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Gemeinde durch einen Richter mit einem Stellvertreter, die von den Wählern der Gemeinde gewählt werden (erste Instanz); in jedem Kreis oder Bezirk durch ein Gericht für Zivil-, Korrektions- und Kriminalsachen; in Sitten für den ganzen Kanton durch ein Kantons (Appellations)-Gericht. Die Mitglieder dieser Gerichte werden vom Grossen Rat ernannt. Seit der Volkszählung von 1900 ist der Kanton Wallis in zwei eidgenössische Wahlkreise eingeteilt; der eine umfasst das ganze Gebiet westlich der Lizerne und der Grenze von Riddes und Nendaz (Unterwallis) und hat zwei, der andere (Mittel- und Oberwallis) östlich dieser Grenzlinie vier Abgeordnete in den schweizerischen Nationalrat.
Der Kanton Wallis wird administrativ in 13 Bezirke eingeteilt, nämlich:
Einwohner | Oberfläche km2 | Anzahl der Gemeinden | |
---|---|---|---|
1) Goms (Conches) | 4204 | 528.7 | 21 |
2) Brig (Brigue) | 9941 | rund 541.0 | 11 |
3) Visp (Viège) | 7914 | 898.6 | 21 |
4) Oestlich Raron (Rarogne oriental) | 2538 | rund | 10 |
Westlich Raron (Rarogne occidental) | 4071 | 330.8 | 12 |
5) Leuk (Loèche) | 6673 | 351.4 | 16 |
6) Siders (Sierre) | 11567 | 418.6 | 21 |
7) Ering (Hérens) | 6943 | 455.4 | 9 |
8) Sitten (Sion) | 10871 | 128.3 | 7 |
9) Conthey | 8928 | 229.2 | 5 |
10) Martinach (Martigny) | 12645 | 263.1 | 13 |
11) Entremont | 9399 | 633.6 | 6 |
12) Saint Maurice | 7578 | 260.0 | 9 |
13) Monthey | 11166 | 193.7 | 9 |
: | 114438 | 5232.4 | 170 |
Für die Oberfläche der beiden Bezirke Brig und Raron schwanken die Angaben je nach den statistischen Tabellen oder den Karten, weil der Grosse Aletschgletscher mit seinen Verzweigungen manchmal ganz oder teilweise dem Bezirk Brig zugeschieden wird.
Der Ursprung dieser territorialen und administrativen Einteilung des Wallis liegt in den sieben alten souveränen Zehnten, die im gegenwärtigen politischen Zustand ihre alten Grenzen zumeist beibehalten haben.
Zur Zeit der Annexion des Wallis durch Frankreich, im Jahr 1810, verwandelte die kaiserliche Regierung, um dem Departement Simplon die gleiche Organisation zu geben wie den andern Departementen, die alten Zehnten in «Kantone» und machte aus dem einstigen Untertanenland zudem noch die fünf Kantone Hérémence, Martigny, Entremont, Saint Maurice und Monthey. Aber nach dem Sturz des französischen Kaiserreichs (1814) nahmen die bisherigen Kantone alle den Namen Zehnten an, und das Wappen des Landes, das früher die sieben Sterne der regierenden Zehnten getragen, bereicherte sich nun um 5 neue Sterne für Martinach, Hérémence (bezw. Hérens), Entremont, Saint Maurice und Monthey. Da auf den Wunsch der Bevölkerung des Unterwallis die vermittelnden Mächte ihre Zustimmung gegeben hatten, dass ein dreizehnter Bezirk gebildet werde, entstand der Zehent Conthey aus Gemeinden, welche man von Martinach und Sitten lostrennte.
Damit nahm ein dreizehnter
Stern auf dem
Walliser Wappenschild
Platz. Jedoch wurde bei der Verfassungsrevision
von 1848 die Benennung «Bezirk» statt des durch den Vertrag von 1815 wieder
eingesetzten «Zehent» angenommen, welch letzterer indes im mündlichen
Verkehr noch lange gebraucht wurde. Allgemein wird von neuern Forschern die Herleitung des Wortes Zehnten
(desenus) von zehn und decima angenommen. Während aber Heusler die Zehnten mit den alten Zehntfluren und Zehntbezirken des
bischöflichen
Tisches in Verbindung bringt, führen Gremaud und V. van Berchem den Ausdruck auf eine Einteilung des ganzen
bischöflichen Wallis
in zehn Teile zurück.
