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Falte der Dents de Morcles mit ihrem jurassischen Kern, der sich im Kamm des Haut de Cry bis zum Rhonethal absenkt, nach O. untertauchen. Längs des Val Triqueut sehen wir eine neue Falte, diejenige der Diablerets, sich an die Stelle der ersteren setzen, indem sie sich in Form einer weiten Decke entwickelt. An deren Aufbau nehmen Kreide-, Jura- und sogar Triasgesteine Anteil. Die Auflagerung ist längs des Val Triqueut, bei Montbas und bei Derborence, sowie auch längs des Col de Cheville von Solalex bis Anzeindaz sehr schön sichtbar.
Eine Spannweite von mehr als 14 km trennt den Fuss dieser Deckfalte von ihrem Stirnrand, der südl. vom Col de la Croix in den Taveyannaz-Sandstein und den Flysch untertaucht (vergl. das Profil durch die Waadtländer Hochalpen beim Art. Waadt dieses Lexikons). Die Tiefenlinie Val Triqueut-Derborence-Pas de Cheville hat somit eine tektonische Ursache. Eine dritte Deckfalte taucht längs der Einsenkung Miet-Sanetsch auf. Ihren Jurakern bilden der Mont Gond und der Sérac. Der Neokommantel dieser Falte ist vom jurassischen Kern abgerissen und nach Norden überstürzt, wo er über Oldenhorn und Sex Rouge bis Aigue Noire am NO.-Hang des Creux de Champ hinabreicht. Er bildet den S.-Rand der Einsattelung des Col de Pillon. Diese neue Falte baut nördl. vom Sanetschpass den Rücken des Gebietes von Wildhorn-Wildstrubel auf und kann bis zum Lohner und dem Dündenhorn-Gerihorn verfolgt werden.
Am Sanetschpass ist die Ueberstürzung der Kreideschichten der Decke an den Wänden des Arpelistocks und Schafhorns besonders schön sichtbar. Ein Abgleiten auf einer von S. nach N. geneigten Ebene hat die vom Jurakern abgelösten Kreideschichten sich nordwärts überstürzen lassen. So sehen wir die kleine Mulde der Geltenalp gleichsam enthauptet, indem ihr oberer Teil durch die Gleitfläche abgeschnitten erscheint. Eine zweite, ebenfalls von S. nach N. geneigte Gleitfläche hat die Kreideschichten des Gipfels des Spitzhorns über die Oeffnung der genannten Mulde zum Ueberstürzen gebracht, so dass wir unter dem Neokom nun einen scheinbaren Gewölbekern aus Urgon antreffen. Der ganze Rücken der Decke zeigt gleich dem Stirnrand zahlreiche wellenförmige Auffaltungen.
Der schmale Kamm der Crêtabessa ist der obere Rand des südl. Teiles dieser Decke. Letztere taucht längs der Mulde von Arbaz plötzlich unter, so dass hier über der Kreide eine neue Decke von stark ausgewalzten jurassischen Gebilden auftaucht, die den Bergstock des Chamossaire und jenseits des Thales der Liène die Zabona, den Mont Bonvin und die ganze oberhalb Montana gelegene Region bildet. Es ist dies die Falte des Mont Bonvin. Die stark ausgewalzte und buchstäblich geschundene Juraserie dieser Deckfalte ist über den Rücken der vorhergehenden Falte bis auf die N.-Flanke der Kette geschleppt worden, wo diese Gesteine die Sattelzone unter ihren Trümmern begraben haben.
Dazwischen sieht man der Oberfläche isoliert aufsitzende Schollen aus dem Nummulitenkalk der Wildhorn-Wildstrubelfalte: Rawilhorn, Sex Rouge und die grosse Schuppe, die vom Kamm des Sex Mort (Tothorn) an die Grundlage des Glacier de la Plaine Morte bildet. Die Auswalzung und Zerstückelung der von dieser Falte abgerissenen Fetzen erklärt sich dadurch, dass die gesamten Formationen der heutigen Präalpen des Stockhorns darüber weggeglitten sind.
