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Dorf) je 1200, Vouvry 1150, Leuk 1050, Isérables 1000 Ew.
Die Zahl der Eheschliessungen betrug 751 im Jahr 1906. Die niedrigste Ziffer der 12 letzten Jahre war 579 (1896), die höchste betrug 786 (1901). Im Jahr 1906 betrug die Zahl der Lebendgebornen 3514, was einen Ueberschuss von 1151 Geburten über die 2363 Todesfälle bedeutet. Die Ehescheidungen bleiben selten, trotz einer leichten Zunahme, die übrigens keine Regelmässigkeit zeigt. Von 1880, wo nur 2 vorkamen, bis 1906, wo wir von dreien Kunde erhielten, schwankt ihre Zahl von Null bis zum Maximum 8 im Jahr 1900. 1894-1906 bewegte sich die Zahl der Geburten (inkl. Totgeburten) zwischen 3087 und 3715;
die der illegitimen Geburten zwischen 102 und 148;
die Totgeburten zwischen 46 und 97;
die Todesfälle (Totgeborne inbegriffen) zwischen 1890 und 2545;
Unfälle mit tötlichem Ausgang zwischen 54 und 108;
die Selbstmorde zwischen 4 und 16.
Infolge der äussersten Verschiedenheit der Bodenproduktion, wie auch der Entfernung von Industriezentren verteilt sich die Bevölkerung des Wallis nicht entsprechend den Höhenzonen, wie dies sonst in den meisten Gebirgsgegenden der Fall ist. Einesteils haben die beträchtliche Ausdehnung der hochgelegenen Alpweiden und die hervorragende Rolle, welche sie in der gesamten Volkswirtschaft des Landes spielen, den Bergbewohnern nicht erlaubt, sie für sich allein auszunützen; andrerseits haben die häufigen Ueberschwemmungen der Ebene immer wieder die Bevölkerung an den Fuss oder die Flanken der Thal- und Berggehänge zurückgedrängt, so dass die verschiedenen Volksgruppen, statt an ein und demselben Ort der durch die Landesnatur vorgeschriebenen Beschäftigung sich zu widmen, dazu gekommen sind, nach der Höhe zu nomadisieren.
Sehr selten sind die Marktflecken in der Ebene, deren Gemeindegebiet sich nicht bis zu den Gipfeln der Berge erhebt. So reicht Oberwald, die höchstgelegene Gemeinde des Rhonethales, bis zur Furka, zur Grimsel und zum Gerenpass und ziehen sich desgleichen die untersten Gemeinden im Thal, Port Valais und Saint Gingolph, vom Ufer des Genfersees bis zum Grat des Grammont hinauf. Auf diese Weise wird der Walliser abwechselnd oder gleichzeitig zum Hirten, Feldarbeiter und Winzer.
Wenn Ende September ein Familienglied auszieht, um die Milchprodukte von den Alpweiden am Rand der Gletscher von Trient, Combin, Grand Golliaz, Ferpècle oder der Dent Blanche zu holen, heimst ein andres zugleich um die Tour de la Bâtiaz, auf den Follatères und in den Umgebungen von Siders oder Sitten die Trauben ein. Wo die spätere Aufteilung der herrschaftlichen oder kommunalen Domänen diese oder jene Ortschaft etwa ihres Anteiles am Alpweidenbezirk beraubt hatte, tat man sich zum Zweck des Ankaufs solcher Weiden zu kapitalkräftigen Korporationen zusammen. So kommt es, dass man die Bewohner von Saillon ihr Vieh in den entlegensten Winkeln des Thales von Entrement «alpen» sieht und' dass einige Bauern aus Grimisuat das ihrige zu hinterst im Thal von Réchy «sömmern».
c) Landessprache.
Das Französische ist die Sprache der 8 Bezirke Monthey, Saint Maurice, Entremont, Martinach, Conthey, Hérens, Sitten und Siders; das Deutsche diejenige der 5 Bezirke Leuk, Raron, Visp, Brig und Goms. Bis vor kurzem bildete die letztere Sprache zwei bedeutende Inseln im Bezirk Sitten und eine im Bezirk Siders, aber es war dies nur die Folge beständiger Wanderungen, welche in den politischen Privilegien der obern Bezirke ihre Erklärung fanden. Die hohen bürgerlichen, kirchlichen und militärischen Aemter fielen nur den Angehörigen dieser letztern zu. Sie bildeten daher in der Hauptstadt, auf romanischem Boden, einen Kern deutscher Rasse, um welchen sich Bediente, Handwerksleute und Landarbeiter, sowie Schützlinge verschiedener Art aus den selben Gegenden ansammelten.
