mehr
Schülerinnen). Erwähnen wir noch das Kollegium Borromäum mit 11 Professoren, 3 Hilfslehrern und etwa 160 Schülern. Schöne botanische, mineralogische und ornithologische Sammlungen. Vier Bibliotheken: die des Kollegiums, die Volksbibliothek des Piusvereins, die kostbare Bibliothek des Kapuzinerklosters und die des Kapitels sind wertvolle Hülfsmittel für Lehrer und Schüler und tragen ihren Teil zur intellektuellen Entwicklung der Bevölkerung bei.
Verkehrswege.
Als Station der Gotthardbahn ist Altdorf
nicht ohne Bedeutung; es nimmt unter den 48 Stationen den 14.
Rang ein; im Jahre 1908 wurden
von hier 53243 Personen und 4242 Tiere spediert. Nebst dem wird Altdorf
seiner ganzen Länge nach von
der Gotthardstrasse durchzogen, der Hauptverkehrsader des
Fleckens, von der sich, am Anfange der Ortschaft, die Klausenstrasse
abzweigt, die am eröffnet wurde. Die Strassenbahn
Altdorf-Flüelen, im August 1906 eröffnet, verbindet Altdorf
mit dem
Urnersee. Sie beförderte im Jahre 1907 184369 Personen, 1908 200338. Ein Postkurs versieht den Dienst
über den
Klausen; im Jahre 1907 wurde er von 2826 Reisenden benützt.
Sozialleben.
Das Sozialleben ist in Altdorf
allzusehr, möchte man sagen, ausgebildet. Es gibt mehr als 35 Vereine und daher auch viele
gesellige Anlässe. Ausser den Ueberresten alter Zünfte und frommer Bruderschaften, sowie gemeinnütziger Gesellschaften,
Schützen- und Musik- und Gesangsvereinen gibt es Vereinigungen für alle möglichen Zwecke und Interessen.
Nennen wir einige: Tellspielgesellschaft für Aufführungen von Schillers Drama. Antiquarische Gesellschaft (Verein für
Geschichte und Altertümer), mit einem Museum.
Faschingsgesellschaft für Umzüge und Aufführungen in der Fastnacht. Konsumverein; Arbeitervereine verschiedener Branchen und Richtungen. Turnverein; Verein der Naturfreunde; Altersvereine und curiositatis causa: der Nächstenliebeverein etc. Orchestervereine, Feldmusikgesellschaft und Gesangvereine veranstalten regelmässig im Winter ihre Konzerte. Ein Hauptvergnügen bieten die Ballanlässe und Maskentänze in der Fastnacht, woran die gesamte tanzende, sowie beobachtende Damenwelt Altdorfs grösstenteils maskiert teilnimmt.
Die «Tellspiele» werden seit dem veranstaltet; sie locken jedesmal Tausende von Zuschauern, selbst aus fernen Ländern herbei. Die Aufführungen finden in einem eigens zu diesem Zwecke erstellten Gebäude statt. 200 Mitspielende aus allen Berufsarten und Gesellschaftsklassen betätigen sich dabei und begnügen sich mit einer sehr bescheidenen Gratifikation. Denn der Hauptteil der Einnahmen von den Vorstellungen ist zum Bau eines neuen Theaters bestimmt, welches das jetzige ersetzen soll. Insgesamt sind in den Jahren 1899, 1900, 1901,1904, 1905, 1908 und 1909 66 Aufführungen veranstaltet worden.
Gemeinde-Organisation.
Der Gemeinderat besteht aus 7 Mitgliedern mit zweijähriger Amtsdauer. Der Kirchenrat zählt 5 Mitglieder, den Ortspfarrer inbegriffen, der ihm von Amtes wegen angehört. Die Schulen werden von einem 5 gliedrigen Schulrat verwaltet, und die Armenpflege und die Spitalverwaltung liegen in der Hand eines Rates von 7 Mitgliedern, von denen immer eines ein Geistlicher ist. Zu all diesen Aemtern, obschon sie unentgeltlich besorgte Ehrenämter sind, besteht Amtszwang, d. h. Ablehnende werden bis 500 Fr. gebüsst und können doch wieder in Vorschlag kommen.
