsenkung des Südwestens, welche durchaus den Wüstencharakter des innern Iran hat, das Gegenbild. Hier liegt der Hamunsumpf (2920 qkm) nur etwa 450 m hoch. Eine bedeutende Stromentwicklung kann in einem so vielfach von Höhen durchzogenen Lande nicht stattfinden. Der größte Fluß, der Hilmend (1120 km), hat ein Wassergebiet von 517000 qkm, verläuft sich aber als Binnenfluß bedeutungslos in den Hamunsee, in den sich außerdem von N. der Adraskan oder Harud und der Farrah-Rud, von O. der Chasch-Rud ergießen. Der Hauptzufluß des Hilmend ist der Argandab mit dem Tarnak. Der Kabul durchbricht zwischen Dschalalabad und Pischawar das östl. Gebirge, um dem Indus zuzufließen. Die Nordgrenze A.s bildet der Amu, unter dessen Nebenflüssen der Kundus der bedeutendste ist, während der Murghab und der Herirud in der Turkmenenwüste versiegen.
Klima. Binnenländischen Charakter trägt durchweg das im ganzen trockne Klima A.s, obschon es vielfache, durch die wechselnden Höhenverhältnisse und Richtungen der Gebirgszüge bedingte Abstufungen zeigt. In Ghasni dauert der außerordentlich strenge Winter über vier Monate, der Schnee liegt bis in den Frühling hinein und der Sommer ist hier kaum so warm wie in England. Die nördl. Hochländer werden von schneereichen Winterstürmen heimgesucht; die südwestl. Ebene hat im Juni 50° C. im Schatten und auch in Kabul und Dschalalabad ist der Sommer zuweilen unerträglich beiß.
Mineralien. Der mannigfaltige Produktenreichtum des Landes ist noch lange nicht in vollem Maße in den Handelsverkehr eingetreten. Der Hindukusch hat Eisen und Blei in bemerkenswerten Massen geliefert, und in den westl. Gebirgen hat sich außer Blei auch Schwefel gefunden. Eine Goldmine ist neuerdings unweit Kandahar eröffnet worden, und die Gebirge im NO. scheinen reiche Goldländer zu sein; Steinsalz und Kohlen liefert das Gebirge in Menge; berühmt sind die Rubinen von Badachschan.
Pflanzenwelt. Vegetabilische Produkte der verschiedensten Arten finden sich, je nach der Höhenlage, vom ind. Zuckerrohr und der Dattelpalme bis zu den europ. Getreidegattungen; außer den letztern gedeihen hier ebensogut Mais und Reis sowie Tabak. Die geschützten Thäler reifen neben Äpfeln und Aprikosen auch Feigen und Wein, wie denn die Flora des Orients sich hier mit der Vorderindiens vermischt, und auf den Hochsteppen wachsen die merkwürdigen aromatischen Hochstauden von Dolden, die Asa foetida und Galbanum liefern.
Tierwelt. Neben Schakal, Hyäne, Bär, Wolf, Fuchs, Löwe, Tiger und Leopard in den Bergklüften
finden sich als Haustiere das Kamel, das Schaf (dessen meist rotbraune Wolle und verarbeitete Häute nach Indien gehen), das Pferd (ebenfalls nach Indien ausgeführt), besonders zum Lasttragen benutzte kräftige Ponies, Jabu genannt, viele Maultiere, Esel (der zahme wie auch der weiße wilde), in den Gebirgen auch Rinder. Die Mehrzahl der Vogelarten ist mit europäischen identisch. Die zahlreichen Falken werden zum Teil zur Jagd abgerichtet; Fasane, Lerchen u. s. w. kommen in großer Menge vor, ebenso eine große und sehr giftige Skorpionart.
Die Bevölkerung A.s, nicht einheitlicher Abstammung, wird von H. Keane (1880) auf 6145000 Seelen geschätzt, darunter 3520000 Afghanen. Im jetzigen Umfange zählt das Land etwa 4 Mill. E. In ihrem eigenen Dialekt nennen sich die Afghanen Puchtun, im Plural Pachtane, woraus in Indien Pathan geworden ist. Nach den Dialekten zerfallen sie auch in eine östl. (Gildschi) und westl. (Durrani) Gruppe. Die Masse der eigentlichen Afghanen gehört zum iran. Volksstamme im weitern Sinne.
Ihre Sprache, eine ostpers. Mundart, hat jedoch in ihrem östl. Teile starke indische, im westlichen pers. Beimischungen erfahren. Die verschiedenen Stämme des Landes haben politisch besondere Vorrechte und Einrichtungen, wahrscheinlich je nachdem sie stoßweise von dem nordöstl. Hochlande eingewandert sind. Der im Westen über die eigentlich afghan. Grenzen hinaus wohnende Stamm der Hasara, etwa 360000 Seelen, sind Berla, ein mongol. Usbegenzweig aus Timurs oder sogar aus Dschingis Chans Zeit.