Das Dorf Bramois (Brämis) im Bezirk Sitten am linken Ufer der Rhone, dessen Bewohner noch zu ⅓ deutsch sprechen, verdankt diese Eigentümlichkeit der Einstellung von Pächtern, welche die Sittener Patrizier aus dem Oberwallis herbeizogen. Indem diese später Eigentümer der Heimwesen wurden, welche sie bebauten, haben sie mit der Heranziehung von Arbeitern aus den deutschen Bezirken fortgefahren. Das zeitweilige Vorherrschen der deutschen Sprache in Siders ist in gleicher Weise den häufigen Heiraten unter Leuten beider Sprachen und der Anwesenheit von Arbeitern und Handwerkern aus den obern Bezirken zuzuschreiben.
Während der Bezirk Sitten im Jahr 1889 noch 2217 deutschsprechende Personen bei einer Gesamtbevölkerung von 9311 Seelen zählte, hatte er 1900 nur noch deren 1763 auf 10871 Einwohner. Desgleichen hatte der Bezirk Siders, der zur selben Zeit 1157 Einwohner deutscher Zunge bei 9729 Seelen zählte, im Jahr 1900 nur noch 960 auf 11567. Auf 26 Gemeindeprimarschulen besitzt Sitten nur noch 4 deutsche (2 für Knaben und 2 für Mädchen) mit einer Gesamtzahl von 73 Knaben und 74 Mädchen.
Brämis hat auf insgesamt 4 Schulen eine deutsche mit 27 Schülern; Siders hat eine deutsche Knaben- und eine Mädchenklasse, mit im ganzen 51 Schülern, während seine 6 französischen Schulen im ganzen 252 Schüler zählen. Unterhalb der Raspille und des Pfinwaldes existiert keine andre deutsche Schule, ebenso auch keine einzige französische Primarschule im deutschen Gebiet. Immerhin ist der französische Spracheinfluss in den an der Eisenbahn liegenden Volkszentren des Oberwallis im Steigen begriffen, weil eben ein grosser Teil des Beamtenpersonals der welschschweizerischen Nationalität angehört. Zwar weisen auch die drei Bezirke Martinach, Saint Maurice und Monthey in den letzten Jahren ein erhebliches Anwachsen der Deutschen auf; aber die deutschen Einwanderer, meistens Pächter, Landarbeiter, Handwerker, Kleinhändler oder Dienstboten, vermögen dem französischen Einfluss keinen langen Widerstand entgegenzusetzen und gehen in der Regel in der zweiten Generation im Romanentum unter.
Hingegen hat sich von 1880 auf 1900 die Bevölkerung italienischer Zunge mehr als verfünffacht, indem sie von 1018 auf 5469 Seelen anstieg. Die grösste Zahl weist der Bezirk Brig auf, wo die Arbeiten am Simplontunnel eine starke augenblickliche Vermehrung erklären, der seit dem Tunneldurchstich ein Zurückgehen gefolgt ist. Es muss aber die Tatsache berücksichtigt werden, dass die Eröffnung der Linie diesen Rückschlag bis zur nächsten Volkszählung zum Teil ausgleichen wird. Ueberhaupt macht sich die italienische Einwanderung in allen Teilen des Wallis fühlbar, wie folgende kleine Zusammenstellung zeigt, welche nur die drei westlichen Bezirke umfasst.
Es zählten Einwohner italienischer Zunge:
Bezirk | 1888 Ew. | 1900 Ew. |
---|---|---|
Martinach | 117 | 265 |
Saint Maurice | 28 | 445 |
Monthey | 199 | 525 |
Es ist von Interesse, daran zu erinnern, dass die französische Sprache während der ersten Zeit des Mittelalters im ganzen Wallis die herrschende war, was die Schriften von F. de Gingins, von V. van Berchem und selbst von Zimmerli beweisen. Aber seit dem 9. Jahrhundert liessen sich Einwanderer aus dem Thal der Reuss und dem Berner Oberland in dem noch sehr spärlich besiedelten Oberwallis nieder, wo sie nun das romanische Idiom verdrängten. Später machten die fortwährenden Feindseligkeiten mit Savoyen dieses letztere unpopulär.
