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Stadtkern und die mit Ausnahme der Wartstrasse durchwegs offen gebauten neuen Quartiere. Die Grenze zwischen beiden Gebieten bildet eine die ganze Altstadt umfassende Ringstrasse, zusammengesetzt aus Bahnhofplatz-Museumstrasse-Platanenstrasse-Kasernenstrasse und Eulachstrasse. Die Altstadt hat die Form eines länglichen Trapezes mit Richtung von O. nach W. Seine Länge beträgt 720 m, die grösste Breite 300 m, die geringste 50 m. Die Altstadt schneiden in der Richtung S.-N. zwei breite Strassen, Graben und Kasinostrasse-Neumarkt, in drei Teile.
Der annähernd quadratische mittlere Teil stellt die ursprüngliche Stadt vor, die einst ohne Zweifel in diesem Umfang mit Mauern umgeben war. Etwa in der Mitte des 14. Jahrhunderts wurden im O. die «Neustadt», im W. das Untertorquartier angebaut und die Stadtmauern entsprechend erweitert. Durch die Stadt führt, als Fortsetzung der Zürcherstrasse und beim Obertor in die Römerstrasse übergehend, das von Häuserreihen eingeschlossene Stück einer uralten Verkehrsstrasse (Zürich-Bodensee), die Marktgasse, jetzt noch die Hauptverkehrsader der Stadt.
Sie bietet architektonisch nicht viel bemerkenswertes. Als einzige Ueberreste der alten Zeit und älterer Bauart sind zu erwähnen die gotische Fassade der Kunsthalle und die Fassade des alten Rathauses (jetzt Gerichtshaus) im Spätrenaissancestil. Parallel zur Marktgasse erstreckt sich südl. der Stadtkirche die Hintergasse (jetzt in Steinberggasse umgetauft) von beträchtlicher Breite, aber mangels richtiger Zufahrten nicht oder wenig vom allgemeinen Verkehr berührt.
Wir bemerken hier das Pfarrhaus und das Geburtshaus von Jonas Furrer. Der inmitten des Häuserblocks befindliche Kirchplatz kann nur mittels schmaler Zugänge erreicht werden. Hier steht die 1501-15 erbaute Stadtkirche, vor der Reformation dem h. Laurentius geweiht. In den Formen sehr einfach gehalten, ist sie immerhin ein imponierender gotischer Bau. Im Innern sind sehenswert eine Transfiguration von Raphael (Kopie von Weckesser), die dekorativen Malereien von Wildermuth und die prächtigen Glasmalereien.
Die Orgel stammte in ihrer ursprünglichen Gestalt aus dem Kloster Salmannsweiler (Grossherzogt. Baden) und ist einige Male umgebaut worden. Sie zählt 52 Register und ist die erste, welche nach der Reformation in ein zürcherisches Gotteshaus Einzug hielt. Die beiden Türme erhielten ihre Höhe von 65 m und ihre jetzige Gestalt 1659, bezw. 1794. Ihre eigentümlichen Formen machen sie zu einem recht charakteristischen Wahrzeichen der Stadt. Der südliche kann seine Herkunft aus der Zopfzeit nicht verleugnen.
Das sehr harmonische Geläute stammt aus 1869. Die bemerkenswertesten Bauten liegen an der Ringstrasse, deren schönstes Stück, die schönste Strasse der Stadt überhaupt, die Museumstrasse ist. Wir finden da die Gebäude der Kantonalbankfiliale (früher eidg. Postgebäude), der schweizer. Volksbank, der Bank in Winterthur und der Hypothekarbank. Das der Stadt gehörende Kasino mit Theater- und Konzertsaal etc. wirkt durch seine einfachen Formen. Etwas weiter oben stehen zwei grosse Schulgebäude: das Museum, zugleich Gymnasium und Industrieschule, und ein Primarschulhaus.
Auf dem Vorbau des 1842 erstellten Museums stehen vier Sandsteinfiguren: Ulrich Zwingli, Konrad Gessner, Heinr. Pestalozzi und J. G. Sulzer. Hinter diesem Gebäude befinden sich die prächtigen Anlagen des Stadtgartens. Gleich oberhalb auf freiem Platze an drei Strassen steht das Stadthaus. Es wurde 1865-69 nach dem Plan von Gottfried Semper erbaut und gilt als eine der besten Arbeiten des berühmten Meisters. Grossartig dominiert der besonders vornehm wirkende Mittelbau mit der viersäuligen Vorhalle korinthischer Ordnung, dem Giebel und seinen Aufsätzen, dem Standbild der Pallas Athene und der vorgelagerten doppelarmigen Freitreppe.
