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den Weissbach, dem sie etwa 2,5 km weit folgt, um dann die Lauftegg zu übersteigen, das Thal des Kronbachs zu durchqueren und im ganzen nord-ostwärts auf die Hundwiler Höhe zu steigen. Von da folgt sie dem Grat bis Steigershöhe, dann dem Buchenbach nach bis zur Sitter und dieser bis zur Mündung des Rotbaches. Dieser bildet dann die N.-Grenze bis unterhalb Bühler, wo sie in einem ziemlichen Bogen nach S. ausweicht und dann erst 2 km weiter oben den Bach wieder trifft. Bald verlässt sie diesen wieder, zieht sich durchschnittlich südöstlich gegen den Hohen Hirschberg, an dem sie 500 m nördlich vorbeistreicht, um in ö. Richtung die Brandegg (Grenzstein Nr. 46) und dann in einem Bogen, nördlich ausweichend, den Hörchelkopf zu erreichen.
Hier beginnt die O.-Grenze gegen den Kant. St. Gallen. Diese befindet sich bis über Fähnern hinaus am O.-Abhang der Höhen, geht dann beim Unterkamor auf die W.-Seite des Berges über, steigt aber bald wieder zur Spitze des Kamors auf und hält sich nun auf der Wasserscheide über den Hohen Kasten, Furgglenfirst, Roslen, Kraialpfirst (wo sie S.-Grenze wird), Altmann, Rotstein, bis zum Säntis. (Auf der topographischen Karte ist die Grenze östlich der Fähnern falsch angegeben, indem sie den Forstsee berühren sollte.)
Von der Landmarch weg, wo noch etwa 200 m der Ruppenstrasse auf innerrodisches Territorium fallen, zieht sich die erst 1875 in Kraft getretene Grenzlinie des äussern Landesteils bald auf die Wasserscheide zwischen Rheinthal und appenzellischem Hügelland und behält diese (aber immer nur ungefähr) bis an die Strasse Oberegg-Rehetobel bei, um von da die unregelmässigsten Kurven gegen Heiden, Reute und Wolfhalden zu beschreiben. Im weitern Verlauf gegen Walzenhausen weicht sie nicht mehr zu sehr von der Geraden ab, steigt von 760 m auf 935 und sinkt wieder auf 657 m. Die Grenze gegen St. Gallen bleibt immer am Abhange des Rheinthales zwischen 600 und 700 m, während der oberste Grat zwischen 800-1100 m schwankt. Sie steigt nur im westlichen Abschnitt wieder zur Landmarch bis 1023 m auf.
Dass hier das (auch ausserrodische) Appenzeller Gebiet überall den Abhang hinabgreift, rührt ohne Zweifel daher, dass es von unten her besiedelt wurde und sich erst später politisch vom Unterland losgetrennt hat. Beweis hiefür ist nicht nur eine bemerkenswerte Uebereinstimmung der Dialekte, sondern auch die frühere Zugehörigkeit dieser Gegenden zu den Kirchen von Höchst (Vorarlberg) und St. Margrethen. Kleinere Gebiete sind heute noch nach Berneck und Marbach kirchgenössig. Im Gegensatz dazu geht im südl. Teil die Grenze ostwärts über die Wasserscheide hinab, weil hier die Bevölkerung von N. her eindrang und der Bergabhang mit Wald bedeckt blieb, der nach Bedürfnis von oben und unten in Anspruch und Besitz genommen wurde.
2. Geologie, Mineralogie, Botanik etc.
sind, soweit unser ursprünglicher Artikel nicht genügt, ausführlicher in den Artikeln Sæntis und Sankt Gallen behandelt, so dass wir auf diese verweisen können. Zur Fauna ist vielleicht nachzutragen, dass die Kreuzotter (Pelias berus) trotz gegenteiligen Behauptungen mit Sicherheit in unserm Gebiete noch nicht nachgewiesen werden konnte und wahrscheinlich gar nicht vorkommt, dass aber die Ringelnatter (Coluber natrix) und die österreichische Natter (C. austriacus) sich finden, ebenso der Fadenmolch (Triton helveticus) und die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans).
