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Strafgericht. Daher vergleicht er seinen Leib mit dem Passahlamm, sein Blut mit dem Blute des Lammes, das an die Thürpfosten der israel. Häuser gestrichen zu werden pflegte. Die Symnbolik der Handlung hat ihre Vorgänge an zahlreichen Beispielen des Alten Testaments, aus denen auch die vielumstrittenen Ausdrücke Jesu: «Dies ist mein Leib», «Dies ist mein Blut», ihre einfache sprachliche und sachliche Erklärung finden. (Vgl. z. B. 1 Kön. 11, 29. fg.; 22, 11; 2 Kön. 13,15-17; Jes. 8, 1-4-,. 20, 1 fg.; Jerem. 13, 1 fg.; 19, 1 fg.; Kap. 27 und 28; Ezech. 5,1-5 u. ö.) Nicht die Worte als solche, die ganze Handlung bat symbolische Bedeutung: das Brotbrechen, das Erheben des Kelchs mit Wein, die Darreichung von Brot [* 2] und Wein. «Das Gebrochene», dies ist der Sinn seiner Worte, «und euch Dargereichte ist mein Leib», «das (Ein- oder Ausgegossene), was ich euch allen zu trinken gebe, ist mein Blut, das für viele vergossen wird». Das heißt: «Wie ich euch (symbolisch) das Brot breche und den mit Wein gefüllten Kelch erhebe und euch beides darreiche zum Genuß, so wird mein Leib im Tode gebrochen, mein Blut vergossen zu euerm Besten.» Von einer eigentlichen «Einsetzung» des Abendmahl wissen die ältesten Berichte (bei Matthäus und Markus) nichts; die Worte: «Dies thut zu meinem Gedächtnis», hat zuerst Paulus und nach ihm Lukas hinzugefügt;
doch entspricht diese Wiederholung dem Geiste und der ursprünglichen Bedeutung der Feier.
Auch die Zusätze: «Der (das) für euch gegeben (gebrochen) wird» und «Zur Vergebung der Sünden», sind spätern Ursprungs, ebenso der Ausdruck: «Dies ist das Neue Testament in meinem Blut», wofür die ältern Texte «mein Bundesblut» lesen.
Der Eindruck dieses letzten Mahles führte nach dem Hingange Jesu zur täglichen Wiederholung der Feier, durch welche die Gemeinde, wie Paulus sich ausdrückt, «den Tod des Herrn verkündigte, bis daß er komme». Indem die ältesten Cbristen täglich in den Häusern zusammenkamen, das Brot zu brechen, ward ihnen jede gemeinsame Mahlzeit von selbst zu einer Gedächtnisfeier von Christi Abendmahl. Auch in den neugestifteten Christengemeinden erhielt sich die Sitte dieser Liebesmahle (s. d.). Als die förmlichen Mahlzeiten wegen Mißbrauchs beseitigt werden mußten, wurde doch das Mahl des Herrn als Höhe- und Schlußpunkt jeder gottesdienstlichen Feier beibehalten und bald als das heiligste Geheimnis des Christenbundes betrachtet, von dem man Ungetaufte und Unwürdige ausschloß. Die Beziehung der heiligen Handlung auf den Mittelpunkt des christl. Glaubens gab den Anlaß, daß man das Abendmahl bei jeder wichtigern Handlung des Lebens beging.
