allen ackerbautreibenden Völkern geübt wurde und sich bis heute in gewissen Gebräuchen fast allgemein erhalten hat, wie
im Fangen des in die letzte Garbe des Feldes geflohenen Kornmannes. Die Ägypter verehrten den
Sonnengott Osiris,
[* 2] dessen Leben
und
Sterben ihnen mit Erwachen, Leben und
Vergehen der
Vegetation gleichbedeutend war.
Bei den Griechen bewirkte
Persephone
[* 3] das Wachstum des Getreides, während es Demeter
[* 4] schützte. Die
Römer,
[* 5] bei denen die am meisten ausgebildet waren,
glaubten, daß jede einzelne Wachstumsperiode der Kulturpflanzen von einem besondern
Gotte oder Göttin behütet werde, daß
es aber auch feindliche
Götter, wie die Brandgöttin, Robigo, dann einen Dornengott gäbe, die durch
Opfer besänftigt werden müßten.
Überbleibsel dieser, sowie deutscher heidn.
Sitten sind in den besonders in kath. Gegenden üblichen
Bittgängen (s. d.),
z. B. zur Beseitigung von Dürre oder Nässe, im Maien-, im Johannisfeste u. s. w.
zu finden. Auch der
Glaube an bestimmte
Geister, die das Leben der Kulturpflanzen in
Person darstellen,
gehört ins Gebiet der Ackerkulte; so gab es bei den Peruanern eine
Mais- und eine Kartoffelmutter, bei den
Germanen eine Roggenmuhme,
Geister, deren nützlichem Wirken feindliche
Dämonen entgegenwirkten. Zu letztern gehören bei den
Germanen der
Bilmesschnitter,
auch als
Teufel bezeichnet, der das Getreide
[* 6] durchwandert und durch kleine, an den Zehen befestigte Sicheln
die besten
Halme herausschneidet, dann der Roggenwolf, der bei
WindWellen
[* 7] ins Getreide schlägt und die
Halme knickt sowie das
Mutterkorn hervorruft (Wolfszähne), der Tauschlepper u. a. m.; im Norden
[* 8] säte
Loki Lolch unter das Getreide
u. s. f. -
Vgl.
MannhardtsWald- und Feldkulte (2 Bde., Berl.
1875-77);
ders., Roggenwolf und Roggenbund (2. Aufl., Danz.
1866);
Karl Gustav, Parlamentarier, geb. zu Elsterberg im sächs.
Vogtlande,, studierte in
Leipzig
[* 10] Jura, wurde 1847 Ratsaktuar in
Dresden,
[* 11] 1849 Rechtsanwalt, 1865 zugleich
Syndikus der Sächsischen
Bank daselbst. Zur Zeit ist in
Dresden. Seit 1853 Mitglied des dortigen Stadtverordnetenkollegiums,
war er 1854-64 Vicevorsteher, seit 1865 erster Vorsteher desselben. Seit 1869 ist Ackermann mit einer kurzen
Unterbrechung Mitglied
der sächs.
Zweiten Kammer und war auch für den Wahlkreis
Dresden-Altstadt-Dippoldswalde bis 1893 Mitglied
des
Reichstages, dessen 2. Vicepräsident er 1880-83 war und wo er der deutschkonservativen Partei zugehörte. 1891 wurde
er zum ersten Präsidenten der sächs.
Zweiten Kammer gewählt. Als eifriger
Vertreter einer Einschränkung der Gewerbefreibeit
und der Rückkehr des Zunftzwanges, vor allem der Ausbildung von Zwangsinnungen und der Einführung des
Befähigungsnachweises, hat er in neuester Zeit die deutsche Gewerbegesetzgebung in zünftlerischem
Sinne beeinflußt.
Konrad Ernst, Mitbegründer der deutschen Schauspielkunst, geb. zu
Schwerin,
[* 12] wandte sich, nachdem er unter dem russ.
General Münnich gegen die
Türken gekämpft batte, der
Bühne zu und trat
Jan. 1740 in
Lüneburg
[* 13] zur Schönemannschen Gesellschaft. Dort lernte er seine spätere Frau kennen. Mit
ihr ging er 1746 nach
Danzig,
[* 14] dann nach
Petersburg
[* 15]
und
Moskau,
[* 16] wo er sie 1749 heiratete, darauf nach Königsberg.
[* 17] Hier verlor
er durch den
Bau eines eigenen
Theaters (1755) sein Vermögen, indem er es bei
Ausbruch des Siebenjährigen
Krieges übereilt aufgab. Ackermann führte nun mit seiner Gesellschaft ein Wanderleben, nahm 1764 in
Hamburg
[* 18] Kochs (s. d.)
