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Vierte (letzte) oder Würm-Eiszeit. Dahin gehören z. B. im Linthgebiet die Endmoränen bei Zürich, am Greifen- und Pfäffikersee und die früheren Stadien unterhalb Schlieren, am Katzensee, bei Oberglatt und der grosse Moränenzirkus von Killwangen-Regensberg-Steinmaur-Stadel-Bülach. Entsprechend im Rheingebiet die Moränenbögen von Ossingen-Stammheim, Uhwiesen-Flurlingen und am O.-Rand des Rafzerfeldes, sowie an der Reuss die zahlreichen Längsmoränenwälle bei Obfelden-Affoltern und im Reppischthal.
In der Postglazialzeit, beim endgiltigen Gletscherrückzug, haben sich noch manche Thalläufe geändert (Rheinfall, ganz jung!). Einzelne Flüsse sind versiegt; heute zeugen nur noch Torfmoore, verlandende Seelein und Trockenthäler von ihrer einstigen Anwesenheit. Sogar in historischer Zeit lässt sich dieser Prozess verfolgen. (Walser's Vergleiche der heutigen mit der Gyger'schen Karte von 1667), Postglaziale Lösslehmablagerungen decken stellenweise die Thalböden (Thurthal bei Andelfingen).
Die grösste Flussverschiebung ist wohl diejenige der Sihl, welche nach dem Rückzug des Linthgletschers ihr angestammtes Thal, das Zürichseethal, durch die linksufrige Seitenmoräne verbarrikadiert fand und sich in einer neuen Rinne zwischen dieser Moräne (Zimmerberg) und dem Albiskamm durchzwängend erst wieder unterhalb Zürich, wo die Gletscherschutthügel das Thal als Endmoränenwall queren, den alten Thalweg gewinnen konnte. Deshalb die rezenten Erosionsformen am Albiskamm. Die Linth dagegen floss damals, als die Sihl noch ihr Stammthal innehatte, durch das Glattthal. Als die Sihl durch rückwärtsgreifende Erosion die Linth ins (heutige) Zürichseegebiet herübergeholt hatte, blieb deren eigenes Thal, des Hauptflusses beraubt, in der Erosion zurück. So kommt es, dass das Glattthal durchschnittlich 50 m höher liegt als der Zürichsee. - Auf zahlreiche unbedeutendere Flussverschiebungen kann aus Raummangel nicht weiter eingetreten werden.
Ausserordentlich gross ist die Zahl der erratischen Blöcke, welche ausserhalb und innerhalb der Endmoränenwälle im ganzen Kanton herum zerstreut liegen und durch ihre alpinen Gesteinsarten allenthalben an die einstige mächtige Ausdehnung der Gletscher erinnern. Wohl der grösste von allen ist der Pflugstein, bei Erlenbach 160 m über dem Zürichsee gelegen, ein rund 2000 m3 haltender kantiger Melaphyrblock aus dem glarnerischen Gandstockgebiet (Verrukanoformation).
Ferner seien genannt: der Okenstein auf dem Pfannenstiel, zahlreiche, konservierte Blöcke in und um Zürich, der Rötelstein bei Oberembrach, der Güggelstein zwischen Rheinsfelden und Glattfelden und viele andere. Das «Haus zum roten Ackerstein» an der Strasse von Zürich-Wipkingen nach Höngg ist aus einem einzigen erratischen Verrukanoblock erbaut. Im Fällandertobel am Zürichberg und ob Waldegg am Uetliberg liegen ganze Blockhaufen. Auch Gletscherschliffe auf Molassefels sind unter Moränenmaterial mancherorts zum Vorschein gekommen, so beim Bau der Eidg.
Landwirtschaftlichen Schule in Zürich und bei Schirmensee unterhalb Rapperswil beim Bau der rechtsufrigen Zürichseebahn. Leitgesteine für die einzelnen Gletschergebiete sind u. a.: Windgällenporphyr und sog. Reussgranit (Erstfelder- und Schöllenengneis, Gotthardprotogine) für den Reussgletscher; Sernifite, Melaphyre, Puntaiglasgranit und Trunserdiorite für Glarnerland und Vorderrheinthal, d. h. für den Linthgletscher und den über Sargans mit ihm vereinigten Rheingletscherarm; Puntaiglas-, Julier- und Albulagranite etc. für den Rheingletscher.
Aus ihrer geographischen Verteilung in den Moränen und als erratische Blöcke lassen sich die ehemaligen Gletscherareale ungefähr rekonstruieren. Der Rheingletscher reichte westl. bis an den Zürichsee, auf dessen rechtem Ufer ziemlich häufig, auf dem linken sehr selten Puntaiglasgranite sich finden. Der Linthgletscher berührte sich am Albiskamm und mitten am Lägerngrat mit dem Reussgletscher, hat aber zeitweise via Menzingen in dessen Gebiet übergegriffen.
