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ziemlich grossen Flügen auf. Die Bergfinken (Fringilla montifringilla) erscheinen in neuerer Zeit fast alle Winter in unseren Gegenden, in strengen Wintern oft in mächtigen nach Tausenden zählenden Scharen. Der Kirschkernbeisser (Coccothraustes vulgaris) ist in unsern Wäldern in den letzten 2 Dezennien einheimisch geworden und nistet regelmässig.
Die Heidelerche (Lululla arborea) ist viel seltener geworden, als sie früher war. Der rotflüglige Mauerläufer (Tichodroma muraria) war nach alten Nachrichten noch anfangs des 19. Jahrhunderts bei uns ein in Schlössern und alten Mauern nistender Vogel. Gegenwärtig ist er nur noch ein Bewohner der Alpen, kommt aber im Winter noch oft in die Ebene hinunter. Der Berglaubvogel (Phyllopneuste Bonelli) wurde in früheren Werken als im Aargau vorkommend nicht erwähnt.
Gegenwärtig ist er in unsern Wäldern keine seltene Erscheinung. Die Rohrsänger bilden in den Schächen der Aare an verschiedenen Stellen grössere Kolonien; an heimlichen, verborgenen Stellen kann man herrliche Konzerte derselben hören, ebensolche in den dichten Buschhalden unserer Wälder von den Grasmücken und in den Gipfeln der alten Tannen am Waldsaum von den Drosseln und Meisen. Blaukelchen (Cyanecula leucocyanea) treten im Zuge in einzelnen Thälern häufig auf.
Sie ziehen über das ganze Gelände zerstreut dem Erdboden nahe und fliegen bei der Herbstjagd vor dem suchenden Hunde in Kartoffel- und Krautäckern, sowie in Stoppelfeldern auf. Der Seidenschwanz (Bombycilla garrula) kommt in langjährigen Zwischenräumen im Winter aus dem N. in unsere Gegenden. Eine solche Invasion fand im Jahre 1806 statt, wo ein milder Winter grosse Scharen in den Aargau und andre Kantone lockte. Seither geschah das wiederholt, das letztemal im Winter 1903/04. Im Jahr 1810 erhielt Prof. Schinz in Zürich einen Rosenstaar (Pastor roseus) vom Hallwilersee als grosse Seltenheit.
Die Haubenlerche (Galerita cristata) war in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. im Aargau sehr selten. Franz Xaver Bronner schrieb 1844: «Sie soll in den Feldern von Möhlin vorkommen». Gegenwärtig erscheint sie oft in Feldern in einzelnen Gegenden, sogar in Ortschaften in kleinen Flügen und hat bei Aarau in den Anlagen des Kantonsspitals auch gebrütet. Die Blauracke (Coracias garrula) nistete früher nicht selten im Jura, und kommt jetzt noch zur Seltenheit vor. Wo sich aber dieser auffallend und schön gefärbte Vogel zeigt, wird er regelmässig weggeschossen.
In Bezug auf die Raubvögel wird seitens der Jäger dafür gesorgt, dass sie nicht überhand nehmen. Vielleicht wird ihnen nur allzu sehr zugesetzt, denn für den Naturfreund ist es ein schönes, leider immer selteneres Schauspiel, einen oder einige dieser majestätischen Flieger über der Gegend kreisen oder den Bussard ohne Flügelschlag aus einem Gehölz in breiten Kreisen in die Höhe sich schrauben zu sehen. Dass die Bussarde und Nachtraubvögel, die besten Mäusevertilger, ebenso der Vernichtung preisgegeben sind, wie die den Singvögeln gefährlichen Räuber, ist nicht zu entschuldigen.
Eine Kolonie von Schleiereulen (Strix flammea), die seit Menschengedenken in den alten Mauern und Türmen der Festung Aarburg hauste, ist durch Gift vernichtet worden, das in neuerer Zeit vielfach gelegt wird, um Raubtiere zu töten, wobei auch eine Menge anderer Tiere heimtückischer Weise getötet werden. Im Jura nistete der stolze Fischadler (Pandion haliaetus) noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh. nahe des Zusammenflusses von Aare, Reuss und Limmat mit dem Rhein und wurde alle Jahre gesehen.
Jetzt beobachtet man ihn dort nur noch sehr ausnahmsweise, und wenn sich irgendwo ein Paar ansiedeln will, ist seines Bleibens nicht. Meistens sieht man die erlegten Vögel in der Werkstätte irgend eines Präparators. Ebenso sind der Kolkrabe (Corvus corax) und der Uhu (Bubo maximus) im aargauischen Jura zu den vergangenen Dingen zu rechnen. Eine sehr seltene Erscheinung in unserem Kanton ist der Seeadler (Haliäetus albicilla). In den letzten Jahren wurden zwei dieser grossen Adler ganz nahe der Aargauer Grenze in der Nähe des Klosters Fahr erlegt, einer am bei Engstringen und einer Ende Oktober 1908 nicht weit von dieser Stelle. Zu erwähnen ist noch, dass im Jahre 1805 bei Wohlen ein Steinadler (Aquila fulva) erlegt worden ist.
Auerwild und Haselhuhn (Tetrao urogallus und Tetrao ¶
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bonasia), beide Hühnerarten sonst im Aargau nur im Jura heimisch, sind im letzten Jahrzehnt auch in den grossen Waldungen zwischen dem Winenthal und Suhrenthal heimisch geworden. Zeiten vermehrten Vogellebens bilden die Zugzeiten im Frühling und im Herbst und dann der Winter, wo unser Land eine Menge Wintergäste aus dem N. beherbergt. Im Frühling, wenn der Schnee schmilzt, erscheinen mit den Rotschwänzchen, Drosseln und einer Menge anderer Zugvögel auch die Schnepfen (Scolopax rusticola).
