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die Bäche und Seen noch wesentlich erhöht. In dieser Beziehung ist namentlich das Gebiet, wo die grössten Flüsse der Schweiz, Aare, Reuss, Limmat und Rhein sich vereinigen, ausgezeichnet. Im Rheinthal bot bis in die jüngste Zeit der herrliche Laufen bei Laufenburg (der leider in Folge der Erstellung des dortigen Wasserwerkes verschwinden wird) ein prächtiges Naturschauspiel. Ausserdem strudelt der Rhein auch im Laufen oberhalb Koblenz, bei Schwaderloch, im Gewild und Höllenhacken bei Rheinfelden über zerfressene Felsen in seinem Bett. Interessante Stellen im Laufe der Flüsse zeigt die Aare bei ihrem engen, rasch sich biegenden Laufe bei Aarburg mit Strudellöchern und den sog. Hägeler-Quellen am rechten Ufer und im engen Laufen bei Brugg; die Reuss ist durch ihre mannigfachen Windungen ausgezeichnet, von denen namentlich die unterhalb Mülligen ein schönes Bild gewährt. Eine stille Romantik weisen die Umgebungen des Egelsees auf. Uebrigens gibt es im Aargau auch in Bezug auf seine Fruchtbarkeit sozusagen keine Stelle ohne landschaftliche Schönheit. In Anbetracht der Mannigfaltigkeit seiner Schönheit verdient er mit Recht den Namen: «der schöne Aargau". .
[Dr. F. Mühlberg.]
3. Klima.
Aus der beigegebenen Tabelle, der die Beobachtungsperiode 1864-1900 zu Grunde liegt, ist ersichtlich, dass sowohl Wärme wie Niederschläge ziemlich gleichmässige und günstige klimatische Verhältnisse schaffen.
Stationen. | Höhe | Barom. | Temperatur °C. | Niederschläge | Gewitter | Hagel | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
. | . | mm | Jan. | Juli | Jahr | mm | im Mittel pro Jahr | |
Aarau | 407 | 727.4 | -1,5 | 17.6 | 8.2 | 1056 | 18 | 0.6 |
Baden | 385 | 728.7 | -1,4 | 17.5 | 8.2 | 1049 | 16 | 0.5 |
Böttstein | 360 | 730.6 | -1,3 | 17.8 | 8.3 | 1035 | 12 | 0.4 |
Muri | 483 | 720.0 | -1,8 | 18.0 | 8.2 | 1049 | 13 | 0.6 |
Rheinfelden | 280 | 737.7 | -0,9 | 18.5 | 8.8 | 924 | - | - |
Eine auffallendere Abweichung zeigt Rheinfelden mit seiner durchschnittlich niedrigen Wintertemperatur, der namhaft hohem Sommer- u. Jahreswärme, sowie den erheblich geringeren Niederschlägen. Die Station kann als Typus der aargauischen Rheingegend (unteres Frickthal) gelten, deren geringe Höhenlage in Verbindung mit der Schutzwirkung des südl. Schwarzwaldes hier ähnliche Verhältnisse geschaffen haben, wie in der oberrheinischen Tiefebene (Basel-Mainz). Jedes Jahr lässt sich auch in den Thalschaften des Frickthales der frühere Einzug des Frühlings beobachten, als dies im S. der Jurakette der Fall ist. Mit Ausnahme des nordöstl. Kantonsteiles, wo sie etwas geringer sind, halten sich die Niederschlagsmengen im Jura und im Mittelland ungefähr auf der selben Höhe (1000-1100 mm), wie denn auch die breitrückigen Molasseberge des südl. Aargaus mit den Kammhöhen des Aargauer Juras so ziemlich übereinstimmen. Einen relativ regenarmen Winkel (unter 90 cm) verzeichnet die Billwiller’sche Regenkarte im Querthal der Aare, etwa zwischen den Mündungen von Aa und Limmat, weil das Gebiet im Regenschatten der hier durchbrochenen Juraketten liegt. - Auffallend sind die häufigen Gewitter im oberen Aarethal, deren Zahl in manchen Jahren auf 40 und mehr steigt, während in dessen unterem Teil, wohl infolge der soeben erwähnten orographischen Verhältnisse, elektrische Entladungen nicht eben häufig sind (s. Böttstein). Bei allen Stationen steht die Zahl der jährlichen Hagelschläge im Mittel glücklicherweise unter 1.
