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Die Viehzählungen von 1901 und 1906 haben folgende Resultate ergeben:
1901 | 1906 | |
---|---|---|
Rindvieh | 71561 | 75562 |
Pferde | 2620 | 2890 |
Maultiere | 2529 | 2608 |
Esel | 649 | 585 |
Schweine | 18957 | 21233 |
Schafe | 47743 | 45440 |
Ziegen | 29378 | 35797 |
Im Jahr 1901 hatten die Pferde einen Gesamtwert von Fr. 1657960, die Maultiere einen solchen von Fr. 1251800, die Esel von Fr. 107005, das Rindvieh von Fr. 31526260 (Durchschnittswert eines Stückes Fr. 290), die Schweine von Fr. 1586965, die Schafe von Fr. 1235714, die Ziegen von Fr. 932986. Ausserdem besass das Wallis im Jahr 1901 noch 7541 Bienenstöcke mit einem Wert von Fr. 228410. Die Pferdezucht steht noch in Blüte in den Bezirken Martinach und Leuk, vorzüglich in den Gemeinden Charrat und Fully des erstern und in Gampel und Turtman des letztern Bezirks, hauptsächlich wegen der grossen Ausdehnung der Gemeindegüter, die sie auf dem Alluvialboden des Flusses besitzen. Im Val d'Illiez, wo sie besonders auf den prächtigen Alpweiden von Champéry seinerzeit blühte, wurde sie bald wieder aufgegeben, weil die Milchproduktion und die Rindviehzucht einen grössern Ertrag abwerfen, der zudem sicherer und gleichmässiger ist.
Was die Maultiere betrifft, deren Rolle in der wirtschaftlichen Tätigkeit des Walliser Volkes keineswegs abgenommen hat, werden sie meistens von den Pferdehändlern in Liddes jung aus Italien importiert und auf den Märkten verkauft. Immerhin sind infolge von Unterhandlungen zwischen den Kantonen Waadt und Wallis und der Eidgenossenschaft auf Rechnung und Kosten der letztern vier Eselhengste 1903 im Poitou gekauft worden. Sie wurden auf die Stationen Aigle, Martinach, Sitten und Turtman verteilt, um die für Maultierzucht bestimmten Stuten dieser vier Abschnitte des Rhonethales zu beschälen.
Hand in Hand mit dieser Neuerung ging eine offizielle Propaganda zu Gunsten des Maultieres; den dieser Diener des Menschen, der mit der Kraft des Pferdes die Genügsamkeit und Ausdauer des Esels vereinigt, war bisher hauptsächlich nur von den Bergbewohnern des mittlern Wallis benutzt worden. Der Bezirk Hérens zählt 659, Entremont 448, Siders 377, Monthey nur 45 und der Bezirk Goms, obschon er sehr gebirgig ist, besass 1906 bloss 2 Maultiere. Während die Saviesaner und ihre Nachbaren vom Fuss der Berneralpen sich gerne der Ochsen und der Kuh als Saum- und Zugtiere bedienen, haben bei den Bewohnern der Walliser S.-Alpen oft zwei, drei bis sechs Besitzer gemeinsam ein Maultier; jeder verfügt abwechslungsweise am bestimmten Tag über das Tier.
Sehr häufig verschieben sie eine Reise auf diesen Tag, weil sie das Saumtier zu einer andern Zeit nicht in Anspruch nehmen können. Der Unterhalt am Sonntag fällt der Reihe nach jedem der Besitzer zu. Von 3153 Maultieren, welche die Schweiz im Jahr 1906 zählte, kamen nicht weniger als 2608 aufs Wallis; hierauf folgten Tessin mit 231 und Waadt mit 113 Stücken. Wallis steht auch an der Spitze in Hinsicht auf die Zahl der Esel: 585 von 1679; der Bezirk Entremont besitzt 262 Stück, nahezu die Hälfte des Gesamtbestandes des Kantons.
Dagegen nimmt der Kanton in Bezug auf die Anzahl der Pferde erst den vierzehnten Rang ein; von seinen Bezirken schneidet Martinach am höchsten ab mit 598 von 2862 im Kanton gezählten Stücken. In der Schweinezucht hält das Wallis mit 21233 Tieren den 9. Rang; an Schafen besitzt es mit 45440 nach Graubünden am meisten. In Bezug auf Ziegen steht es mit 35797 Stücken hinter Bern, Tessin und Graubünden zurück. Das Walliser Schaf, dessen Zucht früher viel bedeutender war, nimmt in den meisten Thälern fortwährend ab. Man muss in dieser Abnahme vor allem eine Folge der grössern Rendite der Milchwirtschaft erblicken, die die Leute veranlasst, ehemals den Schafen überlassene Weiden für das Grossvieh zu verwenden.
