neben den Querfahrten nur noch im Sommer einige Längsfahrten ausgeführt, aber stets mit beträchtlichen jährlichen Defiziten.
Erst im Jahr 1892 kam wieder etwas mehr Leben, wenigstens im untern Teil des Sees, zu Stande, durch die Erbauung von 8 kleinen
Schraubendampfern, sog. «Dampfschwalben» durch die Dampfbootgesellschaft
Zürich.
Diese vermittelten den Verkehr Zürichs mit den verschiedenen nahe gelegenen Ortschaften bis hinauf nach
Erlenbach und Thalwil.
Eine in Wädenswil 1895 ins Leben gerufene Gesellschaft, welche für den obern Zürichsee etwas Aehnliches bezweckte und zu
diesem Zwecke zwei Salonboote, «Wädenswil» und «Speer», erstellen liess, hatte keinen langen Bestand. Schon 1900 verkaufte
sie ihre Schiffe um billigen Preis der Zürcher Gesellschaft. Als dann bei Anlass der Uebernahme der
Nordostbahn 1902 durch den Bund auch deren ganzer Schiffspark unentgeltlich der gleichen Gesellschaft abgetreten wurde, war
die ganze Schiffahrt auf unserm See in der gleichen Hand vereinigt.
Allerdings hat diese Dampfbootgesellschaft einen sehr schweren Stand gegenüber den beiden Uferbahnen,
sodass sie vorderhand noch von dem ihr vertraglich zugesprochenen Zuschuss von Fr. 18000 an das Defizit durch die Bundesbahnen
Gebrauch machen muss. Immerhin nimmt der Verkehr immer mehr zu, sodass nach Ablauf der 10 Garantiejahre die Verhältnisse
der Gesellschaft saniert sein werden. Es wurden befördert und vereinnahmt:
Jahr
Personen
Einnahmen Fr.
1892
154079
40024
1895
360692
95730
1900
879928
206125
1905
913620
311390
Gegenwärtig verfügt die Gesellschaft über einen Schiffspark von 15 Booten: 2 Salondampfer, 2 Glattdeckschiffe, 5 Salonboote
und 6 Dampfschwalben. Mit dieser grossen Zahl von Schiffen wird der Verkehr in vorzüglicher Weise bewältigt, und es ist
interessant zu sehen, wie auf die Zeitpunkte 8 und 2 Uhr sowohl zwei Züge als auch zwei Schwalben von der Seeseite her der
Stadt zufahren. An schönen Sonntagen fahren in der Zeit von 1½ bis 4½ Uhr Nachm. in Zürich
24 bis 26 Dampfer, gross und klein,
ein und aus.
Die Bewohner der Ufer-Ortschaften haben jeden Tag, selbst im Winter, 15mal Gelegenheit, auf dem See nach der Stadt zu fahren.
Auch Schulen und Gesellschaften benützen vielfach die Gelegenheit zu Ausflügen auf dem Zürichsee. Im Jahre 1908 z. B. haben 94 kleinere
und grössere Schulen von nah und fern die Schiffe benützt und 116 Gesellschaften, Zünfte und Vereine
sind befördert worden. In neuester Zeit werden an schönen Sonntagen sowohl morgens wie nachmittags Rundreisen eingeschaltet,
welche von einem «Reisemarschall» begleitet werden, der den Fremden jede
gewünschte Auskunft erteilt.
Neben den grossen Schiffen der Dampfbootgesellschaft beleben ziemlich viele Privatboote den See, namentlich an schönen
Nachmittagen. Schätzungsweise werden angegeben: Privat-Motorboote 22, Privat-Segelboote 10, Ledischiffe (Lastschiffe) mit
Motoren 25, solche mit Segel 20 bis 30 (wenig mehr im Gebrauch), Fischerboote 12-15, Ruderboote in Zürich
75 und Rapperswil 18. Dazu
kommen in jeder Seegemeinde eine Anzahl Ruderboote, die je nach der Grösse der Ortschaft 2-10 betragen. Alles
in Allem mögen daher 250-300 kleinere Schiffe den Zürichsee befahren.
Dies alles gilt nur für den eigentlichen Zürichsee. Auf dem Obersee ist keine regelmässige Schiffahrt eingeführt, nicht
einmal zwischen den beiden grössten Ortschaften Rapperswil und Lachen. Der Kontrast zwischen den beiden Seeteilen ist deswegen
auch in dieser Hinsicht auffallend. Während auf dem eigentlichen Zürichsee fast immer da oder dort ein
grösseres oder kleineres Boot zu sehen ist, ist das auf dem Obersee geradezu eine Seltenheit, wenn nicht etwa gerade eine
stolze Reihe von vier bis sechs oder gar 8 Ledischiffen, gezogen von einem Schlepp-Motorschiff, von den Pfäffikoner Kiesgruben
herkommend, den Damm passieren will. Diese langen Züge von Ledischiffen fahren zumeist mitten im See hinunter
bis Zürich,
von wo sie, nachdem sie ausgeladen sind, meist nachts zurückkehren. In stillen Nächten hört
man dann weithin den scharfen,
regelmässigen Knall der Explosionsmotoren, und ein einsames, langsam südwärts ziehendes Lichtlein über dem See zeigt
die jeweilige Stelle des Schleppers an.
14. Bibliographie.
Prof. C. Schroeter. Die Schwebeflora unserer Seen (das Phytoplankton). (Neujahrsblatt nat. Ges. Zür., 1896). - Prof. Alb.
Heim. Die Geschichte des Zürichsee. NeujahrsblattZürich,
1891. - Direktion der Quaibauten. Die Quaibauten inZürich,
1881-1888.Zürich
1889. - A.
Pfenninger. Beiträgezur Biologie des Zürichsees. Dissertation. Leipzig 1902. - H. Lozeron, La répartitionverticale du Plancton dans le lac de Zurich. Dissertation. Zürich
1902. - Zürcher Dampfbootgesellschaft. Der Zürichsee. - W. Bally.
Der obere Zürichsee. Dissertation. Zürich
1907. - Prof. Æppli. Erosionsterrassen und Glacialschotter in ihrer Beziehung zur Entstehungdes Zürichsee. Bern
1894. - Penck und Brückner. Die Alpen im Eiszeitalter. - O. Herbordt. Geologische Aufnahmeder Umgegend von Rapperswil und Pfäffikon am Zürichsee. Dissertation. Zürich
1907. - Prof. Albert Heim. Panorama vonZürich,
Zürich
1890.
(Kt. Aargau,
Bez. Bremgarten).
409 m. Gem. und Pfarrdorf im Thal der Reuss, am S.-Fuss des Mutschellers; 2 km ö.
der Station Bremgarten der Linie Bremgarten-Wohlen. Haltestelle der elektrischen Trambahn Bremgarten-Dietikon. Postablage, Telephon;
Postwagen Bremgarten-Offenbach. Gemeinde mit Algier und Stiegelenhof: 96 Häuser, 604 kathol. Ew.; das Dorf Ober Zufikon allein: 51 Häuser, 355 Ew.
Unter Zufikon: 30 Häuser, 149 Ew. Acker-, Obst und Weinbau; Vieh- und Bienenzucht, Milchwirtschaft, Käserei,
Brennerei. Mechanische Schreinerei; elektrische Fabrik «Emaus». Im Jahre 1275: Ziuficon, vom Personennamen Ziufo.
Beim Kreuz (Kt. Bern
und Wallis).
2415 m. Kleines, unmöbliertes Steinhaus, das bei Unwetter als Zufluchtsort dient, auf
der Höhe des Rawilpasses, an der Grenze der beiden Kantone. Man kann von da einerseits in 1 Stunde 20 Min.
und in 1½ Stunden zu den beiden Wildstrubelhütten gelangen, die mehr im SO. an den Abhängen der Weisshornlücke liegen,
anderseits in 2½ Stunden über den Seltenschonpass (im Siegfriedatlas nicht bezeichnet), zwischen Punkt 2702 m und dem Mittaghorn,
zur Wildhornhütte.
Ungefähr 2000 m. Unmöblierte, zerfallende Zufluchtshütte am Wege
auf den Rawilpass, 1 Stunde von Iffigen, 1½ Stunden unterhalb der Passhöhe, in wilder Lage auf einem mit Rasen bewachsenen
Vorsprung, in halber Höhe eines Abgrundes.
Schöne Aussicht in das tief unten liegende Thal von Lenk.
Der Kanton Zug
ist der offiziellen Reihenfolge nach der achte, nach der Bevölkerung der zweitletzte und nach
der Grösse der letzte Kanton der Schweiz;
er ist im Jahre 1352 derselben beigetreten.
1. Lage, Grœsse, Grenzen.
Er liegt in der Mitte der Schweiz, ohne indes der eigentlichen Zentralschweiz zugerechnet zu werden.
Der
Kanton liegt zwischen 6° 4' 30" und 6° 22' 2" OL. und 46° 58' und 47° 10' nördl. Breite.
Seine Gesamtbodenfläche beträgt
239,3 km2.
Der Kanton Zug
grenzt an die Kantone Schwyz,
Zürich,
Aargau
und Luzern.
Die Grenzlinie zieht sich von St. Adrian am Zugersee in östlicher Richtung bergwärts
bis zur Hagegg, dann südlich bei dem schwyz.