Sie wiesen nach, dass beim ersten Auftreten des Systems einer Volksvertretung (dem Generalrat des Walliserlandes) zur Zeit des Bischofsstaates im 14. Jahrhundert dieses Repräsentationsrecht das Vorrecht der zehn grossen Gemeinden war, die bischöflichen Herrschaften entsprachen, nämlich Martinach, Chamoson-Ardon, Sitten, Siders, Leuk, Raron, Visp, Naters-Brig, Mörel, Aernen-Münster. Da indes die häufigen Einfälle der Savoyarden, die auf die Abtrennung der Herrschaften Martinach und Chamoson-Ardon gerichtet waren, diese verhinderten, an dem Werke der acht andern frei teilzunehmen, dehnten sich diese letztern, unter Eingriffen in die weltliche Gewalt des Bischofs, durch Angliederung kleinerer Gemeinden aus und schlossen sich enger aneinander.
Nachdem Mörel halbwegs in Raron aufgegangen war und nur noch eine von dessen Unterabteilungen bildete, blieben bloss sieben verbündete und unabhängige, oder wenigstens nach Unabhängigkeit strebende Zehnten. Gremaud versichert, dass das Wort in der Form decima zum erstenmal in einer Urkunde aus 1417 vorkomme. Ausser in dieser Eigentümlichkeit weicht die Geschichte des Gemeindewesens wenig von der der benachbarten Länder ab. Wenn die Gemeinden dazu kommen, sich zu spalten und neuzubilden, geschieht das fast immer, um sich den Grenzen neu errichteter Kirchensprengel anzupassen. Es ist bemerkenswert, dass diese politische Zerbröckelung im deutschen Teil viel bedeutender war als im französischen. Im erstern gibt es fast kein Dorf, das nicht seinen Kirchturm und sein Gemeindehaus haben will; im letztern umspannen Kirch- und politische Gemeinde häufig eine ganze Anzahl Dörfer.
In den meisten grossen Gemeinden existieren noch Unterabteilungen, die aber jeden offiziellen Charakter verloren haben. Ihr
Vorhandensein beweist, dass die Gemeinden selbst ursprünglich nur föderative Verbindungen von Weilern waren. Zum Beispiel
setzte sich die Gemeinde
Lens vor 1904 aus vier unvollkommen von einander abgegrenzten Sektionen zusammen,
die, vor 1851 schon ein erstesmal getrennt, sich damals wieder
vereinigten:
Lens (Dorf),
Icogne,
Chermignon und
Montana.
Ein halbes Jahrhundert des Zusammenlebens genügte, um die den Interessen oder dem Uebergewicht entsprungenen Eifersüchteleien so stark anzufachen, dass sie zu einer neuen Trennung führten. Andre Gemeinden, wie ehemals Saas, das nun schon lange zerstückelt ist, und neuerdings Conthey, Vex etc. zerfielen in Viertel oder «quarts». Bagnes, das nicht weniger als zehn solcher zählte, wendet den Namen quart (quartier) heute noch an, so dass diese Bezeichnung gleichbedeutend mit Dorf oder Weiler geworden ist.
Orsières und andere sind in «tiers» (Drittel) oder «côtes» eingeteilt, während Savièse, eine ehedem freie Gemeinde, sich aus fünf «Pannern» (bannières), d. h. aus fünf beinahe gleich bedeutenden Dörfern zusammensetzt, an die sich kleinere Weiler anschliessen. Diese Benennung ist ohne Zweifel der alten militärischen Abgrenzung entlehnt. Das Beispiel von Lens zeigt uns, welche Streitigkeiten unter Siedelungen von ungleicher Bedeutung entstehen können.
In den grössern Gemeinden des Entremont wird den Hauptorten, die an der Strasse liegen, von den zahlreichen abgelegenen Weilern das Recht abgesprochen, ihre wichtigen Verkehrswege etwas besser zu unterhalten als die vernachlässigten Strässchen der einsamen und wenig von Fremden besuchten Häusergruppen, weil dies Luxus sei. Umgekehrt werfen die Hauptorte diesen abgelegenen Siedelungen vor, sie schalten zu sehr nach Belieben und ohne ihr Wissen über die Wälder und andere Gemeindegüter.
