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Fr. | |
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ein Total der Ausgaben von | 2131175 |
ein Total der Einnahmen von | 2130952 |
Ueberschuss der Ausgaben | 223 |
Das von der Kommission aufgestellte Budget für 1908 sieht an Ausgaben Fr. 2457934, an Einnahmen Fr. 2359405, somit einen Ausgabenüberschuss von Fr. 98529 vor. Die Vermehrung der Einnahmen wäre hauptsächlich dem Ertrag des Salzverkaufes, den Steuern auf Industrie, Unternehmungen u. s. w. die der Ausgaben dem Anteil des Staates an der Viehversicherung zuzuschreiben.
Nach den Bestimmungen des Steuergesetzes vom setzt der Grosse Rat innert den Grenzen der Verfassung die Höhe der Steuer auf Vermögen und Einkommen fest. Dieser Ansatz beträgt gegenwärtig 1½‰ für die Staatssteuer. Die Gemeindesteuern werden durch die Ortsbevölkerung oder die Gemeindebehörden unter Vorbehalt der Genehmigung des Staates bestimmt, was die Beobachtung gewisser durch das Gesetz vorgesehener Klauseln sichert. Die Gebäude werden sowohl bei der Staats- als bei der Gemeindesteuer zu zwei Drittel ihres Wertes veranschlagt.
Die Ausübung jeder Industrie und jedes Handels, selbst wenn sie in das Gebiet von Wissenschaft und Kunst gehören jedes Gewerbes, jedes Handwerks, auch im Dienstverhältnisse, sind der Industriesteuer unterworfen, wofern sie nicht von der Einkommenssteuer erreicht werden. Diese Steuer, die gemeiniglich in Form von Patenten auferlegt wird, umfasst die drei Serien: a) Gewerbe, b) Handel, c) Industrie, deren verschiedene Unterabteilungen in 6 Klassen zerfallen. Die auferlegte Taxe soll 4% des Jahresgewinnes nicht übersteigen.
Ausgenommen von der Steuer sind die kleinen Handwerke und Industrien, von denen man voraussetzt, sie werfen nicht mehr als 200 Fr. ab. Der von Leuten betriebene Handel, die ausser dem Kanton niedergelassen sind oder die, wenn sie auch hier wohnen, zeitweise wandern, unterliegt dem Hausiergesetz. Die Hunde, mit Ausnahme derjenigen, die im Dienst der Hospize auf dem Grossen St. Bernhard und auf dem Simplon stehen, werden mit einer jährlichen Taxe von 8 Fr. per Stück belegt.
20. Gesellschaftliches Leben.
Unter den lokalen Gesellschaften sind die Schützenvereine (cibles) sicherlich die ältesten und zahlreichsten. Im mittlern Wallis besitzen diese Vereine oft einen Weinberg, zu dessen gemeinsamer Besorgung sie mit Trommeln und Pfeifen an der Spitze ausziehen. Der Schützenverein von Montana (Lens) besitzt in Corin eine der besten Weinbergsparzellen des Bezirkes Siders, die zu besorgen vier Mitglieder abwechselnd die Würde und Bürde haben. In Savièse müssen die aufgenommenen Kandidaten der Gesellschaft ein Stück Weinberg von bestimmter Grösse zur Verfügung stellen; den Ertrag davon haben sie selbst in den Keller zu bringen, dessen Eingang dem Schützenstand gegenüberliegt. In Montana bewahrt der Kapitän (Vorstand der Gesellschaft) den Kellerschlüssel und hat die Aufsicht über die Fässer; er wird aus den besten Trinkern gewählt. An diesem Ort, wie auch in Visperterminen kann man in diese aristokratische Korporation nur durch direkte Vererbung gelangen. In letzterer Gemeinde kann der Sohn eines Mitgliedes zu Lebzeiten seines Vaters als Kandidat aufgenommen werden, aber Schützenbruder wird er erst, wenn er einen Zweckschuss macht, also den schwarzen Punkt in der Mitte der Scheibe trifft.
Demnach kann einer Jahre lang, ja sogar immer Kandidat bleiben, wie es der Fall war mit einem gewissen Pfarrer S., der aus Visperterminen stammte und dem es nie gelang, eine Kugel ins Zentrum zu bringen (nach Stebler). Diese Bruderschaft, die aus 1698 datiert, hat auch ihren Weinberg in den berühmten «Heidenreben»; nichtsdestoweniger bezahlt der zugelassene Kandidat, ausser einer Eintrittsgebühr von 30 Fr., eine Doppelkanne Weines und liefert zudem fünfzig junge Rebstöcke zur Erneuerung der alten Pflanzen ihres Besitztums. Im Oberwallis stammen die ältesten Schützengesellschaften aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die ersten Schützenfeste, von denen man weiss, fanden 1551 zu Aernen und zu Visp statt; seither gab man sich viel Mühe für diese Uebungen. Im Unterwallis sind solche Organisationen allgemein viel jünger.
