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Seminarübungsschule zu rechnen sind. An der Anstalt wirken 57 Lehrkräfte (Sommersemester 1908). Die ganze Schule ist heute noch in dem engen Grossmünsterschulhaus untergebracht. - Die Gewerbeschule d. h. gewerbliche Fortbildungsschule und Handwerkerschule mit rund 160 Lehrern und 4096 Schülern und Schülerinnen (Winter 1907) hat noch kein eigenes Haus. - Die Kunstgewerbeschule und das Kunstgewerbemuseum (ständige Sammlung und Ausstellungen mit grosser, vielbenutzter Bibliothek) mit 9 Lehrkräften und 37 bezw. 129 Sommer- bezw. Winterschülern, ist dem schweizerischen Landesmuseum angebaut. - Im Ganzen beschäftigte die Stadt Zürich im Jahre 1908 710 Lehrkräfte.
Ganz aussergewöhnlich sind die Leistungen der vereinigten Stadt für Schulhausbauten, wofür sie im Zeitraum von 1893-1907 fr. 9557710 ausgegeben hat. Daran partizipieren allerdings namhafte Staatsbeiträge. Noch ist ein Ende der Schulhausbauten für die grosse Zunahme der Volksschülerzahl nicht abzusehen. Zur Hebung dringlichster Raumnöte mussten transportable Schulbaracken errichtet und eine Anzahl Klassen provisorisch in Privathäusern untergebracht werden.
Die individuellen Lehrmittel werden in der Stadt Zürich, wie übrigens im ganzen Kanton, für die Volksschulstufe unentgeltlich abgegeben. Es bestehen zahlreiche Schülerbibliotheken mit im Ganzen 25000 Bänden. 14 Schulgärten (ausser dem botanischen Garten der Hochschule). Wesentlich Schulzwecken dient auch das städtische zoologische Museum am Zürichhorn (ehemals «Nägeli-Museum», eine prächtige Sammlung schweizerischer Vögel und Säugetiere).
Die Stadt sorgt ferner für hauswirtschaftlichen Unterricht an den obersten Primarschulklassen. Für die Sekundarschulen sind die nötigen Schulküchen noch nicht vorhanden. Der kantonale Lehrplan schreibt auch hier hauswirtschaftlichen Unterricht vor. Der Turnunterricht ist fakultativ erweitert mit Ausmärschen, Armbrust- und Gewehrübungen. Den Knabenhandarbeitsunterricht besuchen gegen 3000 Schüler; er wird meist von Primarlehrern erteilt, auch in Ferienkursen.
Für Mädchen gibt es 346 Handarbeitsabteilungen. Am Schwimmunterricht nahmen 1907 von der 6 Primarklasse 891 Knaben und 812 Mädchen, total 1703 Schüler teil; die Klasse hat 65% Schwimmkundige. Für die 4.-6. Primarklasse sind Jugendspiele organisiert, mit besondern Instruktionskursen für die Spielleiter (92 Lehrkräfte). 194 Schulabteilungen machten 1907 Schulreisen, an denen 82% aller Schüler teilnahmen und deren (übrigens minime) Defizite inklusive Begleiterkosten die Stadt deckt. Jährlich finden geeignete Gratis-Schülervorstellungen im Stadttheater statt; die städtische Theatersubvention ist u. a. an diese Bedingung geknüpft. Ausser der Stadt Zürich besitzt auch Winterthur eine höhere Schule städtisches Gymnasium mit Merkantilabteilung, Industrieschule und höhere Töchterschule.
Die gewaltige Ausdehnung des Schulwesens hat in den grössern Städten besondre Behördenorganisationen nötig gemacht. In der Stadt Zürich steht über den einzelnen Kreisschulpflegen eine Zentralschulpflege. In dieser haben 8 Vertreter der Lehrerschaft als Präsidenten der sog. Stufenkonvente beratende Stimme. Seit Einführung der neuen Gemeindeordnung (angenommen am bilden die Präsidenten der Kreisschulpflegen und ein Vertreter der Volksschullehrerschaft unter Vorsitz des städtischen Schulvorstandes die sog. Präsidentenkonferenz.
