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So tadellos nun qualitativ diese neue grosse Trinkwasserversorgung funktionierte - infolge der rapiden Zunahme der Bevölkerung mochte sie bald quantitativ nicht mehr genügen. Wird doch 1905 der mittlere Wasserverbrauch per Kopf und Tag auf 220, der maximale gar auf 315 Liter angegeben. Zur Vermehrung der öffentlichen Brunnen in der Stadt und zur Erstellung von Brunnen in neu entstehenden Quartieren begann man im Jahr 1907 die Zuleitung eines Grossteils der gewaltig ergibigen Sihl- und Lorzequellen.
Auf blauem, klebrig-zähem Grundmoränenlehm der 1. Eiszeit treten sie in ähnlicher Weise aus der 30-40 m hohen Deckenschotternagelfluh des Sihl- und Lorzethales im Gebiet vom Sihlsprung-Menzingen aus, wie im kleinen die Hotelquelle am Utogipfel (s. Geologie im Artikel Zürich, Kanton). Ein grosses, regenreiches (1600 mm), zumeist waldiges Sammelgebiet und der prächtige natürliche Filtrierapparat der löcherigen Nagelfluhplatte bedingen einen sehr konstanten Ertrag, dessen Maxima und Minima nur im Verhältnis von 5:3 schwanken.
Die Sihlquellen wurden durch 11,5 km lange Röhrenleitung mit bis 40 cm Lichtweite, die Lorzequellen in 5,7 km langer, bis 50 cm weiter Leitung nach Sihlbrugg geführt; von da geht eine 17,7 km lange, 55 cm weite Röhrenleitung mit 2,5‰ Gefälle durchs Sihlthal zum neuen Reservoir beim Albisgütli (500 m über Meer = 91 m über dem Seespiegel gelegen). Hier wird das Wasser (in dem punkto Regenfall normalen Jahrgang 1905 waren es rund 20400 Minutenliter) auf die Speisleitungen der öffentlichen Quellwasserbrunnen und auf die Mittel- und Niederdruckleitungszone der Seewasserversorgung verteilt.
Die Anlage kostete total 3174104 fr. und liefert über die Hälfte des ganzen Wasserbedarfs der Stadt. Qualitativ ist das Wasser der Sihl-Lorze-Quellen sehr gut: im Jahre 1905 zeigte es Temperaturen von 8,6 (Januar) bis 10,9° C. (September) und eine Bakterienzahl von 0-37. Allerdings ist es mit 24-25 franz. Graden etwas hart im Vergleich zum Seewasser (13), sodass für Dampfkesselspeisung Sodazusatz nötig wird. Die Sihlthalquellen fliessen seit 4. Dezember, diejenigen des Lorzethals seit der Stadt zu. Immerhin muss bei anhaltender Bevölkerungsvermehrung in Zürich schon in den nächsten Jahren an die Erstellung einer noch grösseren Wassergewinnungsanlage, aus dem See oder aus geeigneten Grundwassergebieten, gedacht werden.
Der totale Wasserverbrauch der Stadt Zürich erreichte vom bis einen Betrag von 14700098 m3. Davon fielen 67,6% auf die Niederdruckzone, 27,3% auf die Mitteldruckzone, 4,1% auf die Hochdruckzone und 1% auf die obere Hochdruckzone. Es ergibt sich dadurch ein mittlerer Verbrauch von 237 (maximal 330) Liter pro Kopf und Tag. Aus dem gelieferten Wasser (einschliesslich für öffentliche Zwecke) wurde ein Erlös von fr. 1751000 erzielt, was nach 3% Abschreibungen über eine halbe Million Reingewinn bedeutet. Das gesamte Leitungsnetz für Brauch-, Trieb- und Trinkwasser hatte Ende 1907 eine Länge von 128 km (ohne die Quellwasserzuleitungen). Dazu käme ausserdem noch die 2,67 km lange Fassungsleitung von 900 mm Durchmesser aus dem See zu den Filteranlagen und 0,51 km vom Filter zum Pumpwerk.
Vorgängig dieser grosszügigen Trinkwasserversorgungsanlagen musste natürlich ein Kanalisationssystem vorgesehen sein, zu welchem schon Ingenieur Bürkli den Plan entworfen, und mit dessen Ausbau mit Kübelsystem (an Stelle der alten Ehgräben) bereits im Jahr 1867 begonnen wurde. Heute durchzieht es die ganze Stadt und mündet (inklusive einige Sauggebiete) unterhalb der Stadt (durch Regierungsdekret unterhalb der Trinkwasseranlage im Letten) in die Limmat.
Ueber die Krankenanstalten (kantonale, munizipale und freiwillige private), sowie über die ausgezeichnete soziale Fürsorge für arme Kranke durch die verschiedensten Hilfsinstitute vergl. weiter unten.
