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Wöchnerinnen zum Zweck gesetzt hat, und verschiedene Krankenvereine. Institute für Kranke sind das durch private Initiative gegründete, 1878 eröffnete, 1897 an den Staat übergegangene Krankenhaus in Appenzell mit Freibettenfonds und das dabei stehende, neu erbaute Absonderungshaus, Oberegg gehört zum Rayon des Krankenhauses Heiden (Ausserroden), an das es seine jährlichen Beiträge leistet. Für Augenkranke wurden von Wohltäterinnen zwei besondere Fonds gestiftet.
Die staatliche Fürsorge für die Armen und Waisen wird für den innern Landesteil vom Armleutsäckelmeisteramt dirigiert, durch dessen Hand das meiste Geld für diesen Zweck fliesst, in Oberegg durch die Bezirksarmenkasse. An Anstalten sind vorhanden: das 1903 eröffnete neue Armenhaus in Appenzell, das samt Inventar auf nahezu 250000 Fr. zu stehen kam, die 1853 gegründete, nun kaum noch genügende Waisenanstalt auf der Steig bei Appenzell und die beiden Oberegger Anstalten: Gonzern (für Arme) und Dorfnest (für Waisen und im Notfall ebenfalls für Arme).
Daneben bestehen mehrere freiwillige Frauen- und Armenvereine zur Unterstützung Notleidender. Für durchreisende Arbeitsuchende wurde eine kantonale Naturalverpflegung ins Leben gerufen. Für Ausbildung junger Leute besteht unter Aufsicht des Handwerker- und Gewerbevereins eine gewerbliche, daneben in jedem Schulkreise eine obligatorische Fortbildungsschule (fürs 16.-19. Altersjahr). Jährlich werden unter Aufsicht der Industriekommission Fachkurse für Handstickerinnen veranstaltet. Das Kapuzinerkloster errichtete 1908 ein Kollegium (Progymnasium und Realabteilung), wogegen die staatliche Real- (Sekundar)schule, die 1872 von Privaten gegründet, 1887 vom Staat übernommen worden war, aufgehoben wurde, sodass die 1902 in Oberegg entstandene Sekundarschule die einzige derartige bürgerliche Anstalt des Kantons ist.
Den Fortschritt in der Landwirtschaft sucht der kantonale landwirtschaftliche Verein durch Belehrung, gemeinsamen Bezug von Dünger- und Futtermitteln, Austeilung von Obstbäumen etc. zu fördern; daneben bestehen einige Genossenschaft für Rindviehzucht und eine für Ziegenzucht. Eine Vereinigung zur Hebung der Schweinezucht ist im Entstehen begriffen; ein Fischereiverein hat sich 1909 gebildet. Dagegen ist ein Bienenzuchtverein, der sich der landw. Gesellschaft angeschlossen hat, eingegangen.
Dem Nutzen des Landes will auch der Verkehrsverein dienen, dem geistigen Leben der historisch-antiquarische Verein und einige Lesegesellschaften.
Die Schützenvereine haben wir schon erwähnt. Es existieren auch ein Unteroffiziers-, ferner je ein Schwing- und ein Turnverein, dann Gesang- und Musikgesellschaften, unter den erstem mehrere Zäzilienvereine.
9. Verkehrswege.
Seit der Niederschrift unseres ersten Artikels wurde die Appenzeller Strassenbahn St. Gallen-Gais bis Appenzell ausgebaut, sodass nun zwei Linien in den Kanton führen. Nächstens wird Appenzell mit Oberriet durch eine Strasse verbunden, die eine Parallelstrasse zur Ruppen- und Stossstrasse sein wird. Eine direkte Verbindung von Appenzell mit der Stadt St. Gallen liegt zwar im Plan vor, allein die Kosten werden das Werk noch nicht sogleich entstehen lassen.
Wir können schliesslich noch einige Passübergänge nachtragen, die im ersten Artikel nicht erwähnt wurden. Solche sind: Rotsteinpass (2124 m) zwischen Säntis und Altmann (Appenzell-Alt St. Johann oder Wildhaus 7-8 Stunden);
Kraialppass (auch Zwinglipass: 2021 m) östl. vom Altmann, der am meisten benutzte (Appenzell-Wildhaus 7-8 Stunden);
Pass über die Saxerlücke (1651 m), die Hauptverwerfungsspalte im Säntisgebirge zwischen Furglenfirst und Roslen (Brülisau-Sax ca. 5 Stunden);
Risspass (1287 m) an der Berührungslinie von Kreide und Eozän, zwischen Kamor und Fähnern (Appenzell-Rüti 4 Stunden).
10. Von hervorragenden Mænnern
sind zu nennen: Landschreiber und späterer Landammann Joach. Meggeli, der neben Landammann Aebli an der Vermittlung bei Kappel mitwirkte; Dr. Paulus Ulmann (1613-1680), Stifter des Wildkirchleins; Ulr. Sutter (1638-1708) und dessen Sohn, Statthalter Joh. Bapt. Sutter (1664-1728), Verfasser und Fortsetzer einer schon oft benutzten, aber leider noch nicht gedruckten Chronik; Hans Conrad Geiger (1632-1707), Hauptmann der kön. Leibgarde in Paris und 1689 Befehlshaber des eidg.
Beobachtungskorps bei Basel; P. Clemens Geiger (1668 bis 1726), Verfasser einer Beschreibung der Appenzeller Gebirge, welche J. J. Scheuchzer seiner Oreographia einverleibte; Ant. Jos. Sutter und Joh. Jakob Geiger, die beiden bekannten feindlichen Landammänner, deren Gegnerschaft mit der Hinrichtung des erstern (1784) endete, das Land aber noch fast 50 Jahre in zwei Lager spaltete;
J. A. Sutter, Dr. theol. et jur. utr. († 1803), der eine Unpartheiische Geschichte der bekannten Suter’schen Streitsache herausgab, wofür er von der herrschenden Partei verfolgt wurde, bei der er sich wohl auch durch seinen Best gemeinten Unterricht an alle Demokraten nicht beliebt machte;
Pfarrer Manser, der sich im Anfang des 19. Jahrh. um die Hebung unseres Schulwesens Verdienste erwarb;
Dr. med. Nepomuk Hautli, der sich den Titel «Freund der Armen» erwarb, auch als Dichter bekannt;
Ständerat Rusch, Verfasser mehrerer Schriften, worin er Natur- und historische Betrachtungen verknüpft;
Nationalrat Sonderegger, dem der Kanton vor allem die Anpassung seiner Verfassung an die des Bundes verdankt und ¶
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der an der Spitze aller neuzeitlichen Schöpfungen in Schul-, Kranken- und Verkehrswesen stand.
[E. Lehner.]