Etwas später begrüsst der Landmann mit Freuden die Ankunft der Schwalben. Die Stare singen und deklamieren bei den Nistkästen. Hie und da fliegt majestätisch eine Schar Wildgänse (Anser segetum) über das Gelände nordwärts. Im Herbst macht sich der Vogelzug noch bemerkbarer als im Frühlinge, denn nun sind auch die im Sommer erzeugten Jungen dabei. Es treten grosse Züge von Vögeln auf, Finkenzüge und Meisenzüge, die oft nach tausenden zählen, und eine Menge anderer Arten ziehen dem sonnigen S. entgegen.
Im Kanton Aargau ist das Aarethal ein Teil der grossen Zugstrasse, welche die Schweiz von NO. nach SW. durchsetzt, sich gegen W. zwischen dem Jura und den Alpen immer mehr verengernd bis zum Ausgangstor bei Genf. In dieser Richtung herscht im Frühling sowohl als im Herbst Massenverkehr von Zugvögeln. Aber auch die nach S. abzweigenden Nebenthäler der Aare bilden kleinere Zugstrassen, in denen Vogelzüge sich jeweilen direkt nach S. bewegen. Auf dem Vierwaldstättersee und im urnerischen Reussthal konzentrieren sich dann diese Züge, um über den Gotthard ihre Reise fortzusetzen. In diesen Thälern sieht man während den Zugzeiten regelmässig Züge von Saatkrähen (Corvus frugilegus), Dohlen (Lycos monedula), Möven (Larus ridibundus), Kibitzen (Vanellus cristatus) etc.
Im Winter, gewöhnlich schon im November, erscheinen grosse Vogelzüge aus dem N., die auf unseren Seen überwintern, um etwa im März wieder nach den nordischen Gegenden zu ziehen, wo sie dann brüten. Im Aargau kommt einzig der Hallwiler See in dieser Sache in Betracht. So gut, wie auf den andern kleinern und grössern Schweizerseen, halten sich auch am Hallwilersee im Winter Steissfüsse, Seetaucher, Säger, Wasserhühner, sowie oft unzählige Enten auf; in strengen Wintern auch grosse Seltenheiten, wie Singschwäne, Kormorane u. a. Im Jahr 1799 wurde auf diesem See ein Weibchen einer Eiderente (Somateria mollissima) und im Jahr 1812 ein Kormoran (Carbo cormoranus) erlegt.
Beide Vogelarten sind seither auf andern Seen mehrmals erlegt worden. Aus der Ordnung der Entenvögel sind in der Schweiz schon 34 Arten als Wintergäste beobachtet worden, von denen etwa 18 als der aargauischen Fauna angehörend betrachtet werden können. Wenn in harten Wintern die Seen zufrieren, ziehen sich diese Wintergäste auf die grossen Flüsse zurück, die offen bleiben. Dann tritt oft für sie Notlage ein, indem sie hier von den Nachstellungen berechtigter und unberechtigter Jäger nicht sicher sind. Tag und Nacht hört man längs der Aare und anderer Flüsse das Geknatter derjenigen, welche der Jagdlust fröhnen.
Von Reptilien und Amphibien beherbergt der Kanton die meisten in der Schweiz vorkommenden Arten. Ueberall am Waldsaum, an trockenen Abhängen und in Hecken raschelt die Zauneidechse (Lacerta agilis), und an Felsen und Mauern huscht die kleine Mauereidechse (Lacerta muralis) dahin. Die Blindschleiche (Anguis fragilis) durchkriecht Moos und dichtes Gestrüpp nach Insekten. An einigen Stellen, wo alte Gletschermoränen und durch solche gebildete Sumpflandschaften existieren, findet sich auch als Relikt aus der Gletscherzeit, die lebendig gebärende Eidechse (Lacerta vivipara). Wo sich Eidechsen und Blindschleichen finden, stellt sich auch ihr Hauptfeind, die glatte Natter (Coronella laevis) ein.
Ueberall findet sich als häufigste Schlange die Ringelnatter (Tropidonotus natrix), die sich sowohl an trockenen Stellen (z. B. im Wald) aufhält, als in einer grossem Varietät am Wasser, wo sie über 1,5 m lang wird. In der Nähe grösserer Gewässer sind schon oft Wasserschildkröten (Emys lutaria) gefangen worden, wahrscheinlich entronnene Exemplare. Es ist jedoch nachgewiesen, dass diese Schildkröte in der Schweiz endemisch oder doch vollständig eingebürgert vorkommt.
Dem Jura eigen ist die giftige Juraviper (Vipera aspis), die aber im aargauischen Jura weniger vorkommt als im westl. Teil des Juragebirges. Im Frühling hört man bei Weiern und an andern Gewässern Konzerte von Lurchen. Vom Rand her ruft im Mai während der Laichzeit der Laubfroch (Hyla arborea), im Wasser quackt der grüne Wasserfrosch (Rana esculenta), murrt während der Paarungszeit im März schon der Taufrosch (Rana fusca) und singt die gemeine Kröte (Bufo vulgaris). Es existieren von diesen Lurchen im Frühling lange nicht mehr so viele Laichkolonien wie in früheren Zeiten, etwa Mitte des 19. Jahrh. Wo der Menschenverkehr in ihrer Nähe zu stark wird, verschwinden sie nach und nach. Es wird ihnen von Alt und Jung allzu grosse Aufmerksamkeit geschenkt, und beim Geburtsakt, wo oft viele Individuen zu einem Klumpen vereinigt sind, werden ¶