9 zuweilen stark sinnlichen «Digte» (1838) und «Efterladte
Digte» (1863) zeigen den Einfluß von Heine und Moore und seinen Landsleuten Öhlenschläger und Winther;
einige sind ins
Deutsche übersetzt von Emil Bennett in «Dania» (Lpz. 1841).
Gesamtausgabe («Samlede Digte», 1877) von Liebenberg, mit Charakteristik
A.s von Brandes.
der 16. Kanton der schweiz. Eidgenossenschaft, ist ein
im Norden durch den Rhein vom Großherzogtum Baden geschiedenes, auf den übrigen Seiten von den Kantonen Basel-Land, Solothurn,
Bern,
Luzern,
Zug
und Zürich
begrenztes
Hügelland ohne bedeutende Höhen mit 1404,1 qkm Flächeninhalt. Den Süden und Südosten des Kantons nehmen die breiten Molasserücken
der schweiz. Hochebene (Lindenberg 900 m) ein, zwischen denen sich die
Thäler der Wigger, der Suhr, der Hallwyler Aa, der Reuß und der Limmat in das weite Aarethal hinabsenken.
Durch den Norden ziehen sich die Kalkketten des Juras (Wasserfluh 869 m, Gislifluh 774 m) und senken sich als ein von zahlreichen
Querthälern durchfurchtes Tafelland gegen den Rhein hinab, dem die Flüsse und Bäche der nördl. Abdachung
meist unmittelbar zufließen, so die Sisseln aus dem Frickthale und der Mölinbach. Sämtliche Gewässer gehören zum Stromgebiet
des Rheins, der hier den Hauptfluß des Kantons, die Aare (s. d.), aufnimmt; sie teilt den Kanton in ihrem südwest-nordöstlichen
Laufe in zwei Teile, deren Boden und Bewohner einen wesentlich verschiedenen Charakter zeigen.
Außer mehrern schwächern Mineralquellen besitzt der Kanton zwei der berühmtesten der Schweiz, die Schwefelthermen von Baden
(s. d.) und Schinznach (s. d.), ferner die Bitterwasser von Mülligen und Birmensdorf
und die Jodquelle von Wildegg; endlich Salinen zu Kaiseraugst, Rheinfelden und Ryburg. Die Bevölkerung
ist deutschen Stammes und deutscher Zunge und beträgt (1888, Wohnbevölkerung) 193580 (92759 männl., 100821 weibl.) E., 139 auf 1 qkm,
darunter 85835 Katholiken, 1051 Israeliten. Der Muttersprache nach sind 192859 Deutsche, 465 Franzosen und 163 Italiener. Von
der Bevölkerung sind im Kanton geboren 174783, in der übrigen Eidgenossenschaft 14440, im Auslande 4357;
Bürger ihrer Wohngemeinde sind 126420, einer andern Gemeinde des Kantons 46301, eines andern Kantons 15495, Ausländer 5364.
Der Kanton zerfällt in die 11 Bezirke:
Bezirk
Ein-
Evan-
Katho-
Israe-
wohner
gelische
liken
liten
Aarau
20891
19215
1581
55
Baden
23033
4714
18049
248
Bremgarten
17572
839
16636
84
Brugg
16453
15578
824
31
Kulm
19418
18954
392
5
Laufenburg
13666
406
13232
27
Lenzburg
17384
16727
549
22
Muri
13753
329
13415
5
Rheinfelden
11458
1235
10137
58
Zofingen
27167
26297
782
38
Zurzach
12785
2057
10238
478
Kantone
193580
106351
85835
1051
Land- und Forstwirtschaft. Der Aargau ist, mit Ausnahme einiger Jurathäler, namentlich um
den Bötzberg, außerordentlich fruchtbar. Acker-, Wein-
und Obstbau sowie Wiesenkultur und Viehzucht, letztere meist mit Ackerbau
verbunden, stehen auf ziemlich hoher Stufe. Wein wird hauptsächlich in den Flußthälern gebaut; die geschätztesten Sorten
sind der Goldwändler von Baden und der rote Wettinger; der jährliche Ertrag beläuft sich durchschnittlich
auf 8000 hl im Werte von über 2,3 Mill. Frs.
