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den Schutzmassregeln des eidgenössischen Jagdgesetzes hie und da in ganzen Rudeln beobachten. Dagegen ist der Steinbock (Capra Ibex) seit langer Zeit verschwunden. Nach Tschudi soll er noch gegen 1840 im Massiv der Dent Blanche und im Arollathal beobachtet worden sein. Einige Gipfelnamen bewahren sein Andenken: Tourme de Bouques (ital. turma = Herde) im Bagnesthal, Dents des Bouquetins im Eringerthal, Le Bouquetin im Eifischthal etc. Ebenfalls verschwunden sind das Wildschwein (Sus Scrofa), der ehemals in den südl. Thälern häufige Wolf;
die Wildkatze (Felis Catus), welche vor 50 Jahren noch die entlegensten Wälder der Walliser S.-Alpen bewohnte;
der Luchs (Felis Lynx), von dem das letzte Exemplar 1867 im Eringerthal geschossen worden ist;
endlich der Bär, den man seit nun mehr als 60 Jahren nicht mehr beobachtet hat.
Die Vögel sind zahlreich. Etwa zwanzig Tagraubvögel: der graue Geier (Gyps fulvus), um Evolena und im Val d'Illiez;
der Lämmergeier (Gypaëtus barbatus), bis 1878 bei Goppenstein im Lötschenthal beobachtet, letztes bekanntes Exemplar (ein altes Weibchen) im Frühjahr 1886 oberhalb Visp vergiftet gefunden;
der rote Milan (Milvus regalis), häufig im untern Wallis; der schwarzbraune Milan (Milvus ater), seltener. In der Gegend um Sitten-Saint Maurice beobachtet man: den Turmfalken (Falco tinnunculus), den Lerchenfalken (Falco subbuteo), den Habicht (Astur palumbarius), den Sperber (Falco nisus) und den Zwergfalken oder Steinfalken (Falco oesalon), seltener.
Der Wanderfalke nistet bei Saint Maurice und der Fischadler (Pandion Haliaetus) um Sitten, der Steinadler überall vom Genfersee bis auf die Furka. Im Dezember 1906 raubte ein Steinadler bei Lens einen Jagdhund, der einen Hasen verfolgte. Der Schlangenadler (Circaëtus gallicus) und der Mäusebussard (Buteo vulgaris) nisten häufig vom See bis Sitten hinauf, der Rauhfussbussard (Archibuteo lagopus) von Martinach bis zur Rhonemündung. Der Seeadler (Haliaetus albicilla), der Wüstenbussard (Buteo desertorum), die Sumpfweihe (Circus aeruginosus), die Wiesenweihe (C. cineraceus) und die Steppenweihe (C. pallidus) sind nur im untern Wallis beobachtete Zugvögel.
Unter den Eulen nennen wir die Sperlingseule (Strix passerina), den Steinkauz (Athene noctua), den rauhfüssigen Kauz (Nyctale Tengmalmi), den Nachtkauz (Strix Aluco), die Turm- oder Goldeule (Strix flammea) und die Sumpfohreule (Strix brachyotus), alle Standvögel im untern Wallis bis Siders hinauf; ferner sind ziemlich häufig der Uhu (Strix Bubo), die Waldohreule (Strix Otus) und die Zwergohreule (Strix scops); letztere trifft man im untern Wallis seltener, da sie besonders in der Berggegend um Brig nistet.
Die ziemlich seltene Nachtschwalbe (Caprimulgus europaeus) zeigt sich von Aigle bis Sitten; der Alpensegler (Hirundo melba) nistet auf Türmen und in den Felsen von der Ebene bis ins Gebirge; der Mauersegler (Hirundo apus) ist überall gemein, ebenso die Rauch-, Stadt- und Felsenschwalbe, die bis zum Dorf Simpeln und über Zermatt (1800 m) hinaufgehen. Der Bienenfresser (Merops apiaster), ein aussetzender Zugvogel, soll bei Saint Maurice und in Sitten genistet haben.