Dagegen entstanden in diesem Teil des Landes zuerst die Vereinigungen zu gegenseitiger Unterstützung; die ersten bildeten sich 1852 in Saint Maurice, 1857 in Saint Gingolph, seither in Martinach und Sitten. Heute sind dieselben, 20 an der Zahl, wovon mehrere im Mittel- und selbst im Oberwallis, mit 2400 Mitgliedern zu einem Verband zusammengeschlossen und unter die Leitung eines Zentralkomites gestellt, das aus sieben Mitgliedern besteht und für je zwei Jahre gewählt wird.
Daneben bestehen 17 freie Gesellschaften mit 1068 Mitgliedern. Seit mehr als einem Jahrhundert besitzt Monthey eine Blechmusik, die jetzt zu einer Harmoniemusik geworden ist; sie hat sich in letzter Zeit in zwei Vereine gespalten. Ebenso haben Sitten und Brig schon lange ihre Musik, wie auch Leukerbad, Martinach und Saint Maurice. Heute gibt es wenige Gemeinden mit grösserer Einwohnerzahl, die nicht ihre Blechmusik haben, selbst in den Seitenthälern und im Oberwallis.
Der Gesang, der ehemals, wenigstens bei den Bauern des Mittel- und Unterwallis, in keinem grossen Ansehen stand, entwickelt sich mächtig. Im letzten Jahr haben sich 21 Vereine zu einem Kantonalverband des Wallis (Fédération des chanteurs du Valais) zusammengetan. Im Oberwallis besteht seit Jahren ein Verband der Zäzilienvereine, der sich besonders die Hebung des kirchlichen Gesanges angelegen sein lässt. Konsumgenossenschaften, deren älteste bis 1884 zurückreicht, gibt es heute 17 mit 2573 Mitgliedern. Im Jahr 1906 betrug der Umsatz Fr. 1241027 mit einem Netto-Gewinn von Fr. 47207. Weinbau- und landwirtschaftliche Genossenschaften nehmen mehr und mehr zu. Wissenschaftliche und politische Gesellschaften sind im Wallis spärlich vertreten, oder, richtiger gesagt, mit Verbindungen religiösen Charakters verschmolzen. So existiert eine akademische Vereinigung, die sog. Société helvétique de Saint Maurice, deren Mittelpunkt das Kloster dieses Namens ist.
Ferner ein geschichtsforschender Verein von Oberwallis, der naturgemäss seine Tätigkeit zunächst dem deutschen Kantonsteil zuwendet, aber auch im Unterwallis und selbst in andern Kantonen eine ansehnliche Schar Mitglieder zählt; von den im Oberwallis ansässigen Mitgliedern machen die Priester den Hauptbestand aus. Zu dieser Art von Gesellschaften kann man auch die Vallensis, die kantonale Sektion des schweizerischen Studentenvereins rechnen. Die Murithienne, die Walliser naturforschende Gesellschaft, wenn sie auch unter der Aegide eines gelehrten Geistlichen steht, ist Personen jeder Meinung zugänglich und zählt selbst viele Passivmitglieder in den Nachbarkantonen und ausserhalb der Schweiz. Die liberale Opposition verfügt über keine organisierte Vereinigung. Versuche dazu sind schon seit 1880 mit der Gründung liberaler oder demokratischer Vereine gemacht worden, aber regelmässig gescheitert.
21. Gesundheitswesen; öffentliche Wohltätigkeit.
Das allgemeine Sanitätswesen ist der Oberaufsicht eines Rates von fünf Mitgliedern und drei Ersatzmännern unterstellt, dessen Präsident der Vorsteher des Departements der Innern ist; daneben besteht eine Kommission, die aus dem Kantonschemiker, einem Arzt und einem Apotheker zusammengesetzt ist und der die Kontrolle der Nahrungsmittel und Getränke obliegt. Jeder Bezirk hat seinen Amtsarzt, obschon es in jedem von ihnen seit einer Reihe von Jahren wenigstens einen angesessenen Arzt hat, ausgenommen Hérens und Conthey, die von Sitten aus versehen werden. Im Oktober 1907 war die Zahl der Arzte 34, was bei einer Bevölkerung von 120000 Einwohnern nur einen auf 3529 Personen trifft.