Trotz der Fruchtbarkeit und der vorzüglichen Kultur des Bodens reicht der Ertrag von Landwirtschaft und Viehzucht nicht hin,
die Bevölkerung zu ernähren. Von dem Areal sind 1341,8 qkm, d.i. 95,56 Proz., produktives Land: 440,4
qkm Waldungen, 25,2 qkm Rebland, 890,69 qkm Acker-, Garten-, Wiesen- und Weideland. Von dem unproduktiven Lande (62,3 qkm, d.i.
4,44 Proz.) kommen 8,6 qkm auf Seen (Hallwyler und Baldegger See), 15,8 qkm auf Städte und Dörfer, 11,9 qkm auf Schienen-
und Straßenwege, 19,1 qkm auf Flüsse und Bäche, 6,9 qkm auf Felsen und Schutthalden u.s.w. Der Viehstand
beträgt (1886) bei 23820 Viehbesitzern 3087 Pferde, 74586 Stück Rindvieh, 26799 Schweine, 1418 Schafe, 16175 Ziegen; außerdem 15892 Bienenstöcke.
Die Fischerei ist namentlich am Rhein (Rheinfelden und Laufenburg) von Belang.
Bergbau. Die Hochebene liefert vorzügliche Sandsteine, der Jura Kalk, Gips und Alabaster, die Salzwerke
(im Besitze einer bis 1907 konzessionierten Aktiengesellschaft, die seit 1886 jährlich 45000 Frs. abgiebt) jährlich mehr als 20000 t
Kochsalz.
Die Industrie war (1890) vertreten durch 312 Fabriken mit 14827 (6643 männl., 8184 weibl.)
Arbeitern und 6591 Pferdestärken und erstreckte sich auf Baumwollmanufaktur (1880: 6361 Berufstreibende, 300000 Spindeln),
Strohflechterei (besonders in Wohlen, im ganzen 5499 Gewerbtreibende), Roßhaarspinnerei, Fabrikation
von Seidenband (3818 Gewerbtreibende) und Tabak.
Verkehrswege. Aargau hat ein reichentwickeltes System guter Fahrstraßen (509 km Staats-, 551 km Gemeindestraßen), darunter die
Jurapaßstraßen über die Staffelegg (623 m) und den Bötzberg (593 m), und ein ausgedehntes Eisenbahnnetz (255,88 km), an
dem 6 Gesellschaften teilnehmen (s. Schweizerische Eisenbahnen) und an dessen zwei parallel laufende, durch Seitenlinien verbundene
Hauptbahnen Aarburg-Olten-Aarau-Turgi-Baden und Zofingen-Suhr-Lenzburg-Baden sich bei Aarburg die Bahnen nach Bern
und Luzern,
bei Brugg die
Bötzbergbahn nach Rheinfelden und Basel,
bei Turgi die Linien nach Zürich
und Winterthur und bei Lenzburg die Bahn
nach Muri mit der Zweiglinie Wohlen-Bremgarten anschließen. Die Rheinschifffahrt wird durch die Strudel von Rheinfelden und
Laufenburg beeinträchtigt, jedoch sind Aare, Reuß und Limmat in ihrem untern Laufe schiffbar.
Verfassung und Verwaltung. Der Große Rat, je 1 Mitglied auf 1100 E., ist gesetzgebende, der Regierungsrat, 7 Mitglieder, deren
Präsident den Titel Landammann führt, vollziehende Behörde: jener wird vom Volke in 50 Wahlkreisen, dieser
vom Großen Rate auf je 4 Jahre gewählt. Das Referendum (s. d.) ist für Gesetze, Verträge und Konkordate und für solche Finanzbeschlüsse
obligatorisch, die für ein Verwaltungsjahr den Bezug von mehr als einer halben direkten Staatssteuer anordnen. Zur
Initiative sind 5000 stimmberechtigte Bürger notwendig. In administrativer Hinsicht zerfällt der Kanton in 11 Bezirke (s.
