Handlung gegen diese Absicht protestiert (protestatio facto contraria, s.
Protestation). Man kann nicht straflos ohrfeigen mit
der Erklärung, man beabsichtige nicht zu beleidigen. Auch beim Rechtserwerb spielt die Absicht eine sehr große Rolle.
Durch Ersitzung werden
Rechte erworben, wenn diese
Rechte thatsächlich die Verjährungszeit hindurch ausgeübt sind, wenn
also z. B. der Grundeigentümer damit, daß er durch ein Haus hindurchging,
die Absicht verknüpfte, eine Wegegerechtigkeit auszuüben; wenn die Einwohner eines Dorfes bei ihrem Fischfang die
Absicht hatten, ein Fischereirecht auszuüben. Eine
Zahlung kann geleistet sein mit der Absicht, eine Schuld zu tilgen (animo solvendi),
zu schenken (animo donandi) oder einDarlehn zu geben (animo credendi).
(Absĭnthium), in der
Botanik eine Unterabteilung der Gattung
Artemisia (s. d.), in der ärztlichen und Volkssprache
eine Art derselben, der gemeine Wermut
(ArtemisiaAbsinthiumL., Absinthium officinale Nees; s.
Tafel:
Aggregaten II,
[* 1]
Fig. 2).
Dieses an Hecken, Wegen, Flußufern und auf steinigen
Bergen
[* 2] von Nordafrika, Europa
[* 3] und Nordasien vorkommende,
auch häufig angebaute Kraut besitzt einen aufrechten, 60-120 cm hohen rispigen
Stengel,
[* 4] graue fiederspaltige
Blätter und
fast kugelige, nickende, gelbe
Blüten, und hat einen stark aromatischen
Geruch und einen brennend gewürzhaften, äußerst
bittern
Geschmack, namentlich die als Herba Absinthii offizinellen
Blätter und die unter dem
NamenSummitates
Absinthii bekannten blütentragenden Ästchen, die ätherisches Öl,
Bitterstoff,
Bernsteinsäure und Gerbsäure enthalten.
Der
Bitterstoff (Absinthin, Wermutbitter) und das ätherische Öl sind sehr heilkräftig, weshalb der Wermut als magenstärkendes
und wurmwidriges
Mittel in der
Medizin in verschiedenen Formen (Öl, Extrakt,
Tinktur u. s. w.) gebraucht, auch zu verschiedenen
zusammengesetzten Arzneien verwendet wird. Bekannt ist ferner die Verwendung der
Pflanze zu dem unter dem
Namen Extrait d'absinthe
verkauften Liqueur (unter Zusatz von
Anis), wozu aber auch noch andere alpine
Arten der Gattung
Artemisium, z. B.
Artemisia Mutellina
(s.
Tafel:
Alpenpflanzen,
[* 1]
Fig. 1), glacialis, rupestris, spicata, die von den Bewohnern der
piemont. und südschweiz.
Alpen
[* 5]
Genippi (Genepi) genannt werden und als Herba
Genippi albi offizinell sind, verwendet werden. Der Liqueur selbst wird,
meist mit Wasser vermischt, besonders in
Frankreich zur Belebung des
Appetits genossen, kann aber bei übermäßigem Genuß
leicht
Anlaß zu schweren Nervenstörungen geben. Ähnliche Verwendung wie der gemeine Wermut findet der
römische
(ArtemisiaponticaL.), ein 30-45 cm hoher
Halbstrauch, der ebenfalls in Südeuropa, aber auch hier und da in
Süd-
und Mitteldeutschland wild wächst und oft angebaut wird.
ein flüssiger
Bestandteil des Wermutöls (von
ArtemisiaAbsinthium) von der Zusammensetzung C10H16O
und dem Siedepunkt 195°, den man zu den Kampferarten rechnet.