Sie sprechen ein sehr altes Persisch und sind, wie die Perser, schiitische Moslems. Von den übrigen Stämmen, die das Hochland bewohnen, sind besonders die durch das ganze Gebiet zerstreuten Tadschik sowohl als Reste der ursprünglichen iran. Bevölkerung (mit Sinn für Ackerbau) als auch durch ihre Zahl von 1 Mill. Seelen bemerkenswert. Sie sind, wie die Afghanen, Sunniten und sprechen einen fast rein pers. Dialekt. Auch die den Hasara westlich benachbarten Aimak, eine Gesamtheit von wilden, räuberischen Stämmen, sind Sunniten.
Türk. Abkunft hingegen sind die Katagan (Usbegen, etwa 200000), ferner die Kisilbasch (75000), Schiiten, die hier seit Nadir-Schah festen Fuß gefaßt, aber die pers. Sprache angenommen haben. Im Osten sind von Indien aus die sog. Hindki und die Dschat eingedrungen. Erstere, ½ Mill. Seelen, beschäftigen sich besonders in den Städten mit Handel und haben sich wahrscheinlich von der Kriegerkaste Ostindiens abgezweigt. Die sunnitischen Dschat dagegen sind sehr arm, ein schöner, kräftiger, dunkler Stamm, Hausdiener, Musiker, Barbiere u. s. w., von unbekannter, vielleicht altscythischer Herkunft. Im Süden von Afghanistan wohnen 100000 Belutschen (Iranier); im Nordosten etwa 100000 Badachschi, ferner in geringer Zahl Kafir (s. d.), anderer Einwanderungen, wie die von Armeniern u.s. w., nicht zu gedenken.
Über alle diese herrscht der Zahl nach, wenn auch in viele Stämme gegliedert, doch durch Nationalbewußtsein zusammengehalten, der Afghane, kräftig von Körper, trotzig und stolz. Von den einzelnen Stämmen werden die tapfern und gewerbfleißigen Berdurani, im Nordosten, durch ein Offensiv- und Defensivbündnis untereinander zusammengehalten, welches fester ist als die Bande des Blutes. Ausgenommen davon sind die Jußufpehi (Jußufsai), die stolzesten und unruhigsten aller Berdurani, berüchtigt durch die in ihren Stämmen herrschende Anarchie.
Obwohl vom Ackerbau lebend, überlassen sie doch die ganze Arbeit den sog. Fakir, welche Fremde sind oder unterworfenen Stämmen angehören. Diese dürfen von ihren Herren sogar getötet werden; zahlen sie jedoch ihr Schutzgeld und thun ihre Arbeit, so können sie nebenher nach Belieben Handel treiben und werden dann milde behandelt. Die Turkolani, thätige und freundliche Leute, stehen unter einem einzigen mächtigen Häuptlinge von großem Ansehen. Die Afridi und Schinwari am Spingargebirge sind die schlimmsten und verräterischsten Räuber in ganz Afghanistan, die Babur ein civilisierter, handeltreibender Stamm.
Die Sturiani waren Hirten, bis sie durch die Kaker ihrer Weidelandschaften beraubt wurden; seitdem sind sie Ackerbauer und haben, wie alle dortigen ackerbauenden Stämme, ihre Arbeiter oder Leibeigenen. Die Dschaudschi und Turi, stets einander feindlich, leben in den Thälern und Schluchten der Suleimankette. Die Schirani, um den Tacht-i-Suleiman, sind sehr arm und uncivilisiert, plündern jeden aus, brechen aber nie ihr Wort; Aussehen und Lebensweise sind überaus wild.
Ähnliches gilt von den ihnen benachbarten Smurri und Wasiri. In dem langen Sawurathale wohnen die bedeutenden Handel treibenden schwarzen und weißen Serin. Die edelsten und wichtigsten Stämme sind die Durrani und Gildschi, hauptsächlich Hirten mit patriarchalischen Sitten, meist auf hohen dunkeln Hügeln hausend, die bald wüst, bald spärlich angebaut, überall aber offen sind und Weidegründe bieten. Größtenteils leben sie in Zelten (Kisdi) aus dunkler Wolle, die im Winter durch Felle warm und behaglich gemacht werden.
Man schätzt die Zahl der Durrani auf 800000, die zwischen Herat und Kandahar, sowie in Kabulistan wohnen. Sie hießen früher Abdali, bis ihr Herr, der Häuptling Ahmad (gest. 1773), den Titel Durri Durrân, d. h. Perle der Perlen, annahm. Ihr Chan ist erblicher Häuptling, militär. Oberhaupt. Sie sind unter den afghan. Stämmen am meisten der Civilisation zugänglich. Die Gildschi, ein tapferes, hochsinniges Volk von etwa 600000 Seelen, am obern Tarnak und in einem großen Teile des Kabulthals, mit einigen wichtigen Städten, waren ehemals der Hauptstamm; ein Zweig derselben eroberte Persien. Aus den Holeki sind Könige und aus den Tochi sind Wesire hervorgegangen. Sie umfassen etwa 100000 Familien und ähneln den Durrani, welche sie als Rivalen sehr hassen. Dem undisciplinierbaren Selbstbewußtsein entsprach die eigentümliche Stammverfassung; aber auch jetzt, gegenüber dem Alleinherrscher, sind die Unterschiede der einzelnen Ulus oder Stämme mit ihren Chanen durchaus nicht aufgehoben. Die staatliche Organisation ist sehr locker.
