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sein, in die persönlichen Verhältnisse der Ehegatten zum Schutze der Eheverbindung einzugreifen.
Die Ehegatten können nach Belieben durch einen Ehevertrag ihre gegenseitigen Verhältnisse regeln, dies unter der einzigen Bedingung, dass sie für ihren Vertrag einen der Güterstände annehmen, die im Gesetze vorgesehen sind (Güterverbindung, allgemeine oder beschränkte Gütergemeinschaft, und Gütertrennung) und dass dieser Vertrag öffentlich beurkundet wird; sie können sogar, unter gewissen Vorbehalten, während der Ehe den Ehevertrag abändern. Wenn ein solcher Vertrag nicht abgeschlossen wird, so sieht das Gesetz die Güterverbindung vor. Unter allen Formen des Ehevertrages besitzen die Ehegatten gesetzlich reservierte Güter, die den Regeln der Gütertrennung unterworfen sind.
Das Schweizerische Zivilgesetz ersetzt die väterliche Gewalt der früheren Gesetze durch die elterliche Gewalt, das heisst, dass die Mutter im Prinzip über die Person der unmündigen Kinder die gleichen Rechte wie der Vater hat. Sind die Eltern nicht einig, so entscheidet immerhin der Wille des Vaters. Im Falle des Todes des Gatten steht, das Vormundschaftsrecht über die minderjährigen Kinder der Mutter zu.
Die Vaterschaftsklage, die von einigen kantonalen Gesetzen verboten war, wird vom schweizerischen Zivilgesetz anerkannt. Dies gilt auch für die freiwillige Anerkennung der ausserehelichen Kinder. In beiden Fällen nimmt das Kind den Namen und den Stand des Vaters an.
Die Vormundschaft und Beistandschaft werden von zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Minderjährigen oder entmündeten Personen geregelt.
III. Das Erbrecht beruht auf dem Verwandschaftsystem, das heisst, die gesetzlichen Erben werden in Gruppen nach gemeinsamer Abstammung eingeteilt. Die erste Gruppe besteht aus den Nachkommen des Verstorbenen; die zweite aus den Eltern des Verstorbenen und ihrer Nachkommen (Brüder und Schwestern, Neffen und Nichten), die dritte aus den Grosseltern des Verstorbenen und ihren Nachkommen. Die ausserehelichen Verwandten haben mütterlicherseits die gleichen Erbrechte wie die ehelichen; väterlicherseits besitzen sie es nur, wenn das aussereheliche Kind den Stand des Vaters erhalten hat.
Der überlebende Ehegatte erhält, wenn der Erblasser Nachkommen hinterlässt, nach seiner Wahl entweder die Hälfte der Erbschaft zur Nutzniessung oder den Vierteil zum Eigentum. Neben den Erben des elterlichen Stammes erhält er einen Vierteil zum Eigentum und drei Vierteile zur Nutzniessung; neben Erben des grosselterlichen Stammes die Hälfte zum Eigentum und die andere Hälfte zur Nutzniessung.
Der Erblasser kann in den Schranken der Verfügungsfreiheit über sein Vermögen mit letztwilliger Verfügung oder mit Erbvertrag ganz oder teilweise verfügen.
Das Gesetzbuch enthält verschiedene Schutzbestimmungen über den Grundbesitz.
IV. Das wichtigste der Rechte ist der Besitz, das heisst das Recht, in den Schranken des Gesetzes frei über eine Sache verfügen zu können. Das Gesetzbuch zeigt eine ausgesprochene Tendenz, dieses Recht im Interesse der Kollektivität zu beschränken und stellt besonders in dieser Hinsicht Vorschriften auf über die Gesundheits-, Bau-, Feuer-, Forst- und Strassenpolizei, über die Massnahmen zum Schutze von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltungen usw. Das Gesetzbuch gestattet unter gewissen Bedingungen einer Mehrheit von Grundbesitzern, die andern zu Bodenverbesserungen und Zusammenlegungen von Gütern zu verpflichten.
Neben den gewöhnlichen Dienstbarkeiten kennt das Schweizerische Zivilgesetz ein ganz besonderes Recht, die Oberfläche, das heisst das Recht einer Person, auf einem Grundstücks, das ihr nicht gehört, zu bauen und Besitzer von so errichteten Gebäulichkeiten zu sein.