Gnippen (1563 m), bekannt durch den Bergsturz vom 2. IX. 1806, vorbei zum Wildspitz
(1583 m), Triangulationspunkt und zugleich höchster Punkt des Kantons;
von da läuft die Grenzlinie, dem Kamme des Rossberges
folgend, zum Kaiserstock (1429 m), fällt dann ab zum südlichen Teil des Aegerithales, welches sie -
kaum 500 m vom See entfernt - durchquert, um dann über die Höhen des
Morgarten (1057 m) das sumpfige Aegeriried zu erreichen, von wo an sie dem kleinen Flüsschen Biber bis zur Gutschsäge folgt;
dann wendet sich die Grenzlinie nördlich, erreicht den Dreiländerstein (1191 m) auf der Hohen Rone, wo die Marchen von Zug,
Schwyz
und
Zürich
zusammentreffen. Die Marchlinie, zuerst westlich, dann nördlich bis zur Sihl hinab, wendet sich dann,
dem Flusslaufe folgend, westlich bis zur Sihlbrugg bei Hirzel, dann in ziemlich gerader Richtung westlich verlaufend bis in
die Nähe von Frauenthal, von wo ab die Lorze den Grenzfluss zwischen den Kantonen Zug
und Zürich
bildet. Von ihrer Einmündung in die Reuss an
scheidet diese bis in die Nähe des luz. Honau die Kantone Zug
und Aargau.
Von Honau an führt die Grenzmarche zuerst südlich, dann östlich,
wieder südlich und abermal östlich, zwischen Zug
und Luzern
bei Böschenrot an den Zugersee.
Auf diesem Gewässer sind die Grenzen wie folgt vereinbart: Von St. Adrian an in gerader Richtung gegen
das die Grenzen von Schwyz
und Luzern
markierende Tiefthal am Kiemen;
etwas mehr als 1 km von genanntem Punkte entfernt, wendet sich die
Grenzlinie in einem Bogen, welcher die Halbinsel Kiemen in einer Entfernung von 500 m umkreist, bis zu Punkt 286 der topog.
Karte, von wo aus eine Gerade von 1½ km Länge an das luz. Ufer bei Böschenrot führt. Südlich von Tiefthal bis St. Adrian
ist der Kanton Schwyz,
von Tiefthal bis Böschenrot - um den Kiemen herum - der Kanton Luzern
und auf dem östlich, nördlich und westlich der erwähnten
Linie liegenden Seegebiete der Kanton Zug
Eigentümer des Zugersees. Der im Gebiete des Kantons Zug
gelegene Teil des Sees
misst 26,30 km2, auf Schwyz
und Luzern
fallen 11,95
km2. Die natürlichen Grenzen des Kant. Zug
haben eine Länge: bei der Reuss 12,5 km,
bei der Sihl 9-10 km, bei der Biber 5 km, bei der Lorze 3 km und beim Rufibach 2,5 km.
2. Bodengestaltung.
Der Kanton Zug
gehört zum Teil dem schweiz. Mittellande, zum Teil der Voralpenregion an. Denkt man sich von St. Adrian an eine dem
Zugersee entlang über Zug
und dann ö. Baar an die Sihlbrugg bei Hirzel führende Linie, so begrenzt sie westlich
das zum Mittellande gehörende Gelände, während das östlich sich anschliessende zum Berglande der Voralpen gehört. Die
Gemeinden Cham, Hünenberg, Risch und Steinhausen gehören ganz, Zug
und Baar zum grössern Teil dem erstern, beide Aegeri, Menzingen,
Neuheim und Walchwil ganz der letztern an.
Die Reussebene, die sich von Hünenberg bis zum Einfluss der Lorze in die Reuss erstreckt, ist über 6 km lang und durchschnittlich,
1-2 km breit, grossenteils fruchtbares Wies- und Acker- teilweise auch ertragreiches Streueland. Grössere Ebenen (etwa 4 km
lang und 1,5-3 km breit) sind die Zuger-Allmend und der Baarerboden; beide sehr fruchtbar und besonders
im nördlichen und mittlern Teil mit zahllosen Obstbäumen besetzt. Neben diesen grossen finden sich noch mehrere kleinere
Ebenen in der Thalgegend; im Berglande ist besonders zu erwähnen die ausgedehnte Ebene auf dem Zugerberge (Geissboden und Walchwilerallmend).
Von den Niederungen der Reuss (tiefst. Punkt 392 m) hebt sich das Gelände ostwärts und erscheint als
Hügelland (höchste Erhebungen in Cham-Hünenberg 493, in Steinhausen 524, in Baar 619 m, Baarburg 687 m). Die Hügelregion
weist auf: fruchtbare Wiesen, zahlreiche Obstbäume,
mehr
grosse, schöne Waldungen und stattliche Bauerngehöfte.
Das Bergland zerfällt in einen östlichen (höchste Erhebung: Hohe Rone 1235 m) und in einen südlichen Teil (mit Rossberg 1583 und
Kaiserstock 1428 m als höchste Punkte). Zwischen diesen beiden Höhenzügen liegt das einzige Thal des Kantons, das
windgeschützte Aegerithal mit dem den Charakter eines Alpsees tragenden Aegerisee. Durch die Einsattelung
an der Schornen (780 m) hängen die beiden Höhenzüge zusammen, während sie sich zwischen Allenwinden und Schönbrunn zur
Thalebene abdachen.
Bei Allenwinden ist der westliche Ausläufer des Höhenzuges, nämlich der Zugerberg in beinahe gerader Richtung von S. nach
N. Grösste Erhebungen: der Grossmattstollen (1169 m), Kleinstollen (1097 m), Hünggi (1043 m) und Hochwacht
(992 m), beide letztern vielbesuchte Aussichtspunkte. Der nö. Teil des Berglandes, zwischen dem Höhenzuge, der von Gubel
(912 m) gegen Hohe Rone sich hinzieht, und der Sihl gelegen, wird von Kuppen und sanft gerundeten Hügeln, zwischen denen kleinere
Ebenen und Thälchen liegen, gebildet.
Die letztgenannten Formationen verleihen der Gegend einen eigenartigen landschaftlichen Schmuck. Aehnlich wie beim Zugerberg,
ist die nördliche Abdachung des Höhenzuges (höchste
Punkte: Gottschalkenberg 1152, Mangeli 1127, Brusthöhe 1183, Knollen 1084 m)
zuerst steil abfallend; sie senkt sich dann langsam über Menzingen-Neuheim gegen die Sihl hinab. Von Steinhausen
(429 m) und mehr noch von Blickensdorf (449 m) an steigt das Gelände, bei letzterm Orte führt die Aberen (560 m), bereits
teilweise auf dem Gebiete des Kts. Zürich,
zur ersten südlichen Thalstufe des Albis.
Das Bergland weist weniger Fruchtbarkeit auf als die Thalgegend; es hat aber schöne Waldungen, Weiden,
besonders in der nördlichen Abdachung und an geschützten Lagen mit zahlreichen Obstbäumen bestandene Wiesengründe.
[A. Weber.]
3. Orographie.
Der Kanton Zug
liegt vollständig in Voralpen und Mittelland. Sein höchster Punkt liegt an seiner Südgrenze, es ist der Gipfel des
Rossberges (1583 m); sein tiefster Punkt ist zugleich sein nördlichster, es ist der Zusammenfluss
von Reuss und Lorze (390 m). Dementsprechend nehmen die Erhebungen successive von Süden nach Norden ab. Sie ordnen sich in
der Hauptsache in zwei den Alpen parallele Züge. Der südliche und kürzere ist der bewaldete, breite Rücken des Rossbergs;
er verläuft vom Thal des Zugersees bis zum Thal des
mehr
Aegerisees, kulminiert in den Gipfeln Gnippen (1563 m), Wildspitz (1583 m) und Kaiserstock (1428 m) und bezeichnet zugleich
die Grenze gegen Schwyz.
Der nördliche, längere und noch flachere Höhenzug zieht vom vielbesuchten Zugerberg nach dem Hohe Rone
und gipfelt in den Punkten Hochwacht (992 m), Brusthöhe (1183 m), Belvedere (1213 m), am Gottschalkenberg,
Hohe Rone (1236 m) mit Dreiländerstein (1191 m) und Wildspitz (1209 m). Ein breiter Querrücken verbindet dann noch Zugerberg
mit Rossberg; er trennt das Aegerisee- vom Zugerseethal. Ein zweiter flacher Querrücken zieht vom Hohe Rone nach dem Morgarten
(1245 m) und bildet die Wasserscheide zwischen Aegerisee und dem Thal der Biber.
4. Hydrographie.
Sozusagen der ganze Kanton gehört dem Flussgebiet der Lorze und damit dem der Reuss an. Die Lorze, dieser einzige Fluss des
Zugerlandes, gehört aber dafür dem Kanton auch ganz an, von der Quelle bis zur Einmündung in die Reuss. Sie ist der
Abfluss des lieblichen, forellenreichen, 83 m tiefen Aegerisees. Dieser empfangt sein Wasser hauptsächlich vom bewaldeten
Nordabhang des Rossberges (Hüribach); vom Gottschalkenberg kommt der Schluenbach. Vom Aegerisee fliesst die Lorze zuerst durch
die zum Teil enge Lorzeschlucht nach Norden; ihre Kraft wird hier von verschiedenen Elektrizitätswerken ausgebeutet.
Bei Baar tritt sie dann hinaus in die Ebene des Baarerbodens und erreicht den Zugersee zwischen Zug
und Cham.
Bei Cham, 1,5 km von ihrer Einmündung, verlässt sie den See wieder, um nach 9 km langem Laufe nördlich Maschwanden die Reuss
zu erreichen, nachdem sie mehrere industrielle Etablissements getrieben und eine Insel gebildet hat, auf
der sich das Kloster Frauenthal erhebt. Die Reuss selbst bildet ein Stück weit die Westgrenze des Kantons, Sihl und Biber bilden
Teile der Ostgrenze; das Kantonsgebiet selbst betreten sie nicht. Im Gebiet der Sihl und der Lorze hat die Stadt Zürich zahlreiche
Quellen zu ihrer Wasserversorgung gekauft.