Seine O.-Grenze ist etwa von Eglisau an - Töss aufwärts zu ziehen. Gar keine Spuren eiszeitlicher Vergletscherung tragen im Kanton Zürich nur die allerhöchsten Erhebungen des Oberlandes: Bachtel-Allmann und Kreuzegg-Strahlegg-Hörnli. Der «diluviale Eiskragen» reichte dort bis in eine Meereshöhe von rund 1000 m. Von Organismen der Eiszeit sind nur spärliche Reste bekannt: Pflanzen und Süsswasserschnecken aus den interglazialen Schieferkohlen von Wetzikon-Dürnten und aus dem interglazialen (jetzt infolge Abbau verschwundenen) Kalktuff von Flurlingen, einzelne Zähne von Mammut aus Knonau, Hüntwangen u. a. O. Arktisch-alpine Pflanzen aus Glazialthonen am Greifensee (Zwergbirke, Polarweide, Alpendryade etc.). Die Zürcher geologische Sammlung im Polytechnikum hat Reste von Elephas antiquus und E. primigenius, Rhinoceros Merki, Bos primigenius (Auerochs), Cervus alces (Elch), C. elaphus (Hirsch), Ursus spelæus (Höhlenbär). Diese Liste spricht für ein rauheres Klima als das heutige.
Schon der letzten Rückzugsperiode der Gletscher gehört ein bedeutender Fund an, welcher 1890 anlässlich des Bahnhofbaues in Niederweningen im Wehnthal gemacht wurde. Man erbeutete in einer von postglazialem Lehm bedeckten Torfschicht u. a. Ueberreste von 4 erwachsenen und einem embryonalen Exemplar von Mammut. Die Objekte sind in der geologischen Sammlung des eidgen. Polytechnikums aufgestellt.
Als Ablagerungen, deren Bildung heute noch vor sich geht, sind zu nennen: Torf, an sehr vielen Stellen;
Lehm, an Gehängen (Uetliberg) und auf Thalböden;
Seekreide, am Grund der Seen (Zürichsee, Katzensee etc.);
Kalktuff;
Schuttkegel der Bäche (Hornbach, Küsnachterbach etc.);
Thalboden-Alluvionen der Flüsse;
künstliche Auffüllungen (Quaibauten, Dämme etc.). - Anderseits verschwindet Material: Die Wasserfälle in den Molassetobeln fressen sich unter allmähligem Abbröckeln der durchsägten Felsbändchen rückwärts ein, die kleinen Stromschnellen verschieben sich rückwärts, das Thälchen vertieft sich. Ob der Faletsche am Uetliberg musste der Weg auf den Kamm in 60 Jahren mehrmals zurückgesetzt werden und «Zaun und Markstein stürzten unterhöhlt in die Schlucht». Ueberall gibts kleine Rutschungen an den Molassegehängen. Bei einem Hochwasser der Sihl am wurde bei einer Wasserführung von 400 m3 per Sek. 3000 kg feiner Schlamm gemessen, ein gewaltiger Materialtransport, ohne den im Grunde des Flusses transportierten Kies zu rechnen! Auch künstliche Auffüllungen können infolge Ueberlastung absinken und verschwinden (Bahnhof Horgen, Quai in Tiefenbrunnen).
Literatur und geologische Karten. Ausser der geolog. ¶
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Karte der Schweiz 1:100000 (Blatt III, IV, VIII und IX) und den dazu gehörigen Textbänden der «Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz» ist zu nennen das klassische geologische Kapitel in Meyer von Knonaus Kanton Zürich (Gemälde der Schweiz. I.) 1. Band, 2 Aufl. 1844, von Arnold Escher von der Linth, teilweise wörtlich reproduziert in H. Webers Handlexikon des Kantons Zürich 1873. - Heim, Alb. Die geolog. Geschichte des Bodens von Zürich (im 2. Band von Sal. Vögelin. Das alte Zürich). - Heim, Alb. Geologische Verhältnisse (in Zürich und Umgebung; Heimatkunde, herausgegeben vom Lehrerverein Zürich, 1883). - Heim, Alb. Die Geschichte des Zürichsees. (Neujahrsbl. der naturf. Ges. Zürich auf 1891). - Heim, Alb. Die Entstehung der alpinen Randseen. (Vierteljahresschr. der Naturf. Ges. Zürich. 1893). - Heim, Alb. Die Geologie der Umgebung von Zürich. (Bericht des 6. internat. Geologenkongresses in Zürich. 1894). - Wettstein, Alex. Geologie von Zürich und Umgebung. 