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schweizerischen Glasmalerei. - 4) Die öffentlichen Lesesäle in der Kunsthalle und im Tössfeld, ersterer 1901, letzterer 1908 eröffnet, beide von der Stadt errichtet und betrieben. - 5) Das Stadtarchiv im Stadthaus, sachgemäss geordnet, enthält wertvolle und weit zurückdatierende Urkunden.
Trotz der auf Erwerb gerichteten Arbeit der Bewohner finden künstlerische Bestrebungen einen guten Boden. Auf dem Gebiet der bildenden Kunst entfaltet der 1848 gegründete Kunstverein eine fruchtbare Tätigkeit. Für theatralische Vorstellungen steht der Theatersaal im Kasino zur Verfügung. Das Schauspielerpersonal einer benachbarten Stadt, meist St. Gallen, gibt über den Winter eine Serie von Vorstellungen und erhält von der Stadt eine Subvention von 4500 Fr. mit der Verpflichtung zu billigen Volksvorstellungen. Seit vielen Jahren besteht im «Strauss» ein Sommertheater. - Das Musikkollegium, eine seit 1629 bestehende Gesellschaft, unterhält während des Winters ein Stadtorchester und veranstaltet alljährlich eine Serie von Abonnementskonzerten, sowie regelmässige Volkskonzerte. Es erhält dafür eine städtische Subvention von Fr. 2500. Die Instrumentalmusik pflegen ausserdem zwei uniformierte Musikgesellschaften, verschiedene Dilettantenorchester, Musikvereine etc. Sehr zahlreich sind die Gesangvereine.
Von Vereinen mit künstlerischen und wissenschaftlichen Zwecken verdienen Erwähnung: Der historisch-antiquarische Verein, der Kunstverein, die kaufmännische Gesellschaft, die naturwissenschaftliche Gesellschaft. Letztere gibt alle 2 Jahre eine Publikation mit Originalarbeiten heraus. Bemerkbar macht sich auch die Tätigkeit des seit 1899 bestehenden Verkehrs- und Verschönerungsvereins. Von den 10 ausser der Landeskirche bestehenden religiösen Gemeinschaften sind die an Zahl bedeutendsten: Die Gesellschaft des evangelischen Vereinshauses und die Methodistengemeinde.
Die Zahl der Vereine ist sehr gross. 1908 zählte man in Winterthur deren 276.
In Winterthur erscheinen 3 politische Tagesblätter: Der Landbote als Organ der Demokraten, das Neue Winterthurer Tagblatt als Organ der Freisinnigen und die Winterthurer Arbeiterzeitung, Organ der Sozialdemokraten.
Gemeindeordnung und Verwaltung.
Die Gemeindeordnung vom Jahr 1895 ist im wesentlichen immer noch die gleiche, wie sie die kantonale Verfassung und das Gemeindegesetz für die zürcherischen Gemeinden vorschreiben. Doch sind einige durch den Umfang des Gemeinde und den Verwaltungsmechanismus bedingte Ausnahmen zu konstatieren. So steht zwischen der hauptsächlichsten Verwaltungsbehörde, dem Stadtrat, und der Gemeinde der Grosse Stadtrat, welcher die Vorprüfung der an die Gemeindeversammlung gehenden Geschäfte besorgt.
Mit der politischen Gemeinde fallen räumlich zusammen die Schulgemeinde, der Sekundarschulkreis, die Bürgergemeinde und die reformierte Kirchgemeinde. Diesen selbständigen Gemeinden stehen vor der Stadtrat, die Schulpflege, die Sekundarschulpflege, die bürgerliche Armenpflege, die Kirchenpflege. Für die Rechnungsführung und den Geldverkehr dieser Gemeinden besteht eine zentrale Verwaltung. Die katholische Kirchgemeinde umfasst auch die Nachbargemeinden Töss, Wülflingen, Veltheim, Oberwinterthur und Seen.
Sie hat keinen Kontakt mit der städtischen Zentralverwaltung. Die Amtsdauer sämtlicher Behörden und Beamten beträgt drei Jahre, diejenige des Friedensrichters, der Lehrer und der Geistlichen 6 Jahre. Stadtrat, Grosser Stadtrat, die Schulbehörden, Steuerkommission, Armenpflege, Kirchenpflege werden von der Gemeinde durch die Urne gewählt, letztere beiden Behörden durch die Stimmberechtigten der Bürgergemeinde, bezw. der reformierten Kirchgemeinde.
