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Ceresio bildet, dann gegen N., wo er den kleinen See von Ponte Tresa, den Golf von Caslano und den von Agno bildet. Hier ändert sich die Landschaft gänzlich. Während der See bis dahin von Kalkbergen mit steilen felsigen Böschungen eingefasst war, liegt er nun mitten in Hügeln aus Schiefer, vulkanischem Porphyr und Moränen. Nur hie und da tritt ein Stück Dolomit zu Tage, das die ruhige Schönheit dieser Hügellandschaft unterbricht.
Der Ursprung des Luganersees, wie derjenige der übrigen subalpinen Seen, wird verschiedenen Ursachen zugeschrieben. Nach den einen wäre er eine Folge der Einsenkung der Alpen nach ihrer ersten Erhebung und Erosion, nach andern ein Ergebnis der Gletschererosion. Der Geologe Stoppani betrachtete den Luganersee als einen Meeresfjord, dessen Ausgänge später durch Moränen gesperrt wurden, so dass er zu einem See umgewandelt wurde. Die Tatsache, dass die Enden der Arme (Porlezza, Capolago, Porto Ceresio, Ponte Tresa) durch mächtige Moränenablagerungen abgeschlossen sind, gestattet, der Tätigkeit der Gletscher einen bedeutenden Anteil an der Bildung des Sees zuzuschreiben.
Die Gletscher, die sich lange stationär bis an den Ausgang der Alpen erstreckten, schützten diese Seebecken vor Verlandung durch Alluvium. Moränen finden sich auch unter Wasser;
die eine, zwischen Morcote und Porto Ceresio, bildet eine Mauer, die sich bis 41 m an den Wasserspiegel erhebt;
die andere zieht sich von Melide nach Bissone hin;
auf dieser Moräne ist der schon erwähnte Damm errichtet worden.
Der Luganersee war einst viel grösser; seine Gewässer überfluteten die Ebenen von Cassarate und Agno, sowie das Delta der Magliasina, so dass der Monte Caslano eine Insel war. Diese Ebenen (piani) wurden durch das Geschiebe zahlreicher Flüsse und Bäche gebildet, die sich in den Luganersee ergiessen. Die wichtigsten dieser Gewässer sind: der Vedeggio, der vom Camoghè und Tamaro herkommt und bei Agno in den See mündet, der Cassarate aus dem Val Colla, der sich in den Golf von Lugano ergiesst, die Magliasina, die dem Thal, das sie durchfliesst, ihren Namen verdankt und bei Caslano in den See eintritt. Von geringerer Bedeutung sind: der Soldo aus den Felsschluchten des Val Solda, der Cuccio, der bei Porlezza in den See mündet, der Telo, der von Lanzo d’Intelvi kommt und das bekannte Orrido d’Osteno durchfliesst, die Mara, die bei Maroggia im See endigt, die Sovaglia, die vom Monte Generoso herunterkommt und einen Fall von 60 m bildet, endlich der Laveggio, der bei Mendrisio vorbeifliesst und manche andere ganz kleine Zuflüsse.
Die Temperatur des Seewassers, wie die der Luft, ist von 1864-1889 von Professor Ferri beobachtet worden. Nachstehende Tabelle gibt das Mittel dieser Beobachtungen von 1 Uhr nachmittags:
Man sieht aus obigen Ziffern, wie wohltätig die Lufttemperatur durch die mildernde Einwirkung des Wassers beeinflusst wird; aus diesem Grunde erfreuen sich die Ufer des Sees eines wahrhaft bevorzugten Klimas, was ihre üppige Vegetation beweist (Olivenbäume, Palmen, Magnolien, Camelien, Cypressen, Lorbeer, Agaven, Oleander, Myrten, etc.).
Die hauptsächlichsten Winde, die über das Becken des Luganersees streichen, sind: der Nordwind, der dem Föhn in den Thälern auf der Nordseite der Alpen entspricht, kalt, nur im Februar und März häufig;
der Südwind (marino), selten, heftig und heiss, der Ostwind (porlezzina), der aus dem Porlezzagolf bläst und die breva, der im Sommer bei normalem Luftdruck von 10 Uhr Morgens bis Sonnenuntergang weht.
Der Luganersee und seine Zuflüsse sind sehr fischreich. Acht Spezies findet man in der Schweiz, im N. vom Gotthard, nicht: Barbus plebejus, Barbus caninus, Leuciscus pigus, Leuciscus aula, Chondrostoma Soetta, Cobitus taenia und Alosa finta. Dagegen fehlen etwa 20 Spezies von jenseits der Alpen. Seit einigen Jahren hat man den Coregonus Wartmanni und den Salmo salvelinus eingesetzt. Die Fischerei im Luganersee wird eifrig betrieben, hauptsächlich in den Golfen von Agno, Ponte Tresa, Capolago und Porlezza, die für den Aufenthalt und die Fortpflanzung sehr günstig sind. Die Ausübung der Fischerei ist durch eine Spezialkonvention zwischen der Schweiz und Italien geregelt. Das Recht, mit dem Netz zu fischen, gehört einzelnen Privaten und Gemeinden. In den Golfen von Agno und Porlezza kam dieses Recht religiösen Kongregationen zu. Infolge der Säkularisation ihrer Güter fiel ersteres an den Kanton Tessin, letzteres an den italienischen Staat.
Die Schiffahrt wird auf dem Luganersee in grossem Umfange betrieben und zwar schon seit alten Zeiten mittelst Ruder- und Segelschiffen. Die Dampfschiffahrt datiert von 1848; damals liess eine bescheidene Gesellschaft bei Escher, Wyss und Cie einen kleinen Dampfer, den «Ticino» bauen, der 200 Passagiere aufnehmen konnte. Allein der Handelsverkehr war noch so ungenügend, dass dieses erste Schiff verkauft werden musste; er kam 1851 auf den Comersee.
Später, im Jahre 1856, wurde ein neues Schiff erbaut, der «Ceresio», das den Dienst auf dem See bis 1870 allein versah; dann kam der «Generoso» dazu. Seither trugen der Aufschwung der Industrie und die gewaltige Entwicklung des Touristenwesens, die zum Teile eine Folge des Baues der Gotthardbahn waren, zur Entfaltung der Schiffahrt bei, die bedeutend zunahm. Auch die Anlage der Eisenbahn Ponte Tresa-Luino die den Luganer- mit dem Langensee verbindet, und der Linie Porlezza-Menaggio, wodurch ersterer mit dem Comersee in nähere ¶
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Verbindung gebracht wird, trugen viel zum Aufschwung der Schiffahrt bei. Die heutige Flottille des Luganersees zählt 9 Dampfschiffe für den Verkehr der Reisenden. Die Zahl dieser letztern, die im Jahre 1859: 41821 betrug, erreichte 1905: 806000. Seit einigen Jahren werden die Gewässer des Luganersees auch von zahlreichen Motorschiffen durchkreuzt, die teils in öffentlichen, teils in privatem Dienste stehen.
[Dr. A. Bettelini.]