Den frappantesten Fall der Bevogtigung des Hauptdorfes durch die übrigen Siedelungen bietet indes Vissoye im Eifischthal. Ohne sich nach aussen zu beklagen, sah sich dieser kleine Flecken, der ohne genaue Grenzen teils zur Gemeinde Ayer, teils zu Grimentz gehörte, jederzeit alles abgeschlagen, was er wünschte. Gelang es ihm auch, in den Gemeinderäten vertreten zu sein, so musste er die Mehrheit in beiden Gemeinden zugleich erringen, bis man seinen gerechtesten Ansprüchen entgegenkam.
Und selbst in diesem Falle entstanden zwischen den beiden interessierten Gemeinden Meinungsverschiedenheiten, welche die Ausführung der gefassten und selten übereinstimmenden Beschlüsse auf ewig hinausgeschoben hätten. Endlich gelangten die Bewohner von Vissoye, sowohl die welche zu Ayer, als die zu Grimentz gehörten, an die Oberbehörden des Kantons, die sich beeilten, den nur zu begründeten Klagen durch die Erhebung von Vissoye zu einer eigenen Gemeinde abzuhelfen (1904). ¶
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16. Militaerwesen.
Der Kanton Wallis gehört teils zum 1., teils zum 8. Divisionskreis; der erste umfasst so ziemlich das Gebiet, wo französisch gesprochen wird, der letztere die deutschen Bezirke. Die erste Division rekrutiert hier die drei Infanteriebataillone 11, 88 und 12, von denen das letztere hauptsächlich für den Dienst bei den Festungswerken von Saint Maurice bestimmt ist; die achte Division hebt da einzig das Bataillon 89 aus, das darum viel stärker ist, als die andern.
Im Jahr 1908 unterstanden dem Militärdepartement zur Verfügung der Eidgenossenschaft folgende Truppenbestände:
