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Rheinwaldthals sind die einzigen grösseren Längsketten, das von ihnen eingeschlossene Thal das einzige grössere Längsthal
der ganzen Adulagruppe.
Die nördl. Rheinwaldkette biegt bei den Splügner Kalkbergen nach N. um und zeigt im Gelbhorn (3035 m), Bruschghorn (3054 m) und Piz Beverin (3000 m) noch Hochgebirgscharakter, in dem durch den Glaspass (Thusis-Safien) abgeschnittenen Heinzenberg dagegen die sanfteren Formen der Voralpen. In Verbindung mit dem bündnerisch-tessinischen Grenzkamm vom Rheinwaldhorn bis zum Lukmanier umschliesst dieser fast rechtswinklig umgebogene Gebirgszug das Bündner Oberland oder das Gebiet des Vorderrheins, das von Auszweigungen der genannten Hauptketten erfüllt wird.
Jener Grenzkamm streicht zunächst genau nordwärts. Ihm entragen Grauhorn (3260 m), Piz Jut (3128 und 3108 m), Piz Cassimoi (3126 m), Piz Casinell (3101 m), Plattenberg (3041 m), Vernokhörner (3042 und 3020 m), Piz Terri (3151 m) u. a., von welchen namentlich der letztere mit einem kleinen Stab von Trabanten mächtig aus seiner Umgebung herausragt. Auch die Vergletscherung ist bis hieher eine sehr beträchtliche. Ausser vielen kleinern Eisfeldern sind namentlich der Lenta- und der Scaradragletscher zu nennen.
Ersterer fällt in prächtigen Stufen vom Rheinwaldhorn genau nach N. Seiner schönen, flachauslaufenden Zunge entspringt der Valser Rhein. Die Lentalücke (2954 m) verbindet sein Becken mit demjenigen des Rheinwaldfirns. Viel Aehnlichkeit mit ihm hat der Scaradragletscher, der vom Piz Cassimoi sich nordwestl. ins tessinische Val Scaradra senkt, ein Seitenthal des Val Blenio. Der nur dann und wann von Touristen benutzte Passo di Sorreda (2770 m) verbindet es mit dem bündnerischen Lentathal. Noch höher ist der weiter südl. gelegene Gletscherpass des Bocca di Fornei (2879 m), der das Val Carasina, ebenfalls ein Seitenthal des Val Blenio, wiederum mit dem Lentathal verbindet.
Nördl. von der ungemein wilden und zerrissenen Schiefermasse des Piz Terri nimmt das Gebirge einen sanftern Charakter an; die Gletscher bleiben zurück, breite, schöne Alpweiden von mässiger Steilheit steigen oft bis auf die Kämme, und über diese ragen die zahmer gewordenen Gipfel nicht mehr hoch und schroff empor. Doch bleiben die Höhen bis ans N.-Ende der Kette noch ziemlich beträchtlich: Piz Tgietschen (2858 m), Piz Cavel (2944 m), Piz Grein (2894 m), Piz Val Gronda (2822 m), Piz Nadels (2793 m), Piz Miezdi (2742 m) etc. Der Kamm kann an beliebigen Stellen überschritten werden. Die wichtigste Uebergangsstelle ist jedoch der Diesrutpass (2424 m), der das Lugnez mit dem Somvixthal und dem La Greinapass verbindet.
Von dieser N.-Kette zweigen zwei kurze Aeste nach NO. ab: 1) Der des
Piz
Mundaun, ein breiter, zahmer Schieferrücken
zwischen
Lugnez und Vorderrheinthal, mit sanften Wiesenhängen auf beiden
Seiten, deren untere Stufen die zahlreichen, wenn
auch kleinen
Dörfer des
Lugnez und von
Obersaxen tragen. Der
Piz
Mundaun (2112
m) selber ist ein vielbesuchter Aussichtspunkt,
von dem aus man fast das ganze Vorderrheinthal und
Lugnez, die Tödikette und die Adulagruppe
in einem
prächtigen Rundgemälde überblickt.
2) Die Kette des Piz Aul zwischen Vrin- und Valserthal, den obern Verzweigungen des Lugnez, ein hohes, wildzerrissenes, teilweise vergletschertes Gebirgsstück mit mächtigen Gipfelbauten: Scharbodenhorn (3124 m), Frunthorn (3024 m), Piz Aul (3124 m), Piz Regina (2528 m) etc., unter welchen der Piz Aul durch Höhe und Wildheit ein würdiges Seitenstück zum Piz Terri bildet. Rechts vom Valserrhein folgen die Auszweigungen der nördl. Rheinwaldkette. Zunächst zwei kürzere, aber hochragende: die des Lentahorns und des Fanellahorns, zwei prächtige Pyramiden, die zu den schönsten Gestalten der Rheinwaldgruppe gehören.