Von den beiden Seen des Kantons Zug
gehört der 7,2 km2 messende 83 m tiefe Aegerisee dem Kanton ganz an. Der
viel grössere Zugersee liegt zu mehr als der Hälfte auf Zugergebiet. Er gehört zu den grossen queren Thalseen am Nordrande
der Alpen; sein Spiegel (416,6) ist mehr als 300 m tiefer als der des Aegerisees (728 m), seine Tiefe mehr
als doppelt so gross, nämlich 198 m (vergl. Artikel Zugersee und Aegerisee).
[Dr. E. Blumer.]
5. Geologie.
Der Kanton liegt ganz im schweizerischen Molasseland. Sein Felsuntergrund besteht daher aus den miozänen und oligozänen
Schichten, die im allgemeinen die schweizerische Molasse zusammensetzen, aus Nagelfluh, Sandstein und
Mergeln, untergeordnet dünnen Süsswasserkalkbänken. Zu diesen Molassegesteinen gesellen sich die jüngeren diluvialen
Ablagerungen, die in Form von erratischen Blöcken, Moränen, Schottern
zur Eiszeit entstanden sind. Die Molasse ist besonders
gut entblösst an den Ufern des Zugersees, am Hohe Rone, am Rigi und Rossberg; das Diluvium ist namentlich
stark entwickelt auf der Hochfläche von Menzingen, im Gebiet westlich Aegeri und zwischen Baar und Knonau und verhüllt in diesen
Gegenden fast vollständig den anstehenden Molasseuntergrund. Die Molasse liegt im nördlichen Teil des Kantons noch ungestört
horizontal; im Süden ist sie gefaltet. Die Grenze zwischen horizontaler und gefalteter Molasse verläuft
ungefähr über Rothkreuz, Zug,
Baar und Sihlbrugg.
Die horizontale Molasse gehört zur sog. obern Süsswassermolasse (Oehningerstufe, Sarmatien). Sie zeigt den gewohnten Wechsel
von fossilarmen Sandsteinen und Mergeln und ist am besten aufgeschlossen in der Gegend von Hunenberg und Cham, sowie nordöstlich
von Baar bis an die Kantonsgrenze. Der Mergel ist meist von gelber Farbe, der Sandstein grau bis gelblich,
feinkörnig, von sehr verschiedener Festigkeit, manchmal leicht in Sand zerfallend, manchmal so kompakt, dass er als Baustein
gebrochen werden kann.
Brüche finden sich oder fanden sich früher bei Hünenberg, Derschbach, Langrüti, Friesencham, zwischen Bohfeld und Guttern.
Bei Friesencham sind im Sandstein Süsswasserschnecken gefunden worden. Als ganz vereinzelte Einlagerung ist bei Walterswil
und nahezu in demselben Niveau an der Baarburg eine etwa 4-5 m mächtige Bank bunter Nagelfluh aufgeschlossen. Nicht viel
häufiger sind dünne Süsswasserkalkbänke; es sind deren drei von je 30 cm Mächtigkeit übereinander an der
Baarburg entblösst; die oberste ist reich an Fossilien (Helix, Clausilia, Planorben, Krebsscheren).
In der Zone der gefalteten Molasse finden sich in dieser Gegend zwei WSW-ONO streichende offene Antiklinalen. Nördlich Zug
und
südlich Cham fangen die Schichten der oberen Molasse an, langsam nach Süden anzusteigen; prachtvoll nimmt man die dadurch
entstehende Isoklinallandschaft wahr auf der Bahnfahrt von Cham gegen Buonas.
Aber rasch stellen sich dann die Bänke steiler und unter der oberen Süsswassermolasse treten ältere, marine Schichten zutage,
die nun die ganze Südhälfte des Kantons aufbauen (Helvetien, Burdigalien, Aquitanien). Sie beginnen bei Buonas mit einem
etwa 10 m mächtigen, schon 70° N-fallenden Nagelfluhstreifen, der die Fortsetzung der petrefaktenreichen
Zone am Rotsee bei Luzern
darstellt. Darunter folgt das mehrere hundert Meter mächtige, mit 70°-85° nach N. fallende Schichtpaket
der plattenförmigen Molasse, die von Luzern
über Dierikon, Root, Meierskappel bis zum Schloss Buonas reicht und so heisst, weil sehr
plattige, wohlgeschichtete blaugraue Sandsteine von grösster Festigkeit und feinem Korn sie zusammensetzen.
Diese werden namentlich auf Luzernergebiet in zahlreichen Steinbrüchen abgebaut; ihre Festigkeit ist die Ursache der vorspringenden
Landzunge
mehr
von Buonas. Oestlich des Zugersees ist die Zone unter Diluvium ganz verdeckt, abgesehen von kleinen Entblössungen am Zugerberg
oberhalb Zug
und bei Finstersee an der Sihl. Wie bei Luzern
enthält sie auch im Kt. Zug
individuenreiche, aber artenarme Muschelsandsteinbänke
und Mergellagen; besonders häufig ist die Muschel Tapes heveticus. Südlich schliesst sich an die plattenförmige
Molasse der Kern der nördlichen Antiklinale an; er zieht von Oberbuonas südlich von Meierskappel nach Oberwil, um dann unter
den glazialen Ablagerungen des Plateau von Menzingen zu verschwinden, und er besteht hauptsächlich aus bunten, steilgestellten
Mergeln.
Die Muldenzone zwischen dieser nördlichen und der südlichen Antiklinale mit bald mehr, bald weniger
deutlicher synklinaler Schichtenstellung zieht über Immensee, Walchwil, Hohe Rone. Ihre Schichten müssen dem Alter nach der
Zone der plattenförmigen Molasse entsprechen; nur enthalten sie hier, entsprechend der grössern Annäherung an die Alpen,
schon zahlreiche Geröllbänke bunter Nagelfluh; diese wechsellagern oft mit sog. granitischer Molasse, auch
Zugersandstein oder Bollingersandstein geheissen.
Dieser mittelkörnige, graue, für Hochbauten sehr geeignete, leicht bearbeitbare Sandstein, ausgezeichnet durch rote Feldspatkörner,
wird in zahlreichen Steinbrüchen abgebaut bei Aegeri, ferner von Walchwil bis Zug
und am Kiemen. Am Hohe Rone liegt innerhalb der
bunten Nagelfluh ein 15-21 cm mächtiges Kohlenlager, das von 1835-1861 an verschiedenen Stellen (Sparen,
Greit, Wurf, Steinerfluh) mit geringem bis negativem Resultat ausgebeutet worden ist. Viel berühmter als durch seine Kohlen
ist es durch die gewaltige Menge fossiler Blätter geworden, die es in den die Kohle begleitenden Mergeln geliefert hat.
Auch Landschnecken und Wirbeltierreste sind gefunden worden, darunter 2 Rhinozerosarten, 1 Hirschart, 1 Biber.
Die südliche Antiklinale verläuft von Rikenbach am Zugersee über St. Adrian und das S.-Ende des Aegerisees nach Samstagern
und Katzenstrick bei Einsiedeln. Ihr Kern zeigt die gleichen Schichten entblösst wie die nördliche Antiklinalzone, bunte
Mergel und graue Sandsteine, die mit 40° bis 60° nach Süden fallen. Bei Katzenstrick fand Kaufmann
darin marine Petrefakten, Cardien. An sie schliesst sich dann als Südschenkel die mächtige südfallende Nagelfluhserie
von Rigi und Rossberg an, die nur noch zum kleinen Teil auf Zugergebiet liegt. In dieser alpennächsten Zone sind die Nagelfluhbänke
weitaus vorherrschend, die Gerölle am grössten, Petrefakten fehlend.
Die diluvialen Ablagerungen erreichen ihre bedeutendste Entwicklung auf dem Plateau von Menzingen zwischen
Sihl und Lorze. Hier liegt auf fast wasserundurchlässigem Molasseuntergrund eine 150-200 m mächtige Folge von
verschiedenen
fluvioglazialen Schottern, sowie von Grundmoränen und zu oberst eine herrliche Scharung von Moränenwällen. Das ganze ist
ein 20-30 km2 grosses ausgezeichnetes Wassersammel- und Wasserfiltriergebiet, eines der schönsten
und besten der Schweiz.
Ueber der undurchlässigen Molasseunterlage treten in den Einschnitten der Sihl und Lorze daraus herrliche Quellen zutage. Allein
die in der «Höll» an der Lorze für die Stadt Zürich gefassten Quellen liefern einen Ertrag von 9-12000 Minutenlitern. Wegen
der gründlichen Filtration ist die Temperatur der Quellen fast konstant, nämlich 10,3°. Die Filtrationszeit
beträgt ½ Jahr. Wo solche Quellen frei über den Molasseabhang in die Sihl oder Lorze hinunterrieseln, scheiden sie Kalktuff
aus.
Auf diese Weise entstanden früher die mächtigen Tufflager in der Höll, die für die Ausmauerung des Albistunnels grösstenteils
ausgebeutet wurden. Die bekannte «Tropfsteinhöhle bei Baar» stellt eine bei der Ablagerung dieses Kalktuffes
gebliebene Lücke dar. Die fluvioglazialen Schotter des Kt. Zug
sind von verschiedenem Alter. Altbekannt ist das Deckenschotter-Vorkommnis,
das den Hügel der Baarburg krönt und ihm ein festungsähnliches Aussehen verleiht; der Deckenschotter ist fest verkittet,
eine richtige Nagelfluh, unterscheidet sich aber von den Molassekonglomeraten sofort durch eine Menge
kleiner Lücken und durch hohle Geschiebe (ausgelaugte Dolomitgerölle), weshalb er von jeher als «löcherige
Nagelfluh» bezeichnet worden ist. Weitere Deckenschotter-Vorkommnisse sind Josephsgütsch, Risi, Lorzetobel.