An ersten Gipfelbesteigungen sind (nach Lüthi und Egloff) bekannt: 1825 Altmann (Apotheker Fröhlich), 1884 Freiheit (Bodenmann, Eugster und Dörig), 1890 Türme (Nänny und J. B. Fässler), 1891 Lisengrat (Nänny), 1894 Hängeten (Egloff).
Es ist natürlich trotz diesen Angaben nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere Höhepunkt schon früher von einem Jäger oder Hirten bezwungen worden ist.
Die erste Unterkunftshütte auf dem Säntis wurde 1845 von Jakob Dörig, genannt Schribers Jock, errichtet, der dann gleichfalls 1850 die erste Hütte zur Aufnahme von Touristen auf dem Hohen Kasten erbaute.
3. Vom Seealpsee
wird seit 1905 die Kraft bezogen (etwa 300 PS.) für das «Elektrizitätswerk Appenzell", , das vom und für das Dorf Appenzell erstellt wurde, aber auch an die zwischenliegenden Gegenden Licht und Kraft abgibt, so wie für den Betrieb der kommenden Säntisbahn in Aussicht genommen ist. Die Sitter mit ihren Nebenadern treibt in Innerroden 8 Sägemühlen und 1 Mühle, der Auer- und der Kronbach je eine Sägemühle, der Fallbach mit Nebenbächen 4 Sägen und 1 Mühle.
4. Die Viehzählungen
ergaben folgende Resultate:
1866 | 1896 | 1906 | |
---|---|---|---|
Rindvieh | 6748 | 8998 | 10257 |
Pferde | 262 | 118 | 170 |
Maultiere | - | - | 4 |
Schweine | 2446 | 9572 | 9323 |
Schafe | 919 | 327 | 265 |
Ziegen | 4825 | 4850 | 3813 |
Wie aus diesen Angaben ersichtlich, nimmt die Zahl
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der Pferde, die infolge der Eisenbahnen zurückgegangen war, allmählich wieder zu. Die Rindviehzucht zeigt eine fortwährende Progression, die vermutlich ihren Höhepunkt erreicht haben wird, da jetzt schon bedeutende Futtermittel eingeführt werden müssen, um die vorhandenen Tiere zu ernähren. Die Schweine sind an Zahl, wohl nur vorübergehend, etwas zurückgegangen; immerhin hat Appenzell I. R. mit 676 Stück auf 1000 Ew. noch verhältnismässig den grössten Bestand an diesen Borstentieren, nicht nur von allen Kantonen, sondern sogar von allen Zählbezirken. Die Schafe nehmen, wie fast in der ganzen Schweiz und aus den selben Ursachen, konstant ab. Die Ziegen haben ihren Tiefstand überschritten (1901: 3282), was mit rationellerer Züchtung und daher rührendem besserm Absatz zusammenhängt. Besonders nach N.-Deutschland findet ein fast regelmässiger Export unserer Ziegen statt.