Aus der zahlreichen Ordnung der Sperlingsvögel (Passeres) können erwähnt werden: der Kukuk, der Eisvogel (Alcedo hispida) und die Wasseramsel (Cinclus aquaticus) längs den Flüssen und Bächen der untern Region;
die Mandelkrähe (Coracias garrula) und die Goldamsel (Oriolus galbula), beide sehr selten;
der Star, die Dohle (Corvus monedula), die Alpendohle (C. alpinus) und die Alpenkrähe (C. graculus), häufig;
der Kolkrabe (C. corax), hie und da in den Bergen des mittlern Wallis; die Rabenkrähe (C. corone), die Elster und der Eichelhäher oder Herrenvogel (Garrulus glandularius), häufig;
die Nebelkrähe (Corvus cornix) und die Saatkrähe (C. frugilegus) als Zugvögel;
der Nusshäher (Nucifraga caryocatactes) in den Arvenwäldern ziemlich häufig;
der grüne, graue und schwarze Specht, im ganzen Kanton;
der grosse, der kleine und der dreizehige Buntspecht, seltener;
dann der seltene Wendehals (Yunx torquilla), die Spechtmeise (Sitta caesia), der Alpenmauerläufer (Tichodroma muraria), der Baumläufer (Certhia familiaris), der Wiedehopf (Upupa epops), von Martinach bis Leuk;
vier Würger (Lanius), die Fliegenfänger (Muscicapa), die Alpen- und Heckenbraunelle (Accentor alpinus und A. modularis), der Zaunkönig (Troglodytes parvulus), die Goldhähnchen (Regulus cristatus und R. ignicapillus), die Amseln (Turdus torquatus und T. merula), drei Drosseln, das Rotkehlchen, die Nachtigallen (Luscinia Philomela und L. Progne, die in der Schweiz sehr selten nistet), die Rotschwänzchen (Ruticilla), die Laubvögel (Phyllopneuste), fünf Grasmücken (Sylvia), sieben Meisen (Parus), dann die Bachstelzen (Motacilla), die Pieper (Anthus) und Lerchen (Alauda);
der Feld-, der Haus- und der Steinsperling, der Grünling (Pyrgita petronia);
die Finken (Fringilla), als Buch-, Distel-, Lein-, Blut- und Schneefink;
vier Ammern (Emberiza), als Erlenzeisig, Girlitz, Blut- und Berghänfling;
die Kreuzschnäbel (Loxia curvirostra und L. pityopsittacus) etc. Die Ringel-, Hohl- und Turteltaube (Turtur auritus) nisten im untern Wallis, die Felsentaube (Columba livia) bei Saint Maurice.
Auerhuhn, Birkhuhn und sein Bastard, Haselhuhn und Schneehuhn sind in der Berg- und Alpregion häufig (1500-1900 m). Das Steinhuhn steigt bis in die Ebene hinab. Wachtel und Rebhuhn bewohnen lieber die Bergregion; das Rothuhn wird von Bex bis Sitten beobachtet. Unter den Sumpfvögeln nisten in der Ebene die Waldschnepfe, die Sumpfschnepfen, der Zwergstrandläufer (Tringa minuta), der Brachvogel (Numenius), die Kibitze, die Wasserralle und der Wachtelkönig, der graue Reiher (Ardea cinerea), die Rohrdommel, der Goldregenpfeifer, die Sumpfhühner (Gallinula) und das Wasserhuhn (Fulica); mehr als dreissig andre Arten sind Zugvögel, so die Strandläufer (Tringa), die Wasserläufer (Totanus), acht Reiher (Ardea), die Regenpfeifer etc. Erwähnt seien als besonders interessant der europäische Rennvogel (Cursorius europaeus), von dem ein Exemplar im Museum von Saint Maurice aufbewahrt ist, der in Turtman beobachtete Flamingo (Phoenicopterus), dann der Nachtreiher, der graue Kranich (Grus cinereus), der Storch, der Löffelreiher und der dunkelfarbige Sichler (Falcinellus igneus).
Unter den Schwimmvögeln nisten hie und da der wilde Schwan, die Stockente (Anas boschas), die Knäck- und Krickente, der Zwergsteissfuss und die Flussseeschwalbe (Sterna fluviatilis); alle übrigen Arten, beinahe ¶
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einhundert, sind Zugvögel, so die Brand-, Spiess-, Löffel-, Tafel-, Pfeif-, Berg- und Eisente, die Säger (Mergus) und die Seeschwalben; oder auch Wintergäste, wie die Steissfüsse (Podiceps), die Sammet- und Trauerente, die Möven (Larus) und die Seetaucher (Colymbus).
Reptilien: Die grüne Eidechse bewohnt das Hauptthal bis Brig und die südl. Nebenthäler bis 1300 m hinauf. Blindschleiche, Zaun- und Mauereidechse sind überall häufig. In den Alpen findet man die Bergeidechse (Lacerta vivipara), welche bis 3000 m hinaufsteigt. Unter den Ophidien erwähnen wir zwei südliche Arten: die hie und da im Rhonethal auftretende, seltene Zamenis oder gelbgrüne Natter (Zamenis viridiflavus) und die gelbliche Natter (Elaphus Aesculapii) von Martinach bis Brig. An den Bergabhängen sonnen sich bis 1250 m hinauf die Ringelnatter (Tropidonotus natrix), die Vipernatter (T. viperinus) und die glatte Natter (Coronella laevis); Kreuzotter (Pelias Berus) und Redische Viper ( Vipera aspis) sind an sonnigen Orten nicht selten, diese in der tiefern Region, jene bis in die Alpen (2000-2300 m) hinauf.