Noch sei erwähnt die Moräne, die oberhalb Unteraegeri die Lorze zum See gestaut hat. Der flache Boden von
Baar ist Delta der Lorze, also alter Seeboden. Torfmoore finden sich in grosser Zahl zwischen den Wällen und Hügeln der Moränenlandschaft
von Menzingen, dann auf dem Zugerberg und um Aegeri. Das Zugerseethal ist ein altes Reussthal; jetzt fehlt dem Thale der starke
Fluss, der es geschaffen hat. Der Zugersee selbst ist nach der einen Anschauung wie die andern alpinen
Randseen durch Einsinken des ganzen Alpenkörpers entstanden. Nach einer zweiten Ansicht haben die diluvialen Gletscher den
See ausgetieft. Sihl und Lorze haben durch die Ablagerungen der Eiszeiten manche Veränderung in ihrem Laufe erfahren; einmal
floss wahrscheinlich die Sihl von Sihlbrugg nach dem Zugersee.
Litteratur. Bl. VIII und IX des Dufour-Atlas 1:100000, geologisch aufgenommen. F. J. Kaufmann. Untersuchungen über die mittel-und ostschweizerische subalpine Molasse. (Neue Denkschriften der schweiz. naturf. Ges. Bd. 17. 1860.). - Kaufmann. Rigi undMolassegebiet der Mittelschweiz. (Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz, Lief. 11, 1872.). - A. Aeppli.
Erosionsterrassen und Glazialschotter,
mehr
Beiträge z. geolog. Karte der Schweiz, Neue Folge, Lief. 4, 1894 (mit Karte des Plateau von Menzingen 1:25000). - Aeppli. Ausder Geologie desKt. Zug,
Vortrag (Zuger Neujahrsblatt 1904).
[Dr. Ernst Blumer.]
6. Klimatologische Daten.
Die jährlichen Niederschlagssummen (reduziert auf die Periode 1864/1903) der Zugerischen Regenmessstationen
sind:
In diesen Zahlen tritt das rasche Anwachsen der Regenmengen vom Mittellande gegen das Voralpengebiet zu Tage. - Beobachtungen
der übrigen meteorologischen Elemente besitzen wir von einer Reihe von Jahren nur von Zug;
sie zeigen keine wesentlichen Differenzen
gegenüber den Verhältnissen des Mittellandes im Allgemeinen; so ergaben sich zum Beispiel folgende Monatswerte
der Temperatur:
Milder als Zug
muss seiner Vegetation nach der südliche Teil des rechten Seeufers sein. Wir finden hier
am Uferstrich von Walchwil ganz ähnliche Verhältnisse wie an den Gestaden von Vitznau und Gersau am Vierwaldstättersee; das
hohe gegen SW. exponierte Bergufer bedingt Schutz vor rauhen nordöstlichen Winden und lässt den mildernden Einfluss des
Sees erst recht zur Geltung kommen. Das Fehlen von Beobachtungen gestattet leider den zahlenmässigen
Nachweis dafür nicht.
[Dr. R. Billwiller.]
7. Flora.
Wie weiter oben gesagt wurde, gehört der Kanton in seiner Gesamtheit der Hochebene an. Nur das sö. Gebiet mit der Nagelflugkette
Rossberg-Hohe Rone (1583-1209 m) erhebt sich in die Voralpenzone. Im N. dieser Kette steigt das breite
Plateau des Geissbodens und des Zugerberges bis auf 1000 m; dagegen ist der nw. Teil, von Zug
bis zur Reuss, eine reine Kulturebene.
Das gegen S. offene Thal des Zugersees ist dem Föhn ausgesetzt, der in der Richtung Schwyz-Cham weht und da
die Ansiedelung südlicher Spezies begünstigt, während der höher liegende, an Torfsümpfen reiche Zugerberg stellenweise
eine arktische Flora zeigt.
Diese verschiedenen Umstände geben der Flora eine gewisse Mannigfaltigkeit; sie umfasst nach Rhiner 970 Spezies, also nahezu
gleichviel wie die des Thurgaus, dessen Oberfläche mehr als dreimal so gross ist: Zug
239 km2, Thurgau,
ohne die
Seen, 856 km2. Im Föhngebiet, am Fusse des Walchwiler- und Zugerberges, wo der Kastanienbaum wächst, trifft man Viola odorata
und alba, Geranium pusillum und molle, Sedum purpurascens und hispanicum, Sarothamnus vulgaris, Evonymus latifolius, Linariacymbalaria, Rosa dumetorum, tomentosa und abietina, Solanum nigrum, Iris germanica, die Schwarzwurzel,
Carex humilis und alba, Andropogon, Lasiagrostis, Bromus sterilis, Hordeum murinum.
Auf Aeckern und Feldern sieht man die gewohnte Flora; von den interessantern Spezies erwähnen wir Iberis amara, Ornithogalumumbellatum, einige Anthemis, Vicia tetrasperma, Teucrium Botrys, Muscari racemosum und botryoides, das blaue Borstengras
und den Wiesenfuchsschwanz. In Wäldern findet man das Leberblümchen, die gefingerte Zahnwurz, zahlreiche
Brombeeren, das Springkraut, das Hexenkraut, die Haselwurz, Kopforchen, Türkenbund, Frauenschuh, männlichen und weiblichen
Farn, Aspidium spinulosum, Milium effusum, Festuca sylvatica und die gewöhnlichen Seggen. Am Rande der Gewässer wachsen zahlreiche
Weiden, worunter seltene Hybriden; Salix rubra, Pontederana, Seringeana, subalpina.
Die Sümpfe der Ebene beherbergen eine ziemlich reiche Flora: zahlreiche Laichkräuter, weisse und gelbe
Seerosen, Ranunculus Lingua, Myriophyllum, Ceratophyllum;
so ziemlich überall findet man Silaus, Selinum, Peucedanum palustre,Scrophularia Neesii, Iris sibirica, Carex pseudo-Cyperus, Binsen, Cypergräser, Oryza clandestina.
Andere Arten sind weniger
verbreitet, wie: Helosciadium repens, Scirpus carinatus und trigonus in Maschwanden, Oenanthe Phellandrium und Acorus
bei Zug,
Naias major, Cham, Cyperus longus, St. Adrian. Der Zugerberg bietet in seinen Wiesen zahlreiche Arten, darunter mehrere subalpine:
Potentilla aurea und palestris, Chaerophyllum aureum, Carduus defloratus, Carlina acaulis, Willemetia hieracioides, Orchisodoratissima, Platanthera chlorantha und die Ophrys. Aber vor allem sind die Sümpfe interessant. Die Walchwiler Allmend erzeugt
Comarum palustre, Stellaria uliginosa, die Moosbeere, das Poleiblatt, Swertia, Scheuchzeria, die behaarte Birke, die Sumpfkiefer,
Salix aurita und repens, Utricularia vulgaris, Spiranthes aestivalis, Malaxis Loeselii, Rhynchospora alba, zahlreiche Seggen,
Lycopodium inundatum. Der
mehr
Geissboden endlich beherbergt, ausser den meisten vorgenannten Arten, noch Viola canina, drei Drosera, Polygala depressa,Peplis Portula, Sedum villosum, Saxifraga Hirculus, Orchis incarnata und Traunsteineri, Corallorrhiza innata, Juncus supinus,alpinus und das seltene stygius, ein Dutzend interessante Carex: C. chordorrhiza, caespitosa, paradoxa, Heleonastes, irrigua,pilulifera etc., Eriophorum gracile und alpinum, Calamagrostis lanceolata. Auf der Rossbergkette ist,
trotz ihrer Höhe, die Flora ärmlich.
Eine Menge Spezies, die man sonst auch auf geringern Höhen der Voralpen antrifft, fehlen hier gänzlich. Diese Armut zeigt
sich besonders auf der Schwyzer Seite. Der N.-Abhang, hauptsächlich am Wildspitz und im Hürithal, zeigt noch eine mannigfaltigere
Vegetation. In den Rasenplätzen wachsen: Ranunculus montanus, Trifolium badium, Alchemilla alpina, Meum Mutellina, ChaerophyllumVillarsii, Erigeron alpinus, Crepis alpestris, Hieracium aurantiacum, Gentiana punctata, acaulis, campestris, Campanula barbota,Bartsia, Euphrasia minima und salisburgensis, Veronica aphylla, Soldanella Orchis globularia, Agrostis rupestris, Poa alpina,Festuca alpina, Botrychium Lunaria, an felsigen Stellen: Ranunculusalpestris, Arabis alpina, Draba aizoides,Dryas octopetala, Saxifraga mutata, aizoides und stellaris, Hieracium villosum, Erinus, Globularia cordifolia, Salix reticulata
und retusa, Pinguicula alpina, Carex tenuis etc. Die kühlern oder bewaldeten Orte, die Schluchten z. B. weisen unter andern
auf; Sagina Linnaei, Epilobium trigonum, Circaea alpina, Saxifraga cuneifolia, Lonicera nigra und coerulea,Mulgediumalpinum, Viola biflora, Moehringia muscosa, die Adenostyles und Petasites, das norwegische Ruhrkraut, das fleischfarbige Heidekraut,
Listera cordata, Tozzia, Pirola uniflora, beide Alpenrosen, die Cystopteris und Polypodium, Scolopendrum, Aspidium lobatum
und Lonchitis, Blechnum Spicant. Ueber den Ursprung der arktischen Sumpfflora siehe den Art. Mittelland, Flora (Bd. III. S. 378 des
Lexikons.).
[H. Jaccard.]
8. Fauna.
Zufolge seiner zentralen Lage und seiner topographischen Verhältnisse umfasst der Kanton Zug
mit seinen reichlichen Sumpf- und Seegebieten,
seinen ausgedehnten Wiesen und Aeckern, sowie seinen bis zu 1582 m ansteigenden Voralpen (Rossberg) nicht nur die meisten Arten
des schweizerischen Mittellandes, sondern auch diejenigen der montanen und subalpinen Region. Es fehlen
ihm daher nur wenige wirklich alpine Formen, wie Gemse, Murmeltier, Steinadler, Schneehuhn, Steinhuhn und einige andere.