Die oberste Gewalt liegt bei der Gemeindeversammlung, die vom Gemeinderat 8 Tage vor ihrem Zusammentritt mit Bezeichnung
der Traktanden ausgekündet werden
muss. Diese Versammlung stellt das Gemeindebudget auf, erlässt Verordnungen und Reglemente,
bewilligt Anleihen und Steuern, prüft und genehmigt die Rechnungen, setzt die Gehalte etc. der Angestellten
fest, erteilt das Bürgerrecht, ernennt die Mitglieder der oben angeführten Aemter, den Betreibungsbeamten, den Vermittler,
wählt die Geistlichen, die Lehrer und eventuell Lehrerinnen der Primar- und Sekundarschulen, den Gemeindeschreiber und Weibel,
den Kirchenvogt und allfällig andere Beamte. Altdorf
ist eine der 3 ältesten Pfarreien des Kantons; sie wird von
einem Pfarrer, einem Pfarrhelfer und drei Kaplänen besorgt. Das Kantonsspital hat seinen eigenen Pfarrer. Im Kapuzinerkloster
sind gegenwärtig 8 Patres und 3
Brüder.
Finanzielles.
Laut den Rechnungen des Jahres 1906-07 betrugen die Einnahmen Fr. 61597, die Ausgaben Fr. 54645. Das steuerbare Vermögen war dazumal auf Fr. 12064000 geschätzt, das steuerbare Einkommen auf Fr. 469000. Die Steuern gaben eine Bruttoeinnahme von Fr. 23510. Die Gemeindesteuer beträgt 3‰ vom Vermögen und 1,5% vom Einkommen, wobei die ersten 1000 Fr. steuerfrei sind. Die Personalsteuer macht 3 Fr. aus. Die Armensteuer beträgt ⅓, die Schulsteuer ⅔ der Gemeindesteuer. Eine Progression kennt die Gemeinde nicht. Den Schulden von 214000 Fr. standen 62443 Fr. Aktiven gegenüber, so dass die Nettoschuldenlast 151556 Fr. beträgt. Der Vermögensbestand verschiedener Fonds etc. betrug:
Fr. Ct. | |
---|---|
Fondum für Verbesserung der Allmend | 1375.10 |
Kasse der Feuerwehr-Unfallversicherung | 2220.35 |
Muheim’sche Stiftung zur Unterstützung armer Handwerkslehrlinge | 4788.85 |
Muheim’sche Stiftung Weihnachtsfonds | 12450.- |
Muheim’sche Stiftung Exkursionsfonds f. Schül. | 2000.- |
Anton Muheim’sche Stiftung f. Armenunterst. | 8066.02 |
Karl Muheim’sche Stiftung f. Armenunterst. | 20007.52 |
Stiftung des Gemeinde- u. Fremdenspitals | 122968.- |
Stiftung der Armenpflege, Vermögen | 175195.27 |
Stiftungsvermögen der Pfarrkirche | 278328.45 |
Stiftungsvermögen der unt. hl. Kreuzkapelle | 25935.01 |
Stiftungsvermögen der Schule | 20527.14 |
dem ein Anleihen v. 20000 Fr. gegenübersteht.
Schuldbestand der Wasserversorgung Fr. 58385,28.
Seit dem ist die Ersparniskasse des Kt. Uri
auch Agentur der schweiz. Nationalbank für Altdorf.
Geschäftsumsatz 1908 (Soll
und Haben) Fr. 74333528.74. Reingewinn Fr. 86750. Der Zinsfuss für Einlagen bis auf Fr. 2000 ist auf 4% festgesetzt; für
höhere Beträge werden 3½-3% ausgerichtet. Eine Anlage- und Leihkasse nach System Raffeisen leistet
den Bauern gute Dienste, indem sie diese vor den Händen der Wucherer bewahrt.