Nach verschiedenen Wechselfällen folgte die Einmischung des Bischofs Supersaxo, welcher zur bessern Unterdrückung der Macht der Herzoge im Rhonethal das Französische als Amtssprache konsequent ausschloss, obwohl es damals (15. Jahrhundert) in Sitten und sogar bis hinter Leuk gesprochen wurde. Vom Anfang des 19. Jahrhunderts an geht die Sprachgrenze gegen die Rhonequellen zurück. Die Gründe, welche ehemals die deutsche Sprache thalabwärts vorrücken liessen, existieren nicht mehr.
Die politische Vorherrschaft des Oberwallis ist verschwunden. Dagegen macht sich der wirtschaftliche Einfluss der welschen Kantone, der seit der Erbauung der Eisenbahn datiert, zum Nachteil der deutschen Schweiz fehlbar, mit welcher die Verbindungswege weniger leicht sind. Bei der Volkszählung von 1888 wies die Stadt Siders noch eine deutsche Mehrheit auf; 1900 ist die Majorität französisch. Es ist jedoch vorauszusehen, dass der Durchstich des Lötschberges das Zurückweichen der deutschen Sprache im Rhonethal ¶
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einigermassen aufhalten werde. Die gegenwärtige Sprachgrenze wird scharf bezeichnet durch die politische Grenze der beiden Bezirke Leuk und Siders, nämlich: südl. der Rhone durch die Wasserscheide vom Corbetschgrat über die Diablons zum Weisshorn, nördl. vom Thalfluss durch den Wildbach Raspille und das Plateau der Varneralp. Der Weiler Cordoma auf der rechten Seite der Raspille ist französisch und gehört zur Gemeinde Miège.
d) Volkstypen und Volkscharakter.
Wie eigenartig auch der Charakter des Wallisers erscheinen mag, ist er doch so vielseitig und so sonderbar verzweigt, dass es schwer hält, ihn zu entziffern. Es lässt sich beobachten, dass das Temperament nicht nur nach den Regionen, den Thälern und deren Abschnitten, oder nach der Lage der Bergabhänge verschieden ist, sondern vielfach auch nach der politischen Oberhoheit, der die Bewohner vor dem Sturz der Macht der Bischöfe, des Adels, der Klöster und des Chorherrenstiftes jeweilen unterworfen gewesen waren. So zeigen einige Gegenden, welche von den neuen Verkehrswegen weit abliegen, noch deutlich die Spuren dieser verschiedenen Untertanenverhältnisse.
Der Bewohner des Goms, der sich frühe von der Herrschaft des kleinen Adels befreit hat, will immer die erste Rolle spielen in der Verteidigung der öffentlichen Freiheiten, die sich in seinen Augen mit den Vorrechten der Kirche decken, wie denn das Kreuz und das Schwert des Bischofs auf dem einstigen Landeswappen vereinigt waren. Seine politische Gewandtheit, die Halsstarrigkeit und Verachtung gegenüber allem Kastengeist haben tiefe Spuren in der heutigen Bevölkerung des Goms zurückgelassen, welche damit stark vom Durchschnitt der Oberwalliser absticht.
Die Bewohner des bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hart unterdrückten Lötschenthales entbehren vollständig jener oft anspruchsvollen Dreistigkeit, welche die Gomser auszeichnet. Dagegen gleicht ihnen wiederum der seiner Abstammung nach doch ganz verschiedene Bürger der freien Gemeinde Savièse in dem starken Selbstvertrauen auf die eigene Kraft und Macht, mit der Besonderheit freilich, dass er als Besitzer eines reicheren Bodens mehr Lebhaftigkeit, mehr Gefälligkeit und eine Gastfreundschaft ohne Gleichen zeigt, die er in jedem Augenblick auszuüben bereit ist. Um sich davon zu überzeugen, braucht man bloss die Morge oder besonders die Sionne zu überschreiten.