(lat., eigentlich abgelöst) bedeutet, im Gegensatz zu Relativ (s. d.),
soviel als an und für sich ohne Rücksicht auf
anderes betrachtet, schlechthin, ohne Einschränkung, ohne Beimischung. So
unterscheidet man in der Physik absolutes und
specifisches Gewicht, während in der
Chemie absolut soviel wie rein bedeutet
(z. B. absoluter
Alkohol). In der Politik heißt absolute Monarchie die nicht parlamentarisch beschränkte Alleinherrschaft
eines Einzelnen (s. Absolutismus).
Über absolute Mehrheit s.
Abstimmung. In der
Philosophie heißt absolutes Sein oder einfach das
«Absolute»
ein solches, das durch nichts anderes verursacht oder bedingt ist. Dieser
Begriff stammt eigentlich aus der eleatischen
Philosophie,
ging von da in die platonische und neuplatonische über und spielt in der neuern
Philosophie namentlich bei den Nachfolgern
Kants eine große, oft sehr an den Neuplatonismus erinnernde Rolle. Da das
Absolute von aller Veränderlichkeit
und Relativität ausgenommen sein soll, so ist es für alle Erfahrungserkenntnis unerreichbar, transcendent.
Gedacht werden kann es nur als äußerste Grenze, der die Erfahrungserkenntnis zustrebt, ohne sie jemals zu erreichen; in
solchem
Sinne wird es auch von der kritischen
Philosophie anerkannt, weil unsere Erkenntnis bei dem grenzenlosen
Fortgang von
Bedingung zu
Bedingung sich in der That nicht befriedigt findet und somit naturgemäß zu der Forderung eines
endgültigen
Abschlusses gedrängt wird, ohne doch dieser Forderung genügen zu können. Auch die Naturwissenschaft kennt
dieses
Absolute unter dem
Namen des ewigen Naturgesetzes. (S. auch
Bedingung,
Transcendent, Ding.)
Temperatur. Bezeichnet p0 ^[p0] den Druck eines
Gases bei 0° C., p jenen derselben Gasmasse in demselben
Volumen bei einer andern
Temperatur t, so ist nach demGay-Lussacschen Gesetz
(s. d.) p = p0(1+αt) wobei
α = 1/273 den Spannungskoefficienten bedeutet, indem für jeden
GradCelsius die Expansivkraft um p0/273 wächst. Sinkt die
Temperatur unter 0° C., so nimmt für jeden
GradCelsius die Expansivkraft um p0/273 ab und würde daher, falls das
Gas sich
unbegrenzt nach demGay-Lussacschen Gesetz verhielte, bei -273° C. vollständig verschwinden. Diese
Temperatur
nennt man den absoluten
Nullpunkt, bei welchem die sonst in fortschreitender
Bewegung befindlichen Gasmoleküle in Ruhe sind,
und die von hier aus gezählte
Temperatur die absolute Temperatur. Man bezeichnet die in absoluter
Temperatur gemessenen
Grade
mit T, so daß T = 273 + t ist.
(lat.), in der Rechtssprache Lossprechung durch das
Urteil des
Richters (Absolutoria [sententia],
Absolutorium
[decretum]), wonach der Beklagte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten von dem wider ihn erhobenen
Anspruche entbunden, im
Strafverfahren von der
Anklage freigesprochen wird (absolutio
ab instantia, s. Freisprechung und
Inquisitionsprozeß).
In der Kirchensprache heißt Absolution die kirchliche Lossprechung, nach dem ältern
Ausdruck Rekonziliation
(lat. reconcillatio, d. h. Wiederaufnahme) des reuigen Sünders
in die
Kirchengemeinschaft. Es handelte sich hierbei ursprünglich nicht um
¶
mehr
Sündenvergebung, sondern um Lossprechung von der Kirchenstrafe und Wiederzulassung zu den Sakramenten. Ferner erstreckte sich
die Rekonziliation nicht auf alle Sünden, sondern nur auf die Todsünden: Unkeuschheit, Mord und Verleugnung des Glaubens. Indem
man annahm, daß durch diese schweren Sünden die Gnade der Wiedergeburt und die bei der Taufe erlangte
ewige Seligkeit verscherzt werde, glaubte man einen so aus der Gemeinschaft Gottes Geschiedenen auch aus der kirchlichen Gemeinschaft
ausschließen zu müssen.