Sprache und Litteratur. Die Sprache der Afghanen, das Pachtu (s. d.), in westafghan. Aussprache auch Puchtu oder Puschtu genannt, ist ein ostiran. Dialekt. Schriftstellerische Versuche begannen erst sehr spät und nur in Anlehnung an pers. Vorbilder. Einer der frühesten und zugleich berühmtesten Dichter ist Abdurrahman aus dem Distrikt von Pischawar, ein gelehrter Sufi. Ferner sind zu nennen: Mirza Chan Anßari, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. dichtete; Chuschhal Chan Chatak, sein Zeitgenosse, der einen Aufenthalt in Indien nahm; besonders aber Ahmad Schah Abdali, der Gründer der Durrani-Dynastie. Auch fehlt es nicht an histor. und religiösen Aufzeichnungen,
doch geht keine derselben über das 15. Jahrh. zurück. Durch die in Afghanistan stets in hoher Blüte stehende pers. Litteratur ist die eigentlich afghanische in ihrem Wachstum stark beschränkt worden.
Handel und Industrie sind in Kabul, Kandahar und andern größern Städten sehr entwickelt, besonders das Kunstgewerbe. Den Verkehr zwischen Ostindien und Centralasien besorgen die sog. Lohani-Kaufleute, Povinda oder Käufer genannt. Diese bewaffneten, auf ihrem Zuge durch Zölle und Abgaben vielfach beschwerten Handelsleute überwinden schwierige Gebirgspässe und räuberische Stämme, wenn sie, von Buchara ausgehend, sich zu großen Karawanen vereinigen.
Zweimal im Jahre versuchen sie die Reise aus den Wüsten Bucharas durch die Pässe des Paropamisus, die Gildschi-Hochebenen und die Pässe der Suleimankette bis zum Pandschab. Hier angekommen, lassen sie ihre Kamele und Waffen zurück und gehen mit ihren Ballen auf der Eisenbahn,Dampfschiffen u.s.w. nach Kalkutta, Karatschi, Bombay u. s. w., zuweilen selbst bis nach Assam und Birma. Von Ostindien bringen sie Zeuge aller Art, Töpfer- und Metallwaren, Indigo, Brokat, Zucker, Gewürze, Thee, Cochenille, Ammoniak, Pferde, Kamele, Krapp, Teppiche, Droguen, Münzen, Kupfer, Perlen, Draht, Goldborte, Opium (obwohl für Rußland streng verboten) u. s. w. Der Wert des Povinda-Handels beläuft sich jährlich auf 30300000 M.
Entdeckungsgeschichte. Über die frühere Zeit s. Asien. In der neuesten Zeit wurde Afghanistan namentlich in seiner östl. Hälfte bekannter durch die Forschungsreisen und Aufnahmen von Offizieren und Topographen, welche 1878 und 1879 den englischen in Afghanistan vorrückenden Heersäulen folgten;
Tanner unternahm einen Ausflug zu den Sija-posch-Kafir;
Scott bestimmte von dem 4760 m hohen Sikaram, dem höchsten Gipfel des Sefid-Koh, aus zahlreiche Spitzen des Hindukusch. Am eingehendsten wurde das Gebiet zwischen dem Indus und Kandahar untersucht;
viele Irrtümer berichtigte hier Gore, welcher das Thal Pischin beschrieb: Campbell besuchte das Thal Schorawak im SW. und das Tobaplateau im N. von Pischin;
Roger bewerkstelligte eine Aufnahme von Kandahar;
die Straße Kandahar-Girischk, der beste Landweg zwischen Indien und Persien, wurde von Kapitän Beavan untersucht.
Die Geographie des nordwestlichen A.s wurde durch die Arbeiten der von 1884 bis 1887 thätigen russ.-brit. Grenzkommission unter Sir Peter Lumsden bereichert. Die geolog. Durchforschung beendete Griesbach 1889. Die Ergebnisse sind zusammengefaßt in der 1891 erschienenen vierblättrigen Karte (1: 520640), die ein ganz neues Bild des Landes entwirft.
Geschichtliches. Die Afghanen treten erst sehr spät in die Geschichte klar erkennbar ein. Zwar erscheint ihr Name schon in den Paktyern (Puchtun) des Herodot; ihr jetziges Gebiet wird zum Teil mit dem Vaekereta des Avesta gemeint sein, ebenso mit den Bezeichnungen der alten Geographen Drangiana und Ariana. Aber es ist zweifelhaft, ob Stämme der heutigen Bewohner schon damals in diesen Grenzen saßen. Von nahen Beziehungen zu Indien zeugen noch heute die buddhistischen Kolosse von Bamian.