Epidemien. Die Cholera hat Zürich zum letztenmal im Jahr 1867 heimgesucht. Noch existiert unter den allgemeinen Fonds der stadtzürcherischen Stiftungen ein «Fond für Hilfeleistungen bei Cholera-Epidemien». Der Typhus ist nicht mehr endemisch; die letzte Epidemie von 1884 hat eine gründliche Sanierung der Trinkwasserversorgung zur Folge gehabt. Dagegen ist ständig Scharlach und Diphtherie vorhanden, wenn auch die letztgenannte Krankheit infolge der modernen Serumbehandlung weniger gefährlich auftritt als früher. Es fehlt zur Einschränkung dieser Schulhausgefahren offenbar vielen Eltern an Einsicht und den Behörden an wirksam zu handhabenden Gesetzen, trotz der bestehenden unentgeltlichen bakteriellen Untersuchungen und obligatorischer unentgeltlicher Möbel-, Kleider- und Zimmerdesinfektion im Falle von Scharlach, Diphtherie, sowie Typhus, Pocken und Kindbettfieber (fakultativ bei Tuberkulose). Im Jahr 1907 führten 462 Fälle von Scharlach und 417 von Diphtherie zur Verfügung von 1265 Schulausschlüssen.
Die Scharlachfrequenz der vorhergehenden Jahre war die folgende: 1906 = 505;
1905 = 1050;
1904 = 961;
Diphtherie 1906 = 467;
1905 = 427;
1904 = 344;
1903 = 238. Von andern ansteckenden Krankheiten wurden im Jahr 1907 gemeldet: Pocken keine;
Genickstarre 16 Fälle;
Masern 215 (1906 = 1217; 1905 = 60; 1904 = 1234; 1903 = 21);
Typhus 46 (1906 = 47; 1905 = 59; 1904 = 83; 1903 = 41);
Wöchnerinnenfieber 23;
andere Infektionskrankheiten 120;
total 1511 Fälle.
Ueber Augen- und Ohrenuntersuchung der Schulkinder wurde im Abschnitt über das Unterrichtswesen (Kanton Zürich) Bericht erstattet. Eine unentgeltliche Schul-Zahnklinik ist neu eingerichtet worden. Zur Bekämpfung der Kopfparasiten unter der Schuljugend amtet eine besondere Gehülfin des städtischen Schularztes, von der Schuljugend spassig «Vögelitante» genannt, welche im Berichtsjahre 1907 im ganzen 503 Kinder (darunter 499 Mädchen) gleich 1,99% der Schülerzahl (25275) zur Reinigung anhalten musste. Im Jahre 1905 waren es 2,9%, im Jahre 1903 noch 11,7%.
Die Sterblichkeit ist ebenfalls im Abschnitt über das Sanitätswesen behandelt. Es erübrigt noch, die Bestattungen zu erwähnen. Sie geschehen auf Kosten der Stadt. Im Jahr 1907 wurden 1614 vollzogen, bei einer täglichen Höchstzahl von 16. Friedhöfe gibt es in Zürich im ganzen 18, und zwar für den Kreis I: Friedhof Sihlfeld (Zentralfriedhof, mit Krematorium und hervorragenden Denkmälern) und Friedhof auf der hohen Promenade (ausser Betrieb; zum Teil Leichenwachsbildung infolge lehmigen Grundmoränenbodens);
im Kreis II: Friedhöfe Enge, Manegg, Leimbach, Wollishofen;
Kreis III: Friedhof Sihlfeld Abteilung B und C, alte Friedhöfe Aussersihl und ¶
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Wiedikon; Kreis IV: Friedhof Nordheim, Friedhof Unterstrass, alter Friedhof Oberstrass und Friedhof Wipkingen;
Kreis V: Friedhöfe Realp und Enzenbühl, alter Friedhof Neumünster und Friedhof Allmend Muntern.
Auf dem ehemaligen Neumünsterfriedhof ist ein neues (zweites) Krematorium geplant. Anzahl der Kremationen im Krematorium des Zentralfriedhofes für 1907: 232 (dazu 131 von auswärts eingebrachte Leichen).
Unser Kapitel über die hygienischen Verhältnisse der Stadt Zürich darf füglich mit dem Zitate schliessen: "Zürich ist also eine der gesundesten Städte der Schweiz».
