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des Zürichsees, wo sich ihr dann noch vagabundierende Exemplare beigesellen.
Ein charakteristisches Gepräge verleihen aber dem ornithologischen Leben des Sees eigentlich erst die zahlreichen überwinternden nordischen Vögel. Mit den ersten starken Frösten zu Ende Oktober oder anfangs November, die ihre Wohngebiete mit Schnee und Eis decken, treffen sie ein und verbleiben bis im Februar und März bei uns. Die in Massen erscheinenden Arten wählen mit Vorliebe zu ihrem Aufenthalt die von der Stadt umschlossene Schutzzone und die an sie angrenzenden Gebiete.
Die mehr vereinzelt und nicht regelmässig eintreffenden Arten ziehen die einsam gelegenen obern Seeteile vor. Das Hauptkontingent zu den Wintergästen stellt wiederum die Lachmöve. Ihre in und um Zürich und bei den Seegemeinden sich sammelnden Scharen nähern sich dem zweiten Tausend oder überschreiten es. Jahr für Jahr mischen sich darunter einzelne Sturmmöven (Larus canus). Eine ziemlich regelmässige Erscheinung auf dem Obersee ist die Häringsmöve (Larus fuscus). Seltener treffen die Silbermöve (Larus argentatus) und die Dreizehenmöve (Larus tridactylus), sehr selten die Mantelmöve (Larus marinus) ein. Ebenso spärlich sind die Belege für das Vorkommen der breitschwänzigen Raubmöve (Lestris pomarina), reicher für das der Schmarotzermöve (Lestris parasitica).
Auf ein halbes Tausend beläuft sich die Zahl der überwinternden schwarzen Wasserhühner (Fulica atra), auf wenige zurückgebliebene Stücke das grünfüssige Teichhuhn (Gallinago ochropus). So zahlreich wie jene zeigt sich die Wildente (Anas boschas), in so vielen Dutzenden, wie sie in Hunderten, die Krickente (Anas crecca), sehr spärlich die Knäckente (Anas querquedula) und die Pfeifente (Anas penelope). Ständige Gäste, bald in grösseren, bald in kleineren Ketten, stellt die Gruppe der Tauchenten in der Tafelente (Nyroca ferina) und der Reiherente (Nyroca fuligula). Nicht mit derselben Regelmässigkeit hält die Bergente (Nyroca marila) Einkehr, etwas häufiger die Samtente (Oedemia fusca), nur in sehr strengen Wintern die Schellente (Nyroca clangula), die Moorente (Nyroca nyroca) und die Eiderente (Sommateria mollissima).
Typische Wintergäste des obern Seegebietes besitzen wir in den Sägern und Tauchern. Nach den vielen Belegen fehlen in keinem Winter der grosse und der mittlere Säger (Mergus merganser und M. serrator). Vereinzelt stehen in den Sammlungen immer der Zwergsäger (Mergus albellus), zumeist in mehreren Stücken der Eis-, der Nordsee- und der Polartaucher (Colymbus glacialis, C. septentrionalis und C. arctikus). Nach Aussagen von Jägern quartiert sich da oben massenhaft der Haubensteissfuss (Podiceps cristatus) ein, und mehr im Vor- und Nachwinter gelangen auf dem Züricherbecken seine kleineren Verwandten, der Zwerg-, der schwarzhalsige und der rothalsige Steissfuss (Podiceps minor, P. nigricollis und P. rubricollis) zur Beobachtung.
Vom breiter gewordenen Ufersaum scheucht etwa der Schritt der Wandernden den Wasserpieper (Anthus spinoletta), die Gebirgsstelze (Motacilla boarula), die Wasseramsel (Cinclus aquaticus), den Eisvogel (Alcedo ispida) und aus dem Schilf ein übernachtender Starenschwarm (Sturnus vulgaris) auf.
Gross ist die Zahl der durchziehenden Vogelarten. Als Zugang zu der grossen östl. Zugstrasse unsres Landes, dem Rheinthal, weist das Seegebiet eine Menge scharf ausgeprägter Zugserscheinungen sowohl im Frühling wie im Herbst auf. Neben den angeführten Wintergästen wurden noch folgende Arten als Zugvögel des Gebietes entweder direkt beobachtet oder dann als Beleg dafür in den Sammlungen gefunden: Wasserralle und getüpfelte Sumpfralle (Rallus aquaticus und R. porzana), der Triel (Oedicnemus crepitans), der Halsband- und Goldregenpfeifer (Charadrius hiaticula und Ch. pluvialis), der Kibitz (Vanellus capella), der Austernfischer (Haematopus ostralegus), der Zwerg- und Alpenstrandläufer (Tringa minuta und T. alpina), der Flussuferläufer (Actitis hypoleucos), der punktierte Wasserläufer (Totanus ochropus), die Zwerg-, Sumpf- und Waldschnepfe (Scolopax gallinula, S. gallinago und S. rusticula), der grosse Brachvogel (Numenius arquatus), der Purpur-, Schopf- und Nachtreiher (Ardea purpurea, A. ralloides und A. nycticorax), der Kranich (Grus cinerea) und die Wachtel (Coturnix coturnix).