oben) unter je einem
mehr
10 Bezirksammann. Jede Gemeinde besitzt einen Gemeinderat unter einem Gemeindeammann, und einen Friedensrichter; jeder Bezirk
ein Bezirksgericht. Höchste Instanz ist das aus 9 Mitgliedern bestehende Obergericht, das als Kassationshof und in Kriminalfällen,
event. unter Zuziehung von Geschworenen, als Kriminalgericht fungiert. Die Staatsrechnung ergab für 1882: 2,293 (1890: 2,729)
Mill. Frs. Einnahmen, darunter als Ertrag des Staatsgutes 1,183 Mill. Frs., und 2,351 (1890: 2,689) Mill.
Frs.
Ausgaben, darunter für Erziehungs- und Unterrichtszwecke 433190 Frs. Das Staatsvermögen betrug (1890) 33,816 Mill. Frs., die
Schulden 3,110 Mill. Frs.; dazu kommen 17 Fonds zu besondern Zwecken. In militär. Beziehung bildet der Aargau mit Basel
und Solothurn
den Stammbezirk der 5. Division. Der Kanton ist paritätisch: von den sieben Regierungsräten müssen wenigstens drei
reformiert, drei katholisch sein. Die reform. Kirche steht unter einem Kirchenrate von 9 Mitgliedern und der Synode; die kath.
Gemeinden gehörten bis 1873 zum Bistum Basel,
jetzt stehen sie in keinem Bistumsverbande. Mehrere haben sich
der altkath. Bewegung angeschlossen. Öffentliche Anstalten. Neben den obligatorischen Primärschulen bestehen 26 Bezirksschulen,
in Aarau eine Kantonsschule mit 4 Gymnasial-, 2 Progymnasial- und 4 Gewerbeschulklassen und ein Lehrerinnenseminar, in Wettingen
ein Schullehrerseminar; Kantonsspital in Aarau, Irrenheilanstalt in Königsfelden, Strafanstalt in Lenzburg.
Das Wappen ist ein in die Länge geteilter Schild; in dessen linker (blauer) Hälfte drei goldene
Sterne, in der rechten (schwarzen) ein silbern geschlängelter Fluß (die Aare).
Geschichte. Die Kultur des Landes an der untern Aare, das im Mittelalter auch die heutigen Kantone Luzern,
Unterwalden und Stücke von Bern,
Solothurn
u.s.w.
umfaßte, reicht bis ins Altertum hinauf; bei Windisch unweit der Reußmündung lag die große helvet.-röm.
Ortschaft Vindonissa; die Thermen von Baden sind schon bei Tacitus erwähnt. Mit den andern Ländern der jetzigen deutschen Schweiz
kam der am Ende des 5. Jahrh. als Bestandteil von Alamannien unter fränk. Herrschaft. Im Vertrage von Verdun 843 fiel der
Aargau westlich der Aare an Lothar, das Land östlich des Flusses an Ludwig den Deutschen.
Bei der Teilung Helvetiens zwischen Burgund und Deutschland 888 blieb der Aargau bei letzterm. Die mächtigsten Herren des Landes
waren die Grafen von Lenzburg und Kiburg, später die Habsburger. Seit Anfang des 13. Jahrh. stand
fast der ganze Aargau unter habsburg. Herrschaft, wurde 1415 von den Eidgenossen eingenommen und in der Weise geteilt, daß das
Land bis an die Reuß an Bern,
der Süden an Luzern
kam, die Grafschaft Baden und die «Freien Ämter» in eine «gemeine Herrschaft» umgewandelt
wurden.
Das Frickthal und Rheinfelden dagegen blieben bei Habsburg-Österreich. Bern
führte 1528 in seinem Teile die
Reformation ein; die andern Gebiete blieben katholisch. Infolge des Einbruchs der Franzosen 1798 wurde der Aargau aus seinem Unterthanenverhältnis
befreit und bildete nun die Kantone und Baden der Helvetischen Republik. Durch die Mediationsakte Napoleons I. und die Einverleibung
des Frickthals entstand 1803 der heutige paritätische Kanton Aargau mit repräsentativ-demokratischer Verfassung, die sich nach
Napoleons
Sturz in eine mehr aristokratische verwandelte.