Ans Lentahorn (3237 m) schliessen sich das Schwarzhorn (3115 m) und das Furketlihorn (3043 m), alle drei den weiten, schönen Güfergletscher überragend, der, über den Gebirgskamm gespannt, mehrere Zungen sowohl westwärts ins Lentathal, als ostwärts ins Kanalthal sendet. Den Abschluss dieser vom Güferhorn auszweigenden Kette bildet die kecke Felsnadel des Zervreilerhorns (2899 m). Schon etwas länger ist die an das St. Lorenzhorn angeschlossene Kette des Fanellahorns (3122 m), dem das Guraletschhorn (2913 m) und das Ampervreilerhorn folgen.
Der
Fanellagletscher gehört zu den grössten Gletschern der Adulagruppe.
Ihm enteilt der
Peilerbach, ein Zufluss des
Valserrheins.
Dieser letztere enthält also die Schmelzwasser von nicht weniger als vier der grössten
Gletscher der
Adulagruppe:
vom Lenta-, Güfer-, Kanal- und
Fanellagletscher und ist dementsprechend eines der kräftigsten Bergwasser
Graubündens,
nicht nur länger, sondern auch weit wasserreicher und stärker als der Bach von
Vrin, der nur seiner Richtung wegen als Quellarm
des
Glenner gelten kann.
Endlich folgen die zwei längern Auszweigungen der nördlichen Rheinwaldkette:
1) Die des Piz Grisch und 2) die schon behandelte des Piz Beverin. Sie schliessen zusammen das Safienthal ein. Jene schliesst sich an das Bärenhorn an und besteht wie dieses ganz aus Bündnerschiefer. Ihre Hauptgipfel sind das Weissensteinhorn oder Piz Tomül (2949 m), der Piz Grisch (2862-2846 m) und das Sanina- oder Rieinergebirge: Günerhorn (2842 m), Piz Sanina (2836 m), Piz Fess (2874 m), Piz Riein (2752 m). Namentlich diese letztere Partie ist ein ungemein wildes und zerrissenes Gebirge, bes. auf seiner W.-Seite, wo das Rieinertobel vielarmig in den Gebirgskörper einschneidet und alles in Schutt und Trümmer aufgelöst erscheint. Zahmer ist der im Mittel etwa 2500 m hohe Rücken vom Günerhorn bis zum Piz Grisch, an dem die Alpweiden bis auf den Scheitel reichen. Doch ist auch hier die W.-Seite durch das Pitascher- und das Duvinertobel tief gefurcht. Von Touristen wird das ganze Gebiet wenig besucht. Wer ins Bündner Oberland geht, wendet sich lohnenderen Zielen zu, die ja reichlich vorhanden sind. ¶
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Mehr nur ein Anhängsel an die Adulagruppe
ist das Medelser Gebirge, das man nach Lage und Beschaffenheit ebenso gut, nach
dem geologischen Bau besser der Gotthardgruppe zuteilen kann. Es erfüllt den Raum zwischen den Thälern Medels und Somvix
und zwischen den Pässen des Lukmanier und der Greina. Der wasserscheidende Kamm zieht sich mit einigen
Unregelmässigkeiten SW.-NO. Zunächst dem Lukmanier erhebt sich die trotzige, eisgepanzerte Pyramide des Scopi (3200 m) als
Herrscher eines kleinen Gebietes, das durch den Passo Cristallina (2404 m) vom Hauptteil der Medelsergruppe getrennt wird.
Dieser Pass, einer der landschaftlich schönsten des Bündner Oberlandes, zweigt beim Weiler Perdatsch von der Lukmanierstrasse ab und führt von da auf kürzestem Weg hinüber nach Campo hinten im Val Blenio. Er ist von Touristen, die tief ins Innere des Gebirges eindringen wollen, dem Lukmanier weit vorzuziehen. Ihn schmückt südl. hart unter der Passhöhe der prächtige Laco Retico (2378 m). Der Hauptteil der Medelsergruppe ist stark vergletschert, besonders auf der N.-Seite. Da senkt sich der über eine weite Terrasse ausgebreitete Medelsergletscher nordwestwärts in mehreren, durch scharfe Felsrippen getrennten Zungen ins Gebiet von Medels, der Lavazgletscher und einige kleinere ins Gebiet von Somvix.
Unbedeutender sind Firn und Eis auf der S.-Seite. Die Hauptgipfel sind, von W. nach O. gezählt: Piz Cristallina (3129 m), Piz Ufiern (3153 m), Cima Camadra (3175 m), Piz Medel (3203 m);
Piz Gaglianera (3122 m), Piz Vial (3166 m) und Pleunca da Sterls (2989 m).
Diesem Hauptkamm sind nach N. vorgelagert die kleine Gruppe des Piz Senteri (2952 m), der Piz Muraun (2899 m) und die Garvera (2371 m), von welchen namentlich die letztere einen herrlichen Blick auf das obere Rheinthal gewährt und sowohl aus dem Val Medel als aus dem Val Somvix leicht über schöne Alpweiden zu erreichen ist. Einen guten Einblick in den Hauptteil der Medelsergruppe, insbes. in deren weite Eisreviere, gewährt der Marsch über die Fuorcla de Lavaz (2509 m) vom hintern Val Somvix oder vom Tenigerbad nach Curaglia im Medelserthal.
