mehr
gewirkt, wo früher schon die Thalsohle am meisten vertieft gewesen war; die heutigen Flüsse kreuzen vielfach ihre früheren Bahnen. Auf manchen Strecken haben sich die Flüsse in der letzten Erosionsperiode, statt in den jüngst abgelagerten Kies der Thalmitte, auf einer der beiden Thalseiten in den anstehenden Fels der seitlichen Bergabhänge eingenagt und fliessen in diesen schwer erodierbaren Gesteinen in engen Schluchten und rascherem Lauf, weil je die unteren Thalabschnitte in loserem Kies bereits mehr ausgetieft sind. So fliesst die Aare statt wie früher südl. jetzt nördlich von Brugg in einem Bett von Kalkstein der Malmformation, oberhalb der Beznau, statt wie früher östl. jetzt westl. des Nietenbuckes in Mergel des unteren Dogger und Lias, die Limmat statt wie früher nördl. jetzt südl. des Seminars Wettingen, in Molasse-Sandstein und Mergel, bei Baden in Keuper-Mergel und Gips, zwischen Oberwil und Niederwil in Molasse, der Rhein bei Kaiserstuhl in oberem Malmkalk nördlicher, oberhalb Koblenz in Muschelkalk, bedeutend südlicher als früher, bei Laufenburg statt wie früher südl. jetzt nördl. des Städtchens in Gneiss, bei Säckingen in Gneis und Buntsandstein nördlicher, bei Mumpf in Buntsandstein südlicher, von Schwörstadt bis Beuggen in Muschelkalk nördlicher, von Rheinfelden bis Kaiseraugst in Muschelkalk und Buntsandstein südlicher als früher, der Aabach von der Siegesmühle abwärts östlicher als früher, in Sandstein.
Diese Flussstrecken in felsigem Bett sind die sog. Laufen, deren starkes Gefälle an mehreren der erwähnten Strecken durch Erstellung von zum Teil bedeutenden Wasserwerken nutzbar gemacht wird. Wenigstens einseitig auf Fels an der einen Thalseite statt in der Mitte der Thalsohle fliesst die Aare von oberhalb Kirchberg bis Wildegg, dann von Wildegg bis Schinznach Bad, oberhalb des Aarhofes bei Villnachern, bei Lauffohr und in der Felsenau; die Reuss bei Birmenstorf und in der Schambelen, die Limmat nördl. Turgi, der Rhein bei Schwaderloch und Hauenstein.
In Folge der feinen Verteilung der aus verschiedenen Gesteinsarten entstandenen Mischung und der Lockerheit und gleichzeitigen Bündigkeit des Moränenmateriales, des Lösses und der verwitterten Schotter zeichnen sich die davon bedeckten Gebiete des Aargaus durch grosse Fruchtbarkeit aus. In solchen Gegenden rühmt der Landwirt die Tiefgründigkeit und Fruchtbarkeit seines Bodens mit den Worten: «Unter meinem Acker liegt noch ein Acker». Diesen Böden sind etwa noch die Mergel des untern Dogger und Lias an Fruchtbarkeit zu vergleichen. Aus dem früher Gesagten erhellt, dass die meisten Thäler des Aargaus durch Erosion entstanden und dass die Berge nur Reste früher meist grösserer Gebirgsmassen sind.
Die Sohlen der durch fliessendes Wasser erodierten Thäler ausserhalb des Gebietes der letzten Vergletscherung werden aufwärts schmaler; die Thäler innerhalb der Grenzen der Vergletscherung dagegen sind südwärts gleich breit oder breiter und unterscheiden sich von ersteren auch dadurch, dass ihre Seitenabhänge nicht von Querthälchen durchzogen, höchstens von rezenten Bachschluchten gefurcht sind, an denen der geringe Betrag der seit der letzten Vergletscherung stattgehabten Erosion erkannt werden kann.
Bedeutende Bergrutsche finden sich sowohl im Jura als im Molasseland da, wo mächtige durchlässige Gesteine (Muschelkalk, Rogenstein, Malmkalk oder Sandstein und Schotter) auf weichen Mergeln liegen, die durch das hinabsickernde Wasser schlüpfrig werden. Viele Erdschlipfe haben sich im Jura in den Mergeln des Lias des untern Dogger und unteren Malmes ereignet. Unterhalb allen Felswänden sind zum Teil mächtige Trümmerhalden entstanden, die zur Beschotterung der Strassen ausgebeutet werden.