Eine Zusammenstellung der verschiedenen Ordnungen und Arten gibt uns ein anschauliches Bild von der Reichhaltigkeit der Fauna
auf dem relativ kleinen Gebiete. Sie ergibt ungefähr folgende Vertretung: Säugetiere: Fledermäuse
mindestens 8 Arten;
zus. 202 Arten. Dabei sind
Formen, deren Vorkommen im Kanton Zug
nicht ganz sicher ist, weggelassen.
Sämtliche Arten aufzuzählen würde zu weit führen; wir beschränken uns daher auf die Nennung einer Anzahl nicht allgemein
bekannter oder
sporadisch auftretender Formen. Fledermäuse: Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros Bechst.) in den
Tropfsteingrotten bei Baar, zeitweise in grösserer Zahl;
Schmarotzer-Raubmöve (Steroc. parasitica
L.), letztere beide als Irrgäste;
dreizehige Möve (Rissa tridactyla L.) selten.
Schwarze Seeschwalbe (Hydrochelidon nigra
L.) auf dem Herbstzuge.
[Nægeli und Heuscher.]
9. Ackerbau und Alpwirtschaft.
Der Kanton Zug,
dessen Gesamtoberfläche nach Abzug der beiden Seen von Zug
und Aegeri 20720 ha beträgt, ist sehr gut
angebaut; man trifft nicht mehr als 680 ha unproduktiven Bodens, also 3,25%. Der grösste Teil des produktiven Bodens besteht
aus Feldern und noch mehr aus Weideland; die Wälder bedecken etwa einen Viertel des Gebietes, wie folgende Tabelle zeigt:
Gemeinden
Gesamtareal [Exklusive Zuger- und Aegerisee.] ha
Im Kt. Zug
ist in Bezug auf Alpwirtschaft zu bemerken, dass wir es hier grösstenteils mit Jungviehsömmerungen zu tun haben. Auf
den Zuger Alpen und Weiden finden etwa 1190 Stück sommersüber kräftige Nahrung, frische Luft und Bewegung.
Die Stallungen sind vielfach mustergültig. Dass der Wert der Alpung für die rationelle Aufzucht mehr und mehr geschätzt
wird, mag man
daraus ersehen, dass gegenwärtig 220 Stück Jungvieh mehr gesömmert werden als vor 10 Jahren. Die Weiden sind sowohl im
Privatbesitz als auch Korporations-Alpen. Die Weiden der Korporation der Gemeinde Zug sind vom schweizerischen Alpwirtschaftlichen
Verein diplomiert. Zur weiteren Orientierung mögen folgende Zahlen nach den neuesten Erhebungen dienen:
Viehzucht. Wie in der Schweiz überhaupt, so ist auch im Kt. Zug
von jeher und insbesonders in den letzten Jahrzehnten der Viehzucht
grosse Aufmerksamkeit geschenkt worden. Hat man aber in früheren Zeiten sich in der Haltung der Kühe und Rinder, speziell
in der Nachzucht eine gewisse Beschränkung auferlegt, so ist in den letzten zwei Dezennien zufolge des
Rückganges im Getreidebau und der Steigerung des Milchpreises eine Vermehrung des Rindviehstandes zu verzeichnen. Nach der
letzten Viehzählung von 1906 steht der Kt. Zug
in Bezug der Zunahme des Rindviehbestandes mit 88,1% an erster Stelle aller Kantone.
Zunahme des Rindviehbestandes.
Kälber
Jungvieh
Rinder
Kühe
Zuchtstiere
Ochsen
Rindvieh im gesamten
zum Schlachten
zur Aufzucht
von ½ bis 1 Jahr
von 1-2 Jahren
über 2 Jahre
von 1-2 Jahren
über 2 Jahre
von 1-2 Jahren
über 2 Jahre
1886
226
597
519
1256
+
7392
129
113
200
+
10432
1901
273
644
442
815
615
9021
167
153
15
145
12293
1906
359
809
645
964
803
9402
219
211
18
152
13582
Mit diesem quantitativen Vorwärtsschreiten hielt so ziemlich prozentual Schritt die qualitative Besserstellung
des zug.
Viehstandes. Einen wesentlichen Anteil an diesem Aufschwung in der rationellen Braunviehzucht im Kt. Zug
hat
unwidersprochen der Verband schweiz. Braunviehzuchtgenossenschaft, der seit 1897 alljährlich seinen Zuchtstiermarkt in Zug
abhält,
wo er über eigens hiefür eingerichtete, vortrefflichen Lokalitäten verfügt. Dieser Verband zählte 1897: 82 Viehzuchtgenossenschaften
mit 2236 Mitgliedern und 4605 Zuchtbuchtieren.
Der Bestand pro 1908 ist: Genossenschaften: 189, Mitglieder: 6162, Zuchtbuchtiere: 18623. Der Zweck des
Marktes ist besonders, das beste männliche Zuchtmaterial zu sammeln und zu sichten und den Viehzuchtgenossenschaften
in erster Linie, sowie allen Käufern von rassereinen guten Zuchtstieren Gelegenheit zu geben, ihre Einkäufe mit leichter
Mühe machen zu können. Im ersten Jahre waren 309 Stiere zur Auffuhr angemeldet und im Jahre 1908 969 Stück.
Infolge Einflusses dieses Marktes bildeten sich auch im Kt. Zug
Viehzuchtgenossenschaften. Während im Jahre 1901 noch erst 2 Viehzuchtgenossenschaften
mit 2 männlichen und 73 weiblichen Zuchttieren existierten, so zählte man 1908 bereits deren 6 mit 13 männlichen und 675 weiblichen
Zuchttieren; 1909: 7 Genossenschaften mit zusammen 14 männlichen und 808 weiblichen Zuchttieren. Auch
speziell mit Hinsicht auf das männliche Zuchtmaterial zeigt sich der grosse Fortschritt, indem im Jahr 1900 an der kaut.
Ausstellung 12 in Klasse I, 11 in Kl. II und 5 in Kl. III prämiert wurden, so ergab das Jahr 1909 folgendes
Ergebnis: aufgeführt 83 Stück Zuchtstiere, 23 Stück prämiert in I. Kl., 13 Stück in II. Kl.
Der Kanton leistet an die Prämierungen erhebliche Beiträge, so im Jahr 1908 an die Prämierung der Zuchtstiere fr. 4000,
an die Bestände der 6 Viehzuchtgenossenschaften fr. 900, an die Prämierung einzelner Kühe und Rinder
fr. 350 und an die Prämierung von Jährlingen fr. 200.
Was die Pferdezucht anbetrifft, so hat der Kanton Zug
seit langem nichts Hervorragendes geleistet, dagegen werden Schweinezucht und
Ziegenzucht durch Prämien unterstützt. Die folgende Tabelle gibt über die letzten drei Zählungen Auskunft:
Pferde
Schweine
Ziegen
Pferde unter 4 Jahren
Zuchthengste
Zuchtstuten
Arbeitspferde
Pferde im gesamten
Maultiere
Esel
Zuchteber
Mutterschweine
Ferkel u. Faselschw.
Mastschweine
Schweine im gesamten
Schafe
Ziegen im gesamten
davon Schlachtzicklein
1886
41
5
30
501
577
1
2
6
126
1970
+
2102
748
721
+
1901
24
-
9
781
814
-
1
8
166
2354
+
2528
177
436
+
1906
36
-
12
813
861
2
4
5
160
1196
1441
2802
141
582
49
Bienenzucht. Bei der allgemeinen Viehzählung vom Jahre 1901 zählte der Kanton Zug
3359 Bienenstöcke, die von 277 Bienenzüchtern
gehalten wurden (1876: 1857
mehr
Bienenstöcke). Die Korbbienenzucht, die früher so manches Bauernhaus zierte, ist beinahe verschwunden und hat der modernen
Kastenbienenzucht Platz machen müssen. Als Trachtpflanzen für die Bienen kommen besonders in Betracht: Kirsch- und Apfelblüten,
Löwenzahn, Bärenklau und der Wald. Der Bienenhonig variiert darnach in der Farbe zwischen dem schönsten Hellgelb und
Dunkelbraun. Auf Rosenberg in Zug
befindet sich das apistische Museum des Vereins schweiz. Bienenfreunde mit seinen zoologischen
Präparaten, Honigen, Wachsen, Bienenwohnungen etc.
Obstbau. Das Zugerland hat einen überaus reichen Obstbaumbestand und zwar besonders in Kirsch-, Birnen- und Apfelbäumen.
Der Kirschbaum z. B. gedeiht bis über 1000 m. Die Kirschen werden meistens zur Herstellung des berühmten
Zugerkirsch verwendet, die Birnen und Aepfel werden gemostet, jedoch separat. Aus dem Trester wird Branntwein hergestellt
und zuletzt werden aus den Tresterrückständen sogenannte «Tresterstöckli»
gemacht, die getrocknet ein vorzügliches Brennmaterial liefern. Der Most ist das Hauptgetränk der Zuger und wird von Arm
und Reich getrunken. Gut eingerichtete Most- und Kellereien finden sich überall im Berg und Thal. Das
Dörren von Obst hat erfreulicherweise wieder eher zugenommen. In Walchwil und Risch befinden sich noch schöne Bestände von
Edelkastanien.
Der Weinbau ist beinahe verschwunden; dafür wird aber dem Gemüsebau immer mehr und mehr Aufmerksamkeit geschenkt.
[Jos. Theiler.]
10. Bevœlkerung.
Erhebungen über die Zahl der Bewohner fanden früher wiederholt in den Gemeinden statt, von diesen selbst angeordnet, ohne
besondere Mitwirkung des Staates. Die von 1798 bis 1829 d. h. vor den eidgenössischen vorgenommenen Zählungen, bieten schon
mehr Verlässigkeit. Die Ergebnisse dieser verschiedenen Zählungen sind:
Jahr
Ew.