5. Bevœlkerung.
Die eidgen. Volkszählungen geben folgendes Bild:
Jahr | Ew. | Zunahme | Kantonsbürger | Bürger anderer Kantone | % | Ausländer | % | Männlich | Weiblich |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1850 | 11272 | . | 10969 | 229 | 2.0 | 74 | 0.6 | 5350 | 5922 |
1860 | 12000 | 6.4 | 11507 | 372 | 3.1 | 121 | 1.0 | 5760 | 6240 |
1870 | 11909 | -0,7 | 11376 | 406 | 3.4 | 127 | 1.1 | 5711 | 6198 |
1880 | 12841 | 7.8 | 11581 | 957 | 7.6 | 303 | 2.3 | 6363 | 6478 |
1888 | 12888 | 0.3 | 11547 | 1046 | 8.1 | 295 | 2.3 | 6312 | 6576 |
1890 | 13499 | 4.7 | 11783 | 1387 | 10.3 | 329 | 2.4 | 6526 | 6973 |
von 1850-1900 | . | 19.7 | . | . | . | . | . | 48,4% | 51,6% |
Jahr | Deutsch. | Franz. | Italien. | Roman. |
---|---|---|---|---|
1880 | 12821 | 2 | 16 | 2 |
1888 | 12849 | 8 | 28 | 2 |
1900 | 13412 | 7 | 69 | 8 |
Jahr | Kathol. | % | Reform. | % | Israel. | Andre | Häuser | Haushaltungen |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1850 | 11230 | 100 | 42 | 0 | - | - | - | 2629 |
1860 | 11884 | 99 | 115 | 1 | - | 1 | 1853 | 3159 |
1870 | 11720 | 98 | 188 | 2 | - | 1 | 1979 | 3052 |
1880 | 12294 | 96 | 545 | 4 | 1 | 1 | 2075 | 3143 |
1888 | 12213 | 95 | 673 | 5 | - | 2 | 2112 | 3163 |
1900 | 12665 | 94 | 833 | 6 | - | 1 | 2184 | 3017 |
Wie aus dieser Zusammenstellung leicht ersichtlich, geht die Bevölkerungszunahme nur langsam vor sich. Es ist dies keineswegs eine Folge geringer Fruchtbarkeit oder starker Sterblichkeit, da im Gegenteil Jahr für Jahr ein Ueberschuss der Geburten über die Sterbefälle von durchschnittlich mehr als einem Prozent (1896 bis 1906 = 1544 Personen) konstatiert werden kann. In der Tat hat Appenzell I. R. durch die inländische Wanderung prozentual (ausser Schaffhausen) am meisten von seiner Wohnbevölkerung verloren, nämlich 12,1% der im Lande Geborenen, wozu noch die ins Ausland Wandernden zu rechnen wären, die eine verhältnismässig nicht geringe Zahl ausmachen. Dass diese Abwanderung nicht von heute ist und auch nicht im letzten Jahrzehnt eingesetzt hat, können wir leicht daraus schliessen, dass die Anzahl der überhaupt in andern Kantonen lebenden Bürger (also inklusive die auswärts Gebornen) 32,5%, also beinahe einen Drittel der Bürgerschaft ausmacht, in welcher Beziehung wir nur von Thurgau und Schaffhausen übertroffen werden. Die im Ausland Lebenden würden ohne Zweifel den Drittel überschreiten lassen. Die Gesamtzahl der in der Schweiz wohnenden Bürger Innerrodens (also samt den zu Hause gebliebenen) beträgt 17458, demnach 3959 mehr als die Totalbevölkerung des Kantons.
Der Abgang wird bei weitem nicht durch Zuwanderung gedeckt, indem Ausländer und Schweizerbürger andrer Kantone zusammen nur 12,7% der Bevölkerung ausmachen. Schweizerbürger anderer Kantone sind zwar bei uns prozentual nicht am wenigsten zahlreich, indem wir erst die 5. Stelle einnehmen, wohl aber ist die absolute Zahl die kleinste, und in Bezug auf Ausländer haben wir in beider Hinsicht die geringste Zahl. Das nämliche Bild zeigt sich beim Sprachenverhältnis, wo Innerroden sowohl absolut als relativ am wenigsten Leute mit andrer als deutscher Sprache aufweist. Allerdings mag die nächste Volkszählung vielleicht ein andres Resultat zu Tage fördern; italienisch Sprechende kommen immer mehr nicht bloss als vorübergehend Arbeit suchende Maurer, Erdarbeiter etc. hieher, sondern sie lassen sich mehr und mehr mit ihren Familien als Handwerker, Wirte oder Krämer nieder.
Bekanntlich gehörte unser Gebiet ursprünglich zu Rätien und kam dann unter die Herrschaft der Alemannen. Die beiden Typen scheinen jetzt noch unterscheidbar zu sein, wenn auch wohl keiner mehr in voller Reinheit vorhanden ist. Ziemlich deutlich heben sich Brachy- und Dolichozephalen voneinander ab, dagegen verteilen sich neben der braunen Haarfarbe, die hellblonde und schwarze, nebst entsprechender Iris, keineswegs sichtlich auf die eine oder andre Kopfform. Leider lässt uns die Statistik hierüber, wie noch über manchen andern Punkt, im Stiche. Doch überwiegen jedenfalls die Brachyzephalen, die zugleich einen kurzen, gedrungenen Wuchs haben, so dass der Appenzeller zu den kleinern Leuten der Schweiz und die Appenzellerin zu den zierlichem Gestalten gerechnet werden kann.