Der Verkauf mit Besitzreserve, der bisher von der Gerichtspraxis anerkannt war, wird vom Schweizerischen Zivilgesetz ausdrücklich geregelt. Das Fahrnispfand kann ohne Faustpfand nicht bestehen, mit Ausnahme vom Vieh. Ein Pfandrecht an Vieh kann nämlich ohne Uebertragung des Besitzes durch Eintragung in ein Verschreibungsprotokoll bestellt werden.
Die Tatsache, dass der auf schweizerischem Gebiete gelegene Grundbesitz für eine annähernde Summe von sechs Milliarden mit Grundpfand belastet ist, hat den Gesetzgeber dazu geführt, der Umschreibung des Hypothekarrechtes eine ganz besondere Sorgfalt zu widmen. Das Gesetzbuch kennt in dieser Hinsicht drei Arten von Grundpfändern, nämlich die Hypothek, den Schuldbrief und die Gült. Die diesbezüglichen Vorschriften erhalten einen ganz besondern Wert durch die obligatorische Einführung des Grundbuchs in den Kantonen, die dasselbe bisher noch nicht kannten.
V. Das gegenwärtige Obligationenrecht wird mit einigen Aenderungen das fünfte Buch des Schweizerischen Zivilgesetzes bilden.
[Dr B. Courvoisier.]
Landwirtschaft. (Ix.)
Pferdezucht.
Der Pferdebestand der Schweiz, über dessen Verteilung die Karte auf Seite 261 von Band V Aufschluss giebt, repräsentiert einen Wert von annähernd Fr. 100000000. Trotz der starken Vermehrung aller Verkehrsmittel ist er in steter Zunahme begriffen. Die inländische Pferdezucht dagegen geht zurück, eine Folge der für diesen Betriebszweig wenig günstigen Verhältnisse und der geringen Rendite.
Pferdebestand am | Total Stück | Davon Zuchthengste über 4 Jahr | Davon Zuchtstuten über 4 Jahr |
---|---|---|---|
19. April 1901 | 124896 | 181 | 6507 |
20. April 1906 | 135372 | 156 | 5496 |
Total Zu- oder Abnahme | +10476 | -25 | -1011 |
Mit Einschluss der 3jährigen mag die Zahl der zur Zucht verwendeten Stuten 7000 bis 7500 betragen, die jährlich 3500 bis 4000 lebende Fohlen zur Welt bringen. Diese Produktion deckt nur ungefähr ¼ des zur Remontierung des Pferdebestandes erforderlichen Bedarfs. 10000 bis 12000 Gebrauchspferde und Fohlen werden jedes Jahr aus dem Ausland eingeführt. Die Pferdeausfuhr ist gering. Sie variiert von 1000 bis 2000 Stück per Jahr.
Bund und Kantone bringen für die Hebung der schweizerischen Pferdezucht grosse Opfer. Der Bund allein verausgabte in den Jahren 1901 bis 1908 jährlich durchschnittlich rund Fr. 400000 für diesen Zweck. Er unterhält in Avenches ein Depot von rund 80 Zuchthengsten und ein Depot von Hengstfohlen, die zur Remontierung des Hengstenbestandes bestimmt sind. Weitere Massnahmen bestehen in der Unterstützung der Privathengsthaltung, der Prämierung des besten Zuchtmaterials und solcher Weiden, auf denen Fohlen gesömmert werden.
Zur Verbesserung der einheimischen Pferdeschläge wurden vom Staat und von Genossenschaften im Laufe der Jahre zahlreiche Hengste verschiedener Rassen eingeführt: Vollblut, Anglonormänner, Hackney, Shire, Norfolk-bretons, Percherons, Belgier. Die Hauptzuchtgebiete sind der Berner Jura, wo das Freibergerpferd heimisch ist, die Kantone Schwyz und Obwalden, das Entlebuch, das St. Galler-Rheinthal und der Kanton Waadt.
In jüngster Zeit wurden zur wirksamem Förderung der Pferdezucht eine Anzahl Pferdezuchtgenossenschaften gegründet. Ihre Zahl betrug im Jahre 1908 49, von denen 20 die Zucht des Reitpferdes, 29 die Zucht des Zugpferdes betreiben. Diese Genossenschaften besassen im Jahre 1908 2093 in ihre Zuchtbücher eingetragene Stuten und 1144 halb = bis zweieinhalb jährige Stutfohlen.