1798
12749
1817
13738
1829
14444
1836
15655
1850
17461
1860
19608
1870
20925
1880
22829
1888
23029
1900
25093
Von diesen 25093 Ew. (12191 männl., 12902 weibl.) sind 23362 Kath., 1701 Ref., von welch letztern die meisten in den Gemeinden
Zug,
Baar, Cham und Unter Aegeri wohnen, 19 Juden und 11 anderer Konfession. Zur gleichen Zeit betrug die Zahl
der Häuser 3056, die der Haushaltungen 5161. Im Jahre 1900 zählte man 9272 Schweizer anderer Kantone und 2004 Ausländer.
Während in den Landgemeinden
die Bevölkerungszunahme nur mässig ist, ist sie dagegen in den industriellen Zentren Cham,
Baar, Zug
beträchtlich gewesen.
Hinsichtlich Körperbeschaffenheit, Kleidung, Sprache (Dialekt), Wohnung und lokaler Sitten bietet der Kanton Zug
nichts eigentlich karakteristisches. Die Bewohner dieses kleinen Landes waren zu sehr den Einwirkungen der benachbarten Kantone
ausgesetzt, von denen sie in mancher Beziehung abhängig waren. In körperlicher Hinsicht unterscheiden sich die Zuger kaum
von den Bewohnern der Nachbarkantone. Die Leute im Aegerithal und teilweise die von Walchwil weisen durch
ihren Dialekt auf ihre Verwandtschaft mit Schwyz
hin; die der Ebene stimmen im grossen Ganzen mit ihren Nachbaren jenseits der Reuss
überein, während sich Baar und das n.-ö.
Bergland mehr ans benachbarte Zürich
anschliesst. Bis um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts war dasselbe
in Bezug auf Wohnung und Kleidung der Fall. Jetzt noch sind sowohl im Bergland, als in der Ebene viele Häuser und Stallungen
erhalten, deren Typen sich in den Grenzkantonen finden. Das älteste erhaltene, den eingeäscherte Haus, ohne Zweifel
das Geburtshaus des Zürcher Bürgermeisters Hans Waldmann, war 1412 in Blickensdorf bei Baar erbaut worden.
In Cham und Hünenberg trifft man noch mehrere, in ihrer ursprünglichen Bauart erhaltene Speicher, die aus frühern Jahrhunderten
stammen und den im Freiamt und in Luzern
vorkommenden gleichen. Die Strohdächer hingegen, wie man ihnen im Kanton Aargau
noch begegnet, sind
völlig verschwunden; vor 50 Jahren gab es noch solche im zugerseitigen Reussthale. Die Freiämtertracht hat sich am längsten
in Cham, Hünenberg, Risch und Steinhausen, besonders bei der Frauenwelt, erhalten.
[A. Weber.]
Trachten. Die alte Zuger Tracht ist verschwunden und nur noch auf Bildern, Portraits und in einzelnen Prachtstücken (im
Museum in Zug
und in einigen Privathäusern) zu finden. In den Gebieten zwischen dem Zugersee und der Reuss fand man bis in das
dritte Viertel des 19. Jahrhunderts noch Anklänge an die Freiämter oder an die Luzerner Tracht, im Aegerithal und in Walchwil
mehr Annäherung an die Schwyzer Tracht. In der Kleidung der Stadtbürger machte sich schon früh der Einfluss
der Nachbarstädte Zürich
und Luzern
geltend. Der ehemalige Kopfputz des weibl. Geschlechtes - die silberne Haarnadel in 2 verschiedenen
Formen - ist längst verschwunden. Bis 1848 erschienen die Mitglieder des Amtsrates wie die der Gerichte in den Sitzungen
und bei feierlichen Anlässen im Zweispitz und im schwarzen Frack und trugen den Degen. Bei Leichenbegängnissen
erschienen
mehr
die Männer in schwarzen Trauermänteln. Diese sind seit etwa 40 Jahren ausser Gebrauch.
Sitten und Gebräuche. Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts fand in Zug,
wie an vielen andern Orten am St. Nikolaustag der
feierliche Umzug des Schülerbischofs statt. Länger erhielt sich das sog. Klausjagen, das gegen Ende November
begann und am St. Nikolaustag den Höhepunkt erreichte. Gruppen von Landleuten sammelten sich abends nach dem Nachtessen
und zogen unter gewaltigem Lärm und Peitschenknall in die nahegelegenen Orte bis in die Stadt. Da es bisweilen zu Tätlichkeiten
kam, wenn zwei Gruppen aufeinander stiessen und da sich diese Ruhestörungen oft bis tief in die Nacht
fortsetzten, so schritten um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Behörden ein. Seither vergnügt sich nur noch der eine
oder andere an den betreffenden Abenden kurze Zeit mit Peitschenknallen.
Ein anderer Unfug, der früher namentlich in der Stadt Zug herrschte, ist glücklicherweise seit 55-60 Jahren
auch verschwunden, nämlich das sog. «Trölen». Wollte einer eine Beamtung
erlangen, so konnten seine Wähler am Tage vor der Wahl in 2-3 Wirtschaften auf seine Kosten essen und trinken nach Herzenslust,
dann zog man unter dem Ruf «Üse hed's!» vor das Haus des «Raters» - d. h. desjenigen, welcher ihren Kandidaten
an der Gemeindeversammlung vorschlagen musste und begrüsste ihn.
Nachher wurde das Gelage fortgesetzt. Ein eigentümlicher Gebrauch - oder eine Art Unsitte - besteht noch in der Stadt, das
sog. «Krapfeli-me-Singen». War in der Fastnacht eine Verlobung vorgekommen,
so wurde der Bräutigam auf den Abend der alten Fastnacht (I. Fastensonntag) ins Haus der Braut zum Nachtessen
eingeladen, wobei nebst Nidel auch «Krapfen» (ein beliebtes Kirchweih-Gebäck)
serviert wurden. Zwischen 9 und 10 Uhr kamen die Freunde und Bekannten des Bräutigams vor das Haus und brachten ein Ständchen.
Diesen wurden dann Krapfen und einige Flaschen Wein oder ein Geldgeschenk gegeben. Nach und nach bürgerte
sich aber der Brauch ein, dass am betr. Abend viele Gruppen solch fahrender Sänger mit allerlei Instrumenten in den Gassen
herumziehen und vor vielen Häusern Ständchen bringen, die eher einer Art Katzenmusik gleichen. Gerne verzichtet man durch
Verabfolgung obgenannter Spenden auf solche Kunstgenüsse. Löblicher und gemütlicher sind die sog.
Zunft-Essen.
Jede der verschiedenen Zünfte hat einen sog. Jahrzeitstag. An diesem wird ein Gottesdienst für die verstorbenen Mitglieder
gehalten. In der Regel findet auch eine gemeinschaftliche Mahlzeit statt, während oder nach welcher auch süsse Spenden
für die Jugend abfallen. Oft werden an diesen Jahrzeittagen «kostümierte Umzüge»
veranstaltet. Neben den Zunft-Essen bestehen auch die sog. «Nachbarschafts-Mähler».
In der Fastnacht versammeln sich die Bewohner einer Nachbarschaft (d. h. eines Stadtbezirkes) zu einer gemeinschaftlichen
Mahlzeit, an welcher aus jedem Hause 1-3 Personen teilnehmen. Die Kosten werden teils aus der Nachbarschafts- (resp. Zunfts-)
Kasse, teils aus den Beiträgen der Teilnehmer bestritten.
Ein eigentümlicher Gebrauch hat sich in Ober Aegeri bis in die neueste Zeit erhalten, nämlich das Begraben
der Fastnacht am Vorabend des Aschermittwochs. Daselbst und in vielen Gemeinden des Kt. Zug
hat sich auch die Sitte erhalten, am Abend
des Mittefasten-Sonntags auf Höhen oder an aussichtsreichen Plätzen grosse Feuer anzuzünden - in Ober Aegeri
geschieht das mit besonderer Feierlichkeit.
Vor etwa 40 Jahren war es im Kt. Zug
noch allgemein gebräuchlich, am St. Nikolaustag die Kinder zu beschenken. Jetzt geschieht das
an Weihnachten. Der Weihnachtsbaum und die verschiedenen Weihnachtsfeiern verschaffen sich immer mehr Eingang.
Spiele und Unterhaltungen. Das Kartenspiel, namentlich das «Jassen» ist allgemein verbreitet. Auch das
Kegelspiel und bei vielen Knaben das Armbrustschiessen erfreut sich immer noch grosser Beliebtheit. Das sog. «Muttelen»,
ein Kugelspiel auf einem mit Löchern versehenen Spieltisch, das früher besonders an Kirchweihen eifrig betrieben wurde,
ist ziemlich verschwunden. Sehr beliebt sind die musikalischen und theatralischen, sowie die Tanz-Unterhaltungen. Fast in
jeder Gemeinde wird während der Fastnacht Theater gespielt und die musikalischen Veranstaltungen der Vereine haben in der
Regel auch eine theatralische Vorstellung auf dem Programm. Getanzt wird bei verschiedenen Anlässen mit grosser Freude und
zum Teil recht kunstvoll. - Unter den Uebungen, welche mehr oder minder vaterländischen Zwecken dienen, werden
Schiessen und Turnen bevorzugt.
Das Schlitten im Winter hat sich seit 15-20 Jahren auch unter den Erwachsenen sehr viele Freunde gewonnen. Das Schlittschuh-
und in neuester Zeit das Skifahren haben sich rasch eingebürgert.
[H. Al. Keiser.]
