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von Saane und Simme und mittels des Engstligenbaches auch des westl. Abschnittes des Kandergebietes. Engstligenbach und Saane entspringen beide am Wildstrubel in weiten Amphitheatern, deren oberste Stufen von Gletschern bedeckt sind, im Zirkus der Engstligenalp und in demjenigen des Räzliberges. Die Saane und ihr rechtsseitiger Zufluss, der Lauibach, entfliessen den Gletschern an den Diablerets und des Wildhorns. Diese Zuflüsse der Aare sind mit der nach der Rhone gehenden Grande Eau, welche die Wildhorngruppe im W. begrenzt die wichtigsten Gewässer des Gebietes und fliessen alle vier durch ziemlich breite Thäler. Im Gegensatz dazu sind die auf der S.-Abdachung der Gruppe entspringenden Bäche weniger wasserreich, dafür aber zahlreicher.
Sie fliessen im Grunde enger, tiefer Thäler; einige haben sogar, um ihr Gefälle auszugleichen, wahre Canyons eingeschnitten. Manche derselben werden nicht von Gletschern genährt; da sie aber die Sammeladern ganzer Becken sind, ist ihre Wasserführung noch viel veränderlicher als diejenige der Gletscherbäche. Die wichtigsten unter ihnen sind: die Raspille (Wildstrubel), die Liène (Rawil), die Sionne (Wildhorn), die Morge (Abfluss des Zanfleurongletschers), die Lizerne (Diablerets), die Lozenze und die Salenze (Muverankette);
die genannten ergiessen sich alle in die Rhone oberhalb des Knies von Martinach;
endlich der Avançon (Kette des Muveran und der Diablerets) und die Gryonne (Diablerets).
Die Wildhorngruppe beginnt im O. mit der Gebirgsmasse des Wildstrubel, deren verschiedene Gipfel, das Schneehorn (3185), der Wildstrubel (3251 und 3248 m) und Grossstrubel (3253 m), sich inmitten eines weiten Gletscherplateaus erheben, das von dem Eismassen der Plaine Morte, dem Wildstrubelgletscher, den Lämmerngletscher und dem Ammertengletscher gebildet wird und das ausgedehnteste Gletschergebiet der ganzen Gruppe darstellt. Die Wildstrubelmasse wird von einer Anzahl Gipfel zweiter Ordnung umschwärmt;
deren wichtigste sind: im Süden das Tothorn oder Sex Mort (2942 m), der Mont Bonvin (3000 m) und seine beiden Trabanten, der Tubang (2852 m) und der Kleine Mont Bonvin (2413 m), der lange wilde Grat von Autannaz, (2975, 2844 und 2823 m) und das Rothhorn (3115 m);
im O. das Schwarzhorn (3111 m) mit dem nach S. vorgeschobenen Felssporn des Trubelnstocks (3004 m), das Daubenhorn (2952 m), das den Daubensee und den Gemmipass überragt und nach S. die lange Felswand der Kellerfluh aussendet;
endlich im NO. das Steghorn (3152 m).
Von letzterm strahlen nach NO. zwei Felsgräte aus, aus, die das wilde Ueschinenthälchen einrahmen; der östliche derselben trägt als höchste Erhebungen den Roten Totz (2855 m), das Felsenhorn (2791 m) und die Weissefluh (2477 m) und setzt sich als gradlinige, regelmässige Felswand fort, die mit dem Gellihorn (2289 m) endigt; der westliche Grat mit dem Thierhörnli (2900 m), dem Kindbettihorn (2657 m), dem Engstligengrat (2619 m), und dem Tschingellochtighorn (2665 m) als Hauptgipfel hängt im N. mit der mächtigen Felsmasse des Lohner zusammen, deren wichtigste Gipfel der Gross Lohner (3055 m), das Nünihorn (2715 m) und das Mittaghorn (2680 m) sind.