Zuerst werden die Afghanen bestimmt genannt in den Kriegszügen des Mahmud von Ghasni. Die Nachwanderungen fanden indes sehr langsam statt, und noch im 14. Jahrh. saßen einzelne Stämme außerhalb der jetzigen Grenzen. Später noch wohnten die Kafir massenhaft in Ostafghanistan, wie damals wahrscheinlich auch die Tadschik in Westafghanistan als herrschender Stamm. Die Zeit der pers.-mongol. Herrschaft öffnete den kriegerischen Stämmen den Weg ins Land; doch sammelten sie sich erst um die Mitte des 18. Jahrh. zu geschlossenem Auftreten und durchzogen unter Mahmud und Aschref siegreich ganz Persien.
Unter Nadir Schah waren sie den Persern wieder unterthan. Als nach dessen Tode (1747) in Persien selbst Unruhen ausbrachen, benutzte Ahmad Schah (s. d.) die Gelegenheit, das Joch der Perser abzuwerfen, und begründete die Dynastie der Durrani oder Abdali; vor seinem Tode erstreckte sich das Reich vom Oxus bis zum Meere und von Nischapur in Chorassan bis Sirhind im Pandschab. Auch Kaschmir war ihm unterthan. Er baute Kandahar wieder auf. Sein Sohn Timur starb 1793 und dessen zweiter Sohn Siman bestieg den Thron.
Seinen Bruder Mahmud, der in Herat residierte, nötigte er, auf pers. Gebiete Schutz zu suchen. Doch bald verbanden sich Fath Chan (engl. Futeh Chan), Oberhaupt des mächtigen Geschlechts der Bariksai, und Mahmud gegen Siman, setzten sich in Besitz von Kandahar und vertrieben 1800 Siman, der, geblendet, in Ludiana den Schutz der brit.-ind. Regierung fand. Nach kurzem Zwischenregiment seines Bruders Schudscha ul-Mulk bestieg Mahmud zum zweitenmal den Thron. Durch die Hinrichtung seines Bundesgenossen Fath Chan zog er sich den Haß der Bariksai zu und mußte 1823 abermals die Regierung niederlegen. Er starb 1829 in Herat, das allein noch in seinem Besitze geblieben war.
Mit ihm brach die Durrani-Monarchie, die 76 Jahre bestanden, zusammen. Das Reich ging, mit Ausschluß Herats, an die Bariksai über; in Kabul gelangte Dost Muhammad, in Kandahar Kohan Dil, in Pischawar Sultan Muhammad zur Herrschaft. An der Spitze stand der älteste der drei Brüder, Dost Muhammad, als Chan von Kabul. Im Osten geriet dieser in Kampf mit Lahaur; im Westen wurde Herat von Persien mit Krieg überzogen. Am erklärte der brit. Generalgouverneur von Indien, Lord Auckland, den Krieg, da Dost Muhammad den brit. Alliierten Randschit Singh unrechtmäßig bekämpft und Schudscha Schah als rechtmäßiger Thronerbe Englands Schutz angerufen habe.
Ein anglo-ind. Heer von 12000 Mann und 40000 Köpfen Lagergefolge überschritt den Indus, im März mit Verlusten den Bolanpaß, 7. April den Kodschakpaß und gelangte 25. April nach Kandahar, wo Schudscha Schah von seinem Reiche förmlich Besitz ergriff. Am 22. Juli wurde Ghasni besetzt und 7. Aug. zog der Schah mit der brit. Hauptmacht in Kabul ein. Dost Muhammad, in hilfloser Lage jenseit des Oxus, gab sich zwar den Engländern gefangen, aber sein Sohn Akbar trat an die Spitze einer Verschwörung, an die, trotz aller Anzeichen, weder der brit. Kommissar Alex. Burnes noch Macnaughten, der brit. Minister am Hofe zu Kabul, glaubten. Macnaughten bezahlte mit engl. Gelde den königl. Hofhalt Schudscha Schahs sowie die Beamten und kirrte die Häuptlinge durch Geld, so daß Afghanistan dem ind. Schatze jährlich fast 27 Mill. M. kostete. Sobald aber den Häuptlingen die fernern Geldzahlungen entzogen wurden, brach der Sturm los. Am erhob sich das ganze Land gegen die meist in Kabul stationierten 8000 Mann europ. Truppen und Sipahi; Burnes, Macnaughten
und viele brit. Offiziere wurden ermordet. Die entmutigten brit. Anführer, namentlich der altersschwache Elphinstone, suchten nun Rettung durch Unterhandlungen. Mit Akbar und den afghan. Häuptlingen kam ein Vertrag zu stande, wonach die Briten gegen sicheres Geleit, Transport- und Lebensmittel für den Rückzug ganz Afghanistan räumen sollten. Darauf hin verließ die brit. Armee Kabul, um sich durch den Chaibarpaß nach Indien zu wenden. Indes blieb die Lieferung von Lebensmitteln aus und die fanatischen Stämme des Landes fielen über den Zug her.