11. Industrie und Handel.
Bis gegen 1840 war Zug
ein ausschliesslich landwirtschaftlicher Kanton. Ausgenommen die Papierfabriken in
Baar (gegründet 1616) und Cham (1657) und eine am letztern Orte betriebene Hammerschmiede, waren gewerbliche Grossbetriebe
nicht bekannt. Die gewöhnlichen Handwerke der Schreiner, Bäcker, Schuster, Schneider
mehr
etc. genügten den noch sehr bescheidenen Bedürfnissen. So entstand ein eigener Handwerkerstand, der wesentlich zum Wachstum
der Stadt und der Dörfer beitrug. Der Bedarf an Stoffen für Kleidung und Bettzeug konnten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein
von der Bauernsame durch selbstgesponnenes Garn-Tuch gedeckt werden. Besser situierte Leute zu Stadt
und Land liessen sich die Stoffe von auswärts kommen; ebenso führten unternehmende Kaufleute aus Italien, Elsass und Deutschland
Weine, Südfrüchte, Kaffee und Spezereien ein, manchmal im Austausch gegen Käse.
Handelsleute aus Zug
begaben sich auf auswärtige Messen, besonders nach Zurzach oder nach Basel.
Viehhändler (sog. Sentenbauern) zogen
fast Herbst für Herbst mit ganzen Herden bis nach Mailand; doch brachte dieser beschwerliche Handel oft
eher Schaden als Gewinn. Seiden-Spinnerei und -Weberei, wie die Fabrikation von Floretseide, die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts
im Lande blühten und zahlreichen Familien lohnende Beschäftigung boten, vermochten die Konkurrenz der Fabriken nicht auszuhalten;
im Jahre 1857 gab es im Kanton noch 1268 Handwebstühle, 1860 waren es noch 1160, im Jahre 1900 war die Zahl auf 583 hinuntergegangen.
Allmählig verlor der Kanton Zug
seinen ausschliesslich agrikolen Charakter, indem verschiedene Fabriken und industrielle Unternehmungen
von grösserer oder geringerer Wichtigkeit entstanden. Nach der eidg. Statistik von 1900 ist das Verhältnis
folgendes: Landwirtschaft und zugehörige Betriebe 43,4%;
Industrie und Gewerbe 39,3%;
Handel und verwandte Berufe 10,3%;
andere Beschäftigungen 7,0%. Die zunehmende Entwicklung der Industrie lässt die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass
sie jetzt nahezu ebensoviel Hände beschäftigt, wie die Landwirtschaft.
Die Baumwollindustrie ist durch drei grosse Spinnereien
in Unter Aegeri, Neu Aegeri und Baar vertreten. Die erste Spinnerei im Kanton Zug
wurde 1833 von Wolfgang Henggeler,
der sich in Gattikon (Kt. Zürich)
mit dieser Industrie vertraut gemacht hatte und sich entschloss, sie in seiner Heimatgemeinde Unter
Aegeri einzuführen, an der Lorze erbaut. Dieses Gewässer lieferte die Triebkraft (20 Pferde). Um 1811 war
die Zahl der Spindeln auf 10000 gebracht. Von 1845 auf 1846 bauten die Gebrüder Henggeler eine weitere Spinnerei in Neu
Aegeri.
Die zumeist auf den Allmendnutzen angewiesenen Bewohner begrüssten die neue Verdienstquelle mit Freuden. Unter der persönlichen
Direktion Wolfgang Henggelers († 1877) entwickelten sich diese Fabriken beständig; sie sind mit den
neuesten technischen Einrichtungen versehen. Die Baarer Spinnerei stammt aus dem Jahre 1853; sie wurde 1860 vergrössert. Dagegen
hatte eine grosse, 1862 in Cham errichtete Spinnerei wenig Erfolg; ein Brand zerstörte sie 1888. An ihrer Stelle erhob sich
später eine Holzteigfabrik. Die Papierfabrikation ist sehr alten Datums im Kanton Zug;
schon 1581 bestand eine
Papiermühle in Baar, eine andere in Cham ist seit 1657 nachweisbar. Beide Fabriken sind heute von ziemlicher Bedeutung; sie
beschäftigen 222 Personen.
Eine andere wichtige Industrie ist die Herstellung kondensierter Milch, wofür die erste Fabrik Europas in Cham entstand. Schon
seit etwa fünfzig Jahren waren in Amerika Versuche gemacht worden, kondensierte Milch herzustellen.
Im Jahre 1865 kam Charles Page aus Dixon (Illinois), damals Konsul der Vereinigten Staaten in Zürich,
der von diesen Versuchen wusste,
auf den Gedanken, in der Schweiz eine Milchsiederei einzurichten. Mit Hilfe einiger Aktionäre und seines Bruders Georges
H. Page, der später während mehr als 30 Jahren als Generaldirektor die Seele des Unternehmens werden sollte, wurde die erste
bescheidene Fabrik in Cham mit einem Kapital von Fr. 150000 gegründet; am wurde mit der Fabrikation begonnen.
Trotz Schwierigkeiten aller Art entwickelte sich das Unternehmen in Cham allmählich zu immer grösserer
Bedeutung, dank unermüdlicher Arbeit und Ausdauer. In Jahre 1872 wurde das Kapital auf eine Million Franken erhöht. Ausser
zwei schweizerischen Fabriken erwarb die «Anglo-Swiss condensed milk C°»
nach und nach vier Fabriken in England, zwei in Norwegen, eine in Baiern, vier in Amerika. Das Aktienkapital stieg
im Jahre 1897 auf 20 Millionen Franken. Nach dem 1899 erfolgten Tode Georges H. Page's wurden die amerikanischen Fabriken
verkauft. Im Jahre 1905 fusionierte die Anglo-Swiss milk C° mit der Société anonyme Henry Nestlé in Vevey, wodurch der
Konkurrenz der beiden grossen schweizerischen Unternehmungen ein Ende gemacht wurde, und es konstituierte
sich die
mehr
«Nestlé and Anglo-Swiss condensed milk C°» mit einem Gesellschaftskapital
von 40 Millionen und Sitzen in Cham und Vevey. Im Jahre 1907 wurden 2 Fabriken und weitläufige Farmen in Queensland, Australien,
angekauft; die Zahl der der Gesellschaft gehörenden Fabriken stieg also auf 22. Im Durchschnitt wird in Cham täglich die
Milch von 9000 Kühen kondensiert. Die gesamte Jahresproduktion der Gesellschaft beträgt etwa, 3000000 Kisten zu 48 Büchsen
kondensierter Milch im Werte von rund 60000000 Fr.
Eine interessante Fabrikation, die seit 1881 in Zug
betrieben wird, ist die verzinnter, emaillierter, vernickelter und geschliffener
Haushaltungsgegenstände. Diese Fabrik, mit 1800000 Fr. Kapital, ist das erste grössere derartige Geschäft
in der Schweiz; 1905 beschäftigte sie 461 Personen. Sie setzt ihre Produkte nicht nur im Inlande ab, sondern auch in Italien
und besonders in Spanien. Zu erwähnen sind noch die im Jahre 1898 gegründete Glühlampenfabrik, eine Fabrik elektrischer
Zähler, eine Kistenfabrik, eine Seidenbeuteltuchfabrik (die einzige in der Schweiz mit mechanischem Betrieb)
und die Kirschwassergesellsch.
Zug,
mit 160000 Fr., unter Aufsicht und Garantie des Kant. Landw. Vereins 1870 gegründet zum Zwecke Herstellung garantiert ächten
Kirschwassers. Die Wasserwerke Zug,
die auch eine Gas- und eine elektrische Fabrik besitzen, versehen die ganze Stadt und Umgebung.
Das reichliche Wasser, von vorzüglicher Qualität, kommt vom Westabhang des Menzingerberges, aus der
Nähe des Bades Schönbrunn; es wird in einem 2000 m" fassenden Reservoir gesammelt, das 115 m über dem Seespiegel liegt und
von da aus in die einzelnen Teile der Stadt geleitet. Das Verteilungsnetz erstreckt sich auf der einen Seite bis
Cham, auf der andern bis Oberwil, mit einer Länge von über 11 km.
[A. Weber.]
12. Verkehrswege.
Lange vor der Erstellung der Landstrassen und Eisenbahnen war das Zugerland, wie andere Gebiete der Zentralschweiz, mit den
benachbarten Orten durch Saumwege verbunden, auf denen sich mittelst Maultieren oder Pferden der Warenhandel
von und nach Italien abwickelte. Der Transport dieser Waren war langwierig und beschwerlich; in Zug,
Immensee, Luzern
und Flüelen z. B.
musste man sie auf Schiffe überladen, um sie über den See zu bringen dann waren an verschiedenen Orten Zoll- oder Transitgebühren
zu bezahlen.
Als später die Wege verbessert wurden, entstanden regelmässige Frachtfuhren und erleichterten den Verkehr
bedeutend; endlich gab die Erstellung der breiten Landstrassen und dann
der Eisenbahnen dem Handel einen neuen Aufschwung.
Nachdem der Wunsch nach einer bessern Verbindung schon lange im Volke lebendig geworden, wurde den durch eine
Volksabstimmung der Bau einer Brücke über die Lorzeschlucht beschlossen. Diese Brücke, deren Voranschlag
sich auf 850000 Fr. beläuft, wird 1910 fertig werden und dann einer Bahnlinie dienen können, um Zug
mit Menzingen und dem Aegerithale
zu verbinden.
Der Kanton Zug
ist an das Netz der Bundesbahnen angeschlossen durch die Stationen Zug,
Steinhausen, Cham, Rothkreuz an
die Linie Zürich-Affoltern-Zug-Luzern, durch die Station Rothkreuz an die Linie Aarau-Goldau, durch die Stationen Baar, Zug
und
Walchwil an die Linie Zürich-Thalwil-Goldau. Daneben besorgt seit 1904 ein regelmässiger Automobildienst die Personenbeförderung
von Zug
über Baar nach Neuheim und Menzingen, und über Allenwinden nach Alt- und Neu Aegeri.