Apotheken sind 17 vorhanden, wovon 5 in Sitten, 3 in Martinach (Burg und Stadt), je 2 in Monthey und Brig, je eine in Saint Maurice, Sembrancher, Siders, Leuk und Visp. Viehinspektionskreise sind fünf; an der Spitze eines jeden steht ein diplomierter Tierarzt. Die öffentliche Armenpflege gewährt den Armen und den Personen, die nicht imstande sind, sich selbst zu erhalten, ständige, denen, die zufällig in Not geraten, zeitweise Unterstützungen; sie sorgt für die armen Kranken, Arbeitsunfähigen, Geisteskranken und Greise. Die Organisation dieser Unterstützungen liegt in der Pflicht der Gemeinde; jede Gemeinde muss eine Unterstützungskasse oder einen Armenfonds haben, zu dem die Bürger beisteuern ¶
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müssen, wenn die Bürgergüter nicht hinreichen. Die Erstverpflichteten sind die Verwandten der Dürftigen oder Gebrechlichen, bis zum achten Glied einschliesslich. Die Gemeinde und der Staat bestimmen den Anteil und Betrag ihrer Leistungen. Andrerseits fundiert und unterstützt der Staat diese Einrichtungen in einem gewissen Masse. Ausser den allbekannten Hospizen auf dem Grossen St. Bernhard und dem Simplon besass und besitzt der Kanton Wallis noch eine Anzahl Spitäler oder Hospize, deren Wirksamkeit sich seit längst vergangener Zeit wenig geändert hat und die von ihren Einkünften leben, ohne dass dieselben merklich zunähmen. Die einen stehen unter geistlicher Verwaltung, andere unter der der Gemeinden. Es sind, um nur diejenigen aufzuzählen, die heutzutage existieren:
Der Spital in Monthey, gegründet 1384;
der St. Jakobsspital in Saint Maurice, von Konrad dem Friedlichen gegründet, um Pilger aufzunehmen;
der Spital von Martinach aus dem 12. oder 13 Jahrhundert;
der von Sembrancher, dessen Gebäude heute als Landjägerposten und Schule dient, obschon die Stiftung noch werktätig ist (aus der gleichen Zeit);
die Spitäler von Plan Conthey, Leuk, Visp und St. Anton in Brig.
Aber alle diese Institute, die vorzugsweise von Zinserträgnissen leben, sind hauptsächlich zur Verpflegung der Reisenden und zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen bestimmt. Einzig der Spital St. Johann in Sitten konnte sich dank den genügenden Hilfsquellen, die in der Ausbeutung landwirtschaftlicher Betriebe und im Verkauf seiner Weine bestehen, annähernd nach den Bedürfnissen der Zeiten umgestalten. Obschon er Eigentum der Bürgerschaft von Sitten ist, wird er doch von einem geistlichen Direktor verwaltet, der zugleich Anstaltspfarrer ist.
Die Verpflegung kommt einen Bürger täglich auf Fr. 1.50, einen Nicht-Bürger auf Fr. 3 zu stehen; für mittellose Leute verhandelt die Direktion mit der Heimatgemeinde. Durchreisende werden gespiesen und nötigenfalls eine Nacht beherbergt. Ein Arzt ist für den Dienst in diesem weitläufigen Etablissement angestellt, der beinahe zu einem Kantonsspital genügen würde, wenn die Frage auftauchte, es in diesem Sinne umzuwandeln. Im Jahr 1903 hat der ehemalige Amtsherr Brunner eine Summe von Fr. 50000 zu diesem Zwecke hinterlassen.
Den neuen Bedürfnissen gemäss ist übrigens das Wallis auf dem Wege, sein ganzes Verpflegungssystem zu ändern. Seit 1900 besitzt es in Saint Maurice die Klinik Saint Amé, eine geistliche Stiftung, die sich aus Gaben und Geschenken erhält. Im Januar 1908 ist ein Kreiskrankenhaus in Brig eröffnet worden; eine gleiche Anstalt ist in Martinach im Bau begriffen. Seit 1902 ist in Monthey ein Fonds angelegt worden zum Zweck der Gründung eines Bezirkskrankenhauses; die bis jetzt zusammengebrachten Summen sichern die Ausführung des Werkes.