Ein schönes Exemplar der europäischen Schildkröte (Cestudo europaea), das im Sumpf von Vouvry aufgefunden wurde, befindet sich im Museum von Lausanne; das Bürgerrecht dieser Art ist aber bei uns von Fatio entscheidend in Zweifel gezogen worden. Die Batrachier sind, der Kälte der Gletscherwasser wegen, eher selten, mit Ausnahme der stark sonnigen und weniger tiefen Lachen. Der grüne, der braune und der Laubfrosch, die gemeine, die Kreuz- und die Feuerkröte sind sehr verbreitet, seltener dagegen der Springfrosch (Rana agilis). Der gefleckte Salamander ist bis 1500 m, der schwarze Salamander in den Alpen überall häufig zu finden. Der gemeine Molch (Triton cristatus) lebt in den Pfützen der Ebene, der Bergmolch in den kleinen Alpenseen bis 2500 m Höhe.
Von Fischen findet man in den Fluss- und Bachläufen fast einzig bloss die Forelle, in den Kanälen und Teichen der Ebene dagegen die Schleihe (Tinca vulgaris). Im übrigen vergl. man das Verzeichnis der Fische des Rhonebeckens im 4. Band dieses Lexikons (Seite 730). Seit der Epidemie, welche gegen das Jahr 1880 die Krebse fast gänzlich verschwinden liess, waren diese in den Kanälen und übrigen Wasseradern der unteren Ebene sehr selten; jetzt fangen sie freilich wieder an, häufig zu werden.
Unter den Weichtieren bewohnen die Teichmuscheln (Anodonta anotina, A. cyanea und A. cellensis), die Scheibenschnecken (Planorbis) und die Sumpfschnecken (Limnaea) die Ufer des Genfersees und der alten Rhonearme.
Die Insektenfauna ist sehr abwechslungsreich und reich an südl. Arten. Namentlich das Hauptthal von Martinach bis Siders und die untern Stufen der Seitenthäler weisen ein starkes Verhältnis mediterraner Arten auf. Unter den Käfern - 4000 Arten und Abarten - erwähnen wir Lebia cyathigera, Harpalus patruclis, Dendarus tristis, Helops coeruleus, Omophlus curvipes, Capnodis tenebrionis, die Mylabrus, Zonitis und Titubaea, Chrysomela americana. Von den Halbflüglern (Hemiptern) seien genannt Leprosoma inconspicuum aus dem südl. Russland (in Siders) und besonders drei Zikaden (Cicada orni, C. viridinervis und C. haematodes), die von Martinach bis Siders sehr zahlreich auftreten, wo sie uns während den warmen Tagesstunden mit ihrem Chorgesang betäuben.
Auf der waadtländischen Seite von Bex bis Yvorne noch häufig, fehlen sie weiter gegen Norden. Unter den Gradflüglern (70 Arten) erwähnen wir: die Fangheuschrecke oder Gottesanbeterin (Mantis religiosa), die die gleichen Regionen bewohnt, sowie mehrere Feldheuschrecken (Acridium), den (nördl. Valence fehlenden) Pachytulus nigrofasciatus und den P. cinerascens, dann den Gryllus burdigalensis. Netzflügler (Neuroptern): Ascalaphus macaronius und A. coccajus, die Ameisenlöwen (Myrmeleon) und die Acanthoclisis occitanica, ein grosser mediterraner Ameisenlöwe, der in Sitten und Siders beobachtet worden ist.
Die Zweiflügler sind noch wenig erforscht, doch hat man schon manche Art beobachtet, welche man zwischen Saint Maurice und Lyon umsonst suchen würde. Unter den Hautflüglern (Hymenoptern) nennen wir als ziemlich häufig Colletes canescens und Halictus platycestus, deren Heimat N.-Afrika ist, ferner Anthrena incisa (aus Turkestan), in Siders ziemlich häufig. Alle drei sind anderswo in Europa unbekannt (Halictus platycestus ist sehr selten schon in Portugal beobachtet worden).