Im Zusammenhange mit dieser gesteigerten Bedeutung der Abendmahlsfeier steht die früh damit verbundene Vorstellung des Mystischen und Wunderbaren. Die Jünger hatten bei dem letzten Mahle Jesu seine Worte und Handlungen nur svmbolisch verstehen können; weder an eine wirkliche Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut, noch an eine geheimnisvolle Gegenwart des «verklärten» Leibes in und unter den Abendmahlsstoffen erlaubte ihnen die ganze Sachlage bei der Feier zu denken. Auch Paulus sieht in der Abendmahlshandlung nur eine geistige Gemeinschaft der Abendmahlsgenossen mit dem gekreuzigten Leibe und dem am Kreuze vergossenen Blute Christi, woran sich ganz von selbst der Gedanke anschließt, daß die heilige Feier zugleich eine Gemeinschaft sei mit dem «my-
stischen" Leibe des Herrn, oder daß der gemeinsame Genuß des Einen Brotes die Tischgenossen zu Gliedern des Einen Leibes mache, dessen Haupt Cbristus sei (vgl. 1 Kor. 10, 16. 17). Noch der Verfasser des Johannes-Evangeliums läßt Jesum in Worten, die sich nur auf das Abendmahl beziehen können, die Vorstellung eines leiblichen Essens und Trinkens seines Fleisches und Blutes ausdrücklich zurückweisen und den dunkeln Ausdrücken geistige Bedeutung unterlegen, da das Fleisch nichts nütze sei (Job. 6, 53-63, vgl. mit V. 27 fg., 48 fg.).
Dagegen begegnet schon bei Justinus Martyr (um 150) und Irenäus (gest. um 202) die Ansicht, daß zu dem Brote und Weine etwas Höheres, zu dem Irdischen etwas Himmlisches hinzutrete. Die hier erst angedeutete Ähnlichkeit [* 3] zwischen der Verbindung des Einsetzungswortes, als eines himmlischen Bestandteils, mit dem irdischen Brote und Weine, und der Verbindung des «wesentlichen Wortes» oder der göttlichen Person des Sohnes mit der irdischen Menschennatur, führte allmählich zu der weitern Vorstellung, daß durch einen der Menschwerdung entsprechenden, wunderbaren Vorgang Brot und Wein zu Leib und Blut des Gottmenschen werde, und schon im 4. Jahrh. hat die förmliche Verwandlungslehre namhafte Vertreter.
Daneben findet sich noch die figürliche Auffassung des Abendmahl im 3. Jahrh. bei Origenes, Tertullian und Cyprian, und noch im 5. Jahrh. bei Augustin. Aber die magische Vorstellung ward noch gesteigert durch die seit der Mitte des 3. Jahrh. aufgekommene Vorstellung von der Darbringung des gesegneten Brotes und Weines auf dem Altar [* 4] als einer unblutigen Wiederholung des blutigen Opfers Christi am Kreuze («Meßopfer»). Der insbesondere durch Papst Gregor d. Gr. (590 -604) sich entfaltende Glanz der «Messe» (s. d.) ließ immer mehr in diesem Meßopfer den Höhepunkt aller kirchlichen Wunder erblicken.
Doch blieb die Lehre [* 5] der Kirche noch längere Zeit zwischen der entschiedenen Verwandlungslehre und der andern Ansicht geteilt, daß Brot und Wein, ohne ihre Eigentümlichkeit aufzugeben, auf geheimnisvolle Weise mit Leib und Blut Christi verbunden sei (wie auch Gelasius I. lehrte). Ein förmlicher Lehrstreit entbrannte gegen die Mitte des 9. Jahrh. zwischen dem Abt zu Corbie, Paschasius Radbertus (s. d.) und dem Mönche Ratramnus (s. d.) und im 11. Jahrh. zwischen dem Erzbischof Lanfranc und Berengar von Tours (s. d.). Der offizielle Sieg der konsequenten Verwandlungslehre (transsubstantiatio seit dem 12. Jahrh.) erfolgte auf der Synode zu Rom [* 6] (1079). Auf der vierten Lateransynode (zu Rom 1215) wurde unter Innocenz III. die Transsubstantiation sanktioniert. Die morgenländ.-orthodoxe Kirche hat sich derselben Ansicht 1072 auf der Synode zu Jerusalem [* 7] angeschlossen.