Erwähnen wir noch das Asyl Malévoz bei Monthey, das 1900 auf die Initiative des Dr. Repond von Freiburg eröffnet wurde und der Behandlung Geisteskranker dient; es nimmt die Kranken aus dem Kanton zu besondern Bedingungen auf, kraft eines Übereinkommens zwischen dem Staat und dem Gründer. Ferner die Armenbäder von Leuk, die Waisenanstalt Sainte Marie zu Vérolliez bei Saint Maurice, die Mädchen- und Knaben-Waisenhäuser in Sitten, ein Altjungfernasyl zu Sitten und ein Asyl für Greise in Siders.
22. Geschichtlicher Ueberblick.
Nach Polybius, der zwischen 210 und 205 v. Chr. geboren ist, verkauften Kelten, die aus dem obern Thal der Rhone heruntergekommen waren, ihre Dienste den Römern, um andere Kelten in der Poebene zu bekämpfen. Zahlreiche Entdeckungen von Gräbern und andern Gegenständen, über welche Bernoulli von Basel und B. Reber von Genf im Anzeiger für Schweizer. Altertumskunde und im Journal de Genève ausführliche Berichte veröffentlicht haben, beweisen die Besiedelung des Landes durch diese Völkerschaften.
Elisée Reclus verlegt diese Besitznahme bis ins Bronzezeitalter oder in die Eisenzeit zurück; die eindringenden Kelten hätten die Pfahlhauer mittels schneidender Waffen ausgerottet. Andrerseits wurde dargetan, dass der Übergang über den Mons Jovis oder Mons Penninus (den Grossen St. Bernhard) lange vor unserer Aera benützt wurde. Titus Livius berichtet, dass die Bojer und Lingonen, die sich 390 vor Chr. in Etrurien niederlassen wollten, dem Pfade folgten, der diesen Engpass durchzieht.
Andere Züge fanden seit dieser Zeit zu wiederholten Malen über den gleichen Übergang statt. Im Jahr 54 v. Chr. sandte Caesar den Galba nach Octodurum, um den Erpressungen der Völkerschaften in den Thälern der Rhone und der Dranse ein Ende zu machen, die Reisende und Kaufleute brandschatzten. Dieser Völkerschaften waren vier: die Viberer (Visp), die Seduner (Sitten), die Veragrer (Martinach) und die Nantuaten (von Saint Maurice bis Villeneuve). Obschon voneinander unabhängig, waren sie doch schon durch das Band eines entstehenden Bundes verknüpft.
Durch die Niederlage von Octodurum fielen die Bewohner des Rhonethales unter die römische Herrschaft; dieser Ort wurde die Hauptstadt des penninischen Landes. Nachdem dieses bis zu Marcus Aurelius einen Teil Rätiens ausgemacht hatte, bildete es mit den Savoyeralpen und dem Dauphiné (Tarentaise) die siebente Provinz von Vienne. Diese römische Halbprovinz der Penninischen Alpen umschloss, wie das Bistum Sitten im Mittelalter, nicht bloss den ganzen obern, von natürlichen Grenzen eingerahmten Thalkessel der Rhone, sondern auch das Pays d'Enhaut und das Greierzerland.
Nach Marius Besson soll ihre Nordostgrenze unterhalb Moudon vorbeigezogen sein und das N.-Ufer des Genfersees zwischen Lausanne und Vevey erreicht haben. Ohne gewisse Ueberlieferungen zu berücksichtigen, nach denen das Christentum schon zu Lebzeiten der Apostel im. Wallis eingeführt worden wäre, kann man behaupten, dass es da seit dem 3. Jahrhundert auftauchte. Nach dem Verfall von Octodurum, der schnell auf den Untergang des weströmischen Reiches und die Einfälle der Barbaren folgte, gelangte das Gebiet des Wallis unter burgundische Herrschaft.
Aus der römischen Hauptstadt ging der Bischofsstab in die Hauptstadt des Feudalstaates, Sitten, über. Um die selbe Zeit war zu Saint Maurice, auf dem Totenfeld der thebäischen Legion, eine neue Lehensherrschaft entstanden. Seit dem Beginn des 6. Jahrhunderts nahm nämlich das Kloster zu Agaunum dank den Gaben und Geschenken des burgundischen Königs Sigismund einen gewaltigen Aufschwung. Nachdem er dem Arianismus abgeschworen, liess dieser Fürst die Abtei vergrössern und verschönern; er stattete sie mit unermesslichen Besitzungen aus, nicht bloss im Rhonethal, sondern bis in die Franche Comté hinein. Vier und ein halbes Jahrhundert später (999) beschenkte Rudolf III., der letzte König des transjuranischen Burgund, das Bistum mit der Grafschaft Wallis. Dieser Akt ¶