Unter den Gipfeln, die das Wildstrubelmassiv umgeben, treffen wir ferner im N. den Ammertengrat (2615 m), den Rotstock (2637 m) und den Fizer (2548 m), eine Gipfelreihe, die mit dem vom Steghorn abzweigenden Kamm das gewaltige Amphitheater der Engstligenalp einrahmt; im W. des Wildstrubel endlich erheben sich das Ammertenhorn (2664 m), das Gletscherhorn (2948 m) und das Weisshorn (2953 m). Jenseits dieses Gipfels und seiner Ausläufer Laufbodenhorn (2704 m), Rohrbachstein (2953 m) und Wetzsteinhorn (2708 m) sinkt die Kammlinie der Wildhorngruppe mässig tief ein, um dem Saumpfad des Rawil (2415 m), der das Rhonethal mit dem Simmenthal verbindet, den Uebergang zu gestatten. Im W. wird der Rawilpass vom Rawilhorn oder Six des Eaux Froides, dem Schneidehorn (2939 m) und dem langen Grat des Mittaghorns (2687 m) überragt.
Diese Gipfel bilden mit dem Wildgrat, dem Niesenhorn (2780 m) und dem Hahnenschritthorn (2836 m) im Norden, dem Spitzhorn (2811 m), dem Arpelistock (3040 m) und dem Geltenhorn (3074 m) im W. und dem Sex Rouge (2907 m) im S. gleichsam eine Leibwache um das Wildhorn, den höchsten Punkt der ganzen Gruppe. Dieses sendet nach S. einen langen, fast gradlinigen Felsgrat aus, der als wichtigste Gipfel den Six Neir (2727 m) und die Crêtabessa (2711 m) trägt und das Thal der Sionne von demjenigen der Morge trennt. Unter den Ausläufern des Wildhorns sind noch der Sérac (2836 m) und der Sublage (2735 m) zu nennen, deren kahle Felsmauern sich östlich vom Sanetsch erheben.
Die Scheitellinie der Wildhorngruppe zeigt westl. von diesen Gipfeln einen neuen Einschnitt, den soeben erwähnten Sanetschpass oder Senin (2234 m), der das Wallis mit dem obern Teil des Saanethales verbindet. Jenseits des Sanetsch erhebt sich die Kammlinie ziemlich rasch, um das Diableretsmassiv zu bilden. Sein höchster Gipfel, der Dôme des Diablerets (3222 m), erhebt sich über dem weiten Erosionszirkus des Creux de Champ, dessen oberste Stufen durch kleine Hängegletscher geschmückt sind. Um diesen Hauptgipfel herum gruppieren sich einige Gipfel von etwas geringerer Höhe und bilden in ihrer Gesamtheit die Diablerets; es sind dies das Oldenhorn oder Becca d'Audon (3126 m) und die Tour Saint Martin oder Quille du Diable (2913 m), zwischen welche der ausgedehnte Zanfleurongletscher eingebettet ist, die Tête Ronde oder Pointe de la Houille (3043 m), die Tête d'Enfer (2769 m), der Sex Rouge (2977 m) und einige weniger wichtige Spitzen.
Vom Diableretsmassiv zweigen drei felsige Ketten ab. Die erste erstreckt sich westlich vom Sanetsch und dem Oberlauf der Saane als kurzer Zweig nach N. und trägt den Mont Brun oder das Sanetschhorn (2946 m), das Gstellihorn (2807 m) und das Schlauchhorn (2587 m). Eine zweite Kette mit der Fava (2614 m), dem Mont Gond (2701 m) und dem Praz Rotsé (2489 m) läuft südwärts parallel zur bereits genannten Kette der Crêtabessa, rahmt mit letzterer das von der Morge durchflossene Thal ein und bildet den O.-Abhang des wilden Thales von Triqueut. Die dritte Kette endlich strahlt nach W. aus und trägt eine Reihe von felsigen Gipfeln, den Culand (2798 m), die Pointes de Châtillon (2377 m), die Coins Grands (2238 m) und die Chaux Ronde oder die Rochers du Van (2022 m). Die beiden letztern Ketten senken sich langsam gegen das Rhonethal und endigen dort mit ¶
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rundlichen Bergrücken, die eine bei Ardon, die andere in der Umgebung von Bex.