Durch die Gemeindeversammlung werden gewählt die kantonalen und eidg. Geschwornen, sowie das aus 120 Mitgliedern bestehende Wahlbureau. Die Gemeindeversammlung bildet in Gemeindeangelegenheiten die oberste, entscheidende Instanz. Ihr sind die Budgets, die Rechnungen, die Geschäftsberichte der Verwaltungsbehörden, sowie sämtliche Anträge der Behörden, die eine einmalige Ausgabe von mehr als 10000 Fr. oder regelmässig wiederkehrende Ausgaben von über 5000 Fr. zur Folge haben, und die über 2500 Fr. hinausgehenden Besoldungsansätze zur Genehmigung zu unterbreiten.
Der Grosse Stadtrat hat für alle diese Geschäfte die Vorbereitung und Antragstellung; er dekretiert Ausgaben unter den genannten Ansätzen, entscheidet endgiltig über Kauf- und Verkaufsverträge und wählt die Gesundheitskommission, die Gewerbekommission, die Krankenpflege, die Rechnungsprüfungskommission, die Geschäftsprüfungskommission. Die Mitglieder der Behörden erhalten ein Sitzungsgeld von 3 Fr. Der Stadtrat wählt alle Angestellten der städtischen Verwaltung mit Ausnahme derjenigen der Bürger- und der Kirchgemeinde.
Von den 7 Mitgliedern sind der Stadtpräsident und der Bauamtmann voll besoldet (5600 und 5400 Fr.) und haben sich ausschliesslich ihrem Amt zu widmen. Die übrigen Mitglieder erhalten je nach Beanspruchung Entschädigungen von 3000-4000 Fr. Die Zahl der Stimmberechtigten der politischen Gemeinde beträgt 5880, der Bürgergemeinde 2230, der reformierten Kirchgemeinde 4900. An der Gemeindeversammlung, die im Jahr etwa viermal einberufen wird, beteiligen sich in der Regel bloss 2-5% der Stimmberechtigten. Beteiligungen von 5-10% sind seltene, solche von über 10% ausserordentliche Vorkommnisse.
Die Rechnung der politischen Gemeinde für 1907 weist auf: an Einnahmen Fr. 2892
730 und an Ausgaben Fr. 2
916
607. Das Defizit
von Fr. 23878 wurde durch Entnahme aus der Steuerreserve (Fr. 526638) gedeckt.
Mit der Staatssteuer im Betrage von Fr. 995000 hat die Stadt Fr. 2
085
000 an Steuern aufgebracht (ohne die Armen- und die
Kirchensteuer).
Die Gemeindesteuern sind durch Gesetz vom gleich denjenigen der Stadt Zürich organisiert. An Stelle der in den Landgemeinden bestehenden Haushaltungssteuer tritt eine progressive Einkommensteuer. Die politische Gemeinde verfügt über folgende Steuerkräfte:
Vermögen 130 Mill. Fr., Einkommen 7 Mill. Fr. und Mannsteuer 6400 Fr.
Der Steuerfuss beträgt gegenwärtig 6 Fr. vom 1000 Fr. Vermögen, 9 vom Mann und das sechsfache der einfachen Einkommensteuer. Von der männlichen Bevölkerung vom 20. bis zum 50. Altersjahr, sofern sie nicht aktiven Dienst leistet, wird eine Feuerwehrsteuer erhoben in 12 Klassen von 2-60 Fr.
Bürgergemeinde: Einnahmen (1907) Fr. 192669, Ausgaben Fr. 162
594;
Vermögen Fr. 1587
600.
Winterthur

* 2
Seite 46.691.Die reformierte Kirchgemeinde verzeichnet an Einnahmen und Ausgaben je Fr. 42798. Steuerkapital 115 Mill. ¶
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Fr., Vermögen 249580 Fr. Im Dienste der Kirchgemeinde stehen 4 Pfarrer. Steuer: 0,3‰. - Die katholische Kirchgemeinde,
gegründet 1863, verfügt über ein Steuerkapital von Fr. 5
072
000.
Die städtische Verwaltung beschäftigt 163 Angestellte und etwa 250 Arbeiter. Das Polizeikorps zählt 31 Mann. Die Stadt bildet einen Notariatskreis. Ausserdem haben der bequemen Verkehrsmittel wegen die Notariatskreise Wülflingen und Oberwinterthur ebenfalls hier ihren Sitz. Als Kantonsratswahlkreis wählt die Stadt 12 Mitglieder des Kantonsrates, als Synodalwahlkreis 8 Abgeordnete in die Kirchensynode. Die Stadt ist Bezirkshauptort und als solcher Sitz des Statthalteramtes, des Bezirksrates, der Bezirksanwaltschaft und des Bezirksgerichtes.
Wohltätigkeit.