Zur Illustration des monatl. Witterungsganges folgt zum Schluss die Zusammenstellung der Monatsmittel, unter Zugrundlegung der eingangs erwähnten Beobachtungsperiode, für die Station Aarau:
. | Jan. | Febr. | März | April | Mai | Juni | Juli | Aug. | Sept. | Okt. | Nov. | Dez. | Jahr |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Temperatur | -1,5 | 0.5 | 3.6 | 8.5 | 12.4 | 16 | 17.6 | 16.5 | 13.5 | 8.0 | 3.6 | -0,5 | 8.2 °C. |
Bewölkung | 76 | 65 | 61 | 57 | 55 | 54 | 50 | 50 | 53 | 69 | 78 | 80 | 62% |
Niederschläge | 53 | 63 | 71 | 79 | 95 | 118 | 114 | 114 | 96 | 96 | 77 | 80 | 1056 mm |
Die tiefste Temperatur von -26° wurde beobachtet am 8. Dez. 1871, die höchste von 33° am 17. Juli 1881.
[Dr. S. Schwere.]
4. Die Flora
des Aargaus schliesst sich den andern Kantonen des Mittellandes an. Der Jura, der den nördl. Teil des Kantons besetzt, hat allerdings eine eigene Flora, die aber mit seiner Längenausdehnung etwas wechselt. Nach W. nimmt sie vom Aargau aus sowohl in Bezug auf die Anzahl der Arten als auf die Menge der Individuen zu und kommt deshalb im Solothurner und Berner Jura mehr zur Geltung als im Aargau. In dem Teil des Kantons, der nicht dem Jura angehört, prägen die orographischen und hydrographischen Verhältnisse der Flora ihre Gestalt auf. In den sumpfigen Gegenden der Umgebung des Hallwilersees, im Bünzermoos und in andern kleinen Torfmooren macht sich eine charakteristische Sumpfflora geltend. In den ausgedehnten Waldungen kommt die Waldflora zur Geltung. Die Flora der Thalsohle ist meistens durch die Kultur bedingt; nur an wenigen Stellen kann sich hier ein frei lebendes Pflanzenbild entwickeln.
Wenn man auf einem felsigen Jurarücken den obersten Kamm begeht, trifft man auf der Felskante, wo die Sonne freien Zutritt hat, Pflanzenkolonien an, die sich auf der ganzen Länge des Jurazuges wiederholen. Da breitet die liebliche rote Steinnelke (Dianthus caesius) ihre Teppiche aus, umrahmt vom Berggamander (Teucrium montanum) in Begleitung des edlen Gamander
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(Teucrium chamaedrys), vom Bergtäschelkraut (Thlaspi montanum), vom dunkelroten, grossblumigen Storchschnabel (Geranium sanguineum), der stachligen Rose (Rosa spinosissima) und der kleinen Kugelblume (Globularia cordifolia). In der Nähe oder an ähnlichen Stellen wachsen aus Felsenritzen die hübschen, kleinen, kugligen Polster der gelben Hungerblümchen (Draba aizoides), sowie das ziemlich seltene Habichtskraut (Hieracium humile), die blaue Seslerie, ein schönes Gras (Sesleria coerulea). Der Traubensteinbrech (Saxifraga aizoon) überzieht mit seinen derben graugrünen Blattrosetten krustenartig den Fels. Der stengellose Enzian (Gentiana acaulis) und das Fluhblümchen (Primula auricula), früher an den gleichen Orten ziemlich häufige Pflanzen, sind der Sammellust und der Gartenliebhaberei zum Opfer gefallen; zwei hübsche Sträuchlein aber, die Felsenmispel (Aronia rotundifolia) und die Zwergmispel (Cotoneaster vulgaris) findet man noch auf den Felsenkämmen, ebenso das langblättrige Hasenohr (Bupleurum longifolium). An den sonnigen Halden des Jura blühen in den Frühlingsmonaten die Trollblume (Trollius europaeus), das Sonnenröschen (Helianthemum vulgare), die buchsblättrige Kreuzblume (Polygala chamaebuxus), zwei Leimkräuter (Silene inflata und S. nutans), das Frühlingsfingerkraut (Potentilla verna), der Bergaster (Aster amellus), die Sternliebe (Bellidiastrum Michelii), das Rindsauge (Buphthalmum salicifolium), die pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia), die Schwalbenwurz (Vincetoxicum officinale); im Sommer und Herbst treten wieder andere Pflanzen auf, so einige Enziane (Gentiana germanica, G. ciliata, G. cruciata), auch da und dort noch der gelbe Enzian (Gentiana lutea), der an vielen Orten verschwunden ist, da seine Wurzel zum Brennen des als Hausmittel sehr beliebten «Enzelenwassers» gebraucht wird, und die weisse Niesswurz (Veratrum album), der Haarstrang (Peucedanum Cervaria); mit der darauf schmarotzenden Sommerwurz (Orobanche cervariae), sowie eine Anzahl Orchideen, so Orchis ustulata und O. Morio, die Hundswurz (Anacamptis pyramidalis), die wohlriechende Gymnadenie (Gymnadenia odoratissima) und mehrere Insektenständer, beim Volke «Bergmännchen» geheissen, wie Ophrys muscifera, O. aranifera, O. fuciflora, O. apifera und viele andere Pflanzen mehr. An felsigen sonnigen Stellen im Walde wohnt das Felsenlöffelkraut (Kernera saxatilis), breitet die Alpengänsekresse (Arabis alpina) im Frühling ihre weissen Teppiche aus, und an den Felsen der Festung Aarburg blüht in verborgenen Felswinkeln eine seltene Art dieser Gattung mit hellvioletten Blüten (Arabis arenosa). Eine nach S. gerichtete Felswand dieser Festung ist auch mit dem wilden Lack (Cheiranthus Cheiri) besetzt, dem während der Blütezeit wohlriechende Düfte entströmen. Moosige Felsen im Walde sind von der Moosmiere (Möhringia muscosa) überzogen, deren weisse Blütensterne gar schön und scharf aus der grünen Moosunterlage hervorleuchten. In lichten Waldstellen stösst man im dichten Pflanzenwuchs des dem Lichte neu erschlossenen Waldbodens Kolonien vom Waldtragant (Astragalus glycyphyllus) in Verbindung mit der Waldwicke und der Strauchwicke (Vicia silvatica und V. dumetorum), sowie der Waldplatterbse (Lathyrus silvaticus). An feuchten Stellen im lichten Walde haben sich andere Pflanzengesellschaften zusammengefunden; da sieht man die Blüten der kleinen Glockenblume (Campanula pusilla), daneben stehen Drüsengriffel (Adenostyles albifrons und A. alpina), deren grosse Blätter dichte Bestände bilden; der feuchten Moosunterlage entspriessen einige kleine Farnkräuter (Asplenium viride, A. montanum u. a.). An andern Stellen im lichten Wald findet man im Frühling in Menge blühende Zahnwurzeln (Dentaria digitata und D. pinnata). Der lichte Wald selbst ist meistens sog. Stockausschlagwald, der in forstlicher Beziehung und in Hinsicht auf Ertragsfähigkeit weit hinter dem nach neuen Erfahrungen bewirtschafteten Hochwald zurücksteht, in botanischer Beziehung aber viel mannigfaltiger ist und eher den ursprünglichen Wald darstellt. Da wachsen neben der Buche und den gewöhnlichen Nadelhölzern noch wild die Linde (Tilia parvifolia), der Ahorn (Acer pseudoplatanus), verschiedene Ebereschen, (wie Sorbus Aria, S. torminalis, S. hybrida, S. latifolia u. a.), dann die Esche (Fraxinus excelsior), die Eibe (Taxus baccata), auch der wilde Apfel- und Birnbaum (Pirus Malus und P. communis). Gegen den Rand des Waldes oder am obern Saum gegen den Bergrücken hin gedeihen eine Anzahl dem Jura eigene Sträucher, wie der lorbeerblättrige Kellerhals (Daphne Laureola), der Reckholder (Juniperus communis), die Weichselkirsche (Prunus Mahaleb), die dunkelrote alpine Rose (Rosa alpina), der Alpenwegdorn (Rhamnus alpina), die Alpen-Johannisbeere (Ribes alpinum). An ähnlichen Stellen wachsen Felsen-Himbeere (Rubus saxatilis), die wollköpfige Kratzdistel (Cirsium eriophorum) und einige Kronwicken (Coronilla varia, C. Emerus, C. montana) u. a. Eine ganz eigenartige Flora hat die Lägern bei Baden. Von Pflanzen, die anderwärts im Jura nicht gefunden werden, beherbergt dieser Jurakamm eine Lilie (Lilium croceum), einen Lattich (Lactuca perennis), einen Lauch (Allium montanum), dazu einige Orchideen und noch andere seltene Jurapflanzen, die anderwärts nur selten angetroffen werden.
Die Juraflora ist hiemit noch lange nicht erschöpft, sondern nur durch eine Auswahl wichtigerer und auffallender Arten charakterisiert, ohne dass spezielle Standorte angegeben worden sind.
Die Wasser- und Sumpfpflanzen bilden in der aargauischen Flora eine sehr interessante Abteilung. Die eigenartige Sumpfflora geht leider infolge der überall durchgeführten Trockenlegung von versumpften Stellen