Die Dolichozephalen mit hohem, schlankem Wuchs sind nicht so zahlreich, um den allgemeinen Eindruck zu ändern, obwohl selbstverständlich auch Uebergangsformen aller Art Vorkommen. Man darf ferner sagen, dass der Appenzeller wenig zur Fettleibigkeit neigt, wie auch die Breitschultrigkeit (des Berners z. B.) ganz selten gefunden wird.
6. Charakter und Sitten.
Der Appenzell-Innerroder zeichnet sich durchwegs weniger durch Freude an intensiver Arbeit, als durch Sparsamkeit und natürliche Anlagen für den kleinen Handel aus; er ist witzig, schmiegsam und ohne grosse Bedürfnisse. Seine engere Heimat liebt und schätzt er über alles; was ausser ihren Marken liegt, heisst «fremd», und «frönt», wie er sagt, hat immer einen Beigeschmack von Verachtung. In gleicher Weise ist er der Kirche zugetan, wie die zahlreiche Teilnahme an Gottesdienst, Andachten, Prozessionen, Wallfahrten und Missionen zeigt.
Dass gleichwohl die gemischten Ehen zunehmen (von 1870 bis 1900 von 1 auf 4%) erklärt sich hinreichend aus der an protestantische Gebiete anstossenden Lage und aus der (wenn auch langsam) wachsenden Verschiebung der Bevölkerung. Der Innerroder ist sonst für Neuerungen nicht sehr eingenommen. «Nüz Nüs» d. h. «Nichts Neues» hat schon öfter an Landsgemeinden und eidg. Abstimmungen eine nicht unwichtige Rolle gespielt. Trotzdem verschwinden manche alte Bräuche im Strom der Zeit.
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So beschränkte sich früher die Hochzeitsreise auf einen Tag, wenn im Lande selbst die Kopulation stattfand; wurde sie nach Einsiedeln oder Rorschach verlegt, so begnügte man sich mit der Reise dahin. Dafür hatte man am Abend der Heimkehr in einem Gasthof ein Nachtessen, zu dem Freunde und Verwandte geladen wurden und das ein «sitzendes» oder «tanzendes» sein konnte, d. h. bei welchem man sich nur am Tische unterhielt oder wo der Tanz das Hauptvergnügen bildete. Während des Essens hielt Einer, der hiefür eigens bestellt und frei gehalten war, eine rührende Hochzeitsrede.
Zum Schlusse ging die Wirtin herum und veranstaltete eine Sammlung für die Neuvermählten, die dadurch über die Kosten des Essens hinaus noch einen Beitrag an ihre ersten Anschaffungen erhielten. Der Wirt wurde erst am Sonntag darauf, dem «Eierischmalz», bezahlt, an dem ihn die Neuverheirateten wieder in vollem Staate besuchten. Er musste diesen nun gratis ein Nachtessen offerieren, das wohl ursprünglich aus in Butter (Schmalz) gekochten Eiern bestand. Bei einem «tanzenden» Mahl begleitete am Schlusse die ganze Gesellschaft samt der aus Geigen und Hackbrett bestehenden Musik das Hochzeitspaar bis zum Haus oder vors Dorf, wo es im Freien die 3 letzten Tänze aufführte. Heute kommt dieser Brauch nur selten vor.
Bei Todesfällen wird fortwährend bei der Leiche gebetet. Verwandte und Befreundete stellen sich regelmässig ein, und für die Nacht wird ein besonderer «Vorbeter» angestellt, der auch bei der Beerdigung und den Gedächtnisfeiern den Teilnehmenden am Grabe zu danken hat. Früher wurde der Leichnam auf einem Brette aufgebahrt, das dann schwarz bemalt, mit dem Namen oder den Initalien des Verstorbenen versehen, als Rêbrett aussen am Hause befestigt wurde. Jetzt sind bald die letzten dieser Bretter verschwunden. Dagegen wird die Sitte, dass alle Männer, die das letzte Geleite geben, einen langen, schwarzen Mantel tragen, sich wohl noch eine Zeit lang erhalten.