Die Veränderungen, welche durch den Menschen am Relief des Landes bewirkt wurden, sind im Ganzen unbedeutend: Es sind teils Aufschüttungen von Eisenbahn- und Strassendämmen und von Abraum der Städte (von letzteren ist derjenige von Vindonissa mit 7000 m3 am N.-Abhang der Terrasse von Königsfelden am bedeutendsten). Anderseits sind durch Anlagen von Strassen und Eisenbahnen zahlreiche Einschnitte in das Terrain nötig geworden. Zahlreiche Kies- und Sandgruben sind besonders in der Niederterrasse und Hochterasse eröffnet. An mehreren hundert Stellen werden ausgezeichnete Sandsteine, Kalksandsteine, Gyps, Lehm und Zementmergel der verschiedenen Gebirgsformationen ausgebeutet.
Früher wurden auch die Eisenrogensteine des Oxfordien (Frickthal, Erlisbach) und das Bohnerz des Eozäns (z. B. am Hungerberg bei Aarau) zur Eisengewinnung verwertet. Steinsalz wird bei Rheinfelden und Möhlin (früher auch bei Augst) gewonnen. Das Salzlager bei Koblenz harrt noch auf Verwertung. Die Ausbeutung alluvialer Torflager (z. B. im Bünzermoos) ist bedeutend zurückgegangen. Tuff und Tropfstein finden sich an wenigen Stellen in der Nähe starker kalkhaltiger Quellen (Lindmühle, Wöschnau).
Geringe Spuren von Steinkohlen, namentlich des Lias und der Süsswassermolasse, zum Teil auch blosse grundlose Vermutungen haben wiederholt zu vergeblichen Nachgrabungen Veranlassung gegeben. Viele grosse erratische Blöcke, bes. Granit, sind zu Bau- und Grenzsteinen, Brunntrögen, Trottoir-Randsteine zersprengt worden. Andere wurden vertraglich konserviert. Die Mergel des Lias und des unteren Dogger wurden früher ausgiebiger als jetzt zum Düngen der Wiesen ausgebeutet.
Für die mangelnden mineralischen Schätze bieten die Wasserkräfte der Flösse reichen Ersatz. Nach den Messungen von Ingenieur Olivier Zschokke ergiessen im Minimum
m3 per Sek. | |
---|---|
Aare beim Eintritt in den Aargau | 78.84 |
Murg | 1.3 |
Rothkanal | 0.54 |
Pfaffnern | 0.08 |
Wigger | 1.0 |
Aarauer Stadtbach | 0.66 |
Sengelbach | 0.70 |
Suhr mit Wina | 0.25 |
Quellbäche im Rohrschachen | 1.35 |
Aa | 0.665 |
Bünz | 0.135 |
Reuss bei ihrer Mündung | 28.10 |
Limmat bei ihrer Mündung | 18.0 |
Surb | 0.46 |
Rhein bei Koblenz | 71.19 |
Bäche des Frickthales zusammen | 0.40 |
Sonstige Zuflüsse oberhalb Basel | 7.61 |
Rhein bei Augst | 210.32 |
Zur Zeit des höchsten Hochwassers im Sept. 1852 ¶
mehr
erreichte der Wasserspiegel der Aare bei Aarau den Stand von 0,32 m unter dem Nullpunkt des Pegels an der Brücke bei Aarau, dem eine Wassermenge von 1475 m3 per Sekunde entsprechen mochte. Damals flutete die Aare über den ganzen Schachen vom Hasenberg bis zum Hungerberg. Seit der Ableitung der Aare in den Bielersee können dessen Hochwasser im Maximum nur noch den Betrag von 800 m3 erreichen. Das Einzugsgebiet der Aare und des Rheins umfasst an ihrer Vereinigung bei Koblenz zusammen 33000 km2.
Grosse Wasserwerke konnten nicht nur in Kanälen bei den oben erwähnten «Laufen», sondern auch durch Erstellung von Kanälen, die grössere Windungen der Flüsse abschneiden (Bremgarten an der Reuss) oder durch Anbringen von Stauwehren (z. B. bei Aarau, Rupperswil, Wildegg, Holderbank, Windisch, Turgi) erstellt werden.
Bis Ende 1908 lieferten im Kanton Aargau 566 Wasserwerke 36772 Pferdekräfte, wofür vom Staat jährlich 206000 Fr. Konzessionsgebühren bezogen wurden. Grosse Wasserwerke waren bei Augst-Wilen und bei Laufenburg im Bau begriffen, die zusammen 50000 PS. liefern sollen, sodass der Staat nachher 510000 Fr. jährliche Konzessionsgebühr beziehen kann. Noch sind aber nicht alle Wasserkräfte ausgenützt. Bei mittlerer Winterwassermenge sollen im Ganzen netto 206000 PS. ausnützbar sein.