Die Schmetterlingsfauna umfasst, ausser 1000 und mehr Kleinfalter (Mikrolepidoptern), etwa 1600 eigentliche Schmetterlinge (Makrolepidoptern), darunter 300 südl. Arten, von denen 120 sich in der Schweiz nicht mehr finden, sowie ungefähr 40 autochthone Arten und Abarten. Unter den zwei letzten Gruppen seien erwähnt: Euchloë Belia v. simplonia, Lycaena Lycidas und L. Jolas, Melitea berisalensis, Erebia Evias und E. Christii, Deilephila hippophaes, Zygaena ephialtes, Setina riffelensis; Arctia Cervini und A. maculosa v. simplonica, Agrotis valesiaca und A. Andereggii, Polia canescens und P. dubia, Episema glaucina v. hispana, Cucullia Santeniei v. odorata, Eurhipia adulatrix, Euterpia Landeti, Hemerophila nycthemeraria, Ortholitha vicinaria u. s. w.
Unter den Spinnentieren seien einige südl. Arten erwähnt: Eresus niger, Araneus (Epeira) Circe, Thomisus albus (auch im Tessin), Coelotes Atropos und eine kleine Milbe, Rhyncholophus plumipes aus Algerien. Endlich der Skorpion (Euscorpius italicus), welcher das Zwischbergenthal bewohnt und von V. Fatio auch in Sitten erwähnt wird. Seitdem hat ihn H. Jullien aus Genf in den Häusern und Scheunen von Châteauneuf bei Sitten massenhaft gefunden.
Diese ganze mediterrane Fauna muss nach der Gletscherzeit von S. her ins Rhonethal eingedrungen sein, und zwar während einer xerothermischen Steppenperiode. Nach deren Verschwinden liess das Sinken der Temperatur diese Arten aus den Zwischenregionen verschwinden, während sie sich im Unterwallis dank dem ausnahmsweise günstigen Klima dieser Gegend bis heute zu halten vermocht haben.
Je höher wir dagegen in die Alpen hinaufsteigen, sehen wir immer zahlreichere Arten aus dem Norden von Europa erscheinen. Ueberall begleitet die Fauna die Flora und steigt sogar noch darüber hinauf. In Gebieten, wo die mittlere Jahrestemperatur -1° bis -2° beträgt (Monte Moropass, Col de Fenêtre, Grosser St. Bernhard) und noch höher bis 2500-2800 m ist das tierische Leben noch immer ziemlich verbreitet. Den letzten Vertretern der Wirbeltiere (Schneemaus, Schneehase, Schneehuhn, Alpenkrähe) gesellen sich hier zahlreiche Gliedertiere bei.
Unter den Steinen, in den Pfützen und beim schmelzenden Schnee findet man viele Käfer, wie Laufkäfer (Carabus depressus und C. bernhardinus), verschiedene Nebria, Trechus Dichotrachelus (eine der Schneeregion spezifische Gattung), mehrere Aphodius; dann zahlreiche Schmetterlinge: Antocharis simplonia, Arctia Cervini (3000 m), Agrotis culminicola, Argynnis Pales, Erebia glacialis. Syrichthus cacaliae und S. andromedae, Zygaena exulans, Plusia devergens, Pygmaena fusca etc.; ferner den merkwürdigen Gletscherfloh (Desoria glacialis), mehrere Spinnentiere, Jagdspinnen und Luchsspinnen, Milben, Lycosa blanda, Megabunus rhinoceros etc. Vergl. den Art. über die Fauna der Alpen im 1. Band dieses Lexikons.
Bibliographie. Wirbeltiere: Fatio, V. Faune des Vertébrés de la Suisse. 6 vol. Genève et Bâle 1869-1904. - Arthropoden: Favre, E. Faune des Coléoptères du Valais. Zürich 1890. - Favre, E. Catalogue des Lépidoptères du Valais. Schaffhausen 1899. - Favre, E. Catalogue des Microlépidoptères du Valais (im Bulletin de la Soc. Murith. du Valais. 1907, 1909). - Mayer-Dür: Ein Blick über die schweizerische Orthopteren-Fauna. Bern 1859. - Forel, F. A. Le lac Léman; précis scientifique. Genève 1886. - Forel, F. A. Le Léman; monographie limnologique. Vol. III. Lausanne 1901. - Siehe ausserdem das Bulletin de la Société entomologique suisse und das Bulletin de la Société Murithienne du Valais. In Vorbereitung: Lessert, Roger de. Catalogue des araignées de la Suisse.
[Prof. H. Jaccard.]
9. Bevölkerung.
a) Anthropologie.
In anthropologischer Hinsicht ist das Wallis ohne Zweifel einer der interessantesten Kantone der Schweiz. Leider ist es noch nicht vollständig erforscht. Seine erste Bevölkerung stammt wahrscheinlich aus der neolithischen oder der ¶