Dieser Mantel ist indes nicht nur Trauer-, sondern auch Festkleidung. An der Landsgemeinde z. B. erscheinen Standeskommission und Kantonsgericht damit, ebenso an Prozessionen (z. B. Fronleichnamsfest) der Kirchenrat, an der Prozession nach dem Stoss die Vertreter der Behörden u. s. w. Bei Taufen, zu denen der Mantel auch getragen wird, ist es üblich, dass nach vollendeten Zeremonien die Paten mit Kind und Pflegerin in ein Wirtshaus gehen, um «das Kind zu vertrinken».
Für die Kosten hat der Pate aufzukommen. Zum Teil unserm Kanton eigentümlich sind die «Stubeten, Leiten und Spinnen». Der Innerroder (die Innerroderin nicht weniger) ist nämlich ein grosser Freund des Tanzes. Auf jeder grossem Alpe ist deshalb jeden Sommer eine Stubete, zu der Verwandte und Bekannte der Sennen vom Thale aufsteigen, um ein Tanzfestchen zu feiern. Früher wurde sie immer an einem Sonntag abgehalten; seit aber das Tanzen für Einheimische und Fremde an allen Sonntagen verboten ist, wird am Montag getanzt.
Auch bei «Leiten und Spinnen» ist der Tanz die Hauptsache. Als «Leite» bezeichnet man die Herschaffung eines Quantums Holz, zu der sich im Winter eine Anzahl junger Burschen mit ihren Handschlitten, selten mit Pferden, dem Besitzer an einem Tage zur Verfügung stellen. Zur «Spinne» werden die an der Aufrichtung einer Baute Beschäftigten eingeladen. Dem allgemeinen Tanz gewidmet sind dann noch die «Kilbi» (Kirchweih),
an den grössern Orten mit Markt verbunden, und die sog. «Reestage», nämlich Fastnachtdienstag, Landsgemeindemontag und Gesellenschiessen (in der Regel am ersten Mittwoch im Oktober). Der Landsgemeindemontag führt noch den Namen Narrengemeinde, weil ehemals an diesem Tag die Landsgemeindeverhandlungen in fröhlichem oder auch bitterm Spott nachgeahmt wurden. Es scheint, dass die letzte derartige Veranstaltung 1872 in Oberegg stattfand.
7. Beschæftigung.
Nach der Betriebszählung von 1905 beschäftigen sich in Appenzell I. R.:
mit | Betriebe | Personen männlich | weiblich | Total |
---|---|---|---|---|
a) Gewinnung der Naturerzeugnisse | 1501 | 2439 | 279 | 2718 |
b) Veredlung der Natur- und der Arbeitserzeugnisse | 2747 | 1252 | 3185 | 4437 |
c) Handel | 387 | 267 | 453 | 720 |
d) Verkehr | 50 | 104 | 11 | 115 |
e) Oeffentl. Verwaltg., Rechtspflege, Gesundheitspflege, Künste | 29 | 23 | 17 | 40 |
Total | 4714 | 4085 | 3945 | 8030 |
Von den Betrieben sind nur 15 dem Fabrikgesetz unterstellt. Nach der Volkszählung von 1900 hingegen:
beschäftigen sich mit Personen | männlich | weiblich | Total | leben von Total | % |
---|---|---|---|---|---|
a) Gewinnung der Naturerzeugnisse | 2420 | 36 | 2456 | 5898 | 43.7 |
b) Veredlung der Natur- und der Arbeitserzeugnisse | 1330 | 2231 | 3561 | 5695 | 42.2 |
c) Handel | 245 | 160 | 405 | 845 | 6.3 |
d) Verkehr | 83 | 5 | 88 | 181 | 1.3 |
e) Oeffentl. Verwaltg., Rechtspflege, Wissenschaft, Kunst | 95 | 126 | 221 | 426 | 3.1 |
f) Persönliche Dienste und nicht bestimmbarer Beruf | 31 | 1 | 32 | 50 | 0.4 |
Total | 4204 | 2559 | 6763 | 13095 | 97.0 |
g) Ohne Verhältnis zu einem Beruf | 193 | 211 | 404 | 404 | 3.0 |
Total | 4397 | 2770 | 7167 | 13499 | 100% |
Abgesehen von den Veränderungen, die in den 5 Jahren eingetreten sind, stimmen die beiden Aufnahmen auch deshalb nicht, weil bei der Betriebszählung solche, die in 2 Betrieben tätig sind, auch doppelt gerechnet, dagegen Geistliche, Lehrer etc., weil nicht in einem «Betriebe» stehend, weggelassen wurden, während die Volkszählung jeden unter seine Hauptbeschäftigung rubrizierte. Doch geht aus beiden Statistiken hervor, dass die Grosszahl der männlichen Bevölkerung sich mit Gewinnung der Naturerzeugnisse, d. h. vorzugsweise mit Landwirtschaft und Viehzucht beschäftigt, das weibliche Geschlecht hingegen mit Veredlung der Natur- und Arbeitserzeugnisse, d. h. mit Handstickerei, Ausschneiden, Seidenweberei und ähnlichen Arbeiten.