Das brit. Heer, 16000 Köpfe, erlag der Kälte oder den Waffen der Afghanen. Die brit.-ind. Regierung unter Lord Ellenborough schien neuen Kämpfen abgeneigt. Doch zog General Nott von dem in brit. Gewalt gebliebenen Kandahar gegen Ghasni, das er besetzte und zerstörte. Nach Kabul war indes General Pollock durch den Chaibarpaß vorgedrungen und vereinigte sich dort mit Nott Mitte September. Der Zerstörung auch dieses Platzes folgte die Zerstreuung der Scharen Akbars und die Befreiung der gefangenen Engländer.
Die brit. Feldherren traten im Dezember den Rückzug an und gingen im Siegesbewußtsein so weit, den gefangenen Dost Muhammad freizulassen. Aus Hindustan zurückkehrend und von den Verhältnissen daselbst unterrichtet, wurde derselbe in Kabul als Rächer der Stammehre empfangen und befestigte zunächst seine Herrschaft. Schon 1846 ging er ein Bündnis mit den Sikh (s. d.) ein. Doch vernichtete die Schlacht vom die Macht seiner Bundesgenossen. Dost Muhammad besaß bis 1850 nur die Provinzen Kabul und Dschalalabad; bis 1855 eroberte er Ghasni, Kandahar und Girischk, 1856 Balch und Chulm, bis 1858 die Distrikte von Achschi, Schibergan, Andchui, Maimene und Sistan, 1861 Kundus und Badachschan.
Zur Sicherung seiner Eroberungen hatte er mit der brit.-ind. Regierung ein Schutz- und Trutzbündnis abgeschlossen, in dem er als Emir von Afghanistan anerkannt wurde. Als Anfang 1862 ein pers. Heer die afghan. Grenze bedrohte und Sultan Ahmed Chan von Herat, auf Anstiften der Perser, gegen Farrah und Kandahar vorrückte, rief Dost Muhammad die Hilfe der Engländer in Indien an, säuberte die Grenze und zog vor Herat, das nach langer Belagerung in seine Gewalt fiel. Ahmad Chan war kurz vorher gestorben und Dost Muhammad starb bald nachher (29. Mai) im 92. Lebensjahre, Herat blieb in den Händen der Afghanen.
Dost Muhammad hatte seinen Sohn Scher Ali Chan zum Nachfolger bestimmt; ihm wurde jedoch von seinen Verwandten die Würde streitig gemacht und er sah sich nach der Niederlage bei Schekabad außer stande, vorderhand seine Ansprüche weiter zu verteidigen. Hierauf wurde Scher Alis ältester (Halb-) Bruder, Afsal Chan, aus dem Gefängnisse geholt, in Kabul zum Emir erhoben und Februar 1867 von der brit.-ind. Regierung anerkannt. Nach seinem Tode (Okt. 1867) riß Scher Alis anderer (Halb-) Bruder, Mehemmed Asim Chan, die Emirwürde an sich, und Abd ur-Rahman Chan, der Sohn Afsals, ging als Gouverneur nach Balch. Inzwischen wurde Scher Ali von seinem Sohne Jakub Chan, Gouverneur von Herat, und sonstigen Anhängern unterstützt, so daß er nunmehr 17000 Mann und 18 Kanonen ins Feld stellen konnte, mit denen er Kandahar einnahm. Er eroberte Ghasni und Kabul. Asim Chan, der bisher die Emirwürde in Kabul an sich gerissen, floh nach Balch.
Mitte Dez. 1868 schlug Scher Ali den Abd ur-Rahman bei Bamian, so daß dieser sich nach Balch zurückziehen mußte, und im Jan. 1869 seinen Halbbruder Asim und Abd ur-Rahman bei Ghasni, so daß sie Schutz auf brit. Gebiete suchen mußten. Der Prätendent Asim Chan starb im Okt. 1869; Abd ur-Rahman suchte indes dem Scher Ali in den Nachbarländern Feinde zu erwecken, während ein von Jakub gegen seinen Vater mit Hilfe der altnationalen Partei, der die Reformbestrebungen Scher Alis verhaßt waren, erregter Aufstand mit der Eroberung Herats durch Scher Ali endete. Später fand zwar eine scheinbare Ausgleichung zwischen Jakub und seinem Vater statt; als jedoch im Herbst 1874 Jakub zur endgültigen Schlichtung der Streitigkeiten nach Kabul kam, wurde er sofort verhaftet, sehr bald indes frei gelassen und ein abermaliger Ausgleich geschlossen. Ein neuer Aufstand zu Gunsten Jakubs fand 1875 statt, wurde aber von Scher Ali unterdrückt. Jakub wurde gefangen gesetzt, Ende 1877 aber wieder entlassen.
Die Engländer hatten sich lange von jeder Einmischung in die innern Angelegenheiten A.s fern gehalten; ihre Politik nahm erst eine bestimmte Richtung wegen der Fortschritte des russ. Einflusses in Centralasien an, als Scher Ali seine Herrschaft fest begründet hatte. Ende März 1869 veranstaltete der brit. Generalgouverneur von Indien, Lord Mayo, zu Ambala eine Zusammenkunft mit Scher Ali, die dessen Anerkennung als Herrscher A.s besiegelte und an die sich Bündnisverträge knüpften.