Bibliographie. Meyer von Knonau. Der Kanton Zürich. Bd. 1, 1844. - Alb. Heim. Gebirgsansichten vom Stadthausquai und vom Hügel in der Parkanlage Enge. 1900 (mit zahlreichen lokalgeograph. Zahlen). - Näf-Hatt. Karten vom Zürichberg-Adlisberg und vom Uetliberg in 1:12500, herausgegeben vom Verschönerungsverein von Zürich und Umgebung, 2. Auflage, 1902 und 1905, mit Gebirgsansichten von Alb. Bosshard und X. Imfeld. - Wagner, E. Exkursionskarte der Albiskette, 1:30000. Zürich 1906. - Ueber die Wasserversorgung, ausser den im Text erwähnten Berichten von Bürkli und der erweiterten Wasserkommission: Escher von der Linth, Arnold, und Arn. Bürkli. Die Wasserverhältnisse der Stadt Zürich. (Neujahrsblatt der naturforschenden Gesellschaft Zürich auf 1871). - Die industriellen Unternehmungen der Stadt Zürich; gewidmet den Teilnehmern der 43. Jahresvers. des deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern. Zürich 1903, darin: Peter, H. Wasserversorgung; Weiss, A. Gaswerk; Wenner, V. Kanalisation. - Peter, H. Wasserversorgung (in der Polytechnikums-Jubiläumsschrift. II, 1905). - Rothpletz, G. Bericht des Stadtgärtners (ebenda). - Usteri, E. Kranken- und Versorgungsanstalten (ebenda). Peter, H. Bericht über die Erstellung der Quellwasserversorgung aus dem Sihl- und Lorzethal. Zürich 1906. - Geschäftsbericht des Stadtrates und der Zentralschulpflege für 1907. Zürich 1908. - Pflüger, P. Der Gemeindesozialismus der Stadt Zürich. Denkschrift. Zürich 1908. - Orelli, Frau S. Die alkoholfreien Wirtschaften des Frauenvereins für Mässigkeit und Volkswohl, 3. Aufl. -
Zürcher Jahrbuch für Gemeinnützigkeit. Jahresberichte der gemeinnützigen Bezirksgesellschaften. - Boos-Jegher. Eingabe an den Kantonsrat und Regierungsrat Zürich, vom Februar 1909 (betreffend Wirtschaften). Zahlreiche Jahresberichte wohltätiger Institutionen und Gesellschaften. - Erismann, F. Die Gesundheits- und Wohlfahrtspflege der Stadt Zürich, Festschrift 1909. Enthält 83 kurze Aufsätze verschiedener Verfasser, konnte zur Redaktion des Abschnittes 5 noch nicht benützt werden.
6. Handel und Gewerbe.
S. den Art. über den Kanton Zürich.
7. Verkehrswege.
Die im Zürcher Hauptbahnhof sich treffenden Verkehrsstränge sind bereits eingangs erwähnt worden. So bleibt hier noch nachzutragen, dass ausser dem Hauptbahnhof im zürcherischen Stadtgebiet noch folgende Bahnstationen den Verkehr erleichtern: Wiedikon, Enge und Wollishofen an der linksufrigen, Letten, Stadelhofen und Tiefenbrunnen an der rechtsufrigen Seebahn. In den Bahnhof Selnau münden Uetliberg- und Sihlthalbahn gemeinschaftlich; erstere (1875 eröffnet) gewinnt als steile Adhäsionsbahn über die Stationen Binz und Waldegg in weit nach W. ausholender Kurve nach halbstündiger Fahrt den Uetliberggipfel, letztere führt über Giesshübel-Brunau-Manegg-Sod-Adliswil ins Sihlthal und schliesst bei der Station Sihlbrugg an die Bundesbahnlinie Thalwil-Zug an.
Früher als die Eisenbahnverbindungen (Eröffnung der ersten Linie von Zürich nach Baden am der zweiten nach Winterthur am nach Uster am nach Zug, u. s. f.) bestanden Dampfbootkurse auf dem Zürichsee. Schon am fuhr das erste Dampfschiff. 1891 wurde der Lokalverkehr auf dem See durch Einrichtung der «Dampfschwalben» wesentlich gefördert, welche dem untern Teile des Sees heute ein prächtig pulsierendes Leben verleihen, während die Kurse der grossen Dampfboote infolge beidufriger Eisenbahnen relativ reduziert wurden.
Postkurse bestehen noch zwei, einer nach Maur und einer nach Zumikon. Zürich hat 19 Post- und 17 Telegraphenbureaux.
In der Stadt selbst vermittelt ein weitverzweigtes und rasch sich vergrösserndes Netz von Strassenbahnen den Verkehr. Als privater Pferdetramway wurde die erste Linie am eröffnet. Kaum ein Jahrzehnt später erstand die erste elektrisch betriebene Linie nach der Burgwies, und 1898 wurde das mit dem Pumpwerk im Letten verbundene Elektrizitätswerk derart betriebsfähig, dass das ganze Strassenbahnnetz ¶