Wenn man über den letztern Wildbach geht, findet man an dem selben Abhang in den verfallenen Wohnstätten von Grimisuat, Ayent und Arbaz eine ganz andre Bevölkerung. Der Anniviarde endlich, ein seit langer Zeit freier Mann, zeigt auf etwas rauherem Boden sind in etwas weniger überschwenglicher Art einige der dem Saviésan eigenen Charakterzüge. Im Unterwallis ist der Bewohner des Bezirks Monthey gewöhnlich offen und selbst fröhlich, Eigenschaften, die er infolge seines langen Verkehrs mit den waadtländischen und savoyischen Nachbarn angenommen hat. Indessen existieren so viele Typen und Untertypen, dass diese Charakteristiken offenbar zahlreiche Ausnahmen zulassen. Es gibt vielleicht so viele Arten von Walliser Volkscharakteren wie Thäler und Ortschaften. Zum Ueberfluss mischt sich oft auch noch die Politik hinein.
Im Kanton Wallis sind wie auch in anderen Teilen der romanischen Schweiz noch besondere französische Bezeichnungen für die Bewohner der verschiedenen Oertlichkeiten und Bezirke in Gebrauch. Wir führen folgende Beispiele an: Für die Bezirke haben wir Conches (Goms), Conchard;
Entremont, Entremontan.
Für die Gemeinden: Sion (Sitten), Sédunois;
Conthey, Conthevsan;
Monthey, Montheysan;
Martigny, Martignérain;
Fully, Fullyérain;
Chamoson, Chamosard;
Bagnes, Bagnard;
Sembrancher, Sembranchard;
Vollèges, Vollégeard;
Liddes, Lidderain;
Riddes, Riddan;
Bourg Saint Pierre und Martigny Bourg, Bordïon;
Salvan, Salvanain, ehemals Salvaniou;
Finhaut, Fégnolain;
Orsières, Orsérien;
Anniviers, Anniviard;
Evolène, Evolénard;
Hérémence, Hérémensard;
Lens, Lensard;
Vérossaz, Vérofiard, vom mundartlichen Vérofa;
Savièse, Saviésan;
Ayent, Ayentau;
Collombey, Collomberou;
Champéry, Champérolain;
Bovernier, Bovergnon;
Nendaz, Nendard;
ferner sagt man Saxonain, Charratain, Saillonain, Leytronain, Ardonain, Vétronain, Isérablain.
Letztere tragen auch den sehr oft gebrauchten Uebernamen der Bédyui (wahrscheinlich von Bédouin). An den Orten, wo deutsch gesprochen wird, hängt man an den Namen der Lokalität die Endung «er»: Sittener, Gomser, Visper etc.
e) Auswanderung.
Mit Ausnahme der Auswanderer nach überseeischen Ländern, welche gewöhnlich ohne Hoffnung auf Rückkehr fortziehen, besitzt man kaum etwelche statistische Angaben über die Bewegung der Bevölkerung des Wallis. Im Jahr 1905 war die Zahl der überseeischen Auswanderer auf 242 gestiegen. Diese Zahl war die grösste seit 13 Jahren, d. h. seit 1892. Die beiden Länder, die sich allein in diesen Bestand geteilt haben, sind die Vereinigten Staaten (148) und die Republik Argentinien (94). Im Jahr 1906 ist die Zahl auf 156 zurückgegangen.
Die grösste Anzahl Auswanderer, welche uns für ein Vierteljahrhundert unter die Augen gekommen, datiert mit 795 Personen vom Jahr 1883. Es war dies allerdings zu einer Zeit, wo die Landwirtschaft eine länger andauernde Krise durchmachte und vor dem Aufschwung der Hotelindustrie. Diese letztere hat den Strom der Auswanderung abgelenkt wegen der immer grösser werdenden Werbung von Personal, das sie benötigt. Die meisten Hotelangestellten begeben sich nach beendeter Saison nach den Winterstationen am Mittelmeer, verlieren aber ihre Heimat nicht aus den Augen.
Die Gegenden mit der geringsten Auswanderung sind die des mittlern Kantonsteils, diejenigen mit der stärksten Auswanderung die Thäler von Goms, Bagnes, Entremont und Salvan, sowie gewisse Teile des Bezirks Monthey. Die Auswanderer aus dieser Gegend, wie auch die Leute von Salvan und die Gomser begeben sich hauptsächlich nach Amerika. Im Entremont und im Bagnesthal hat dieser Strom seit langer Zeit abgenommen; dafür wird aber der Wohnort im Kanton selbst oder nach den Nachbarkantonen Waadt und Genf gerne gewechselt. Viele Orsériens begeben sich nach Paris, wo sie in den Omnibus-Dépôts und in den Fabriken für feine Farbwaren arbeiten. Wie man sieht, ist der Zweck der ¶