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das Wallis ums Jahr 1803 einige industrielle Etablissemente, wie die Tuchfabrik in Octan bei Martinach, die jährlich 150 Stück zu 26 Ellen lieferte; ferner eine Fabrik für Nägel und Eisendraht in Saint Gingolph und 2 Papiermühlen, die eine in Naters, die andre in Vouvry. Im Jahr 1850 waren diese Industrien verschwunden, aber die Papierfabrik in Vouvry nahm wenige Jahre später ihre Tätigkeit wieder auf. Die Fabrik in Octan hatte einer Glashütte von kurzer Dauer Platz gemacht, während der 1822 gegründeten Glashütte von Monthey eine ganz andre Entwicklung beschieden war. Im Jahr 1837 erschien in Montagnier-Bagnes eine andere Tuchfabrik, welche seit nun 40 Jahren durch den gegenwärtigen Direktor M. Gard geleitet wird. Im Jahr 1852 sehen wir in Ardon Eisenwerke und Giessereien entstehen, welche einen sehr raschen aber wegen des unerwarteten geringen Erträgnisses der Eisenerzminen in der Umgebung leider nur vorübergehenden Aufschwung nahmen. Seit 1818 besitzt Sitten eine Tabak- und Zigarrenfabrik, die auf den einstigen Regiebetrieb der Republik Wallis folgte. 1880 wurde eine ähnliche Fabrik in Monthey gegründet. Ausser den eben erwähnten Etablissementen existieren zur Stunde: drei Möbelfabriken (zwei in Sitten und eine 1900 gegründete in Martinach), eine Fabrik für Holzlettern in Ardon (1880 gegr.), eine Konservenfabrik in Saxon (seit 1886), eine Kuhglockenfabrik in Villette-Bagnes (seit 1850), eine Tuchfabrik in Bramois (seit 1871); eine Uhrenglasfabrik (seit 1896), eine Seifenfabrik (seit 1890) und eine Fabrik für chemische Produkte (seit 1896) in Monthey; eine Dynamitfabrik in Gamsen bei Brig; Bierbrauereien in Bramois und Sitten, eine Likörfabrik in Martinach etc. Je eine Wanduhren- und eine Rübenzuckerfabrik in Monthey, Zündholzfabriken in Naters und Bagnes, Einrichtungen zur Aufzucht von Seidenraupen in Uvrier, Granges und Monthey, verschiedene Mühlen und die Seidenweberei in Bagnes haben nur ein kurzes Dasein gefristet. Hingegen sind nun grosse Industrien, die man bis jetzt nicht kannte, im Begriff, sich im Land festzusetzen, dank den Wasserkräften, die, abgesehen von den schon bestehenden, sehr zahlreichen Installationen zum Zwecke der Beleuchtung verschiedener Ortschaften, immer mehr und mehr nutzbar gemacht werden. Die Zahl der Wasserrechts-Konzessionen, die im Jahr 1895 nur 6 betrug, übersteigt heute 80. Ausser den Kraftwerken der Lonza in Gampel und der Pissevache in Vernayaz, die hauptsächlich zur Herstellung von Kalziumkarbid bestimmt sind und von denen das erstere im Jahr 1900, das andre 1902 eröffnet wurde, sind zur Stunde noch zu nennen: Das Werk für Elektrochemie in Martigny Bourg (seit 1908), die Aluminiumfabrik von Chippis bei Siders (seit 1907) und ein andres Etablissement gleicher Art in Orsières (Entremont). Ferner hat die Stadt Lausanne seit 1901 im Bois Noir bei Saint Maurice ein grosses Kraftwerk zu Beleuchtungs- und Industriezwecken errichtet. Desgleichen bezieht die «Société des Forces motrices de la Grande Eau» in Aigle einen Teil der Kraft für die Umgebung von Montreux aus dem Lac von Tanay ob Vouvry. Seit bald 200 Jahren beschäftigt sich die Familie Karlen, früher in Naters, jetzt in Glis, mit dem Orgelbau und hat auch ins Ausland, besonders nach Lyon und Freiburg hervorragende Werke geliefert. In Reckingen besteht seit langer Zeit eine Glockengiesserei der Firma Walpen. Im Goms benutzte man ehemals die Mussestunden der langen Winter zur Holzschnitzerei. Die Erzeugnisse dieser Kunst sind zahlreich besonders in Münster, wo der Pfarrer Ritz, der selber das Holz bearbeitete, verschiedene Andenken seines Aufenthaltes hinterlassen hat. Heute ist dieses Kunsthandwerk beinahe völlig in Vergessenheit geraten.