[A. Kœnig.]
Bienenzucht.
Die letzte offizielle Zählung der Bienenstöcke fand im Jahre 1901 statt. Bei der Viehzählung von
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1906 wurde sie nicht wiederholt. 1901 stellte man ins gesamt 242544 Bienenwölker fest, d. h. 8 auf den km2 produktiven Bodens (die Schweiz besitzt 30900 km2 produktiven Boden auf 41324 km2 Gesamtfläche) und 73 Völker auf 1000 Einwohner 1. (1 Im Jahre 1896 waren 254109 Bienenvölker; es ist somit von 1896 bis 1901 eine Abnahme von 11565 Völkern zu verzeichnen.)
Die verschiedene Gestaltung und Bebauung unseres Landes bringt es mit sich, dass die Bienenstände sehr ungleich verteilt sind. In den gebirgigen Kantonen sind sie im Verhältnis zur Fläche am wenigsten vertreten. Sehr günstig für die Imker sind die Verhältnisse in den längs der Voralpen gelegenen südlichen Teilen der Kantone Luzern, Zug, Appenzell A. R., Thurgau, St. Gallen und Aargau, dann das bernische Mittelland und die gleichgelegenen Teile von Freiburg und Waadt. Als am wenigsten gut bedachte Kantone sind Uri, Glarus, Appenzell I. R., Tessin und Wallis zu nennen, in denen ohne Zweifel noch mancher Bienenstand Platz fände. Im Vergleich zur Oberfläche sind die Alpen und der Jura am ärmsten, die Voralpen schon reicher besetzt. Aber der wirkliche Sitz der Bienenzucht liegt in den fruchtbaum- und wiesenreichen Kantonen Waadt, Bern, Luzern, Zug, Zürich, St. Gallen, Thurgau und Appenzell. Am dichtesten besetzt sind die Bezirke Cossonay, Konolfingen, Sursee, Hochdorf, Meilen, Gossau, Arbon, Vorderland (Appenzell), Biel und St. Gallen.
Die Honigernte schwankt natürlich nach dem mehr oder weniger günstigen Wetter, nach der Blütezeit und aus andern Gründen. Das Jahr 1887 war eines der ertragreichsten und ergab für fast 7 Mill. Fr. Honig; 1905 für 5 Mill.; 1906 für nur 2 Mill.; 1907 für 5 Mill.
Zwei grosse Vereinigungen arbeiten an der Verbreitung der Bienenzucht; in der deutschen Schweiz ist es der Verein schweiz. Bienenfreunde und in der Westschweiz die Société d’apiculture. Der erstere Verein veröffentlicht ein periodisches Blatt und zählte Ende 1905 104 Sektionen mit 6372 Mitgliedern, die zusammen 82928 Bienenvölker besassen; 72 Sektionen mit 25000 Bienenvölkern haben sich einer fakultativen Honigkontrolle unterworfen und eine Gesamternte von 450000 kg im Werte von ungefähr 3 Millionen Franken erzielt. Die Société romande d’apiculture zählte ihrerseits Ende 1908 18 Sektionen mit ungefähr 1500 Mitgliedern. Sie veröffentlicht das Bulletin d’Apiculture de la Suisse romande und besitzt, wie die andere, eine Versicherungskasse gegen Unfälle und gegen die verschiedenen den Bienen gefährlichen Krankheiten. Eine Kommission von 3 Mitgliedern ist mit dem Besuche sämtlicher Bienenstöcke betraut, sie prüft sie auf Krankheiten und erteilt für die best unterhaltenen Prämien. Der Verein veranstaltet Vorträge und veröffentlicht Berichte über die Pflege, die Temperatur, die Blütezeiten der besten Honigpflanzen usw. Honigmärkte werden jährlich in Neuenburg und in Lausanne abgehalten. Die Eidgenossenschaft und verschiedene Kantone studieren gegenwärtig die Frage der Bienen Versicherung gegen ansteckende Krankheiten. Die Schweiz importiert jährlich mehr als 1000 Zentner fremden Honig.