mehr
Malmreihe durch vormiozäne Erosion ihrer obern Stufen unvollständig geworden ist. Auch weiter westwärts, in Basel Land, spielt der Malm der Rheintafel am N.-Fuss der grossen Muschelkalküberschiebungen des Fluhbergs, Wiesenbergs und Dielenbergs zwischen Oltingen und Waldenburg nur eine schwache orographische Rolle, weil er hier bis auf das fast ganz mergelige Argovien reduziert ist. Bloss stellenweise findet sich noch etwas oberes Argovien (Geissbergschichten) oder kalkiges und oolithisches Sequan als Relikten des erodierten Malmscheitels. Im SW. tritt von Seewen an das sehr mächtige und ganz korallogene Rauracien an die Stelle des Argovien. Es hat der Erosion weit erfolgreichern Widerstand als dieses letztere zu leisten vermocht und baut in der Gegend von Hochwald und Gempen im Kant. Solothurn zusammen mit dem Sequan die beträchtlichsten Höhen der Rheintafel auf: Herrenmatt (auf Bergli 695 m), Lochfluh (731 m), Gempenfluh oder Schartenfluh (765 m).
Die eozänen Sedimente der Bohnerzformation bilden heute auf der Rheintafel keine zusammenhängende Decke mehr. Da sie vom Miozänmeer stark abradiert und verschwemmt wurden, findet man bloss noch vereinzelte Fetzen in von vormiozänen Verwerfungen begrenzten und geschützten Taschen und Spalten. Am bemerkenswertesten sind die Vorkommnisse von Hochwald (Hobel) und Lausen (Kohlholz, Wasserschöpfe); an letzterm Ort wird feuerfeste Tonerde (Huppererde) vermutlich lutecischen Alters von weissen in Nestern stark fossilführenden Süsswasserkalken mit Planorbis pseudammonius normal überlagert.
Ueber diesen Kalken folgt eozäner Bolus mit erbsenförmigen Bohnerzkörnern. Gleich der Huppererde enthält auch der Bolus z. T. poröse Konkretionen von Jaspis und Chalzedon mit Steinkernen von Fossilien des obern Malm (Nattheimer Schichten). Diese Tatsache beweist, dass die eozänen Bohnerzbildungen teilweise von einer Deckstufe aus obern Jurakalken herstammen, die vor der Eozänzeit auf der Rheintafel lag und dann zerstört, aufgelöst und weggeschwemmt worden ist.
Eigentümlich erscheint auf der Rheintafel das fast völlige Fehlen von oligozänen Sedimenten, während der eigentliche Jura in seinen Falten solche enthält. Demnach finden wir hier als Ueberzug auf der erodierten jurassischen Oberfläche eine stark fossilhaltige marine Trümmerformation, die dem Randengrobkalk entspricht und gleich ihm als mittelmiozäne Uferfazies (vindobonische Stufe) des Molassemeeres aufzufassen ist. Diese Gesteine liegen bald auf dem abradierten Dogger (Tennikerfluh), bald auf einer Mosaik aus Dogger und unterm Malm (Zunzgerberg etc.) und enthalten oft kleine vindelizische Gerölle (Porphyre etc.). Darüber folgen Süsswasserkalke und vom Schwarzwald herstammende Konglomerate, die zeigen, dass dieses Massiv zur Miozänzeit eine dem Dogger und Malm der Rheintafel analoge jurassische Decke trug.
Die einstigen Gletscher aus dem Wallis haben die Rheintafel zur Riss-Eiszeit (3. Vergletscherung nach Penck und Brückner) und vielleicht schon früher erreicht. So findet man aus den penninischen Alpen herstammende Felstrümmer über den ganzen nördl. Faltenjura und die Rheintafel zerstreut bis in die Umgebungen von Liestal, Herznach, Bötzen etc. hin. Die der 1. und 2. Eiszeit angehörenden Deckenschotter bilden um die Rheintafel einen von noch rezenteren Alluvionen durchbrochenen Gürtel.
Obwohl die den Faltenjura und die Rheintafel aufbauenden Formationen einander entsprechen, weist doch letztere stark vom erstern abweichende morphologische Charakterzüge auf und gleicht eher dem Randen und N.-Fuss der schwäbischen Alb, die trotz ihrer bedeutenderen Höhenlage und der gleichmässigeren Mergelfazies die selbe geologische Struktur zeigen. Hier wie auf der Rheintafel werden die Oberflächenformen durch den geologischen Bau des Bodens bedingt.
Ueberall herrscht Tafelform und gleiche Schichtfolge der Gesteine. Freilich treten zahlreiche vormiozäne Bruchlinien auf, die NO.-SW., d. h. gegen den Schwarzwald, hin, oder auch, gleich dem grossen Bruch östl. vom Dinkelberg, N.-S. streichen. Den Brüchen entsprechen im Dogger und Malm zahlreiche Denivellationen von kleinerer oder grösserer Sprunghöhe. Näher untersucht hat man sie namentlich in den Umgebungen von Liestal, Gelterkinden und Laufenburg.