8. Soziales.
An der Spitze der mit der Sorge für das Gesundheitswesen tätigen Körperschaften steht der Sanitätsrat, dessen Präsidium jeweilen einem Mitglied der Standeskommission zugeteilt wird. In jedem Bezirk besteht eine Ortsgesundheitskommission. Als private Vereinigungen sind zu nennen: ein Samariterverein, je eine Abstinentenliga für Erwachsene und Kinder, der Mütterverein, der sich unter anderm die Unterstützung armer
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Wöchnerinnen zum Zweck gesetzt hat, und verschiedene Krankenvereine. Institute für Kranke sind das durch private Initiative gegründete, 1878 eröffnete, 1897 an den Staat übergegangene Krankenhaus in Appenzell mit Freibettenfonds und das dabei stehende, neu erbaute Absonderungshaus, Oberegg gehört zum Rayon des Krankenhauses Heiden (Ausserroden), an das es seine jährlichen Beiträge leistet. Für Augenkranke wurden von Wohltäterinnen zwei besondere Fonds gestiftet.
Die staatliche Fürsorge für die Armen und Waisen wird für den innern Landesteil vom Armleutsäckelmeisteramt dirigiert, durch dessen Hand das meiste Geld für diesen Zweck fliesst, in Oberegg durch die Bezirksarmenkasse. An Anstalten sind vorhanden: das 1903 eröffnete neue Armenhaus in Appenzell, das samt Inventar auf nahezu 250000 Fr. zu stehen kam, die 1853 gegründete, nun kaum noch genügende Waisenanstalt auf der Steig bei Appenzell und die beiden Oberegger Anstalten: Gonzern (für Arme) und Dorfnest (für Waisen und im Notfall ebenfalls für Arme).
Daneben bestehen mehrere freiwillige Frauen- und Armenvereine zur Unterstützung Notleidender. Für durchreisende Arbeitsuchende wurde eine kantonale Naturalverpflegung ins Leben gerufen. Für Ausbildung junger Leute besteht unter Aufsicht des Handwerker- und Gewerbevereins eine gewerbliche, daneben in jedem Schulkreise eine obligatorische Fortbildungsschule (fürs 16.-19. Altersjahr). Jährlich werden unter Aufsicht der Industriekommission Fachkurse für Handstickerinnen veranstaltet. Das Kapuzinerkloster errichtete 1908 ein Kollegium (Progymnasium und Realabteilung), wogegen die staatliche Real- (Sekundar)schule, die 1872 von Privaten gegründet, 1887 vom Staat übernommen worden war, aufgehoben wurde, sodass die 1902 in Oberegg entstandene Sekundarschule die einzige derartige bürgerliche Anstalt des Kantons ist.
Den Fortschritt in der Landwirtschaft sucht der kantonale landwirtschaftliche Verein durch Belehrung, gemeinsamen Bezug von Dünger- und Futtermitteln, Austeilung von Obstbäumen etc. zu fördern; daneben bestehen einige Genossenschaft für Rindviehzucht und eine für Ziegenzucht. Eine Vereinigung zur Hebung der Schweinezucht ist im Entstehen begriffen; ein Fischereiverein hat sich 1909 gebildet. Dagegen ist ein Bienenzuchtverein, der sich der landw. Gesellschaft angeschlossen hat, eingegangen.