Doch stehen die Bezirke Hérens und Entremont, wo der grösste Rückgang stattgefunden hat, immer noch in erster Linie, aber erst nach dem Bezirk Visp, wo eine fortwährende Zunahme zu konstatieren ist. Auch interessiert sich der Staat an der Einführung von Zuchtböcken der Southdown-Rasse, die sich bekanntlich in den gebirgigen Teilen unseres Landes leicht akklimatisiert. Dagegen haben sich Schafe und ein Widder friesischer Rasse, die man 1895 im Bagnesthal einführte, nicht bewährt, wie man erwartete; vielleicht lag der Fehler darin, dass man sie sorgfältig von den einheimischen Herden absonderte.
Die Landesrassen werden durch das Lötschen-Schaf und durch die Schwarznase von Saas vertreten. Seitdem die Hotelindustrie im Wallis eine ungeahnte Ausdehnung annimmt, wäre es ohne Zweifel vorteilhaft, die Aufzucht von Kaninchen und Geflügel in stärkerem Mass zu fördern. Leider passen das Kaninchengehege und der Geflügelhof schlecht zu den dicht gedrängten Dörfern und den zerstückelten Baumgärten. Wird doch selbst das im Dorf herumstreichende Huhn während der Blütezeit des Heues zur Gefangenschaft verurteilt.
Gelungene Versuche, die Geflügelzucht einzuführen, sind indessen in günstig gelegenen Lokalitäten des Rhonethales gemacht worden. Die Bienenzucht, die seit undenklichen Zeiten in allen Gebieten des Kantons gepflegt wurde, hat sich seit der Einbürgerung moderner Einrichtungen noch bedeutend entfaltet. Immerhin bleiben noch viele Leute dem alten Verfahren treu, und im Lötschenthal bestehen die Bienenwohnungen noch aus grossen ausgehöhlten Baumstümpfen.
Das Rindvieh gehört drei Hauptrassen an. Die charakteristischste ist die sog. Eringer Rasse, ohne Zweifel die älteste, die auch für die ursprüngliche der penninischen Alpen gehalten wird. Sie zählt 39800 Häupter und belebt noch die steilen Thäler von Salvan (wo man sie verdrängen will), Bagnes und Entremont, das Eringer- und das Eifischthal mit den entsprechenden Gebieten der Rhoneebene und des gegenüberliegenden Geländes. Diese Rasse, die von Viehzuchtgenossenschaften und Preisrichtern schon zu wiederholten Malen zu unterdrücken versucht worden ist, da man kein Verständnis für ihren kampflustigen Charakter hatte, der doch gerade ihren Ruf begründet, hat bis jetzt allen Anfeindungen widerstanden.
Ihre Besitzer und ihre Verteidiger behaupten, die Eringerkuh gebe im Verhältnis zu ihrer Grösse mehr Milch als ihre Rivalinnen. Ausserdem ist der kriegerische Geist, den man ihr zum Vorwurf macht und der sogar die fremden Käufer abhalten soll, in den Augen der wohlhabendsten Besitzer vielmehr ein Vorzug, so dass die kräftigsten und beherztesten Vertreter der Rasse hoch eingeschätzt werden und so gesucht sind, dass man nur selten solche auf dem Markt sieht. Im Anfang des Sommers, wenn jeder Besitzer seine eigene Herde zu der seiner Genossen gesellt, mit denen sie nun ein Vierteljahr zusammen wohnen wird, werden die stärksten Tiere einander gegenübergestellt.
Und da diese sich in Dreivierteljahren fremd geworden, lodert ihre Rivalität in vollem Masse auf. Die Hörner senken sich; die Stirnen stossen gegeneinander; jede Kämpferin, auf ihre Hinterbeine gestemmt, spannt alle Muskeln an und sorgt, dass sie nicht gegen irgend ein Hindernis gedrängt wird. Endlich weicht eine, und während die Siegerin im Gefühl ihres Triumphes mit erhobenen Nüstern die Liebkosung ihres Herrn und den Beifall der Zuschauer sucht, verliert sich die Besiegte brüllend in der Herde.