[Prof. G. AbEgg.]
Historische Notizen.
Der Name Altdorf
setzt nicht notwendig ein
Neudorf voraus. Das Thal Uri
war ursprünglich, wenn auch spärlich, von Rhäto-Romanen
bewohnt; nach und nach drangen die Alemannen, nicht als Eroberer, sondern als Kolonisten, in diese
Thäler
ein und gründeten
Dörfer, wie z. B.
Seedorf,
Schattdorf; die schon bestehende Ortschaft aber wurde Altdorf
genannt. Im Jahre 853 vergabte
Ludwig der Deutsche das Land Uri
samt den Patronatsrechten über die hier schon bestehenden Pfarreien
¶
mehr
an die Fraumünsterabtei in Zürich,
die er eben gegründet hatte. Da sich vier Jahrhunderte später die Abtei in missetlichen Finanzverhältnissen
befand, wies ihr der Bischof von Konstanz 1244 die Einkünfte und Gefälle der Pfarrei Altdorf
zu. Die Aebtissin des Fraumünsters
war im Lande durch mehrere «Meier» vertreten; nur zwischen 1256 und 1263 finden
wir urkundlich einen Meier von Altdorf erwähnt; dann ist lange bloss mehr von den Meiern zu Bürglen, Erstfeld und Silenen
die Rede.
Erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts scheint dieses Amt in Altdorf wieder hergestellt und einem aus der Familie der Meier von Erstfeld, Walter, anvertraut worden zu sein, der jedoch 1393 mit den übrigen Meiern absetzt wurde. Im Jahre 1428 brachte die Kirche zu Altdorf das Meieramt und die Zehnten des Kirchspiels an sich. Als in der Reformation die Fraumünsterabtei in die Gewalt der Stadt Zürich kam, schenkte der Rat dieser Stadt 1525 die bisher noch der Aebtissin zustehenden Kollaturen in Uri den dortigen Eidgenossen.
Ursprünglich umfasste die Pfarrei Altdorf alle urnerischen Seegemeinden und das untere Reussthal; allein eine Kirche um die andere löste sich los: Sisikon (1387), Seelisberg (1453-1457), Erstfeld (1477), Seedorf mit den Filialen Bauen und Isenthal (1599), Attinghausen (1600), Flüelen (1665). Die Pfarrherren von Altdorf, deren Liste sich bis 1225 zurückverfolgen lässt, nahmen zur Zeit der Gründung der Eidgenossenschaft eine bedeutsame Stellung ein, so unter andern Burkhard Goltstein (1256-1282) und Rudolf Schwerz (1284-1298). Während der Mailänder Kriege finden wir als Pfarrer von Altdorf die machtvolle Charakterfigur Anselm Grafs (1496-1517), der nachher ein Kanonikat in Zürich übernahm. Unter seinen Nachfolgern sind besonders der Churer Domherr Bartholomäus von Castelmur (1535-1540) und der Dekan Heinrich Heil (1558-1598) bemerkenswert, ersterer als eifriger Verteidiger des alten Glaubens, letzterer als das geistige Haupt einer durch die Reformen des Nuntius Bonhomini hervorgerufenen Reaktion.
Schon im Mittelalter spielte Altdorf eine gewisse Rolle. So kam Graf Rudolph von Habsburg hieher, um unter der durch die Geschichte Tells berühmt gewordenen Linde Recht zu sprechen. Den z. B. schlichtete er eine tötliche Fehde zwischen den Geschlechtern der Izelinge und Gruoba; im folgenden Jahr verhängte er ebenda eine schwere Strafe über die Izelinge wegen Friedensbruch. An der Spitze der Gemeinde standen Dorfvögte, deren Reihe sich bis 1522 hinauf verfolgen lässt; die besondern Satzungen der Ortschaft, das «Dorfbüchli», wurden 1658 von den Landleuten bestätigt.