Seit 1903 schreibt ein Lehrlingsgesetz, das hauptsächlich der Initiative des ehemaligen Regierungsrates de Preux zu verdanken ist, Prüfungen für die Zulassung zu den verschiedenen Handwerkerkorporationen vor.
13. Handel.
Der Handel des Wallis bezieht sich auf die Erträgnisse seines Bodens: Wein, Obst, Gemüse, Schiefer, Erze etc. Obschon das Wallis in Bezug auf die von Weinbergen besetzte Fläche hinter den an Ausdehnung kleinern Kantonen Waadt, Tessin und Zürich zurücksteht, nimmt er doch unbestritten den ersten Rang in Hinsicht auf den Wert seiner Produkte ein. Im Jahr 1905 hat die Ernte von 2780 ha Weinbergen Fr. 4694480 abgeworfen, d. h. um etwas weniger als den zehnten Teil der Weinberge der ganzen Schweiz, während der Kanton Waadt von 6474 ha mit regel- und gleichmässigerem Ertrag nur Fr. 7153000 erreichte. In Zürich ist das Erträgnis weit niedriger: Fr. 2709292 von 4406 ha; noch geringer im Tessin mit seinen 5180 ha. Dieser Vorrang des Wallis im Weinbau erklärt sich aus dem grössern Alkoholgehalt der Walliser Weine. Der Versand von Sauser hat die letzten Jahre folgende Ziffern ergeben:
[Liter] | 1903 | 1904 | 1905 | 1906 |
---|---|---|---|---|
Wallis | 4225322 | 2671756 | 3089680 | 3878864 |
An den schweizerischen Ausstellungen werden die Weine des innern Wallis besonders klassifiziert. Da das weinbautreibende Gebiet Martinach-Leuk arm an Regen ist und sich fast ganz an die Kalkfelsen der Berneralpen anlehnt, bilden die Trauben selbst, die jedes Jahr zu voller Reife gedeihen, einen ziemlich wichtigen Handelsartikel.
Was die Weine betrifft, ist der Handel damit erst seit etwa 15 Jahren allgemein geworden, geweckt durch deren Versendung in Form von Sauser. Zudem haben sich seither Weinbaugenossenschaften oder Verbindungen von Besitzern für den gemeinsamen Verkauf an den meisten Orten des Weingebietes gebildet. Fatalerweise vegetieren aber die meisten dieser Gesellschaften, besonders die auf den Dörfern, mühselig dahin, weil ihnen erfahrene Handelsagenten fehlen. Leider bilden auch Vorurteile lokalpolitischer Natur bisweilen den Vorwand zur Gründung konkurrierender Gesellschaften an Orten, wo die Wirksamkeit einer einzigen vollauf genügend wäre. Vor diesem Erwachen kaufmännischen Geistes war es selbst für die Gasthöfe des Landes nicht einmal leicht, sich mit Flaschenwein zu verproviantieren, - bald
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entfärbte er sich, bald bildete er einen Bodensatz, - so dass das Wallis in dieser Beziehung für die roten Weine auf Frankreich, für die weissen auf die Waadt angewiesen war. Heute bekommt man, dank den ausdauernden Bemühungen einiger Kaufleute, hauptsächlich aus Sitten, die sich dem Studium einer rationellen Weinbehandlung gewidmet haben, Flaschenweine von tadelloser Klarheit und einwandfreiem Geschmack, deren Ruf auf dem Wege ist, über die Grenzen der Schweiz hinauszudringen. Seit Anfang 1908 hat ein einziger Handelsmann, der sich mit dem Flaschenverkauf der alten Sorten «Dôle», des Gletscherweins (rèze) und des Johannisberger Rislings (den man hier «Rhonethal» heisst) abgibt, 1000 Flaschen nach England und 1000 nach Italien und Deutschland abgesetzt. Der «Rèze», der den sog. Gletscherwein (Glacier) liefert, wird hauptsächlich im Bezirk Siders, sowie in Leytron und Fully gezogen. Der leichte «Arvine» und der leichte rote Landwein sind noch im Bezirk Martinach, besonders in Fully, dann in Conthey, St. Leonhard und Sitten gemein. Der «Dôle», ein aus Burgund eingeführter Steckling, gedeiht am besten in Vétroz, das auch der Mittelpunkt der Produktion des «Amigne» ist, und in Salgesch, der Arvine in Martinach, der Humagne und der Muskateller in der Umgebung von Sitten und Siders, der Malvasier in den Bezirken Siders und Conthey. Indessen werden die meisten dieser verschiedenen Sorten, die schon seit mehr oder weniger alter Zeit akklimatisiert sind, so dass man einigen sogar römischen Ursprung zuschreibt, vom Fendant oder Chasselas verdrängt, der durch seinen regelmässigern Ertrag und seine verhältnismässig frühe Reife unserm Boden und Klima am besten zu entsprechen scheint. Einige Punkte in der Umgebung von Sitten sind auch für Rheinweinsorten geeignet, vor allem Bramois, am linken Ufer der Rhone.
Das Gebiet des äussern Wallis, die Bezirke Saint Maurice und Monthey, ist verhältnismässig wenig wichtig in Bezug auf Weinbau und Weinhandel. Doch haben die roten Weine vom Bois Noir bei Saint Maurice und die weissen von Les Évouettes einigen Ruf. Aber diese letzten gehören, vom Standpunkte der Klassifikation der Weine aus, eher zu den Waadtländer als zu den Walliser Weinen. In dem Teil des Rhonethales zwischen Leuk und Visp kommt der Weinstock nur noch vereinzelt vor, ausser in Saint Germain bei Raron. Er tritt auch in einigen Seitenthälern auf: im vordern Abschnitt des Visperthals, wo er in den Weinbergen von Zeneggen, Staldenried und Visperterminen (sog. Heidenwein) gepflegt wird und die Höhe von 1200 m erreicht; im Eringerthal bis Vex; im Thal der Dranse, wo sich je ein grosser Weinberg in Bovernier und in Sembrancher und ein ähnlicher in La Forclaz bei Cotterg in einer Höhe von 1000 m befinden.
Handel im Wallis 1906. | ||||
---|---|---|---|---|
Gegenstand. | Import Fr. | Export Fr. | Ueberschuss des Imports Fr. | des Exports Fr. |
I. Tiere und deren Produkte: | 2267398.40 | 2767231.80 | 499833.40 | |
II. Feld- und Forstprodukte | 5278776.- | 6089090.- | 810314.- | |
III. Erze, Mineralien und ihre Produkte | 6853678.- | 1306298.- | 5547380.- | |
IV. Industrieprodukte | 11992860.- | 2700606.- | 9292254.- | |
V. Verschiedenes | 688664.- | 700736.30 | 12072.30 | |
: | 27081376.40 | 13563962.10 | 14839634.- | 1322219.70 |
(Minus) | 13563962.10 | 1322219.70 | ||
Ueberschuss des Imports: | 13517414.30 | 13517414.30 |
Die beigedruckte Tabelle über die allgemeine Bewegung des Handels im Jahr 1906 zeigt einen gewaltigen Ueberschuss zu Gunsten der eingeführten Waren: Fr. 13517414. Dieser Ueberschuss hatte 1905 Fr. 9351944 und 1904 Fr. 10746838 betragen.