Stelle
ein und eröffnete ein neues
Theater.
[* 19]
Der Aufenthalt
A.s in
Hamburg bildet einen wichtigen
Abschnitt in der Geschichte des deutschen
Theaters. Seine Gesellschaft umfaßte
die vorzüglichsten
Talente, außer seiner Familie und seinem Stiefsohne Schröder, Ekhof, Hensel,
Schröter,
Bök, Borchers, die Frauen Hensel (Seyler) und
SophieSchulz, und wurde dadurch, wie durch den Umstand, daß Lessing an ihre
Leistungen dramaturgische
Abhandlungen knüpfte, tonangebend für ganz
Deutschland.
[* 20] Doch stand Ackermann nur bis an der
Spitze desHamburgerTheaters; dann ging es als
«Deutsches Nationaltheater» (s. d.) an 12
HamburgerBürger
über. Ackermann verblieb mit den meisten Mitgliedern.
Aber das Unternehmen scheiterte bald, und Ackermann ging im März 1769 mit seiner Niedersächsischen Komödiantengesellschaft
nach Hannover,
[* 21] wo er Ekhof und mehrere Hauptkräfte verlor, dann nach verschiedenen Orten, bis er in
Hamburg starb. Ackermann ist Begründer der eigentlich deutschen Schauspielkunst. Seine
Darstellungen waren
Muster von farbiger Frische
und Natürlichkeit. Die Zeitgenossen bewunderten seine bürgerlichen, soldatischen und humoristischen, Moliereschen und Holbergschen
Charaktere; ideale Rollen,
[* 22] Liebhaber,
Helden der franz.
Tragödie gelangen ihm nicht.
Seine Gattin,
Sophie Charlotte Ackermann, geborene Bierreichel, geb. in
Berlin,
[* 23] war die
Witwe des Organisten Schröder daselbst. Sie bewährte sich als bedeutende Schauspielerin und vorzügliche
Directrice. Seit 1780 beschäftigte sie sich mit der Ausbildung junger Schauspielerinnen. Sie starb Aus ihrer
ersten
Ehe stammte der berühmte SchauspielerF. L. Schröder (s. d.); aus der zweiten zwei
Töchter, die
gleichfalls als Schauspielerinnen auftraten, Dorothea, geb. 1752 zu
Danzig, war sentimentale Liebhaberin, trat aber bereits 1778 von
der
Bühne zurück, Charlotte, geb. ausgezeichnet durch Liebenswürdigkeit, hohe geistige
Bildung und mimisches
Talent, starb schon ihre unglückliche Liebe zu dem dän.
Major von Sylburg schildert
OttoMüller in dem
Romane: «Charlotte Ackermann»
(Frank. 1854).
Luise Viktorine,geborene Choquet, franz. Schriftstellerin, geb. zu
Paris,
[* 24] heiratete 1844 zu
Berlin, wo sie ihre Sprachstudien fortsetzte, den Theologen und Prinzenerzieher
Paul Ackermann, einen vertrauten
Freund Proudhons, und zog sich nach ihres Gatten
Tode (1846) nach Nizza
[* 25] zurück, um einsiedlerisch in
einem alten
Kloster ihre eigenartige trübe und pessimistische Weltanschauung auszubilden; hier starb sie Sie veröffentlichte
die
Dichtungen «Contes» (1855; vermehrt 1861),
meist über ind.
Stoffe,
«Poésies, premières poésies, poésies philosophiques»
(1874) und «Pensées d'une solitaire» (Par.
1883),
Rud., deutsch-engl. Industrieller, geb. zu
Schneeberg, erlernte das
¶
mehr
Sattlerhandwerk, arbeitete dann in verschiedenen deutschen Städten, Paris und London
[* 27] und kam in Ruf als Verfertiger geschmackvoller
Muster für Wagenbauer. 1795 gründete er in London eine Kunsthandlung. Er erfand ein Verfahren, um Papier, Tuch und andere Stoffe
wasserdicht zu machen, war für die Einführung der Beleuchtung
[* 28] mit Gas thätig und machte die Lithographie
in England heimisch. Er begründete das illustrierte «Repository of arts, literature
and fashions» (1809-28) und nach dem Muster der deutschen Almanache die Litteratur der engl. «Annuals»,
deren Reihe er mit seinem «Forget me not» 1825 eröffnete. Von den durch
ihn veranstalteten, mit trefflichen Illustrationen versehenen Werken sind ferner zu nennen «The
Microcosm of London» (3 Bde., 1808-11),