Die wachsende Unzufriedenheit trieb nach der franz. Julirevolution 1830 das Volk zur Erhebung (Volksversammlung zu Wohlenswil 7. Nov.) und
zu einem unblutigen Aufstande, infolgedessen die freisinnigere Verfassung von 1831 zu stande kam. Die von
der Regierung versuchte Durchführung der Beschlüsse der Badener Konferenz (s. Schweiz) gegen die Übergriffe der kath. Hierarchie
führte im Nov. 1835 zu einem Aufstande der Freien Ämter, der schnell und ohne Blutvergießen unterdrückt werden konnte.
Ernstere Wirren verursachte die angenommene Verfassungsrevision, die statt der bisherigen Gleichberechtigung
beider Konfessionen in den Behörden den Grundsatz des Verhältnisses nach der Volkszahl aufstellte. Unzufrieden mit dieser
Bestimmung und gehetzt von den Klöstern, erhob sich das Volk der Freien Ämter und des Bezirks Baden, wurde aber 11. Jan. zu Vilmergen
geschlagen und zerstreut. Unter dem Eindrucke dieser Ereignisse beschloß der Große Rat auf Antrag von
Augustin Keller 13. Jan. die Aufhebung sämtlicher Klöster und die Einziehung ihrer Güter.
Ein Teil der kath. Stände, unter Einmischung des päpstl. Stuhls und Österreichs, erhob dagegen als gegen eine Verletzung der
schweiz. Bundesakte Widerspruch (Aargauischer Klosterstreit). Am nachdem die aargauische Regierung
die Wiederherstellung der vier Nonnenklöster zugestanden, erklärte sich endlich die Mehrheit der Stände auf der Tagsatzung
für befriedigt. Die Minderheit protestierte, und die aargauische Klosteraufhebung samt der Jesuitenberufung Luzerns und
den Freischarenzügen gaben die Hauptmotive ab zur Stiftung des Sonderbundes der sieben kath. Stände (s. Schweiz).
Die Staatsverfassung des Kantons Aargau wurde 1852 und 1862 revidiert. Einen Triumph errang die ultramontane Partei durch Abberufung
des Großen Rats der durch ein Gesetz die bürgerliche Gleichstellung der im Kanton ansässigen Israeliten mit
den Christen bestimmt hatte. Der neue Große Rat änderte das verworfene Gesetz zwar gänzlich ab, gewährte
aber doch auf Verlangen der Bundesversammlung im August 1863 den Israeliten freie Niederlassung und Verehelichung und die polit.
Rechte in eidgenössischen und kantonalen Angelegenheiten. Weitere Abänderungen der Verfassung wurden 1863 zweimal, 1867,
1869, 1870 und 1876 vorgenommen, deren wichtigste, 1870, mit dem Gesetzes- und Finanzreferendum die reine
Demokratie einführte. Durch eine neue Verfassung, die aus einem Kompromiß der Ultramontanen und Liberalen im Gegensatz zu
den Radikal-Demokraten hervorging, wurde 1885 das Finanzreferendum etwas beschränkt. Bei den Volksabstimmungen über die revidierte
Bundesverfassung der Schweiz im Mai 1872 und im April 1874 stimmte der Kanton Aargau trotz der ultramontanen Agitation
mit großer Majorität zu Gunsten der Revision.
Vgl. Bronner, Der Aargau, historisch, geographisch, statistisch geschildert (2 Bde.,
St. Gallen 1844–45);
J. Müller, Der Kanton Aargau. Seine politische, Rechts-, Kultur- und Sittengeschichte (2 Bde., Zür.
1870–72);
Rochholz, Aargauer Weistümer (Aarau 1876);
Argovia, Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau (ebd. 1860 fg.);