Der Ueberschuss der Ausfuhr rührt her vom Grossvieh (Fr. 940000), den rohen Häuten (Fr. 474640), dann vom frischen Obst (Fr. 37000), frischen Fleisch (Fr. 32000), von den Kartoffeln, dem bearbeiteten Holz (Rebpfählen, Schwellen), frischen Trauben (Fr. 85350), Wein (Fr. 1861680), Kalziumkarbid (Fr. 1137420), Konserven (Fr. 660960), den Erzen, Metallen etc. (Fr. 163475), von Seife (Fr. 19200) und von Glaswaren (Fr. 225270) etc. In den meisten andern Zweigen, besonders in den Industrieprodukten, ist das Wallis den benachbarten und fremden Ländern tributpflichtig. Obgleich zu wünschen ist, dass der Walliser sich immer mehr befleisse, seinem Boden alles abzugewinnen, was er hervorbringen kann, muss man immerhin bemerken, dass der gewaltige Ueberschuss der Einfuhr zum grössern Teil den Materialien für Bau und Einrichtung von Fabriken und Eisenbahnen, sowie den von der flottanten Bevölkerung der Touristen konsumierten Produkten anzurechnen ist. Das sind nun freilich Faktoren, denen beim Export kein Gegengewicht gegenübersteht. Die Gemüseausfuhr ist zum Teil durch die Fabrikation von Nahrungskonserven geregelt. Doch übersteigt vorzüglich der Verkauf von Spargeln die Bedürfnisse dieser Industrie bedeutend. Vom April bis Juni 1906 hat das Syndikat von Martinach für den Anbau und Verkauf dieses Gemüses davon 24573 kg geliefert und dafür eine Totalsumme von Fr. 22646.40 gelöst.
Der Verkehr auf den Walliser Stationen der Simplonbahn hat von 1905, wo diese Linie noch bloss den Kanton bediente, auf 1906, der Zeit der Eröffnung des Tunnels, beträchtlich zugenommen. Die Zahl der Reisenden, die 844842 im Jahr 1905 betrug, ist im folgenden Jahre auf 991370 gestiegen. Diese Vermehrung von 146423 verteilt sich auf 19 Stationen. Nur drei Stationen haben eine Verminderung erlitten. Darunter befindet sich die von Saint Maurice, die vorher der Mittelpunkt des Verkehrs war und wegen der teilweisen Verlegung dieses Zentrums einen leichten Rückgang erfahren musste. Die Station bleibt aber dennoch an der Spitze der Bahnhöfe des Landes (1906: 102713 Reisende); hierauf folgt Sitten mit 101162 Reisenden, dann Martinach mit 97391 und Brig mit 81783. In diesen beiden gleichen Jahren hat sich der Verkehr an Tieren und Waren um 56810 Tonnen gehoben. Für den ganzen Umsatz steht der Bahnhof Le Bouveret an der Spitze, ihm folgen die von Martinach und Monthey.
Der Kanton Wallis hat sehr alte, wichtige Wochenmärkte in Sitten, Martinach Burg und Monthey; der von Saint Maurice, von geringer Wichtigkeit, zu gewissen Zeiten des Jahres sogar unbedeutend, könnte an Wert gewinnen, wenn einmal diese Stadt durch eine dritte Brücke mit Lavey verbunden ist. Neue Märkte, die ersten im Oberwallis, sind in den letzten Jahren des verflossenen Jahrhunderts eröffnet worden. Ausser zahlreichen Vieh-Jahrmärkten hat Sitten einen Pferdemarkt im Mai und einen Viehmarkt am vierten Samstag jeden Monats.
Seit 1871, dem Datum des Kraches der ehemaligen Kantonalbank, hat das Wallis weder eine Emissionsbank noch ein Kreditinstitut mehr, ausgenommen die 1896 unter Staatsgarantie gegründete Hypothekar- und