Durch die Reformation trat der Streit über den Sinn des Abendmahl wieder in den Mittelpunkt des theol. Interesses. Schon einige der sog. Vorreformatoren, namentlich Wiclif, ihm folgend Hieronymus von Prag, [* 8] ebenso Wessel (s. d.), hatten Einwände gegen die Transsubstantiationslehre erhoben. Die Reformatoren, obwobl einig in der Verwerfung der kath. Abendmahlslehre, gingen wieder auseinander in ihren eigenen positiven Anschauungen. Luther lehrte eine leibliche Gegenwart des Leibes und Blutes Christi in und unter dem in seiner Substanz unveränderten Brote und Weine und einen mündlichen Genuß von Leib und Blut, der den gläubig ¶
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Genießenden zum Heile, den ungläubig Genießenden zur Verdammnis gereiche. Dem stellte Zwingli die Behauptung entgegen, daß das Abendmahl ein einfaches Gedächtnismahl des Todes Christi und ein Bekenntnismahl für die Kirche, Brot und Wein bloße Symbole seien, räumte jedoch später ein, daß Brot und Wein nicht als bloße Zeichen, sondern zugleich als Unterpfänder des durch Christi Leib und Blut den Menschen am Kreuze erworbenen Segens betrachtet werden müßten. Dennoch hat Luther auch die spätere Lehre der Schweizer noch kurz vor seinem Tode (1544) aufs leidenschaftlichste bekämpft.
Eine Vermittelung schien die von den oberdeutschen Theologen aufgebrachte Formel zu bieten, daß in der Abendmahlshandlung zugleich mit Brot und Wein Christi Leib und Blut wahrhaftig, aber auf geistliche Weise gegenwärtig sei für den Glauben. Diese Lehre haben die meisten reform. Bekenntnisschriften sich angeeignet: Calvin gab ihr die nur in wenige reform. Bekenntnisschriften übergegangene Wendung, der gläubig Genießende werde im Augen blicke des Genusses durch eine von dem Leibe Christi ausströmende geistliche Nährkraft auf geheimnisvolle Weise gespeist.
Dagegen blieben die strengen Lutheraner bei der Behauptung stehen, das Abendmahls brot sei, ohne seine natürliche Beschaffenheit zu verlieren, doch Christi wesentlicher («verklärter») Leib. Die Möglichkeit leiblicher Gegenwart Christi in Brot und Wein wurde teils einfach auf Gottes allmächtiges Wort, teils auf die dem verklärten Leibe Christi durch die Verbindung mit der Gottheit beigelegten übernatürlichen Eigenschaften begründet (Ubiquität, s. d.). Melanchthon hatte, als er die Augsburgische Konfession schrieb (1530), die Verwandlungslehre geteilt; allein seit 1535 neigte er immer entschiedener zu einer der calvinischen verwandten Anschauung hin, und lehrte, daß in der Abendmahlshandlung Christi unzertrennliche Person wahrhaftig, aber auf geistliche Weise gegenwärtig sei und sich den gläubig Genießenden zur innigen und wesentlichen Gemeinschaft darbiete.
Dieser Standpunkt prägte sich auch in der neuen Ausgabe der Augsburgischen Konfession von 1540 aus, die länger als zwei Jahr zehnte in allen deutschen Landeskirchen symbolisches Ansehen genoß, bis sie endlich samt der Abendmahlslehre und den übrigen «Ketzereien» Melanchthons von den Bannflüchen der strengen Lutheraner erreicht ward. Nach furchtbaren innern Kämpfen ward Melanchthons Schule und Theologie aus den meisten deutschen Landeskirchen hinausgedrängt und die streng Luthersche Ansicht in der Konkordienformel (1580) festgestellt. Die luth. und die reform. Kirche blieben geschieden.
Mit der Verschiedenheit der dogmatischen Auffassung des Abendmahl hing die Verschiedenheit der Ceremonien bei der Feier eng zusammen. Die kath. Ansicht von einer geheimnisvollen Wandlung steigerte die alte Besorgnis, von Brot oder Wein etwas auf die Erde fallen zu lassen, beseitigte seit dem 11. Jahrh. das sinnbildliche Brotbrechen, indem die Oblaten (Hostien, d. b. «Opfer») an dessen Stelle traten, und entzog allmählich, kirchlich offiziell zuerst auf der Synode zu Konstanz [* 10] (1415),
den «Laien» und den nicht administrierenden Priestern auch den Kelch (communio sub una). Begründet ward dies durch die Lehre von der unio realis oder concomitantia, nach welcher im Leibe Christi auch sein Blut zugegen sei und beides im konsekrierten Brote genossen werde. Mit der Verwandlungslehre hängt auch die Sitte
zusammen, die konsekrierte Hostie bei der Feier der Messe zum Zwecke der Anbetung (adoratio) emporzuheben, in einem eigenen Behälter (Monstranz) zur Anbetung auszustellen und in Prozession einher zutragen (s. Fronleichnamsfest). Die Reformation hat den Kelch, den die griech. Kirche nie aufgegeben, zurückgefordert, während das Konzil zu Trient [* 11] die Entziehung des Kelchs bestätigte. Aus ähnlichen Gründen wie die, welche die Kelchentziehung veranlaßten, ist die Kommunion der Kinder seit dem 12. Jahrh. aufgehoben worden.