In Anbetracht ihrer Grösse ist die Stadt Winterthur überaus reich an gemeinnützigen und wohltätigen Anstalten. Und in der Tat ist bei den eigenartigen Verhältnissen der Stadt, bei dem Vorhandensein eines zahlreichen Proletariats, dann auch infolge der Nähe der Landesgrenze und der nach allen Seiten gehenden bequemen Verkehrswege das Bedürfnis nach Unterstützung ein sehr grosses. Wir haben zu unterscheiden zwischen städtischen und privaten Wohltätigkeitsanstalten. Hiebei ist daran zu erinnern, dass auch die privaten Unterstützungsanstalten (z. B. Ferienversorgung, Suppenanstalt) direkt oder aus den von der Stadt verwalteten Fonds Subventionen erhalten.
A. Städtische Organe. Gemäss dem im Kanton Zürich
gesetzlich geregelten Prinzip ist die Bürgergemeinde für ihre Angehörigen
im Falle ihrer Verarmung unterstützungspflichtig. Die Bürgergemeinde verfügt über ein Vermögen (Armengut geheissen)
von Fr. 1547
700, dessen Zinsen im Betrage von Fr. 50000 zu Unterstützungszwecken dienen. Ausserdem wird eine Armensteuer
erhoben mit einem Ertrage von Fr. 105
000. Der Steuerfuss ist seit einer Reihe von Jahren in regelmässigem Anwachsen begriffen.
Zur Zeit beträgt er 0,8‰ vom Vermögen. Die Ursache der Vermehrung der Ausgaben geht parallel mit
der Vergrösserung der industriellen Geschäfte, rührt aber zum Teil auch von der kantonalen Gesetzesbestimmung her, welche
die Gemeinden zur Einbürgerung von Kantonsbürgern nach zehnjährigem Aufenthalt verpflichtet. Die Stadt unterhält: a)
Eine Waisenanstalt mit 42 Zöglingen (Einnahmen 4200 Fr., Ausgaben 23938 Fr.). 77 Kinder sind bei Familien
untergebracht (Ausgaben hiefür 14710 Fr., für Lehrlinge 6093 Fr.). - b) Eine Pfrund- und Armenanstalt mit rund 100 Insassen
(Einnahmen 36000 Fr., Ausgaben 75780 Fr.). Ausserhalb dieser Anstalt wurden im Jahr 1906 unterstützt 201 alte und gebrechliche
Personen, 73 Kranke und vorübergehend 78 anderweitige Personen. Gesamtausgaben für Unterstützungszwecke
Fr. 143100. Das Armenwesen wird besorgt durch die bürgerliche Armenpflege (7 Mitglieder). Die städtische Krankenpflege,
eine Behörde der politischen Gemeinde, zählt 5 Mitglieder und unterstützt Kranke ohne Rücksicht auf ihre Herkunft. Sie
unterhält ein Krankenmobilienmagazin, besoldet eine Krankenschwester und verabreicht einem privaten
Krankenwärter ein Präsenzgeld.
B. Von den privaten gemeinnützigen Vereinen ragen vor allem hervor:
1) Die 1812 gegründete Hülfsgesellschaft. Ihr Wirkungskreis erstreckt sich in neuerer Zeit mit Umgehung des Stadtgebietes
auf die Landgemeinden des Bezirkes Winterthur und der angrenzenden Bezirke. Ihr Zweck ist die Unterstützung Notleidender.
Auf ihre Initiative sind ins Leben gerufen worden das Krankenmobilienmagazin (jetzt im Betriebe der Stadt),
die Sparkasse der Hypothekarbank, die Suppenanstalt, die Fröbelschen Kindergärten. Das Vermögen der Gesellschaft beträgt
Fr. 146000. - 2) Der freiwillige Armenverein, gegründet 1870, verabreicht an Notleidende im Stadtgebiet Unterstützungen
an Geld und Naturalien. - 3) Der Frauenverein, ins Leben gerufen 1838, verschafft verdienstlosen
weiblichen Personen passende Arbeit, unterstützt auch Arme und Anstalten durch Verabreichung von Naturalien. - 4)
Der Frauenbund, gegründet 1888, vorerst als Sektion des schweizer. Frauenverbandes, seit 1889 selbständig.
Dieser Verein betreibt a) ein Mädchenheim (Herberge), b) ein Stellenvermittlungsbureau, c) eine Haushaltungsschule, d) eine Kinderkrippe, e) die Kochschule. Der Verein verfügt über ein Vermögen von 88000 Fr. Ausserdem bestehen im Stadtgebiet eine ganze Reihe von Unterstützungs- und Hilfsvereinen teils allgemeiner Art, teils für gewisse Gruppen der Bevölkerung. Daneben haben die industriellen Geschäfte ihre Geschäftskrankenkassen mit gemeinnützigem Charakter.