Ihr ist die Aufsicht über die gleichmässige Durchführung der kantonalen Vorschriften für das Volksschulwesen und der städtischen Schulordnung, sowie der Beschlüsse der Zentralschulpflege durch die Kreisschulpflegen übertragen. Die höheren städtischen Schulen haben eigene Aufsichtskommissionen, in welchen sie, ebenso wie in der Zentralschulpflege, durch ihre Rektoren, jedoch nicht (wie die Volksschullehrer) durch selbstgewählte Vertreter repräsentiert sind. Aehnliche Verhältnisse bestehen für die kantonalen Mittelschulen, während Volks- und Hochschule demokratischere Korporativrechte besitzen.
Neben diesen allgemeinen Schulen bestehen zahlreiche Berufsschulen, staatlich und kommunal subventioniert, sowie durch gemeinnützige Gesellschaften und Private unterhalten. Es ist deshalb schwer, sie in offizielle und private Institutionen zu gliedern, wie ja übrigens auch die kantonalen und städtischen Schulen ihrerseits wiederum eidgenössische, kantonale und städtische Beiträge erhalten. Als wichtigste Berufsschulen sind zu nennen, neben den bereits erwähnten: Städtische Metallarbeiterschule in Winterthur (seit 1889; hatte im Jahr 1906 76 ordentliche und 68 ausserordentliche Schüler);
Filiale der landwirtschaftlichen Schule Strickhof (unterste Klasse) in Winterthur;
Zürcherische Seidenwebschule im Letten (gegr. 1881; 1906: 37 Schüler, 5 Lehrer);
zürcherische Lehrwerkstätte für Schreiner (gegr. 1888);
interkantonale Obst- und Weinbauschule Wädenswil (17 Schüler, 3 Lehrer und 5 Hülfslehrer);
schweizerische Fachschule für Damenschneiderei und Lingerie in Zürich (Lehrwerkstätten und Kurse für den Hausgebrauch und Arbeitslehrerinnen-Bildungskurse; gegr. 1889; 490 Schülerinnen und 21 Lehrkräfte);
Haushaltungsschule der Sektion Zürich des schweizerischen gemeinnützigen Frauenvereins mit rund 100 Schülerinnen (gegr. 1898; Kurse für den Hausgebrauch und Haushaltungslehrerinnen-Bildungskurse);
Winterthurer Haushaltungsschule des Frauenbundes (gegr. 1891; 42 Schülerinnen, 9 Lehrkräfte);
Haushaltungsschule des Töchterinstitutes Horgen (gegr. 1897; hatte 1906: 48 Schülerinnen und 7 Lehrkräfte).
Ferner bestehen zahlreiche freiwillige Fortbildungsschulen in gewerblicher, hauswirtschaftlicher und kaufmännischer Richtung. Für Stellungspflichtige sind mancherorts besondre Kurse eingerichtet (Stadt Zürich 1908). Speziell für das Handelsfach haben die Sektionen des schweizer. kaufmännischen Vereins (Zürich gegr. 1861, Winterthur, Wädenswil, Horgen, Uster, Rüti, Stäfa, Thalwil, seit 1908 auch in Wetzikon) mit Subvention durch Bund, Kanton, Gemeinden und Private Fortbildungskurse, Vorträge und Diskussionsabende, Bibliotheken und Lesesäle eingerichtet. Die ¶
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Fortbildungsschule für Handelslehrlinge (mit staatlichen, obligatorischen Lehrlingsprüfungen), die der Kant. Zürich unterhält, ist eine der grössten und bestorganisierten nicht nur der Schweiz, sondern überhaupt aller Länder. In Zürich sind damit auch Kurse für ältere Kaufleute verbunden. Seit 1903 besitzen die Handelswissenschaften auch den Ausbau nach oben, an der juristischen Fakultät der Hochschule.