Nur die griech. Kirche findet sie jetzt noch zulässig. Der Gebrauch des gesäuerten Brotes in der griech., des ungesäuerten Brotes in der röm. und luth., ferner die Anwendung von mit Wasser gemischtem Weine in der röm. und griech., von ungemischtem Weine in der prot. Kirche sind kleine, aber zum Teil von heftigen Streitigkeiten begleitete Verschiedenheiten, die, meist in zufälligen histor. Verhältnissen begründet, durch symbolische Ausdeutungen wichtiger gemacht wurden. Die reform. Kirche pflegt das Brot zu brechen und läßt es von den Kommunikanten mit der Hand [* 12] (nicht mit dem Munde) «nehmen».
Seit Ende des 18. Jahrh. waren die Lebrunter schiede der Lutheraner und Reformierten ziemlich in Vergessenheit geraten und die evang. Union stieß daber auf kein dogmatisches Hindernis. Die kleine Schar der preuß. Altlutheraner vertrat in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrh. fast allein noch die ältere luth. Vorstellung. Erst in neuerer und neuester Zeit ist der luth. Konfessionalismus von neuem erstarkt und hat auch die Abendmahlslehre Luthers aufs neue als die allein «schriftgemäße» verfochten. - Die Hauptschriften über das in denen die verschiedenen Richtungen ihren Stand punkt dargelegt haben, sind: Dav. Schulz, Die christl. Lehre vom heiligen Abendmahl (Lpz. 1824): Ebrard, Das Dogma vom und seine Geschichte (2 Bde., Frankf. 1845-46);
Kahnis, Die Lehre vom Abendmahl (Lpz. 1851);
Rückert, Das Abendmahl, sein Wesen und seine Ge schichte in der alten Kirche (ebd. 1856);
Herm. Schultz, Zur Lehre vom heiligen Abendmahl (Gotha [* 13] 1886).
Bei der großen gottesdienstlichen und geschichtlichen Bedeutung des Abendmahl wurde es frühzeitig zu einem hervorragenden Gegenstande der christl. Malerei. Seine geschichtliche Darstellung reiht sich oft den Cyklen der Leidensgeschichte ein. Daneben kennt die byzant. Kunst eine sakrale Darstellung, in welcher Christus hinter einem Altar den Aposteln Brot und Wein reicht. Die ältesten deutschen Darstellungen, z. B. am Antependium zu Aachen [* 14] und an der Bernwardsäule zu Hildesheim, [* 15] stellen die Darreichung des Bissens an Judas dar.
Früh treten freiere Auffassungen hervor, indem Christus meist inmitten der 12 Apostel den als Kind gebildeten Johannes an die Brust drückend dargestellt wird, während Judas mit offenem Beutel [* 16] kniend vor dem Tische erscheint. Aus der ital. Kunst seien erwähnt Abendmahlbilder von Duccio del Buoninsegna im Dome zu Siena, Giotto in Sta. Croce zu Florenz [* 17] und in der Kirche der Madonna dell' Arena zu Padua, [* 18] Taddeo Gaddi (Florenz), del Castagno (Florenz), Fra Angelico (Kloster San Marco zu Florenz), Rosselli (Rom, Sixtinische Kapelle), Ghirlandajo (Florenz, Ognis santi), Signorelli (im Dom zu Cortona) und Andrea del Sarto (Florenz, San Salvi) und die Darstellung des von Leonardo da Vinci ¶