Endlich geht vom Bahnhof Zug
aus eine elektrische Trambahn nach Schönegg, von wo eine Drahtseilbahn auf den
Zugerberg (1225 m) hinaufführt. Diese Linie, die den in Betrieb gesetzt wurde, verdankt ihre Entstehung der
Unterstützung der Gemeinde und des Kantons Zug.
Schon seit 1852 vermittelt im Sommer ein Dampfschiff den Verkehr
der Reisenden und Waren auf dem Zugersee; auch auf dem Aegerisee befindet sich seit 1890 ein kleiner Dampfer zur Beförderung
von Reisenden.
13. Politische Organisation.
Bis 1848 gehörte Zug
zu den sog. Landsgemeindekantonen. Die Demokratie kam aber nicht in so ausgeprägter Art, wie in den Urkantonen,
zur Geltung. Die Zugersche Landsgemeinde hatte nur die Wahlen der obersten Magistraten und des Landschreibers
zu treffen, nicht aber eigentliche verfassungs- und gesetzesmässige Beschlüsse. Diese waren der «hohen
Gewalt», d. h. den Versammlungen der stimmfähigen und über 16 Jahre alten Bürger in ihren Wohngemeinden ausdrücklich
vorbehalten.
Solcher souveräner Gemeinden gab es bis 1798 vier: Die Stadtgemeinde Zug,
welche mit ihren Vogteien das «innere
Amt» hiess, und die Gemeinden Aegeri, Menzingen und Baar, die das «äussere Amt» ausmachten. Regiments- oder verfassungsmässiger
Grundsatz war: nicht die Mehrheit der Gemeinden (oder der an den Versammlungen teilnehmenden Bürger) entschied, sondern
eine Vorlage galt als angenommen und rechtskräftig, wenn die Gemeinde Zug und irgend eine Gemeinde des
äussern Amtes sich dafür ausgesprochen hatten. Bei der nummerischen Ueberlegenheit der Stadt kam dieser Modus faktisch
der Mehrheit der stimmfähigen Kantonsbürger jeweilen ziemlich nahe.
mehr
Der aus Vertretern aller Gemeinden bestehende, 40 Mitglieder (13 Stadt, je 9 aus den 3 andern Gemeinden) zählende Stadt-
und Amtrat war verwaltende und vollziehende Behörde, die vielfach auch (auf Anrufen hin oder von Amteswegen) richterliche
Funktionen ausübte. Wenn der Stadt- und Amtsrat einen Angeschuldeten für todeswürdig erachtete, überwies
er den «armen Sünder» dem Blut- oder Malefiz-Gericht zur gutfindenden
Aburteilung. - Zur Behandlung von Testamentssachen, Zivilstreiten, Abwandlung von Injurien u. dergl. bestanden zwei kant.
Instanzen, die letztinstanzlich entschieden, nämlich das sog. Herrschafts- und das Grossgericht. Der Name des ersteren stammt
noch aus der Zeit, da Zug
unter Oesterreich stand. Das (nebst einem Teil von Aegeri) bis 1679 unter Einsiedeln
stehende Menzingen hatte ein eigenes Gericht (Gotteshausgericht geheissen). Hauptort des Kantons war von jeher tatsächlich
die Stadt Zug; seit 1802 ist dies auch verfassungsrechtlich anerkannt.
Mit 1798 wurden die innerhalb der Kantonsgrenzen gelegenen Vogteien selbständige Gemeinden, nämlich Cham, Hünenberg, Risch,
Steinhausen und Walchwil; in Folge Abtrennung von Menzingen wurde 1848 auch Neuheim eine selbständige Gemeinde. Der Kanton Zug
zählt 11 politische
Gemeinden: Zug,
Ober Aegeri, Unter Aegeri (seit 1814 von Ober Aegeri abgetrennt), Menzingen, Baar, Cham, Hünenberg, Risch, Steinhausen,
Walchwil und Neuheim.
1848 wurde das Recht zur Vornahme der Wahlen, welche bisher die Landsgemeinde traf, dem Grossen Rate übertragen,
ebenso das ausschliessliche Recht der Gesetzgebung, die Verfassung wurde für die ersten 10 Jahre als unabänderlich und
eine vorherige Revision als unzulässig erklärt.
Die jetzige Verfassung (vom brachte wesentliche Aenderungen hinsichtlich Ausdehnung der Rechte des Volkes an
der Gesetzgebung, nämlich durch Einführung des fakultativen Referendums (auf Begehren von 500 Stimmberechtigten)
und für Einführung der Initiative (800 Stimmfähige für Gesetze, 1000 für Abänderung der Verfassung); ferner hinsichtlich
des Wahlverfahrens durch Einführung der obligatorischen Verhältniswahl (Proporzes) an Stelle des bisherigen Majoritätsprinzipes
bei den Regierungsrats-, den Kantonsrats- und bei den Richterwahlen. Auch bei den Wahlen der Gemeindekollegien
ist dieses Verfahren fakultativ zulässig.
Der Kantonsrat (auf 350 und einen Bruchteil von 150 Einwohnern einer Gemeinde ein Mitglied) ist die gesetzgebende und die
Oberaufsicht führende, der Regierungsrat (7 Mitglieder) die verwaltende und vollziehende, ein 5gliedriges Kantons- und ein
aus 7 Mitgliedern bestehendes Obergericht richterliche Behörde, welche auch als Strafgericht zu urteilen
hat, eine Abteilung des Obergerichts überdies noch als Kassations- und Revisions-Instanz. In jeder Gemeinde hat ein Friedensrichter
die Aufgabe, Zivilstreitigkeiten zu vermitteln oder sie zur Erledigung ans Kantonsgericht zu weisen. Ueber Wertstreite bis 30 fr.
entscheidet er in Einzelkompetenz. - Amtsdauer aller kantonalen Beamtungen vier Jahre.
Die Verfassung von 1803 kannte nur einen Gemeinderat für jede Gemeinde; diejenige von 1814 ebenfalls; es wurde aber damals
erstmals denjenigen Gemeinden, die besondere Gemeindegüter - Allmenden, Feld und
Wald - besitzen, das Recht, selbe gesondert
zu verwalten, ausdrücklich zugesichert. Die Verfassung vom setzte fest, dass da, wo es noch
nicht geschehen wäre, Güter und Verwaltung der Korporationsgenossen vom übrigen Gemeindehaushalte ausgeschieden und getrennt
behandelt werden sollen.
Im Gesetze betr. Organisation des Gemeindewesens vom wurden nach dieser Richtung hin noch weitere wegleitende
Bestimmungen erlassen.
Die Kantons-Verfassung vom samt den Aenderungen vom und führte eine
weitere gemeindliche Ausscheidung herbei, indem zu den bereits bestehenden Korporations- und Bürgergemeinden neu ins Leben
gerufen wurden: die Einwohnergemeinden, zu welchen alle in der betreffenden Gemeinde sesshaften Einwohner (Bürger, Niedergelassene
und Aufenthalter) gehören, und die Kirchgemeinden. Zu letztern gehören die in der betreffenden Pfarrei
wohnhaften Personen von gleicher Konfession. Mit Ausnahme von Cham und Hünenberg, welche zusammen eine Pfarrei bilden, bestehen
in allen andern politischen Gemeinden auch Kirchgemeinden. Zur protest. Kirchgemeinde des Kts. Zug
(mit Sitz in Baar) gehören
die in den verschiedenen Gemeinden des Kantons wohnenden Protestanten.
In Armensachen huldigt der Kt. Zug
dem Heimatsprinzip. Es hat das zur Folge, dass die Bürgergemeinden viel von bedürftigen Angehörigen
beansprucht werden, welche nicht in der Heimatgemeinde wohnen, sondern in Kantonen, welche das Territorialprinzip anerkennen,
aber nur da, wo Gegenrecht geübt wird.
Die Gemeinden übertragen die Verwaltung ihrer öffentlichen Angelegenheiten einem Ratskollegium von
je wenigstens 5 Mitgliedern. Im Kirchenrate hat der Ortspfarrer von Amteswegen Sitz und Stimme.
Finanzwesen. Die Normen, nach welchen der kantonale Haushalt geordnet ist, ergeben sich aus dem Gesetze vom Diejenigen,
betr. den Haushalt der Gemeinden, aus dem seit 1876 bestehenden Gemeindegesetze. Zur Deckung der Staatsauslagen
sind bestimmt: Ertrag des Staatsvermögens, des Salzregals, der Steuern, des Alkoholmonopols und der eidg. Patenttaxen von
Handelsreisenden, sowie eine Anzahl anderer Abgaben, wie Patente für den Verkauf von Getränken, Wirtschafts-, Jagd- und
Fischereipatente, Hundesteuer etc. Die Gemeinden sind befugt, Steuern zu erheben auf das Vermögen, jedoch unter
Ausschluss der Progression, auf den Erwerb, die Patente, die Haushaltung und auf den majorennen Kopf. Die Steuerveranlagungen
erfolgen durch das Mittel der Selbsttaxation des Pflichtigen, Taxierung durch die Einw.-Räte, dann diejenige der kantonalen
Steuerkommission. Gegen Veranlagungen der Einw.-Räte oder der St. K. sind Steuerbeschwerden zulässig, gegen erstere an
die kant. Steuerkommission, gegen die letztere an den Reg.-Rat; schliesslich steht dem Veranlagten noch
gerichtlicher Entscheid offen.
14. Erziehungswesen.
Die Verfassung von 1814 überliess den Gemeinden die Organisation ihrer Schulen, dies erhielt sich, wenn auch vollständig
fakultativ, mehr als 30 Jahre. Erst 1818 wurde die Organisation des öffentlichen Unterrichtswesens kantonal. Das
Gesetz vom erklärte den Primarunterricht für sechs Schuljahre obligatorisch und