Von den durchziehenden Singvögeln heben sich folgende Arten, da bei uns nicht brütend, als besonders typisch hervor: das Blaukehlchen (Lusciola suecica), der Binsen- und Heuschreckenrohrsänger (Acrocephalus aquaticus und Locustella naevia), die Schafstelze (Motacilla flava), der schwarzkehlige Wiesenschmätzer (Pratincola rubicola) und der graue Steinschmätzer (Saxiola œnanthe). Von den einheimischen Arten verdienen, weil massenweise das Gebiet durchwandernd, Erwähnung: die weisse Bachstelze (Motacilla alba) und die Rauch-, Mehl- und Sandschwalbe (Hirundo rustica, H. urbica und H. riparia).
[Albert Graf.]
B. Fischfauna. Sowohl mit Bezug auf die Zahl der Fischarten als auch der Individuen, welche den Zürichsee beleben, darf dieser als gut bevölkert bezeichnet werden. 27 verschiedene Fischsorten fristen in ihm ihr Dasein, wenn wir nämlich die Felchen als «Arten» auseinander halten wollen. Zerstreut da und dort vor Bachmündungen lebt Petromyzon Planeri, das Bachneunauge, ¶
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im Grundschlamm; allgemein verbreitet und häufig ist der Aal (Anguilla vulgaris, es werden jedes Jahr einige Tausend junger Aale künstlich eingesetzt). Im ganzen See, sowohl in der Ufernähe als im offenen Wasser haust als grösster Räuber der Hecht. Bei der reichlich vorhandenen Nahrung wächst er rasch und erreicht ein bedeutendes Gewicht. Stücke von 30-35 Pfund sind durchaus keine Seltenheit, es werden aber auch solche von über 40 Pfund gefangen. Die Familie der Salmoniden ist vertreten durch Forelle (Salmo variabilis), Rötel (Salmo salvelinus), Aesche (Thymallus vulgaris) und Felchen (Coregonus).
Die Bachforelle (S. variabilis-fario) ist nicht eigentlich Seebewohner, doch trifft man sie gelegentlich, namentlich nach Hochwassern vor Bachmündungen. Ueberall verbreitet, doch in der oberen Seehälfte häufiger als gegen Zürich hin ist die Seeforelle (S. variabilis-lacustris). Sie wird wie in den andern grössern Schweizerseen in der Regel als «Schwebforelle» gefangen (auch Silberforelle genannt). So heisst sie, weil sie sich gewöhnlich im offenen Wasser des Sees aufhält und in den Schwebnetzen gefangen wird (nebenbei auch an der Schlepp- und Schwebangel).
Sie stellt ein noch nicht geschlechtsreifes Stadium der S. variabilis-lacustris dar und ist deshalb vielfach als «steril» bezeichnet worden. Diese Bezeichnung ist aber nach meiner Ansicht durchaus unrichtig. Sehr selten kommt es vor, dass ein der Laichreife nahes Exemplar im See selbst gefangen wird; solche zeichnen sich dann aus durch grosse verschwommene rote Flecken, ähnlich wie sie der laichreife Lachs aufweist. Dass die Seeforelle sich im Zürichsee selbst fortpflanze, ist bis jetzt nicht nachgewiesen sicher aber ist, dass grosse Exemplare in den Linthkanal hinaufwandern, um dort ihrem Fortpflanzungsgeschäfte obzuliegen.
Ein Teil derselben wird dann (Oktober-November-Dezember) unter amtlicher Kontrolle zu Fischzuchtzwecken gefangen. So lieferten z. B. zwei im Oktober 1903 gefangene Weibchen von je 20 Pfund Gewicht zusammen 30000 Eier, aus denen 27000 Fischchen aufgezogen und in See und Zuflüsse ausgesetzt wurden. Die grössten, in den letzten 10 Jahren im Linthkanal gefangenen laichreifen Seeforellen hatten ein Gewicht von 25 Pfund. Das kleinste, als «Schwebforelle» im Zürichsee gefangene Exemplar, das dem Verfasser dieses Artikels zu Gesicht gekommen ist, wog zirka ½ Pfund und war eben im Begriff, die roten Tupfen des Jugendkleides zu verlieren und eine «Silberforelle» (ohne rote Tupfen) darzustellen. - Der «Rötel», der Seesaibling (Salmo salvelinus) ist nur in den tiefern Teilen des Zürichsees verbreitet, von Stäfa an aufwärts wird er nicht gefangen.