Zwischen den Diablerets und der Rhone, oder genauer in dem von den beiden zuletzt genannten Zweigketten und dem Rhonelauf zwischen Ardon und Bex begrenzten Viereck verliert die Wildhorngruppe die bisherige Einfachheit der orographischen Gliederung und löst sich in ein Gewirre von Bergketten auf. Immerhin verlaufen die höchsten Ketten deutlich in der allgemeinen Streichrichtung der Gebirgsgruppe von SW. nach NO. Die wichtigste reicht vom Pas de Cheville (2041 m), der sie von den Diablerets scheidet und das Val de Triqueut mit dem Thal des Avançon verbindet, bis zur Dent de Morcles und umfasst eine Reihe von felsigen oder mit Gletschern zweiter Ordnung bedeckten Gipfeln, die durch wenig tiefe Sättel voneinander getrennt sind: den Roc Percé de Derbon (2590 m), die Pierre Cabotz (2741 m), die Tête à Pierre Grept (2906 m), den Pacheu (2803 m), den Grand Muveran (3055 m), den höchsten Gipfel des Gebietes zwischen den Diablerets und der Rhone, den Petit Muveran (2815 m), die Pointe d'Aufallaz (2730 m), die Dent Favre (2921 m), die Tête Noire (2880 m) und endlich die Dents de Morcles (2934 und 2973 m). Obschon diese Kette mit der Linie Wildstrubel-Diablerets einen schiefen Winkel bildet, liegt sie doch in der allgemeinen Richtung der Gebirgsfaltung und kann als die Verlängerung des Hauptkammes der Gebirgsgruppe betrachtet werden.
Vom Grand Muveran zweigt nach O. ein Felsrücken ab, welcher die Dent de Chamosenze (2727 m) und den Zeriet oder Tseriet (2752 m) trägt und mit der kahlen Pyramide des Haut de Cry (2972 m) endigt. Von diesem Gipfel gehen zwei andere Gräte aus: derjenige des Montapeirond (2671 m), der am Montacavoère (2618 m) endigt und über den Grat von Verouet gegen die Weiden und den See von Derborence herabsinkt, ferner derjenige der Tête de Versan (etwa 2700 m), der rasch bis zum Signal du Gruz (688 m) bei Ardon absteigt.
Diese beiden Ketten begrenzen im W. das Thal von Triqueut. Die zwischen dem Grand Muveran und der Dent de Morcles liegenden Gipfel senden auch gegen SO. Felskämme aus: die Dent Favre, die Grande Garde (2144 m); die Tête Noire den Grand Chavalard (2903 m); die Dent de Morcles, den Pic du Diabley (2472 m), die Tête du Portail de Fully (2336 m) und den Six Carro (2095 m). Eine weniger bedeutende, in der Mitte durch den Wildbach Avançon des Plans tief eingeschnittene Abzweigung, läuft parallel zur Kette des Muveran und erstreckt sich ebenfalls vom Pas de Cheville bis zur Dent de Morcles; ihre nennenswerten Gipfel sind die Argentine (2423), die Pointes des Savolayres (2298 m) und die Pointe des Martinets (2650 m). Diese Kette der Argentine wird von der Muverankette, deren Abzweigung sie ist, durch die Erosionsthäler des Avançon de Nant und des Avançon de Richard getrennt. Zum Schlusse erwähnen wir noch eine Reihe von teils begrasten, teils felsigen Gipfeln, unter denen der Chamossaire (2116 m) der höchste ist. Sie erstrecken sich von SW. nach NO. und bilden mit ihren Verzweigungen den nordwestlichen, zwischen der Kette des Culand und dem Thal der Grande Eau liegenden Teil der Wildhorngruppe.