Dieser Sport, der eine Zeit lang jede andre Beschäftigung in den Schatten stellt, zieht viele Liebhaber und Neugierige herbei und gibt Anlass zu zahlreichen Wetten. Verschiedene Besitzer von Sitten und Martinach, deren Hauptbeschäftigung jedoch nicht die Viehzucht ist, streiten sich heutzutage um die Ehre, die «Königin» oder den «Meister» einer Herde zu besitzen und machen so einen Strich durch die Rechnung der grossen Bauern, weil sie höhere Preise bezahlen können.
Seit einer Reihe von Jahren sind Versuche angestellt worden, einen reinen Typus herauszubringen; denn eine Zeit lang waren rot und schwarz, einfarbig oder mit weissen Flecken, gemein geworden. Aber trotz dieser Zeichen, die deutlich auf zahlreiche Kreuzungen mit benachbarten Rassen hinweisen, ist der kampflustige Instinkt der Rasse keineswegs abgeschwächt worden; die gescheckten Königinnen haben ebenso Wunderbares geleistet, wie die andern, was einen zum Schlusse drängt, dass der Rassencharakter ebenso sehr auf den besondern Bedingungen des Bodens ¶
Landwirtschaftliche Karte des Kantons Wallis
Lief. 264.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 5° 20’ O; 46° 10’ N; 1:600000]
Stück Rindvieh auf 100 Einw.
░ 35-50
▒ 60-70
▓ 80-90
▐ 100-110
░ Ackerland
▒ Bergackerbau
▓ Weide
▐ Wald
▒ Unproduktiver Boden
u 50 Maultiere
▴ 50 Pferde
● 200 Rinder
⥾ 200 Schafe
v 200 Ziegen
❙ 100 Schweine
^ 100 Bienenst.
V. Attinger sc.
LANDWIRTSCHAFTLICHE KARTE DES KANTONS WALLIS ¶
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und des Beisammenlebens als auf äussern Zeichen beruht. Was den kleinen Wuchs dieser Rasse betrifft, kann man die Ursache davon wohl in der Tatsache erblicken, dass sie den ganzen Sommer unter freiem Himmel bis zu 2500 m Höhe und darüber zubringt und allen Unbilden des Wetters ausgesetzt ist. Ungeachtet eines Erlasses des Grossen Rates vom nach welchem innert einer Frist von höchstens sechs Jahren zum Schutz des Viehes Ställe auf allen Alpweiden errichtet werden sollten, wo deren noch keine vorhanden, sind heute doch nur wenige Alpen des mittlern Wallis mit solchen versehen. Und gerade die höchst gelegenen entbehren noch solcher Schutzbauten. Wo sich aber auch solche vorfinden, geht das Vieh doch nur bei ausserordentlichen Schneefällen hinein.
Im äussersten Oberwallis hat man einen Viehschlag mit fahlgrauer Behaarung, den man die Gomser Rasse nennt, während er aber nur eine Abart der Schwyzer Rasse ist, gerade wie die sogenannte Lötschen- und Illiez-Rasse, welche diese zwei Thäler und einige anstossende Gebiete bewohnt, nichts andres als eine Mischung zwischen Freiburger und Berner Rasse ist. Das Wallis steht mit seinem Rindvieh im 9. Rang, nämlich gerade hinter Graublinden. Von dem Totalbestand von 75562 sind nur 1286 Stück zum Schlachten bestimmt; 62776 sind Milchkühe, 1316 Stiere, 2000 Ochsen etc. Der grösste Teil dieses Viehes und das der andern Gattungen wohnt im Sommer auf 547 Alpen, die eine Gesamtfläche von 147399 ha einnehmen, von denen 86116 ha produktive Weide sind. Der Gesamtwert der eigentlichen Weiden ist 9189880 Fr.; aber der Durchschnittswert ist nach den Gegenden und nach der Höhe sehr verschieden. Von 291 Fr. per ha im Bezirk Monthey fällt er auf 85 Fr. in Hérens und auf 80 Fr. in Siders, wo er für das französische Wallis am niedrigsten steht. Im deutschen Wallis schwankt er zwischen dem Maximum von 92 Fr. im Bezirk Leuk und dem Minimum von 54 Fr. im Briger Bezirk.
Die Milchproduktion ist also die Hauptnährquelle der Walliser Bevölkerung; denn erst seit verhältnismässig kurzer Zeit hat sich eine, noch schwache, Klasse von Industriellen, Kaufleuten und Beamten gebildet, die nicht zugleich Viehzüchter sind. Den Beweis, dass die Bevölkerung hauptsächlich von Milchprodukten lebt, sehen wir in der geringen Ausfuhr trotz des reichlichen Ertrages. Im Jahr 1906 hat dieser Kanton bloss 680 Meterzentner Käse und 670 Meterzentner Butter exportiert, während er 2897 q des erstern und 559 q der letztern einführte. Im Winter wird die Milch zweimal täglich in die Milchhütten des Dorfes gebracht.