Die Einsenkung der Gemmi hat eine besondere Bedeutung. Sie ist hervorgerufen durch die Anwesenheit eines Bandes von tertiären Gesteinen, die offenbar mit den Tertiärschichten in Verbindung stehen, welche unter dem Mont Bonvin in der Schlucht von Nousey ob Siders anstehen. Das Auftauchen des kristallinen Aarmassives bedingt von Siders an eine vollständige Aenderung in der Anordnung der Deckfalten. Statt eine brückenförmige, an der Oberfläche gewellte Deckplatte zu bilden, sehen wir nun den S.-Fuss der Falten mit dem Erscheinen der kristallinen Masse sich aufrichten.
Dadurch gleitet die Decke nordwärts ab und lässt so ihre tertiäre Unterlage zutage treten. Die Sedimente der Kreide und des Jura, welche sich der kristallinen Grundlage anlagern (autochthone Gesteine), sind infolge des Gleitens in Zickzackfalten gelegt. Sogar die tertiäre Synklinale der Gemmi zeigt die Zickzackfaltung. Diese Falten der autochthonen jurassischen Gesteine sieht man besonders gut an der mächtigen Felswand, welche das Dorf Inden ob Leukerbad und am Aufstieg zur Gemmi beherrscht, sowie am Balmhorn, unterhalb Wildelsigen und an der Blümlisalp.
Längs ihrem Kontakt mit dem Aarmassiv zeigen diese Sedimente mehrere Verzweigungen, die erkennen lassen, dass das kristalline Massiv nicht nur eine einfache Dom- oder Fächerfalte der Tiefengesteine ist, sondern aus mehreren Falten besteht und einen sog. zusammengesetzten Fächer bildet. Man sieht in der Tat Einschaltungen von triadischen und jurassischen Gesteinen wie Keile in den Gneis und die kristallinen Schiefer eingezwängt. So im Baltschiederthal, an der Nivenalp, am Faldum Rothorn, am Restirothorn und am Ferden Rothorn. Am Hockenhorn findet sich sogar eine Einschaltung von Trias in horizontaler Lage, die damit den Sockel des aus Gneis aufgebauten Gipfels bildet. Ein weiterer Keil triadischer und jurassischer Gesteine im Gneis ist an der Satteleggi zu sehen.
B. Die kristallinen Alpen des Wallis
teilen sich in drei gut begrenzte Regionen:
1) die kristallinen Massive der Aiguilles Rouges und des Mont Blanc, 2) das Aarmassiv und Gotthardmassiv und 3) die kristallinen Massen im Süden. Die beiden ersten Regionen zeichnen sich aus durch ihre Fächerstruktur (nahezu senkrecht aufgerichtete, gegen die Ränder hin nach aussen geneigte kristalline Gesteine), während die Gneismassen im S.-Wallis gewölbe- oder domförmig angeordnet und an der Oberfläche hie und da gewellt sind. In Wirklichkeit stellen diese letzteren aber stark in die Länge gezogene Deckfalten dar, die sich gegenseitig überlagern, wobei die südl. Falten zum Teil weiter nordwärts geschoben worden sind als die im N. gelegenen.
1) Kristalline Massive des Mont Blanc und der Aiguilles Rouges.
Längs des Wildbaches Saint Barthélemy treten die Sedimentgesteine der Dents du Midi in Kontakt mit den Gneisen des kristallinen Massives. Dieser Kontakt lässt sich auf dem N.-Hang des Thales von Salvan bis an die französische Grenze bei Le Châtelard verfolgen. Das Massiv der Aiguilles Rouges greift auf Schweizergebiet hinüber, indem es sich vom Thal des Trient an gabelt. Der nördl. Zweig bildet die Gipfel zwischen der Pointe de Bel Oiseau und dem Salantin, der südl. dagegen das kleine Massiv der Arpille zwischen der Combe de Martigny und dem Thal des Trient.
Die diese beiden kristallinen Zonen aufhauenden Gesteine sind in erster Linie stark schiefrige Gneise von grauer Farbe, durchschwärmt von zahlreichen Gängen von Eruptivgesteinen (Apliten und Porphyren). Dazu kommt an der Flanke der nördl. Zone noch eine bedeutende Einschaltung von feinkörnigem Granit, dem sog. Vallorcine-Granit, der auch am Rand des Rhonethales zwischen Vernayaz und Miéville sichtbar ist. Beide Zweige tauchen zwischen Lavey und Fully unter die Sedimente der NO.-Seite des Thales ein.