Vom touristischen Standpunkt aus bietet die Wildhorngruppe gewiss weniger Interesse als die Finsteraarhorngruppe, deren Fortsetzung sie ist; immerhin ziehen der Wildstrubel, das Wildhorn, die Diablerets, sowie die Kette des Muveran zahlreiche Alpinisten an. Die Besteigungen werden durch die Schutzhütten erleichtert, die in allen diesen Berggruppen teils vom Schweizer Alpenklub, teils von Privaten errichtet worden sind; die beiden Wildstrubelhütten (2900 und 2794 m), die Wildhornhütte (2303 m) und die Ramberthütte (2526 m) an der Frête de Sailles zwischen dem Grossen und dem Kleinen Muveran, ferner die 1904 am Fusse des Glacier du Sex Rouge erbaute Diableretshütte, die wie die am Nordabhang der Diablerets auf dem Plateau von Pierredar liegende Pierredarhütte (2250 m) ihre Entstehung der Privatinitiative verdankt.
Aehnliche Dienste leisten auch mehrere im Gebirge liegende Hotels, wie die am Gemmiweg sich befindlichen Hotels Schwarenbach (2067 m) und Wildstrubel (2329 m), das Hotel von Zanfleuron (2064 m) am Sanetsch, das Gasthaus von Iffigen (1601 m) am N.-Abhang der Wildstrubelgruppe und dasjenige auf dem Col du Pillon. Ueberdies stehen dem Touristen in vielen Ortschaften der Wildhorngruppe, so in Adelboden, Kandersteg, in der Lenk, in Lauenen, Gsteig, Les Ormonts, Les Plans de Frenières etc. erfahrene Bergführer zur Verfügung.
[Dr Émile André.]
Geologie.
Die Wildhorngruppe liegt im Gebiet der Kalkalpen und wird ganz aus Sedimentgesteinen aufgebaut, die dem Karbon, der Trias, dem Jura, der Kreide und dem Tertiär angehören. Das Quartär wird grösstenteils durch die alluvialen Ablagerungen vertreten, welche die Sohle des Rhonethales und einiger Seitenthäler bedecken oder Depressionen ausfüllen, in denen einst Seen lagen. Sehr verbreitet sind auch Bergsturzablagerungen. Ihre Schuttkegel fehlen fast nie am Fuss der Steilhänge und bilden einen Charakterzug im Landschaftsbild des Kalkgebirges.
Wir erwähnen hier besonders den gewaltigen, vom S.-Abhang des Wildstrubel niedergegangenen Bergsturz von Siders (vergl. den Art. Siders). Noch ältere Bildungen sind die Glazialablagerungen, die indessen keinen grossen Einfluss auf die orographische Gestaltung dieses Gebietes ausüben. Da der Rückzug der Gletscher in ihre heutigen Grenzen sich sehr rasch vollzog, findet man in dieser Hochgebirgskette nur wenig bedeutende Moränen von glazialen Zwischenstadien. Vor den jetzigen Gletschern liegen hingegen regelmässig mehr oder weniger ausgedehnte Moränenwälle aus jüngere Zeit; ebenso an Stellen wo einstige kleinere Gletscher vorhanden waren.
Die Felsschichten, welche die Wildhorngruppe aufbauen und durch deren Dislokation ihr Relief geschaffen worden ist, sind folgende:
Tertiärformation. Flysch; schiefrige oder sandige, leicht verwitternde Gesteine. - Stellenweise kommen grünliche Sandsteine, sog. Taveyannazsandsteine vor, die ihre Entstehung z. T. einem vulkanischen Tuff verdanken. - Die Nummulitenbildung, bestehend aus Kalken, Schiefern und sandsteinartigen Gesteinen, oft ausgezeichnet durch massenhafte Nummuliten, Orbitolinen und Kalkalgen (Lithothamnien).
Kreide. Die obere und mittlere Kreide sind nur ¶