1885. - Schröter, C. Die Flora der Eiszeit. (Neujahrsbl. der nat. Ges. Zür. auf 1883). - Lang, A. Geschichte der Mammutfunde. (Neujahrsbl. d. nat. Ges. Zürich auf 1892). - Früh, J. Die Drumlins-Landschaft. (Jahresbericht der St. Galler nat. Ges. 1894/95). - Früh, J. Zur Bildung des Tössthales (Eclogæ geolog. Helv. IX, 1907). - Walter, H. Veränderungen der Erdoberfläche im Umkreis des Kant. Zürich. (Jahresbericht der geogr. Ges. Bern. 1896). - Mühlberg, F. Geotektonische Skizze der nordwestl. Schweiz. (Eclogæ geolog. Helv. III). - Mühlberg, F. Geolog. Karte der Lägernkette, 1902. - Penck und Meister. Geolog. Karte über das Diluvium von Schaffhausen und Umgebung. - Penck und Bruckner. Die Alpen im Eiszeitalter. 1909. - Aeppli, Aug. Geolog. Karte des Gebietes zwischen Zürichsee und Zugersee. 1894. - Aeppli, Aug. Zwei Kiesgruben. (Schweiz. pädagog. Zeitschr. 6, 1896). - Du Pasquier, Léon. Ueber die fluvioglazialen Ablagerungen der Nordschweiz. (Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. NF. I, 1891). - Oppliger, F. Dislokationen und Erosionen im Limmatthal. (Jahresbericht des Lehrerseminars Wettingen. 1890/91). - Weber, Jul. Geologie von Winterthur und Umgebung. (Winterthur in Wort und Bild, v. Alex. Isler. 1906). - Weber, Jul. Blatt Pfäffikon, geologisch. 1901. - Weber, Jul. Geologische Untersuchungen der Umgebung von Winterthur. 1906 (mit Karte Blatt Wiesendangen). - Hegi, G. Das obere Tössthal. (Bull. Herb. Boissier. 1902). - Wehrli, L. Ueber den Kalktuff von Flurlingen. (Vierteljahrsschr. d. nat. Ges. Zürich, 1894). Hug, J. Geologie der nördlichen Teile des Kantons Zürich. (Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz. NF. 15) mit 3 geolog. Spezialkarten (Andelfingen, Rheinfall, Kaiserstuhl). 1907, mit zahlreichen Literaturangaben. - Escher-Hess, C. Ueber einige Vorkommnisse der oligozänen und miozänen Molasse und Nagelfluh in der östlichen Schweiz. 1907. - Herbordt. Geologische Aufnahme der Umgegend von Rapperswil-Pfäffikon. Diss. Zürich 1907. - Wehrli, L. Geologisches über die Stadt Zürich und Umgebung (Festschrift für den deutschen Verein für öffentl. Gesundheitspflege, 1909).
4. Bergwerke; Mineralien; Steinbrüche etc.
Nach dem Berggesetz von 1805 ist der Staat Eigentümer unterirdisch gewonnener Kohlen, Erze etc. Ein einziges Kohlenbergwerk besteht noch im Kanton Zürich: Das staatliche Braunkohlenbergwerk von Käpfnach bei Horgen, verbunden mit Zementwerk. Das 11-42 cm mächtige Kohlenflöz wurde von 1784 an bearbeitet, mit sehr wechselnden, meist negativen Resultaten. Einzig das Kriegsjahr 1871 brachte ihm infolge allgemeiner Kohlennot eine kurze Blütezeit. Es beschäftigte damals etwa hundert Arbeiter.
Auch anderswo in der obern Süsswassermolasse (seltener in der untern) wurden zeitweise kleine Kohlenflöze ausgebeutet: Riedhof im Reppischthal, Elgg, Raat im Tössthal, Bachtel und Umgebung, Wehnthal, Regensdorferthal - stets nur wenige cm dicke Schichten von beschränkter Ausdehnung, oder noch unbedeutendere Nester verkohlten Schwemmholzes. Ferner diluviale Schieferkohlen bei Wetzikon-Dürnten. Angesichts vieler bekannter Nachforschungen ist «das Vorhandensein noch nicht gefundener, abbauwürdiger Lager nicht absolut ausgeschlossen, aber höchst unwahrscheinlich.» Zudem sind die Kohlen von geringer Qualität.
Salz besitzt der Kanton Zürich nicht. Bohrversuche in Eglisau und im Wehnthal (1821/22) blieben ohne Erfolg. Der Staat bezieht Salz aus den Rheinsalinen und von der Saline Miserey und zwar jährlich 50000 q Kochsalz, 7000 q Gewerbesalz und 24000 q Industriesalz (1907). - Von Erz-Ausbeute ist einzig ein Versuch auf Bohnerz bekannt, der 1815-1820 bei Flurlingen am linken Rheinufer unternommen wurde und eine kleine Quantität Eisen in das damalige Schmelzwerk von Neuhausen lieferte. Ebenso in noch kleinerem Masstabe bei Boppelsen südl. der Lägern. - Bausteine liefert die Meeresmolasse aus ihren Muschelsandsteinbänken. Die obere Süsswassermolasse ist meist zu mergelig und bröckelig - vielleicht weil sie zu wenig Bindemittel hat - oder durch Glimmerlagen zu schiefrig. Doch werden auch diese weichen Sandsteine für gewisse Zwecke verwendet (Ofenplatten). - Stark verwitterter Sandstein bietet im sog. Quarzsandbergwerk Krähstel bei Buchs-Regensdorf das Rohmaterial für die Flaschenfabrik in Bülach. - Ein merkwürdiger Kollektiv-Steinbruch liegt bei Lufingen: Sandsteine ¶