Auszug. | Mann |
---|---|
Infanterie : Füsilierbataillon 11 | 1004 |
Füsilierbataillon 12 | 1022 |
Füsilierbataillon 88 | 890 |
Füsilierbataillon 89 | 1236 |
Schützenkompagnie 2/IV | 227 |
Artillerie : Gebirgsbatterie 1 | 158 |
Verwaltungstrain 1 | 57 |
Verwaltungstrain 8 | 52 |
Genie : Geniebataillon 1 | 66 |
Pontonierkompagnie 1 | 8 |
Geniebataillon 8 | 6 |
Festungstruppen | 165 |
Sanitätstruppen | 240 |
Verwaltungstruppen | 37 |
Total | 5163 |
Landwehr. | |
Infanterie : Füsilierbataillon 104 | 963 |
Füsilierbataillon 130 | 1010 |
Schützenkompagnie 9/IV | 101 |
Artillerie : Gebirgskolonne 1 | 130 |
Gebirgskolonne 2 | 66 |
Landwehr-Train 1 | 27 |
Landwehr-Train 8 | 27 |
Genie : Sappeur-Kompagnie 2 | 28 |
Pionier-Kompagnie 1 | 10 |
Sappeur-Kompagnie 16 | 18 |
Festungstruppen | 3 |
Sanitätstruppen | 168 |
Verwaltungstruppen | 30 |
Total | 2581 |
Landsturm. | |
Bewaffneter Landsturm | 1592 |
Unbewaffneter Landsturm | 7764 |
Total | 9356 |
Zur Bezahlung der Militärpflicht-Ersatzsteuer sind verpflichtet | 13430 |
Von dieser Steuer befreit | 185 |
17. Oeffentlicher Unterricht.
Nach dem Rechenschaftsbericht von 1906 besass das Wallis zu dieser Zeit 554 Primarschulen, und zwar 181 für Knaben, 176 für Mädchen und 197 gemischte mit einer Gesamtschülerzahl von 19536. In 386 dieser Schulen wird der Unterricht französisch, in 168 deutsch erteilt. In den meisten Landschulen dauert die jährliche Schulzeit sechs Monate (1. November bis Ende April); sie steigt auf sieben in gewissen Zentralpunkten von Gemeinden oder Gegenden, in denen sich keine Sekundar- oder Mittelschulen finden, und sogar auf 8, 9 und 10 Monate in einigen Schulen von Sitten, Martinach, Monthey, Vouvry, Saint Gingolph, Saint Maurice, Brig und Visp. Während des selben Jahres betrugen die ausbezahlten Gehälter (der Staatsbeitrag inbegriffen) Fr. 271285. Der gesamte Staatsbeitrag war im Budget auf Fr. 68025 veranschlagt. Die Bundessubvention von Fr. 91560.40 ist vom Grossen Rat folgendermassen verteilt worden:
Fr. | |
---|---|
1. Lehreralterskasse | 10000.- |
2. Besoldungserhöhungen | 22998.40 |
3. Beitrag an die Seminarien | 3000.- |
4. Unterstützungen an die Gemeinden | 54377.- |
5. Turnhalle | 1185.- |
Total | 91560.40 |
Ausserdem subventioniert der Staat noch mit je Fr. 400 jährlich acht obere und mittlere Primarschulanstalten. Die meisten Lehrer und Lehrerinnen sind Geistliche, Ordensbrüder oder -schwestern. In Saxon und Bagnes hat es freie Laienschulen, die der Staat nicht unterstützt. Die Schule von Saxon, die vor etwa zwanzig Jahren eröffnet wurde, wird vorzugsweise von den Kindern der reformierten Bevölkerung besucht; in der von Bagnes ist der Religionsunterricht insofern fakultativ, als den Kindern gestattet ist, den durch die Geistlichkeit erteilten Katechismusunterricht zu besuchen, damit sie zur ersten Kommunion zugelassen werden.
Sekundarunterricht wird durch drei kantonale Kollegien erteilt:
1) das Lyzeum-Kollegium von Sitten (131 Zöglinge, wovon 21 im Lyzeum, 74 im Gymnasium, 35 in der Gewerbeschule);
2) das Kollegium Saint Maurice (243 Zöglinge, wovon 124 aus andern Kantonen und 9 Ausländer);
3) das Kollegium von Brig (101 Zöglinge). Bereits 1858-1864 und wieder
1874-1876 war mit diesem letztern
Kollegium eine Realschule verbunden, die 1904/05 wieder
eingeführt und seit 1905 zu einem dreijährigen Kurs erweitert worden
ist. Es existiert des fernern in Sitten eine kantonale Rechtsschule, die im Jahr 1807 gegründet, 1824 und dann wieder
1902 nach
einer ganz kurzen Unterbrechung infolge Mangels an Schülern wiede
rhergestellt wurde. Sodann unter der
direkten Aufsicht des Bischofs ein Priesterseminar, das die jungen Theologen aufnimmt, die sich dem geistlichen Stand widmen.
Mörel, Brig, Visp, Siders, Sitten, Martinach, Bagnes, Saint Maurice und Monthey haben Gewerbeschulen. Diese drei letztern Ortschaften, wie auch Collonges, Leuk und Siders besitzen zudem noch Haushaltungsschulen. Beizufügen bleibt noch die Taubstummenanstalt in Géronde (Gerunden). Die jungen Leute des Wallis, die ausserhalb des Landes studieren, begeben sich gewöhnlich an die Kollegien Saint Michel in Freiburg und Maria Hilf in Schwyz. Im Jahr 1905/1906 zählte letzteres 22 aus dem Wallis stammende Schüler.
Durch edelherzige Stiftung des J. Bonivini (1727) und des Bischofs J. J. Blatter (1750) hat die Diözese Sitten das Recht auf etliche Freiplätze an der Universität Innsbruck; seit 1884 ist diese Zahl auf 10 festgestellt. Da das Wallis eine eigene Rechtsschule hat, gehen die jungen Juristen selten zum Studium ausser Landes. Doch übt seit einigen Jahren die Universität Freiburg eine gewisse Anziehungskraft auf die Jünglinge unsres Kantons; während des Wintersemesters 1907/1908 hielten sich daselbst 12 Walliser auf. Die jungen Leute, die sich andern freien Berufen widmen (Aerzte, Apotheker etc.), studieren in Genf, Lausanne, Bern, Basel und Zürich. Drei staatliche Seminarien bereiten junge Leute ¶