Für die musikalische Ausbildung sorgt das städtisch subventionierte Konservatorium für Musik (früher «Musikschule») in Zürich, Leitung: Friedrich Hegar und Karl Attenhofer mit Künstler- und Dilettantenschule in eigenem neuen Gebäude, ferner eine grössere Anzahl Privatinstitute, so namentlich die «Musikakademie» Zürich.
Von den zahlreichen reinen Privatschulen seien ihrer allgemeinen Bedeutung und Ausdehnung wegen genannt: freie Schulen, freies Gymnasium (1906: 10 Lehrkräfte und 109 Schüler, davon 5 Mädchen) in Zürich, evangelisches Lehrerseminar in Zürich-Unterstrass in neuem flott eingerichteten Gebäude (73 Schüler, 5 Lehrer), die Handelsschulen Konkordia, Bertsch und Beust, die Töchterbildungsanstalt Boos-Jegher, die Wetli und Grebel-Schule (Mädchenprimar- und Sekundarschule), die Stadlersche Kunstschule. Gross ist ferner die Zahl der privaten Vorbereitungsschulen, welche zum Eintritt in höhere Schulen auf dem Wege der Schnellbleiche vorbereiten. Total gingen im Jahr 1907 in Privatschulen: 760 Schüler der Primarschulstufe, 325 der Sekundarstufe und 490 höherer Stufe;
Lehrkräfte 122.
Ausserordentlich viel Gutes wird im Kant. Zürich getan in sozialer und hygienischer Fürsorge für die Schulkinder. Günstig gelegene, ästhetisch schöne und gesunde Schulhäuser, deren Bau vom Staat überwacht wird, sind der Stolz der Gemeinden, insbesondre auch der Stadt Zürich. Zu den wohltätigsten Institutionen gehören die zahlreichen Jugendhorte, ständigen Ferienhorte, Ferienmilchkuren und die Institution der Ferienkolonien. Die letzteren, durch unentwegte Initiative von Pfarrer Bion ins Leben gerufen, ermöglichen vielen tausend Schulkindern alljährlich einen stärkenden Ferienaufenthalt auf dem Land, in den Bergen.
Bereits bestehen (1907) 24 zürcherische Kolonien (ganze Schweiz 77), ausser den grossen Ferienheimen auf dem Schwäbrig bei Gais, in Urnäsch und auf der Kennelalp ob Mollis. Die Stadt Zürich allein schickte im Jahr 1908 von 1310 dafür angemeldeten Kindern 854 in 16 Kolonien, und für die Sommerferien 1909 ist für einzelne dieser Kolonien zweimalige Besetzung mit je 3 wöchentlichem Aufenthalt angeordnet. Eine Anzahl Lehrer, Lehrerinnen und Lehrersfrauen (1908: 53) pflegen sich zur Leitung derselben zur Verfügung der Behörden zu stellen.
Ein zweitägiger Bazar, der von gemeinnützigen Kreisen in Zürich im Jahr 1907 zu gunsten der Ferienkolonien, sowie der Kinderheilstätte Aegeri organisiert wurde, ergab für die Ferienkolonien allein ein Erträgnis von fr. 53832. Die Frage der Einrichtung wird auf Anregung des städtischen Schularztes Dr Kraft in Erwägung gezogen. Winterthur hat Ferienkolonien am Hörnli, Töss ein Ferienheim in Schönenbühl-Wolfhalden, Meilen seit 3 Jahren solche auf dem Pfannenstiel und auf der Neuforch, Pfäffikon ein Sonnenbad bei Sternenberg; Andelfingen richtete ebenfalls eine Kurkolonie ein.
Erziehungs- und Pflegeanstalten für Geistesschwache bestehen in Erlenbach (2), Goldbach, Pfäffikon, Regensberg (2), Turbenthal, Uster und Wädenswil, zumeist als hochherzige Stiftungen von Privaten oder von der kantonalen gemeinnützigen Gesellschaft gegründet und als öffentlich-wohltätige Anstalten, teilweise mit Staatsunterstützung fortgeführt. Manche grössere Gemeinden haben für schwachbefähigte Schulkinder Spezialklassen eingerichtet, so Zürich (15 Klassen), Winterthur (2), Richterswil, Rüti, Wald, Töss (je 1). Für Versorgung armer, schwachsinniger und verwahrloster Kinder oder jugendlicher Verbrecher verwendete der Kanton Zürich im Jahre 1906 aus dem Alkoholzehntel fr. 16547.