Diejenige der Firma Gebr. Sulzer enthält ausser der regulären obligatorischen Kasse eine solche zur
Unterstützung erkrankter Arbeiter mit folgenden Unterabteilungen: Kurversorgung, Unterstützungsfond, Altersfond, Lebensversicherung,
Vorschüsse zum Ankauf eigener Häuser. Die Firma besitzt auch eigene Arbeiterwohnungen und stellt den Arbeitern ihr Kasino
mit Speisesaal, Lesesaal, Bibliothek, Badeeinrichtungen zur Verfügung. Sie unterhält auf ihre Kosten eine Fortbildungsschule.
Die Lokomotivfabrik subventioniert ihre Krankenkasse ebenfalls und betreibt auf ihre Kosten die Unfallversicherung.
Die Firma hat Arbeiterhäuser, die in der Bilanz mit Fr. 285000 figurieren. Auch dieses Geschäft stellt den Arbeitern ein
«Wohlfahrtshaus» zur Verfügung. Das Geschäft besoldet mehrere Lehrer
für die eigene Fortbildungsschule. Eigene Krankenkassen haben auch noch andre grosse Geschäfte der Stadt.
Für die schulpflichtige Jugend bestehen folgende Veranstaltungen:
1) Die Ferienkolonien, seit 1881 in Betrieb. Die Kolonisten sind jeweilen während der ersten 3 Wochen der Sommerferien in den 8 Kolonien im obern Tössthal, die meisten am Hörnli in einer Höhe von 900 m, untergebracht. Diese Kolonien bieten 120 Knaben und 130 Mädchen Unterkunft. Für sehr schwächliche Kinder wird die Kur auf 4 Wochen ausgedehnt. Für solche, die keine Aufnahme finden, werden Milchstationen im Eschenberg, Bruderhaus, Hessengütli eingerichtet.
Hier erhalten 150 Kinder jeden Abend Milch und Brot und werden sie spazieren geführt. Die Gesamtkosten für die Ferienkolonie und die Milchstation betragen Fr. 12000 per Jahr. Die Mittel werden in Form von freiwilligen Beiträgen, Konzerterträgnissen etc. aufgebracht, soweit der Zins des Fr. 70000 betragenden Fonds nicht ausreicht. Dem nämlichen Komite ist der Kinderhort im Kindergartengebäude im Lind unterstellt. Als weitere Unternehmungen dieser Art bestehen:
2) Die Bezirksferienkolonie unter der gemeinnützigen Gesellschaft des Bezirks Winterthur. - 3) Die Ferienkolonie für Mädchen des Vereins der Freundinnen junger Mädchen. - 4) Das Ferienheim Winterthur auf dem Schwandenerberg (1106 m) im Kant. Glarus, speziell zu diesem Zwecke erbaut und eingerichtet. Es gehört einer Privatgesellschaft, welche hier während der Ferien 35 Knaben im Alter von 12-17 Jahren gegen Entschädigung aufnimmt. Der Aufenthalt dauert 20 Tage.
Die Kosten belaufen sich per Kopf und Tag auf Fr. 3,30. Im Wintersemester, seit 1908 während des ganzen Schuljahres, werden in sämtlichen Primarschulhäusern an schwächliche oder kränkliche Kinder, meist gratis, Brot und Milch verabreicht. Bedürftige Kinder erhalten auf Verwenden der Lehrer unentgeltlich Kleidungsstücke, namentlich Schuhe. Neben den zahlreichen Unterstützungsvereinen bestehen auch Samaritervereine, ein Verein vom Roten Kreuz, Vereine zur Bekämpfung des Alkoholgenusses. Von letztern sei erwähnt der Frauenverein für Errichtung alkoholfreier Wirtschaften, der 2 grössere Restaurants betreibt.
Krankenanstalten.
1) Der Kantonsspital. Das Hauptgebäude wurde 1874 als städtisches Krankenhaus gebaut, 1886 vom Staat erworben und seither als Kantonsspital für den nördl. und östl. Kantonsteil betrieben. Er hat 25 Krankenzimmer mit 120 Betten. Daneben befinden sich 2 Pavillonbauten: das Absonderungshaus (12 Zimmer mit 40 Betten) und das Diphtheriegebäude mit 25 Betten. Die mit dem Spital verbundene Poliklinik gewährt an Unbemittelte unentgeltliche ärztliche Hülfe. Die Zahl der Patienten im Jahr 1907 betrug 1675. 2) Das Privatkrankenhaus ist durch eine Gesellschaft ins Leben gerufen und im November 1906 eröffnet worden. Das wohl eingerichtete Gebäude steht in aussichtsreicher, sonniger Lage auf dem Lindberg. Es verfügt über 40 Betten. Die Patienten haben freie Arztwahl.
Als Vereins- und Volkshäuser sind aufzuführen:
1) Wohlfahrtshaus (Kasino) der Firma Gebr. Sulzer;
2) Wohlfahrtshaus der Lokomotiv- und Maschinenfabrik, beide mit Speisesälen, Lesesälen, Bädern, Lehrzimmern für die ¶