Die nächste Folge davon war, daß Ende 1869 zwischen Scher Ali und dem Emir von Buchara (Musaffer Eddin) der Streit um die turkestan. Grenzgebiete gütlich beigelegt wurde, indem man den obern Amu als die Grenzscheide zwischen und Buchara annahm. Seitdem Rußland thatsächlich auch in Buchara herrscht, bildet Afghanistan die freilich weite Schranke, welche die beiden europ.-asiat. Großmächte England und Rußland noch voneinander scheidet. Durch Vereinbarung zwischen der russ. und engl. Regierung, insbesondere durch die engl. Depesche vom und die russische vom wurde die Nordgrenze A.s so festgesetzt, daß Badachschan mit Wachan, die Distrikte Kundus, Chulm, Balch, Achschi, Siripul, Maimene, Schibergan und Andchui zu Afghanistan gehörten.
Gegen Ende des Russisch-Türkischen Krieges von 1877 und 1878, als Großbritannien geneigt schien, seine bisher neutrale Haltung aufzugeben, und bereits Truppen aus Indien nach dem Mittelmeer herangezogen hatte, erschien im Frühjahr 1878 eine russ. Gesandtschaft in Kabul, wo sie von Scher Ali mit den höchsten Ehren empfangen wurde. Der brit. Vicekönig von Indien, Lord Lytton, ordnete im August desselben Jahres ebenfalls eine Gesandtschaft nach Kabul ab, doch wurde dieselbe im Chaibarpasse zurückgewiesen. England rüstete sich deshalb zum Kriege. Am wurde dem afghan. Kommandanten von Ali Masdschid, einem Sperrfort im Chaibarpasse, ein Ultimatum zur Übermittelung an Emir Scher Ali übergeben, und am 20. Nov., nach Ablauf der für die Beantwortung gestellten Frist, den brit. Truppen der Befehl zum Einrücken nach Afghanistan erteilt. Dies geschah in drei Kolonnen mit zusammen 41000 Mann und 144
Geschützen. Bei der Besetzung Dschalalabads (20. Dez.) durch die Pischawarkolonne unter S. J. Browne erfuhr man, daß Emir Scher Ali 13. Dez. Kabul verlassen und sich nach dem nördlichen Afghanistan begeben hätte. Hier starb er zu Mesar-i-scherif. In Kabul war Scher Alis Sohn Jakub zum Emir ausgerufen worden. Am 31. März wurde die Vorhut der Pischawarkolonne unter General Gough in der Richtung auf Kabul in Marsch gesetzt und erreichte nach leichtem Gefecht 6. April Gandamak, wo 8. Mai Emir Jakub erschien, veranlaßt durch das Vorrücken der beiden andern engl. Kolonnen, und nach längern Verhandlungen mit dem polit. Bevollmächtigten, Major Cavagnari, daselbst den Frieden abschloß. Die Kurumkolonne unter General Roberts hatte am die von den Afghanen geräumte Festung Kurum besetzt und 2. Dez. die Stellung der Afghanen am Paiwarpaß genommen. Am 26. Dez. hielt Roberts einen von den benachbarten Stammfürsten besuchten Darbar in Kurum ab, bei dem sich dieselben fast sämtlich der brit. Regierung unterwarfen. Im April begannen die Vorbereitungen für den weitern Vormarsch, aber der Friede von Gandamak beendete vorläufig auch hier die Operationen. Die Quettakolonne unter General D. Stewart besetzte während des Krieges Kandahar, Kelat-i-Gildschi und Girischk am Hilmend ohne Widerstand.
In dem Friedensvertrag gestattete der Emir die Zulassung eines ständigen brit. Residenten in Kabul, sowie die unbeschränkte Zulassung brit.Waren in ganz Afghanistan, sicherte die Verbesserung der vorhandenen Straßen sowie die Einrichtung einer Telegraphenlinie zwischen Kabul und Kurum zu und verpflichtete sich, keine Beziehungen zu andern Mächten zu unterhalten. England erkannte Jakub als Emir an, versprach sofortige Räumung des besetzten Landes mit Ausschluß der Gebiete von Kurum, Pischin und Sibi sowie des Chaibarpasses, die in brit. Besitze verbleiben sollen (die sog. «wissenschaftliche Grenze», die nach Angabe von Lord Beaconsfield für Indiens Sicherheit unentbehrlich, aber auch ausreichend ist), und Zahlung einer beträchtlichen Rente, durch die man Jakubs Einfluß im Innern zu festigen gedachte. Der Vertrag wurde 30. Mai vom Vicekönig von Indien ratifiziert, und schon 1. Juni begann der Rückmarsch der brit. Truppen hinter die neue Grenze, doch behielt man vorläufig noch Kandahar besetzt.