Schliesslich sind noch anzuführen die Kaspar Appenzellerschen Erziehungsanstalten mit industriellem Betrieb in Wangen, Tagelswangen und Brüttisellen, das Pestalozzihaus in Schönenwerd-Aathal, die Pestalozzistiftung für Knaben in Schlieren und die kantonale Korrektionsanstalt in Ringwil.
In der Stadt Zürich besteht seit 1908 ein besondres Kinderfürsorgeamt; daneben amtet für Versorgung verwahrloster Kinder eine Kommission der Pestalozzihäuser; der freiwillige Armenverein hat für vorübergehend pflegebedürftige Kleine ein Kinderheim errichtet. Die Kinderschutzvereinigung nimmt sich misshandelter Kinder, ein Lehrlingspatronat und ein Lehrlingsheim des nachschulpflichtigen Alters an. Auch das Kostkinderwesen wird amtlich beaufsichtigt (1905: 550 Kinder untergebracht reit 2239 Kontrollbesuchen). Für Speisung und Bekleidung dürftiger Schulkinder werden jährlich von der Stadt rund 50000 Fr. verausgabt. An der Mittagssuppe nahmen 1907: 3334 Schüler = 14½% der gesamten Schülerzahl teil;
davon waren 8,1% Stadtbürger, 20% aus andern Gemeinden des Kantons Zürich gebürtig;
36,2% gehörten andern Kantonen an und 35,7% waren Ausländer.
Zur sozialen Fürsorge sind endlich noch die zahlreichen kantonalen, kommunalen und privaten Stipendienfonds zu rechnen, aus denen bedürftige Schüler aller Schulstufen, inklusive Studierende, unterstützt werden können.
Die Besoldungen der Volksschullehrer sind durch Gesetz vom und Verordnung vom geregelt. Als Minimalgehalt ist für Primarlehrer fr. 1400, für Sekundarlehrer fr. 2000 festgelegt, je mit geeigneter Wohnung, 6 Ster Brennholz und 18 Aren Gemüseland. Die Naturalleistungen können durch Barvergütungen ersetzt werden. An die gesetzliche Barbesoldung zahlt der Staat a priori zwei Drittel; an den letzten Drittel leistet er Beiträge. Ausserdem richtet der Staat gesetzliche Alterszulagen von 100 bis auf 500 fr. (über 20 Dienstjahre) aus.
Dazu kommen freiwillige Gemeindezulagen, welche einen ansehnlichen Bestandteil der Lehrerbesoldungen ausmachen können und an die der Staat ebenfalls Beiträge gibt. Steuerschwachen und mit Steuern stark belasteten Landgemeinden bewilligt der Staat Zulagen zur gesetzlichen Lehrerbesoldung, mit dreijähriger Verpflichtungsfrist des Lehrers. Die Zusammensetzung der zürcherischen Volksschullehrerbesoldungen ist also eine ziemlich komplizierte. Bei Erkrankung oder regelmässigem Militärdienst der Lehrer bezahlt der Staat die Vikariate. Für Festsetzung der Ruhegehalte gilt das Unterrichtsgesetz von 1859. Lehrer, welche nach wenigstens 30jährigem Schuldienst aus Alters- oder Gesundheitsrücksichten freiwillig zurücktreten, haben Anspruch auf einen Ruhegehalt von mindestens der halben bisherigen Barbesoldung. Die Lehrer werden direkt vom Volke gewählt.
Vor kurzem ist ein genossenschaftlicher Witwen- und Waisenfonds der Hochschullehrer ins Leben gerufen worden. Sein Kapital betrug auf Schluss 1907 fr. 451110, mit 65 Mitgliedern. Eine bescheidene Witwen- und Waisenstiftung der Volksschullehrer und eine solche für höhere Lehrer und Geistliche besteht offiziell schon längst; ¶