Altdorf war die erste der 10 Genossamen und bildete mit Flüelen und Sisikon auch die zweite; es schickte daher 9 Abgeordnete in den 60-gliedrigen Rat. Es bestand auch ein Geheimer Rat, in dem Altdorf ebenfalls einen Vertreter hatte. Nach den Kriegsordnungen von 1596 und 1600 hatte Altdorf zum ersten Auszug («Landsfähndli») 30, zum zweiten («Panner») 60 Mann zu stellen. Drei gewaltige Feuersbrünste (in den Jahren 1400, 1693 und 1799) verzehrten jeweilen das Dorf fast vollständig, so dass es, hauptsächlich nach der letzten, Mühe hatte, sich wieder aus der Asche zu erheben.
Die Bevölkerung Altdorfs scheint zu allen Zeiten kriegsmutig gewesen zu sein, wenn man darauf nach den zahlreichen Familien schliessen darf, die in verschiedene fremde Dienste gezogen sind und sich dabei bereichert haben. Die Bessler, Roll, Brand, Stricker, Jauch und Epp suchten vorzugsweise den spanischen, später den neapolitanischen Dienst;
die Muheim, Beroldingen und Troger zogen nach Frankreich und dem Herzogtum Mailand, die Schmid nach Savoyen, Griechenland, Frankreich und dem Kirchenstaate, die Püntener nach Spanien und Oesterreich;
die Crivelli, Tanner und Arnold traten zuerst in spanischen, später in päpstlichen Dienst;
Seb. Peregrin Zwyer von Evibach zeichnete sich im 30-jährigen Kriege auf kaiserlicher Seite aus.
Mit Rücksicht auf ihre Werbetätigkeit wählten die spanischen Gesandten Askanius Marso (1556-58) und Pompeo della Croce (1570-1594) Altdorf zum Aufenthalte, wie auch die Nuntien Terracina (1558), Passionei (1725-30) und Barni (1731) hier ihren Wohnsitz aufschlugen. Ein Teil des in fremdem Dienst erworbenen Geldes wurde zum Ankauf von Gütern und zur Anlage herrschaftlicher Sitze verwandt, die heute noch eine Zierde des Fleckens sind. Erwähnung verdienen die Häuser der Familien Epp, Schmid, Lusser, Muheim, Roll, Jauch, Müller, Crivelli, Baumann, Zwyer von Evibach, Zumbrunnen, zum Huhn und im Grund.
Bibiographie.
Wyss. Geschichte der Abtei Zürich. Zürich 1858. - Nüscheler. Die Gotteshäuser der Schweiz (Geschichtsfreund Bd. 47). - Schiffmann. Die Anfänge des Schulwesens im Lande Uri (Geschichtsfr. Bd. 33). - AbEgg. Ueber Handwerk und Gewerbe im alten Land Uri. Altdorf 1894. - AbEgg. Beiträge zur Geschichte des urn. Schulwesens. Zug. 1895. – Wymann. Zur Schul- und Theatergeschichte von Uri (Geschichtsfr. Bd. 61). - Muheim die hervorragenden Werke der Wohltätigkeit im Kt. Uri, 1894. - Gisler. Geschichtliche Notizen über das Frauenkloster zum obern hl. Kreuz (Geschichtsfr. Bd. 37). - Lusser. Der Fremdenspital in Altdorf (Geschichtsfr. Bd. 31). - Schiffmann. Die Landammänner des Landes Uri (Geschichtsfr. Bd. 36 und 39). - Hoppeler. Der Untergang des alten Fleckens Altdorf am (Urner Neujahrsblatt 1899). - Wymann und Müller. Das Bürgerhaus in Uri. Basel 1909.
[Dr E. Wymann.]