Andre Dislokationslinien verlaufen ziemlich schief zu den erstgenannten oder auch dem Streichen des östl. Faltenjura nahezu parallel. Am bemerkenswertesten sind diejenigen südl. Mandach und westl. Liestal. In ihrer Gesamtheit bilden alle diese Brüche ein eigenartiges Dislokationsnetz, einer riesigen Mosaik oder den Absonderungskluften eines Steinbruches vergleichbar. Die Ursache dieses Phänomens ist noch nicht vollständig klargestellt, besteht aber vielleicht im Nachsinken und der Auswaschung der Salzmergel der Anhydritgruppe und des Perm.
Festgestellt ist endlich, dass die kristallinen Felsarten des Schwarzwaldes, die das Grundgestell der Rheintafel bilden, unter der Sedimentdecke dieser letztern diskordant gefaltet und zu einer Rumpffläche abradiert erscheinen. Paläozoische Gebilde hat man mit dem Bohrloch in Rheinfelden nicht erreicht. Da sie aber anderwärts in O.-W. streichenden Mulden zwischen archäischen Felsarten sich zeigen (Steinkohle von Schönau), ist ihr Vorhandensein unter der Rheintafel und dem Faltenjura nicht ausgeschlossen. Das Bohrloch von Rheinfelden traf eben auf eine Falte von Schwarzwaldgneis mit Diorit- und Granitadern.
Wirtschaftlich gehört die Rheintafel zu den wichtigsten Landschaften der Schweiz, weil sie in ihrem Schoss die reichsten Steinsalzlager unsres Landes birgt. Die von Hofrat Glenck 1834 in Schweizerhalle (Basel Land), der heute noch bedeutendsten Saline der Schweiz, entdeckten Salztone an der Sohle des Muschelkalks (Anhydritgruppe) sind in der Folge auch weiter ostwärts, in Kaiseraugst, Rheinfelden und Riburg (Aargau) in Abbau genommen worden. Noch kürzlich haben Bohrversuche in der Umgebung von Koblenz die Fortsetzung des Salzlagers längs dem Rheinufer erwiesen. Der jährliche Ertrag der vier schweizerischen Rheinsalinen belief sich 1907 auf 538263 Meterzentner.
Bibliographie.
Müller, A. Geolog. Beschr. des Kant. Basel und der angrenzenden Gebiete 2. Aufl. (Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. I, 1884). - Moesch, C. Geolog. Beschr. des Aargauer Jura. (Beiträge ... IV, 1867). - Greppin, J. B. Description géolog. du Jura bernois et de quelques districts adjacents. (Beiträge ... VIII, 1870). - Moesch, G. Der südl. Aargauer Jura und seine Umgebungen. (Beiträge ... X, 1874). - Rollier, Louis. 2e Supplément à la descr. géolog. de la partie ¶
mehr
jurassienne de la feuille VII. (Beiträge ... Neue Serie VIII, 1898). - Müller, A. Bohrloch von Rheinfelden; Documente und Berichte der schweizer. Steinkohlenbohrgesellschaft. Aarau 1874-1876. - Du Pasquier, L. Ueber die fluvioglazialen Ablagerungen der Nordschweiz. (Beiträge ... Neue Serie. I, 1891). - Mühlberg, F. Geotekton. Skizze der nordwestl. Schweiz, im Exkursionsbericht der schweizer. geolog. Gesellschaft 1892. (Eclogae geolog. Helvetiae. III). - Gutzwiller, A. Die eozänen Süsswasserkalke im Plateaujura bei Basel. (Abhandlungen der schweizer, paläontolog. Gesellsch. 1905). - Schaad, E. Die Juranagelfluh. (Beiträge ... Neue Serie. 52). - Buxtorf, A. Geologie der Umgebung von Gelterkinden im Tafeljura. (Beiträge ... Neue Serie. 41). - Huene, F. von. Geolog. Besch. der Gegend von Liestal (in den Verhandl. der naturforsch. Ges. Basel. 12). - Celliers, Jos. Geolog. Untersuchungen in der Umgebung von Eptingen. Diss. Freiburg i. B. 1907. - Villiers, Louis de. Geolog. Unters. in der Umgebung von Eptingen und Läufelfingen. Diss. Freiburg i. B. 1907. - Blösch, Ed. Zur Tektonik des schweizer. Tafeljura. Diss. (im Neuen Jahrbuch; Beilageband 1910). - Ferner verschiedene Publikationen von F. Mühlberg, F. Leuthardt, A. Gutzwiller, K. Strübin, A. Buxtorf und L. Rollier in den Eclogae geolog. Helvetiae.
[Dr. Louis Rollier.]