Am traf die brit. Gesandtschaft unter Major Cavagnari in Kabul ein und wurde vom Emir anscheinend mit Wohlwollen empfangen. Am 18. Aug. trafen 3 afghan. Regimenter aus Herat ein, forderten ihren rückständigen Sold und bedrohten die brit. Gesandtschaft; gleichzeitig reizten Priester das Volk auf, 3. Sept. wurde das Gesandtschaftsgebäude durch 12 Regimenter angegriffen, wobei die gesamte Gesandtschaft nach tapferm Widerstande umkam. Die Nachricht von diesem Gemetzel veranlaßte in England und Indien große Aufregung; man beschloß, schleunigst Kabul zu besetzen und die Schuldigen zu bestrafen.
Zunächst hatte man nur die im Kurumthale befindlichen Truppen unter General Roberts zur Verfügung, deren Vorhut am Schutargardanpaß, 20 km von Kabul, stand; doch fehlte es auch diesen an den erforderlichen Feldtrains. Erst 24. Sept. konnte der Einmarsch nach Afghanistan beginnen; bis zum 2. Okt. war die Operationskolonne in Kuschi, wo 27. Sept. auch Emir Jakub im brit. Lager eintraf, rückte dann nach Tschehar Aßja, 7½ km vor Kabul, wo man auf afghan. Truppen stieß, die 6. Okt. mit Verlust fast der gesamten Artillerie in die Flucht geschlagen wurden.
Kabul wurde 8. Okt. beschossen und am 9. Okt. besetzt. Man fand große Vorräte an Waffen und Munition, nahm in der Nähe der Stadt den ganzen Artilleriepark, entwaffnete die Bevölkerung und bestrafte einen Teil der an der Ermordung der brit. Gesandtschaft Schuldigen. Nach der Einnahme von Kabul vereinigte General Roberts seine Hauptmacht in einem befestigten Lager bei Scherpur. Am 23. Dez. schlug und zerstreute er die ihn bedrohenden afghan. Scharen. Tags darauf wurde Kabul wieder besetzt, und am 25. traf die Brigade Gough von Gandamak her dort ein und besetzte die Citadelle von Kabul, Bala Hissar.
Emir Jakub, dessen unentschiedenes, wenn nicht treuloses Verhalten teilweise Schuld trug an der Ermordung der brit. Gesandtschaft, wurde in Indien interniert; General Roberts übernahm vorläufig die gesamte obere Leitung der militär. und polit. Angelegenheiten in Afghanistan. In Kandahar, wo General Primrose kommandierte, hatte sich die Bevölkerung ruhig verhalten. In Balch hatte Abd ur-Rahman Chan, in Herat Ejjub Chan die Herrschaft an sich gerissen. Die brit. Regierung verhandelte mit den angesehensten Stammfürsten, um die Einsetzung eines Herrschers mit genügendem Anhang im Lande herbeizuführen, doch fand sich keine geeignete Person. Da indessen eine längere Besetzung von Kabul und Kandahar mit bedeutenden Kosten verbunden war und die Herstellung eines dauernden Friedens ausschloß, so trat man schließlich mit Abd ur-Rahman in Verhandlungen ein.
Dieser zog den Abschluß jedoch geflissentlich in die Länge und näherte sich an der Spitze eines 10000 Mann starken Heers von Balch her der Hauptstadt Kabul. Am wurde Abd ur-Rahman in Kabul auf einem von General Roberts berufenen Darbar afghan. Fürsten, auf dem er persönlich nicht erschienen war, zum Emir von Afghanistan ausgerufen. Die brit. Regierung gab den Anspruch, in Kabul eine ständige Gesandtschaft zu unterhalten, auf, versprach die Räumung des ganzen Landes, einschließlich des im Frieden von Gandamak erworbenen Kurumthals und die Zahlung einer jährlichen Rente von 12 Lakh Rupien (nach ind. Nominalwert = 2309434,56 M., nach dem 1891er Londoner Kurs = 1620000 M.), wogegen Abd ur-Rahman sich nur verpflichtete, mit keiner fremden Regierung in polit. Verbindung zu treten. Diese Bedingungen verdankte der Emir seiner zögernden Politik und dem Wunsche der brit. Regierung, den afghan. Krieg so rasch als möglich zu beendigen.