Die Gesamterscheinung ist vornehm wie selten bei einem öffentlichen Gebäude. Das Stadthaus enthält im Mittelbau den Gemeindesaal in Form einer Basilika. In den Seitenflügeln ist die Stadtverwaltung untergebracht. Die Fontäne vor dem Stadthaus wird bei festlichen Anlässen mit Volldruck springen gelassen und steigt dann bis über den Giebel des Mittelbaues empor. An der Platanenstrasse steht das Primarschulhaus Geiselweid. An der Kasernenstrasse gewahren wir zunächst die alte Kaserne, beachtenswert als Fachwerk- oder Riegelbau. Unweit davon die Gebäude des kantonalen Technikums. Das ältere Hauptgebäude tritt nunmehr etwas zurück vor dem 1907/08 erstellten ¶
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Neubau. Beide Hauptgebäude stehen durch eine Gallerie auf drei hohen Rundbogen miteinander in Verbindung. Zum Technikum gehören noch das Chemiegebäude und das Gewerbemuseum. Auf dem nahen Heiligenberg wird sich nächstens (etwa 1910) ein imponierendes Sekundarschulhaus erheben. Der Bahnhof ist 1894/95 auf seine jetzige Grösse erweitert worden. Das Gebäude weist ausser den beiden Kuppeltürmen keine Besonderheiten auf. Ein architektonisch hervorragender Bau ist dagegen das eidg.
Postgebäude am Bahnhofplatz, im Stil der französischen Renaissance. Ganz in der Nähe der Post macht sich das Verwaltungsgebäude der Weltfirma Gebr. Volkart durch edle gotische Formen bemerklich. Schon seit mehreren Jahrzehnten wurde der Niveau-Bahnübergang der Zürcherstrasse als ein schweres Verkehrshindernis empfunden. Nach langwierigen Verhandlungen ist endlich ein Vertrag zwischen der Stadt und den Bundesbahnen zustande gekommen, gemäss welchem die Bahn die Unterführung der Zürcherstrasse, die Korrektion der hier einmündenden Strassen und die notwendige Verlegung und Einwölbung der Eulach ausführt.
Die Bauten sind auf 1100000 Fr. veranschlagt. Die Stadt hat daran rund 300000 Fr. zu leisten. Mit den Arbeiten soll noch im Jahr 1909 begonnen werden. Schon 1888 wurden die Schaffhauser- und Wülflingerstrasse unterführt. Die der Altstadt angegliederten verhältnismässig noch jungen Quartiere wachsen in der neuesten Zeit auch an die Abhänge empor. Vereinzelte Häuser oder Häusergruppen ausserhalb der alten Stadt gab es schon längst; aber die systematische Anlage von Quartieren begann erst mit dem Aufschwung der Industrie in den 1860er Jahren.
Von der Altstadt gehen radial 12 Strassenzüge aus: 4 nach O., 3 nach N. (die sich im Rosenberg zur Schaffhauserstrasse vereinigen), 2 nach W. und 3 nach S. Diese letztern führen nach dem Eschenberg und haben nur lokalen Charakter. Zu erwähnen ist ferner ein vom Neuwiesenquartier nach Wülflingen führender, stark begangener Fussweg von Fahrwegbreite. Hauptverkehrswege sind: Zürcherstrasse, Wülflingerstrasse, Schaffhauserstrasse, Römerstrasse (nach Frauenfeld), St. Gallerstrasse, Tössthalstrasse.
Ihnen folgen auch 6 der von Winterthur ausgehenden Eisenbahnlinien. Die O.-Quartiere sind: Aeussere Tössthalstrasse, Deutweg, Pflanzschule, Römerstrasse, Friedhofquartier. Einen vornehmen Charakter zeigt hier namentlich die Römerstrasse mit zahlreichen Villen. Am Fuss des Lindbergs liegt der Friedhof mit der eleganten gotischen Friedhofkapelle und zahlreichen Grabdenkmälern. Unter diesen ist bemerkenswert ein Obelisk von rotem Sandstein, der die Namen der hier begrabenen französischen Internierten von 1871 trägt.