Ein kleineres, aber dennoch beträchtliches Gegenstück zum Oberländergebirge bildet das Misoxergebirge, jenes im N., dieses
im S. an den Kern der Adulagruppe
sich anschliessend. Die Misoxer Berge bilden drei südwärts verlaufende
Ketten, die das Misox- und das Calancathal einschliessen. Wir können sie als westliche, mittlere und östliche Misoxerkette
unterscheiden. Obwohl die absolute Höhe nur in wenigen Gipfeln 3000 m erreicht oder um etwas übersteigt und die Firn- und
Eisbedeckung gering ist, machen sie doch bei der tiefen Lage der Thäler (Tessin,
Moesa und Mera) den Eindruck hoher,
meist rauher und wilder Gebirge.
Die untern, vielfach durchschluchteten Abhänge sind bis zur Waldgrenze bei etwa 1900-1950 m durchweg sehr steil und unwegsam und öfters von Felsbändern durchzogen. Darüber folgen nicht gerade sehr ausgedehnte Alpweiden auf Terrassen und in flachen Mulden, die meist nur auf weitausholenden, steinigen Zickzackwegen zu erreichen sind, endlich die wildgerissenen, verwitterten Gräte und Gipfel in vielfach hin und hergewundenen Linien, die weite, hochwandige Bergnischen umschliessen.
Die vielen weit hinziehenden Wände machen mit den zugehörigen Schutthalden aus einiger Entfernung und bei der hellen Beleuchtung des Südens oft fast mehr den Eindruck eines Kalk- als eines Gneisgebirges. Und dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die Quellenarmut weiter Strecken in den höhern Lagen, was umsomehr auffallen muss, als diese Gebirge zu den regenreichsten der Alpen gehören. Tiefer unten sind allerdings Quellen und Bäche überreichlich vorhanden; da sprudelt und rauscht und stürzt es in zahllosen Wasserfällen an allen Ecken und Enden und in allen Formen und Farben durch den Tannenwald hinunter: ein für Zeichner und Maler unerschöpfliches Gebiet.
Die westlichste der drei Ketten verknüpft sich am Poncione delle Frecione (3199 m) mit dem Kern der Adulagruppe
und verläuft
in genau südl. Richtung längs der bündnerisch-tessinischen Grenze. Sie bildet mit der Kette des Piz Terri die längste
rein meridionale Kette im Gebiet der Schweizer Alpen in einer Länge von etwa 60 km vom Vorderrhein bei Truns bis zum Ausgang
des Misox. Die Höhe dieses ganzen langen Gebirgszuges ist durchweg eine sehr beträchtliche, doch steht
die südl. Hälfte darin und mehr noch die Vergletscherung erheblich hinter der nördl. zurück. 3000 m werden da nur von
den zwei nördlichsten Gipfeln überschritten: vom Fil di Rosso (3163 m) und von der Cima dei Cogni (3068 m). Von da nach Süden
hält sich die Gipfelhöhe fast bis ans Ende sehr gleichmässig auf über 2800 bis über 2900 m: Fil di Revio
(2838 m), Pizzo di Pianasso (2834 m), Pizzo di Remia (2915 m), Pizzo delle Streghè (2909 m), Pizzo di Termine (2867 m), Torrone d’Orza
(2948 m). Dann erst sinkt die Höhe rascher: Pizzo di Claro (2719 m) und Pizzo di Molinera (2287 m), zwei
prächtige Aussichtspunkte, von welchen man ausser dem Gebirge auch grosse Teile des Tessinthales, von oberhalb Biasca bis
unterhalb Bellinzona, überblickt.
Die Kette kann an verschiedenen Stellen überschritten werden. Doch kommt nur dem Passo di Giumella (2120 m) einige Bedeutung zu und auch diesem nur für einen eng begrenzten Lokalverkehr. Er führt auf rauhen Pfaden von Rossa (1100 m) im mittlern Val Calanca hinüber ins Val Pontirone und durch dieses nach Malvaglia, bezw. Biasca. Seitenzweige hat diese Kette nur auf der W.-Seite. Deren längste schliessen das Val Pontirone ein. Der südl. endigt mit dem durch den gewaltigen Bergsturz vom Jahr 1512 bekannten Pizzo Magno.
Die mittlere Misoxerkette geht vom Zapporthorn (3149 m) aus und trennt das Calancathal vom eigentl. Misox. In ihrem nördl. Teil verläuft sie unter verschiedenen Windungen im ganzen SSO., dann ebenfalls in gerader Linie genau S. Die Höhe ist erheblich geringer als in der westl. Kette und die Vergletscherung auf die Ansatzstelle beim Zapporthorn bis zum Pizzo di Muccia (2963 m) beschränkt. Die Gipfel bilden oft, auch wenn sie als Pizzo oder Cima bezeichnet werden, längere, mehrzackige ¶