Die Wiederaufnahme in die Kirchengemeinschaft nach ganz oder teilweise überstandener Bußzeit erschien nicht als Erteilung
der göttlichen Vergebung seitens des Priesters (eine dem kirchlichen Altertume durchaus fremde, ja als
ketzerisch zurückgewiesene Ansicht), sondern nur als erneute Zulassung des durch die Buße innerlich Gereinigten und dadurch
der göttlichen Vergebung schon Teilhaftigen zu den kirchlichen Gnadenmitteln. Die Rekonziliation war hiernach ebenso wie
die Exkommunikation (s. Kirchenbann) ein Akt kirchlicher Jurisdiktion. (So noch im 5. Jahrh. Hieronymus, am Ende des 6. Jahrh.
Gregor d. Gr.)
Diese einfache Vorstellung ward jedoch schon seit dem 3. Jahrh. durch eine andere durchkreuzt. Indem
man frühzeitig die Gemeinschaft mit Gott als bedingt ansah durch die Gemeinschaft mit der Kirche, mußte die kirchliche Rekonziliation
nicht als Folge, sondern als Bedingung der Versöhnung mit Gott erscheinen. Gebet und Handauflegung bei
der Wiederaufnahme in die Kirchengemeinschaft, ursprünglich eine Bitte um Verleihung des göttlichen Geistes an die von Gottes
Barmherzigkeit wieder angenommenen Sünder, erhielt hierdurch die Bedeutung einer kirchlichen Fürbitte bei Gott, ohne welche
der Sünder trotz aller Bußfertigkeit keine Vergebung erlangen konnte. (So besonders Leo d. Gr. um das J. 450.)
Die Rekonziliation erfolgte durch den Bischof unter Zuziehung des Klerus in Gegenwart der betenden Gemeinde, wurde aber schon
im 5. Jahrh. ausschließliches Vorrecht des Bischofs. Um dieselbe Zeit wurde das öffentliche Sündenbekenntnis in ein Privatbekenntnis
vor dem Priester verwandelt, der nun die Buße auferlegte, ermäßigte oder erließ, und dann absolvierte.
Seit dem 9. Jahrh. kam die Sitte auf, die Absolution nach vollendeter Bußzeit unmittelbar nach der Beichte zu erteilen. Schon hierdurch
wurde sie mehr als bisher ein Akt priesterlicher Machtvollkommenheit. Noch folgenreicher wurde die Erstreckung des priesterlichen
Absolutionsrechts auch auf die sog. läßlichen oder leichtern Sünden. Aber erst das vierte Laterankonzil
(1215) konnte verordnen, daß alle Christen ohne Unterschied wenigstens jährlich einmal zur Beichte gehen und die priesterliche
Absolution für alle namentlich aufzuzählenden Sünden nachsuchen sollten. (S. Beichte.) Mit dieser kirchlichen Fesselung der Gewissen
ging die gesteigerte Vorstellung von der priesterlichen Schlüsselgewalt (s. d.) Hand
[* 7] in Hand.
Bis tief ins 12. Jahrh. hinein hatte die ältere Meinung namhafte Vertreter gefunden. Seit Innocenz III.
gewann nun die Ansicht die Oberhand, daß der Priester als ein Mittelwesen zwischen Gott und Mensch die Bitte des reuigen Sünders
vor Gott bringt und an Gottes Statt die Schuld vergiebt, die ewigen Strafen in zeitliche umwandelt (potestas
oder clavis ordinis) und sodann im Namen der Kirche auch von den zeitlichen Strafen nach Auflegung entsprechender Satisfaktionen
absolviert (potestas oder clavis jurisdictionis).