Diese je nach der Grösse der Ortschaften eine bis drei an der Zahl, beruhen auf Gesellschaften mit sehr genauen Statuten; der geringste Betrug wird streng und oft mit Ausschluss bestraft. Diese Massregel bildet einen Schandfleck, dem auszusetzen man sich hütet. Mit dem 1. Juni beginnt in der Regel die Zeit der Maiensässe. Das Vieh verlässt die Krippe und ein Teil der Familie begleitet es hinauf zu den kleinen Hütten, die ihr Privateigentum sind. Da verwendet nun jede Haushaltung ihre Milch nach Belieben.
Oft, wenn die Entfernung es erlaubt, bringt man sie ins Dorf hinunter, um die Familienglieder zu verproviantieren, die wegen Feldarbeiten oder der Heuernte unten geblieben sind; sonst verarbeitet man sie zu Butter oder zu magern Käschen, die «vacherins» oder «tommes» heissen für den Gebrauch der Familie aufbewahrt werden und nur selten in den Handel kommen. Sobald die höhern Weiden bezogen werden können, versammeln sich die Alpgenossen jeder Alp an einem Sonntag und bestimmen den Tag der Alpfahrt. Jeder soll sein Vieh am gleichen Tage aufführen. Da oben bleibt nun das Vieh, nach dem Kampf um den Rang der Königin, der Obhut der Hirten anvertraut, die für den ganzen Sommer angestellt sind. Zweimal in dessen Lauf kommen an einem bestimmten Tag die Genossen wieder hinauf, um den Ertrag jeder einzelnen Kuh zu kontrollieren, damit jeder weiss, wie viel ihm bei der Teilung am Schluss zukommt.
Die fetten Käse von den Walliser Alpweiden sind im Kanton sehr gesucht; die geschätztesten sind die von Goms ins Oberwallis und die von Bagnes im untern Kantonsteil. In der Form stimmen sie mit dem Greierzer überein; aber sie sind viel fetter und weniger fest, deshalb auch weniger zu einem Handelsartikel tauglich. Sie werden im Land selbst oder dann von Wallisern, die auswärts leben, konsumiert.
Das Lieblingsgericht des Wallisers ist ein geschmolzener Käse, den man «râclette» nennt; der grösste Teil des fetten Käses wird zur Bereitung dieser Speise verwendet. Das Vieh verlässt die Alpen in der zweiten Hälfte September und äzt während eines Monats wieder das Gras der Maiensässe, bevor es in das Thal zurückkehrt. So wickelt sich dieser Teil der Landwirtschaft im Wallis ab, mit Ausnahme des Lötschen- und Illiezthales und zweier oder dreier benachbarter Gemeinden, wo das nicht in Privatbesitz übergegangene Maiensäss mehr oder weniger mit der Alp zusammenfällt und der Bauer, durch Feldarbeiten weniger von der Viehzucht abgezogen, seiner Herde den ganzen Sommer folgt. In diesen Thälern, wie auch auf den Alpen von Orsières, wird die Milch in gleicher Art, wie in den Milchhütten der Dörfer, verarbeitet und verteilt. Im Jahr 1906 wurden für Alpverbesserungen Fr. 136772 aufgewendet, woran die Gemeinden Fr. 26168, der Staat Fr. 18761, die Eidgenossenschaft Fr. 35899 beitrugen.
Der Kanton Wallis besitzt eine landwirtschaftliche Schule zu Écône, zwischen Saxon und Riddes, in einem dem Kloster auf dem Grossen St. Bernhard gehörigen Bauernhof, wo jährlich 25 Zöglinge aufgenommen werden. Zwölf Professoren oder Fachlehrer unterrichten da in Buchhaltung, den Grundzügen der Landwirtschaft, der Zootechnik, in Gartenbau, Weinbau, Baumpflege, Botanik und elementarer Chemie. Jedes Jahr werden Spezialkurse für Käserei abgehalten, meistens zu Bramois bei Sitten; sie dauern je etwa vierzehn Tage.
Seit 1906 ist der Kanton Wallis in sechs Forstkreise eingeteilt, indem die Bezirke Leuk und Siders vom 2. und 4. frühern Forstkreis abgetrennt wurden. Trotzdem ist die Ueberwachung der Wälder infolge der grossen Ausdehnung des Gebietes erklärlicherweise ziemlich ¶