Der Aargau ist sehr reich an Trinkwasser. Die Erhebungen behufs Erstellung einer Quellenkarte des Kantons weisen nach, dass über 3000 noch ungefasste Quellen rund 200000 Minutenliter und über 5500 gefasste Quellen im Minimum über 70000 Minutenliter Trinkwasser liefern. Dazu gibt es noch über 4000 Sodbrunnen und eine Menge von Wasserlöchern, Aufstössen, Feuerweihern u. s. w.
Im Allgemeinen liefert der Jura wenige, aber starke Quellen mit veränderlichem Erguss, die da hervortreten, wo durchlässige wasserführende Schichten den Thalweg schneiden. Demgemäss sind die menschlichen Ansiedelungen hier konzentriert und die Berge wenig besiedelt. Das Molasseland dagegen liefert zahlreiche aber schwächere und konstantere Quellen entsprechend dem Umstand, dass die wasserführenden Schichten meist fast horizontal liegen und in verschiedenem Niveau der Bergabhänge ausstreichen.
Daher sind die menschlichen Ansiedelungen im Molasseland über das ganze Gebiet zerstreut. Sodbrunnen können teils in den Thalsohlen in der Nähe der Flüsse oder in Folge der Grundwasserströme in den Schottern, teils fast überall in den Sandsteinen des Molasselandes erstellt werden. Da das Grundwasser in einigen Thalsohlen sehr mächtig ist und vor Verunreinigung geschützt in grossen Tiefen gefasst werden kann und da man jetzt Maschinen hat, um es mit elektrischer Kraft oder durch verschiedene andere Motoren in jede gewünschte Höhe zu pumpen, sind in neuerer Zeit in mehreren grossen Ortschaften Wasserversorgungen durch Pumpen von Grundwasser erstellt worden.
Besondere Erwähnungen verdienen die warmen und schwefelhaltigen Heilquellen von Baden (48° C.) und Schinznach (32° C.), die jodhaltige Quelle von Wildegg und der Glaubersalz- und Bittersalzhaltige Keupergips von Birmenstorf (früher auch Mülligen), durch dessen Auslaugung Bitterwasser gewonnen wird.
Von den drei Seen des Aargaus liegen nur die beiden kleinsten, der Egelsee auf der O.-Seite und das Seelein bei Giren auf der W.-Seite des Hasenberges, ausschliesslich auf seinem Gebiete. Beide verdanken ihre Entstehung der Aufstauung durch an den Berg gelagerte Seitenmoränenwälle. Der obere Teil des Hallwilersees liegt im Gebiet des Kantons Luzern. Er hat ohne den oberen Aabach ein Einzugsgebiet von rund 70 km2 (dazu das Einzugsgebiet des Baldeggersees von 80 km2), eine Oberfläche von 10,5 km2, einen Inhalt von rund 0,7 km3 und eine Maximaltiefe von 47 m. Er verdankt seine Entstehung dem Zusammenwirken verschiedener Faktoren. In erster Linie ist das Thal durch Flusserosion ausgewaschen worden.
Dadurch wurde einem Arme des Reussgletschers der Weg gewiesen, auf dem er zur Zeit der zweitletzten Vergletscherung ins untere Aarethal, während der letzten Vergletscherung bis Seon und in einem anderen Stadium bis Seengen vordrang, wobei er dort mächtige Endmoränen absetzte, durch welche der See gestaut wurde. In einem spätem Stadium reichte der Gletscher nur noch bis Ermensee; während dieses Stadiums wurden dort Endmoränen und ausserhalb derselben ein ausgedehntes Schotterfeld abgelagert, wodurch das Thalbecken in die beiden Becken des Hallwilersees und des Baldeggersees geschieden wurde.
Während seines Vordringens hat der Gletscher das Seebecken erweitert und wahrscheinlich auch in der Tiefe ausgefurcht. Der Umstand, dass der vielarmige Vierwaldstättersee und der Zugersee als in Folge Einsenkung des Alpenvorlandes ertrunkene Thäler mit entsprechenden Seitenthälern angesehen werden müssen, führt zu der Vermutung, dass von dieser Einsenkung auch das Becken resp. die Umgebung des Hallwiler- und Baldeggersees betroffen worden sei. Seit der Ablagerung der Schotter zwischen dem Hallwiler- und Baldeggersee scheint jedoch wieder eine schwache Hebung dieses Gebietes resp. eine Senkung des Seespiegels von ca. 4,5 m eingetreten zu sein. Der Spiegel des Sees wurde wahrscheinlich vor einigen hundert Jahren durch die Erstellung einer Wuhrschwelle behufs Gewinnung einer Wasserkraft und Bewässerung eines Schlossgrabens beim Schloss ¶