Dies ist
die noch heute geltende Lehre
[* 8] der röm. Kirche, zu Trient
[* 9] bestätigt und namentlich im röm. Katechismus ausführlich
dargelegt. Ihr entspricht die sog. exhibitive Absolutionsformel: Ego absolvo te («ich spreche dich los
von deinen Sünden»),
anstatt der bis ins 12. Jahrh. vorkommenden deprekativen: Deus absolvat te, oder Deus tribuat tibi absolutionem
et remissionem («Gott vergebe dir deine Sünden»). Als Schriftbeleg für die röm.-kath. Praxis wird Math. 16,19 und
Joh.
20,23. angeführt.
Eine vollständige Umgestaltung erfuhr die Lehre von der Absolution durch die Reformation. «Absolution», sagt Melanchthon
in der Apologie, «ist eine Stimme des Evangelii, dadurch wir Trost empfangen, und ist nicht ein Urteil oder Gesetz.» Nach der
AnschauungLuthers ist die von der Predigt des Evangeliums nicht unterschieden; ihr eigentümlich ist nur, daß der Trost
der Sündenvergebung, der im Evangelium an alle ergeht, in der Absolution dem einzelnen persönlich versichert und
zugeeignet wird.
Die Absolution ist daher ihrem Wesen nach Privatabsolution, der die Privatbeichte vorherzugehen hat. Sie ist ferner
kein richterlicher Urteilsspruch aus priesterlicher Gewalt, sondern ein Dienst des Wortes, bei welchem der Geistliche nur
als «gemeiner Bruder und Christ» in Betracht kommt; daher dieser Trost der Sündenvergebung uns nicht bloß in der Kirche durch
den Träger
[* 10] des Amtes, sondern allenthalben durch jeden christl. Bruder dargereicht werden kann. Hiermit hängt zusammen, daß
man auch ohne kirchliche Beichte und den Trost der Sündenvergebung mittels des Glaubens erlangen kann.
Die entsprechende Form der Absolution ist also die der Verkündigung, die deklarative: «Ich verkündige dir aller deiner Sünden Vergebung.»
Wenn sich daneben auch schon in den ältern Kirchenordnungen häufig die aus der röm. Kirche herübergekommene exhibitive
Form: «Ich vergebe dir deine Sünden», findet, so ist damit doch nur die Anschauung verbunden, daß der
Absolvierende (Geistlicher oder Laie) lediglich als Organ des göttlichen Wortes in Betracht kommt, das jedem dargeboten
werden muß, der es wirklich verlangt.
Von einer besondern Amtsgewalt des Pfarrers, als göttlicher Mandatar künden zu vergeben oder zu behalten, weiß die reformatorische
Lehre nichts. Ganz übereinstimmend hiermit lehrt die reform. Kirche, nur daß sie die Privatbeichte und
Privatabsolution gleich anfangs dem freien Nachsuchen des einzelnen, der dazu ein Bedürfnis fühle, anheimgab. Von dieser
ursprünglichen Anschauung der Reformation wich aber die luth. Kirche schon seit Martin Chemnitz
[* 11] (s. d., Ende des 16. Jahrh.)
durch die Annahme ab, daß die Absolution ein specifisches Vorrecht des geistlichen Amtes, der Seelsorger aber berechtigt
sei, sie unter gewissen Bedingungen zu verweigern.
Hierdurch wurde die Absolution wieder ein «Urteil und Gesetz», und die spätern luth. Dogmatiker redeten ganz katholisch von einer
dem geistlichen Amte übertragenen Jurisdiktion, einer an Gottes Statt ausgeübten Gewalt, die Sünden zu
vergeben oder zu behalten. Als danach der Pietismus die Abschaffung der Privatabsolution betrieb, behauptete die luth. Orthodoxie
deren göttliche Einsetzung, doch wurde fast allenthalben um den Anfang des 17. Jahrh. die
allgemeine Beichte landeskirchlich angeordnet, die Privatbeichte dem individuellen Bedürfnisse anheimgegeben. Erst das Neuluthertum
hat die exhibitive Form der in göttlicher Kraft
[* 12] wirksamen Absolution zurückgefordert und zum
Teil eingeführt. (S. Beichte.)
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