Gemäss Gemeindebeschluss wird nun der Friedhof westlich nach dem «Rosenberg», einer Einsattelung zwischen Lindberg und Wolfensberg verlegt. Ein Krematorium ebendaselbst wird im Jahr 1910 in Betrieb gesetzt. Besonderer Erwähnung wert sind die Anlagen im Walkeweier, einem in den westl. Lindberg eingeschnittenen Waldthälchen, ein liebliches Idyll mit mehreren Weiern, mit Steingruppen, Wasserfällen, zierlichen Brücken und schattigen Spazierwegen. Vier parallel laufende Eisenbahnstränge trennen das ansehnliche Lindquartier in das innere und das äussere Lind. Die Häuser liegen hier vornehmlich im Grün der Bäume und Gärten gebettet. Im Lindquartier sind beachtenswert das Verwaltungsgebäude der «schweizer. Unfallversicherungsgesellschaft Winterthur», die Haushaltungsschule des Frauenbund, der Kantonsspital (früher städtisches Krankenhaus, erbaut 1874-76), die ausgedehnten Gebäulichkeiten der Brauerei Haldengut, das neue Privatkrankenhaus.
Gegen W. folgt das Quartier an der Schaffhauserstrasse. Hier macht sich das imposante Verwaltungs- und Lagergebäude des Verbandes ostschweizerischer landwirtschaftlicher Genossenschaften recht bemerkbar. Unweit davon, an Stelle der ehemaligen Kapelle St. Georgen (im Jahr 1884 abgetragen), erhebt sich das Knaben-Sekundarschulhaus. In dessen Nähe steht an der Schaffhauserstrasse das Jonas Furrer-Denkmal, eine Bronzebüste auf rötlichem Syenitpostament. Im Stadtgebiet begegnet man sonst keinen weitern persönlichen Denkmälern. Dagegen erinnert uns ein Findling mit Bronzetafel auf dem Reservoir im Eschenberg an den Begründer und Erbauer der Wasserversorgung, Ingenieur Weinmann, und in der Nähe des Bruderhaus ein ähnliches Denkmal an den verdienten Oberförster Weinmann.
Zwischen Wülflinger- und Zürcherstrasse liegt das durch den Bahnhof von der Stadt abgeschnittene Neuwiesenquartier. Vom Bahnhof abwärts führt die einzige geschlossen gebaute Gasse ausser der alten Stadt, die Wartstrasse. Zentrum des Quartiers ist die 1865-68 erbaute katholische Kirche zu St. Peter und Paul in gotischem Stil. In den Jahren 1886-1891 erfuhr die Kirche im Innern eine weitgehende Bereicherung und Verschönerung. Das Quartier grenzt im W. an die als Schiessplatz, sowie als Exerzier- und Festplatz dienende Schützenwiese.
Das Neuwiesenquartier wird meistens von Leuten des Mittelstandes, zum Teil auch von Arbeitern bewohnt. Als ausgesprochenes Industrie- und Arbeiterquartier präsentiert sich das Tössfeld- und Schönthalquartier, begrenzt einerseits von der sehr breiten Zürcherstrasse und vom Brühlberg, anderseits vom Vogelsang, d. h. dem entwaldeten westl. Abhang des Eschenbergs. Auch dieses Quartier wird durch den Güterbahnhof und durch die Eisenbahnlinie nach Zürich durchschnitten, bezw. eingeengt. Es geht ohne sichtbare Grenze in das Dorf Töss über.
Zunächst dem Bahnhof befinden sich die Werkstätten von Gebr. Sulzer, denen sich diejenigen der Lokomotivfabrik unmittelbar anschliessen. Die Areale der beiden Etablissemente nehmen mindestens soviel Flächenraum ein als die alte Stadt. Der südwestl. Teil des Quartiers hat neben ältern kleinen Arbeiterhäuschen ganz ansehnliche Wohnhäuser. Im Mittelpunkt steht das Quartierschulhaus mit Turnhalle, daneben die öffentliche städtische Badanstalt mit Lesesaal. Am Brühlberg erhebt sich eine Gruppe von Wohnhäusern neuern Stils, die ebenfalls lebhaft im Kontrast stehen zu der nüchtern Bauweise der Mietkasernen.
Auch die als Vorsprung des Eschenbergs erscheinende sog. Breite ist sporadisch mit Villen und Wohnhäusern besetzt, unter letztern einige von der Stadt erstellte Arbeiterhäuser. Diese Wohnungspolitik der Stadt ist als Versuch zu betrachten. Das nach S. sich ausdehnende Quartier Wildbach-Langgasse hat sich in letzter Zeit ebenfalls bedeutend entwickelt. Hier finden sich die Militärstallungen mit Unterkunftsräumen für Truppen, die Metallarbeiterschule, das eidg. Zeughaus für die 11. Brigade, die städtische Desinfektionsanstalt. Den nur wenig benutzten Viehmarkt überschatten üppige Kastanien- und Ahornbäume. ¶