Die Aesche (Thymallus vulgaris) ist nur sporadisch vorhanden. Praktisch wichtige Bewohner des Zürichsees sind die verschiedenen Felchensorten. Die grösseren, welche ein Gewicht von 0,5-2 kg erreichen, werden von den Fischern am Zürichsee durchweg «Blaulig» genannt, die kleineren Formen, bis ¼, höchstens 3/8 kg erreichend, als «Albeli» bezeichnet. Die Zugehörigkeit derselben zu den Unterarten des zoologischen Systems ist noch nicht mit der wünschenswerten Zuverlässigkeit festgestellt.
Fatio führt in seiner Faune des vertébrés de la Suisse (Poissons, Vol. IV et V) für den Zürichsee an: Coregonus dolosus Fatio, «Blaulig», von Ende November bis Mitte Dezember am Grunde laichend;
«Albeli» zum Teil jüngere und kleinere Exemplare des vorigen, deren Laichzeit Mitte November beginnt;
«Häglig» (Coregonus heglingus Fatio), früher in grossen Mengen vorhanden, jetzt sehr selten geworden, über die Laichzeit sei nichts bekannt;
Blaulig-Bratfisch, zum Teil Coregonus maraenoides Fatio, laichend von Mitte November bis über Mitte Dezember auf Sand und Schlamm in der Tiefe;
Blaulig (C. duplex Fatio).
Sicher ist nur so viel, dass mit Bezug auf die Systematik der Zürichseefelchen noch viel Konfusion herrscht; ohne Zweifel sind auch viele Bastardformen vorhanden, welche die systematischen Grenzen verwischen. Praktischer erscheint vorläufig die Einteilung der Zürichseefelchen mehr nach der biologischen Seite hin, wie sie die Fischer machen, indem sie unterscheiden: Blaulig: a) Schwebblaulig, ausserhalb der Laichzeit im offenen See lebend, wo sie mit Schwebnetzen gefangen werden (C. Wartmanni-dolosus Fat.); b) Bodenblaulig, Sandfelchen, am Grunde lebend (C. Asperi-maraenoides Fat.). - Albeli a) Buchbergalbeli (Winteralbeli), sie ziehen zum Laichen nach dem Obersee, Laichzeit zweite Hälfte Dezember; b) Sommeralbeli, laichen im Juli und August im untern Zürichsee, c) Winteralbeli des untern Zürichsees, laichend Mitte November bis Mitte Dezember in der Tiefe. Die beiden letzteren Sorten werden von den Fischern auch «Häglig» genannt; das erklärt auch die Angabe Hartmanns (Helvetische Ichthyologie. 1827): «Die Laichzeit des Häglings fällt bey uns gegen das Ende des Juny, und dann wieder in November.» - Unter Ufersteinen lebt da und dort die Bartgrundel (Cobitis barbatula). - Reichlich vertreten ist die Familie der karpfenartigen Fische (Cyprinoidae). Die Nase (Chondrostoma nasus) war früher an manchen Uferstellen in grossen Scharen vorhanden, ist aber jetzt auf ein Minimum reduziert, man trifft sie fast nur noch beim Rapperswiler Damm in geringer Menge an. - Häufiger ist der Alet (Squalius cephalus) und sein nächster Verwandter, der Hasel (Squalius leuciscus), seltener der Riesling (Sq. Agassizii). In pflanzenbewachsenen Ufergegenden sind allgemein verbreitet: der Schwal (Leuciscus rutilus) und die Rottele (Scardinius erythrophthalmus).
Alle diese typischen Uferbewohner sind gegenüber früheren Zeiten an Zahl ohne Zweifel stark zurückgegangen, was nicht befremden kann, wenn man bedenkt, wie sehr sich die Uferverhältnisse im Laufe der Zeit zu Ungunsten der Fische verändert haben. Sind doch weite Strecken untiefen, früher mit Schilf bewachsenen Ufergebietes durch Auffüllung in Festland umgewandelt und dadurch ihren Bewohnern als Aufenthalts-, Nähr- und Laichgebiete entzogen worden. Die starke Bevölkerungszunahme um den See und der stets steigende Verkehr an den beiden Ufern desselben sowohl, als auch auf dem See selbst durch Dampf- und Motorboote bringt eine ständige Beunruhigung der Uferfische mit sich, welche deren Nahrungserwerb und besonders auch deren Laichgeschäft stört. - Ueberaus zahlreich ist das Laugeli (Alburnus lucidus) im Zürichsee vorhanden.
Das kleine Fischchen ist für seinen Lebensunterhalt nicht an das Ufer gebunden, es versteht seine Nahrung auch draussen im See zu finden, und so trifft man es gesellig in grossen Scharen überall im See. Seiner Häufigkeit wegen spielt es eine hervorragende Rolle als Nährtier für die Raubfische. In grossen Schwärmen, denen meist Hechte folgen, ziehen Blicken (Blicca björkna) und Brachsmen (Abramis brama) im See umher. Zur Laichzeit, Ende Mai, sammeln sie sich in gewaltigen Mengen und nähern sich in ruhigen Nächten dem Ufer oft so sehr, dass ihr hoher Körper über das Wasser hinausragt. Der Boden ¶