mehr
oder ohne deren
Wissen oder Willen handelt. Im erstern Falle ist wieder zu unterscheiden, ob gehandelt wurde gegen Entgelt
oder nicht. Der gegen Entgelt handelnde ist strafbar, wenn er die
Mittel zur Abtreibung
verschafft, angewendet oder beigebracht hat,
der ohne Entgelt Handelnde, wenn er die
Mittel angewendet oder beigebracht hat. In diesen Fällen kommt
der Dritte als
Thäter in Betracht. Daneben kann er aber auch strafbar werden, wenn er der Schwangern, welche selbst
Thäter
ist, Hilfe leistet oder wenn er sie zu der That angestiftet hat. Dann trifft ihn die
Strafe des
Gehilfen oder des Anstifters.
Die
Mittel zur Abtreibung
selbst können sehr verschieden sein: äußere oder innere, gewaltsame
oder nicht gewaltsame, chemische, dynamische, mechanische oder physische. Auch psychische - Erregung von
Angst,
Furcht, Schrecken
- sind nicht ausgeschlossen. Nur wenige der herkömmlichen
Mittel sind als solche nachzuweisen, welche geeignet sind, die
Abtreibung
zu bewirken. Es erklärt sich daher, daß in sehr vielen Fällen ein Erfolg nicht erzielt
wird, und es entsteht alsdann die Frage, ob derjenige, welcher mit einem untauglichen
Mittel die Abtreibung
bewirken will oder sich
an derselben beteiligt, wegen Versuchs der Abtreibung
bestraft werden kann, oder ob er straflos bleiben muß, etwa
weil die Gefahr des schädlichen Erfolges von Anfang an ausgeschlossen war. Das Deutsche
[* 2] Reichsgericht
hat ausgesprochen, daß er wegen Versuches bestraft werden müsse, und zwar weil schon die Kundgebung des verbrecherischen
Willens strafbar sei, und es hat diesen Rechtsgrundsatz auch in dem Falle angewendet, wenn eine Frauensperson Abtreibung
sversuche
machte, weil sie sich irrtümlich für schwanger hielt. Bis dahin
war in Doktrin und Praxis vielfach das
Gegenteil angenommen.
Die
Strafe der Abtreibung
nach deutschem Gesetz ist für die Schwangere Zuchthaus bis zu fünf Jahren, bei mildernden
Umständen Gefängnis nicht unter sechs
Monaten. Die
Strafe des Dritten steigt von einem Jahre Zuchthaus bis zu lebenslänglicher
Zuchthausstrafe, je nach der Art und Schuldbarkeit seiner Beteiligung und den Folgen der That für die
Schwangere. Wesentlich in denselben Grenzen
[* 3] halten sich die Strafbestimmungen des Österr. Strafgesetzbuches (§§. 144 fg.).
Der Versuch wird mit Kerker zwischen sechs Monaten und einem Jahr, die Vollendung mit schwerem Kerker zwischen einem und fünf Jahren bestraft. Der Vater unterliegt der gleichen Strafe mit Verschärfung, und der Dritte der schweren Kerkerstrafe von einem bis fünf Jahren und, wenn der Mutter Gefahr am Leben oder Nachteil an der Gesundheit zugezogen wird, der gleichen Strafe, welche dann zwischen 5 u. 10 Jahren zu bemessen ist. Der Österr. Strafgesetzentwurf folgt wesentlich dem deutschen Recht.
Das ältere, kanonische
Recht und das
Recht der Peinlichen Gerichtsordnung
(Carolina), welches auch schon die Abtreibung
als strafbare
That behandelte, machte einen, später als unhaltbar nachgewiesenen Unterschied zwischen belebter und unbelebter
Frucht, und
strafte im ersten Falle wie bei
Totschlag, im andern mit arbiträrer
Strafe.
Bei den
Römern finden sich
erst im spätern
Rechte staatliche Strafandrohungen; der Strafgrund war aber nicht der dem
Embryo selbständig zu gewährende
Schutz, wie im neuern
Recht, sondern die Besorgnis vor einer weitern Zerrüttung des Familienlebens, welche bei der unter
den röm. Frauen verbreiteten
Abneigung gegen die Übernahme der mütterlichen Pflichten gerechtfertigt
schien.
Auch in der heutigen
Gesellschaft fehlt es nicht an
Anzeichen dafür, daß ähnliche
Abneigungen wie zur röm. Kaiserzeit vorkommen.
Ein solches sind die Ankündigungen von Abortivmitteln, welche unter der Anerbietung von «diskreter
Hilfeleistung in allen Frauenangelegenheiten» (oder ähnlich) in den
Inseraten einiger
Zeitungen oft versteckt sind, und
es darf als sicher angenommen werden, daß die
Ziffer des in Wirklichkeit vorkommenden
Verbrechens der Abtreibung
diejenige der verurteilten
Personen, welche im
Deutschen
Reiche 258 im J. 1884,
d. i. auf 100000 strafmündige
Personen 0,80 betrug, noch ganz erheblich
übersteigt. -
Vgl. Fabrice, Die Lehre [* 4] von der Kindesabtreibung und vom Kindesmord (Erlangen [* 5] 1868);
Horch,
Das
Verbrechen der Abtreibung
(Mainz
[* 6] 1879);
Ploß, Zur Geschichte, Verbreitung und Methode der Fruchtabtreibung (Lpz. 1883);
Jungmann, Das Verbrechen der Abtreibung (Münch. 1893).