Dem Nutzen des Landes will auch der Verkehrsverein dienen, dem geistigen Leben der historisch-antiquarische Verein und einige Lesegesellschaften.
Die Schützenvereine haben wir schon erwähnt. Es existieren auch ein Unteroffiziers-, ferner je ein Schwing- und ein Turnverein, dann Gesang- und Musikgesellschaften, unter den erstem mehrere Zäzilienvereine.
9. Verkehrswege.
Seit der Niederschrift unseres ersten Artikels wurde die Appenzeller Strassenbahn St. Gallen-Gais bis Appenzell ausgebaut, sodass nun zwei Linien in den Kanton führen. Nächstens wird Appenzell mit Oberriet durch eine Strasse verbunden, die eine Parallelstrasse zur Ruppen- und Stossstrasse sein wird. Eine direkte Verbindung von Appenzell mit der Stadt St. Gallen liegt zwar im Plan vor, allein die Kosten werden das Werk noch nicht sogleich entstehen lassen.
Wir können schliesslich noch einige Passübergänge nachtragen, die im ersten Artikel nicht erwähnt wurden. Solche sind: Rotsteinpass (2124 m) zwischen Säntis und Altmann (Appenzell-Alt St. Johann oder Wildhaus 7-8 Stunden);
Kraialppass (auch Zwinglipass: 2021 m) östl. vom Altmann, der am meisten benutzte (Appenzell-Wildhaus 7-8 Stunden);
Pass über die Saxerlücke (1651 m), die Hauptverwerfungsspalte im Säntisgebirge zwischen Furglenfirst und Roslen (Brülisau-Sax ca. 5 Stunden);
Risspass (1287 m) an der Berührungslinie von Kreide und Eozän, zwischen Kamor und Fähnern (Appenzell-Rüti 4 Stunden).
10. Von hervorragenden Mænnern
sind zu nennen: Landschreiber und späterer Landammann Joach. Meggeli, der neben Landammann Aebli an der Vermittlung bei Kappel mitwirkte; Dr. Paulus Ulmann (1613-1680), Stifter des Wildkirchleins; Ulr. Sutter (1638-1708) und dessen Sohn, Statthalter Joh. Bapt. Sutter (1664-1728), Verfasser und Fortsetzer einer schon oft benutzten, aber leider noch nicht gedruckten Chronik; Hans Conrad Geiger (1632-1707), Hauptmann der kön. Leibgarde in Paris und 1689 Befehlshaber des eidg.
Beobachtungskorps bei Basel; P. Clemens Geiger (1668 bis 1726), Verfasser einer Beschreibung der Appenzeller Gebirge, welche J. J. Scheuchzer seiner Oreographia einverleibte; Ant. Jos. Sutter und Joh. Jakob Geiger, die beiden bekannten feindlichen Landammänner, deren Gegnerschaft mit der Hinrichtung des erstern (1784) endete, das Land aber noch fast 50 Jahre in zwei Lager spaltete;
J. A. Sutter, Dr. theol. et jur. utr. († 1803), der eine Unpartheiische Geschichte der bekannten Suter’schen Streitsache herausgab, wofür er von der herrschenden Partei verfolgt wurde, bei der er sich wohl auch durch seinen Best gemeinten Unterricht an alle Demokraten nicht beliebt machte;
Pfarrer Manser, der sich im Anfang des 19. Jahrh. um die Hebung unseres Schulwesens Verdienste erwarb;
Dr. med. Nepomuk Hautli, der sich den Titel «Freund der Armen» erwarb, auch als Dichter bekannt;
Ständerat Rusch, Verfasser mehrerer Schriften, worin er Natur- und historische Betrachtungen verknüpft;
Nationalrat Sonderegger, dem der Kanton vor allem die Anpassung seiner Verfassung an die des Bundes verdankt und
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der an der Spitze aller neuzeitlichen Schöpfungen in Schul-, Kranken- und Verkehrswesen stand.
[E. Lehner.]