Das Trientmassiv, d. h. der schweizerische Abschnitt des Mont Blancmassives, besteht aus drei Zonen von senkrecht aufgerichteten oder am Rand fächerförmig überliegenden Schichten. Es sind: auf der N.-Seite mehr oder weniger schiefrige Gneise, in der Mitte eine Protoginmasse und endlich im S. kristalline Schiefer, welche von zahllosen Adern grünlichen oder rötlichen Porphyres durchsetzt erscheinen. Auch dieses kristalline Massiv taucht gegen NO. unter. Am Mont Chemin haben die Protogine nur noch eine geringe Mächtigkeit und scheinen ausgewalzt zu sein.
Nachher verschwinden sie ganz. Es scheint sogar, als ob die Gesteine des Mont Blancmassives während des Untertauchens mit denjenigen des Massives der Arpille verschmölzen. In der Tat kann man sie auf dem gegenüber liegenden Rhoneufer nicht mehr unterscheiden, während die den Massiven des Salantin und der Arpille entsprechenden beiden kristallinen Zonen infolge des Auftretens der eingefalteten Karbonschichten bei Outre Rhône noch deutlich unterschieden werden können. Die Zone triadischer Kalke und jurassischer Schiefer, welche das Massiv der Arpille vom Trientmassiv trennt, setzt sich wahrscheinlich gerade längs der Furche des Rhonethales fort und scheint im Kalkklotz des Rocher de la Grande Garde bei Saillon wieder aufzutauchen. Ebenso dürften die Kalkfelsen von Ardon und Vétroz, aus denen sich die Falten der Diablerets und des Wildhorn-Wildstrubel entwickeln, die Fortsetzung der der ¶
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SO.-Geologische Querprofile durch die kristallinen Walliseralpen. Jh. Jurakalke; Sk. Glanzschiefer (Jura): Skv. Grünschiefer (Jura);
T. Trias (Gips, Dolomit, Marmor, Quarzite);
H. Karbon;
Gn. Massiger und schiefriger Gneis und Glimmerschiefer;
Sa. Amphibolschiefer;
Pr. Protogin;
Gr. Granit;
A. Amphibolite, Diorite, Gabbro;
I-VII. Deckfalten aus Gneis und kristallinen Schiefern;
VIII. Grüschieferzone von Ivrea.
Flanke des Mont Blanc- und Trientmassives aufgelagerten Kalke darstellen. Desgleichen hätte die Falte der Dents de Morcles ihre Wurzel im Massiv der Aiguilles Rouges und in der Kalkzone Martinach-Col de la Forclaz.
2) Das Aar- und Gotthardmassiv.
Beide kristallinen Massive tauchen aus dem Sedimentmantel der Kalkalpen etwa 45 km nordostwärts der Stelle in die Höhe, wo die kristallinen Gesteine der Massive der Aiguilles Rouges und des Mont Blanc verschwinden. Man könnte sie also wohl als ein Wiedererscheinen dieser letzteren auffassen. Dieser Ansicht steht aber der Umstand entgegen, dass keine deutliche Analogie in der Zusammensetzung der beidseitigen Felsschichten besteht, wie dies doch zu erwarten wäre.
Das Aarmassiv steigt auf der Linie Gampel-Lötschenpass ziemlich rasch in die Höhe und entwickelt sich zu einer bedeutenden Breite. Vorwiegende Gesteine sind schiefrige Gneise, unterbrochen von mehreren Zonen granitischen Gesteins, wovon zwei dem Protogin und eine dem Granit im engern Sinn (Gasterengranit) angehören. Der tektonische Bau zeigt eine ziemlich regelmässige Wiederholung der Schichten, so dass man annehmen kann, das ganze Massiv sei aus mehreren Falten zusammengesetzt. Häufige Einfaltungen von Hornblendegesteinen geben dem Aarmassiv einen ganz andern Charakter als er dem Massiv der Aiguilles Rouges, mit dem man jenes gern in Zusammenhang bringen möchte, eigen ist. Es sei noch daran erinnert, dass zahlreiche ¶