Ejjub Chan, der Beherrscher Herats, ein Bruder des abgesetzten Emir Jakub und erbitterter Feind der Engländer, hatte inzwischen seine Streitmacht auf 20000 Mann gebracht. Zur Sicherung gegen dies Heer war von Kandahar General Burrow nach Girischk am Hilmend mit 2500 Mann brit. und ebensoviel afghan. Truppen des Statthalters von Kandahar entsendet worden. Am 16. Juli forderte Ejjub Chan die Stämme des mittlern Afghanistan, unter denen er zahlreiche Anhänger besaß, zur Erhebung auf. Gleichzeitig sammelte sein Schwiegervater Mir Baba, Chan von Badachschan, bewaffnete Scharen im nordöstl. Afghanistan, auch regten sich die kriegerischen Gebirgsvölker längs der ganzen Ostgrenze. Britischerseits glaubte man an keine ernste Gefahr. Da erschien unvermutet Ejjub Chan 24. Juli an der
0175a Politische Übersichtskarte von Afrika
Spitze von 12000 Mann am Hilmend, worauf General Burrow von Girischk nach Kuschk-i-Nachud zurückging. Ejjubs Vorhut besetzte 26. Juli Maiwand und wurde am folgenden Tage von General Burrow angegriffen. Die inzwischen eingetroffene Hauptmacht Ejjub Chans unter Facharulla Chan brachte den Engländern eine vollständige Niederlage bei; die Trümmer des brit. Heers stoben nach Kandahar. Ejjub Chan rückte vor Kandahar, welches General Primrose mit 3650 Mann besetzt hielt, und begann 11. Aug. die Belagerung. Am 18. Aug. wurde ein großer Ausfall der Engländer zurückgeschlagen; die Festung war reichlich mit Lebensmitteln versehen, doch konnte ihr zunächst nur von Kabul her Entsatz gebracht werden.
General Roberts beschloß daher, mit seinen verfügbaren Feldtruppen von Scherpur nach Kandahar zu marschieren, und legte diesen Marsch (512 km) in der kurzen Zeit vom 7. Aug. bis 2. Sept. zurück. Nach dem Eintreffen bei Kandahar wurde unverzüglich, 3. Sept., das Heer des Ejjub Chan in starker Stellung am Argandab angegriffen und geschlagen. Ejjub Chan floh mit der Reiterei, begleitet von allen Stammfürsten, nach Herat, und begann dort sofort die Reorganisation seiner Truppen. Nachdem die Räumung ganz A.s durch engl. Truppen vollzogen, drang Aug. 1881 Ejjub Chan von Herat über Girischk nach Kandahar und bemächtigte sich dieses Platzes. Abd ur-Rahman rückte ihm entgegen, schlug ihn 22. Sept. und zog 30. Sept. in Kandahar ein.
Nach einer abermaligen Niederlage bei Schaflan und dem Verluste Herats floh Ejjub Chan nach Persien. Abd ur-Rahman war nun Herr von ganz Afghanistan. Seine Lage wurde indessen durch den polit. Gegensatz zwischen Rußland und Großbritannien immer schwieriger, namentlich als Rußland Merw besetzt hatte. Rußland beanspruchte alles Land bis Sulfikar am Heri Rud, Chaman-i-Baid am Kuschk, Bala Murghab am Murghab und Kabarmank. Zu Beginn des Jahres 1885 rückten russ. Truppen in das streitige Grenzgebiet ein und schlugen unter General Komarow 30. März bei Taschkepri oder Pul-i-Kuschti am Kuschkflusse 5000 Afghanen, worauf sie Pendschdeh am linken Ufer des Murghab, 35 km oberhalb von der Kuschkmündung, in Besitz nahmen.
Die brit. Regierung hielt Herat für bedroht und begann zu rüsten, doch kam es nicht zum Kriege. Eine Kommission brit. und russ. Offiziere bereiste das Grenzgebiet und steckte die Grenze zwischen Russland und Afghanistan bis zum Herbst 1886 ab, wobei Rußland Pendschdeh und fast alles beanspruchte Gebiet erhielt. Das russ.-afghan. Grenzprotokoll wurde in Petersburg unterzeichnet. Herat und mehrere Punkte im nördlichen Afghanistan wurden mit Hilfe brit. Ingenieure stark befestigt, auch stellte die brit. Regierung eine aus dem Industhale durch den Bolanpaß nach Quetta führende Bahn her und kann so schnell eine beträchtliche Streitmacht nach Kandahar vorschieben.
Ejjub machte 1887 den vergeblichen Versuch, in Herat einen Aufstand zu erregen und ergab sich darauf den Engländern, die ihn in Rawalpindi als Staatsgefangenen halten. Einen Aufstand der Hasara warf der Emir 1892 nieder. Gleichzeitig entstanden durch Vorgehen des Emirs in den afghan.-ind. Grenzgebieten Schwierigkeiten mit der ind. Regierung, die Nov. 1893 durch Verhandlungen mit einer engl. Gesandtschaft in Kabul befriedigend geregelt wurden. Wegen des Afghanistan bedrohenden Vorrückens der Russen auf dem Pamir gelangte es 1895 zu einer Verständigung zwischen England und Rußland.
Litteratur. Raverty, Notes of Afghanistan and part of Baluchistan (Lond. 1881);
Walker, Afghanistan, its history and our dealings with it (2 Bde., ebd. 1883 - 85);
Hué, Les Russes et les Anglais dans l' A. (Par. 1885);
Rodenbough, Afghanistan and the Anglo-Russian dispute (Lond. 1885);
Roskoschny, und seine Nachbarländer (Lpz. 1885);
Kaye, History of the war in Afghanistan (3 Bde., 4. Aufl., Lond. 1890);
Forbes, The Afghan wars 1839 - 42 and 1878 - 80 (ebd. 1891).