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Letztere wurde von Orsières an zur Dranse de Bagnes abgelenkt durch die Eröffnung des Durchganges Orsières-Sembrancher infolge glazialer Erosion, die in dem weichen und schiefrigen Gestein leichte Arbeit hatte. Das Val Ferret folgt genau der Grenze zwischen den kristallinen Gesteinen des Mont Blanc-Trientmassives und den Sedimenten (Glanzschiefern und Jurakalken) vor der Gneiszone des Grossen St. Bernhard. Es steht mit dem Thal von Courmayeur durch drei Pässe in Verbindung: den Petit Col Ferret oder Col du Chantonnet (2493 m), den Grand Col Ferret (2536 m) und den Col du Ban d'Array (2695 m). Der Col de Fenêtre (2699 m) mit seinen reizenden kleinen Seen verbindet das Ferretthal mit dem italienischen Thal und mit dem Pass des Grossen St. Bernhard. Im O. des Ferretthales beginnt die Region der südl. Walliseralpen, deren Felsgerüst von einer Folge von Deckfalten gebildet wird, die abwechselnd aus Gneisen (Gewölbedecken) und aus mesozoischen (triadischen und jurassischen) Gesteinen (Muldendecken) bestehen.
Aus diesem
Grund ist der allgemeine Charakter des Gebietes ein ganz andrer als derjenige der kristallinen Massive, welche
wir eben beschrieben haben. Die petrographisch ungleichmässige Zusammensetzung mit ihrer beständigen Wechsellagerung von
Gneis- und kalkigschiefrigen Schichten hat der Erosion ihre Arbeit sehr leicht gemacht. So ist dieser Abschnitt der
S.-Flanke des
Rhonethales von sehr langen und tiefen Seitenthälern durchfurcht, in welche wieder zahlreiche weitere
Thäler,
Thälchen und Runsen dritter Ordnung einmünden. Mit Ausnahme des untern Dransethales, welches bei seinem Durchbruch zwischen
dem
Mont Chemin und dem
Catogne eine Ablenkung erfährt, zeigen alle Seitenthäler, welche zwischen
Martinach und
Brig in
das
Rhonethal münden, einen dazu fast senkrecht gerichteten
Verlauf.
Es ist merkwürdig, dass die Dranse bei Sembrancher und Le Châble eine derartige Ablenkung erfährt, statt in der Richtung des Col du Len in gerader Linie das Rhonethal zu erreichen. Kein Fingerzeig deutet darauf hin, dass dies letztere je der Fall gewesen. Weder der Bach von Isérables noch derjenige von Saxon können als ihres Oberlaufes beraubte frühere Laufstrecken der Dranse angesehen werden. Man muss deshalb annehmen, dass der eigentümliche Verlauf dieses Flusses der ursprüngliche war, mit Ausnahme freilich der Ablenkung der Dranse von Entremont, die früher zusammen mit der Dranse von Ferret durch das Val Champex floss.
Das hohe Bergland zwischen den drei Zweigen des Thales der Dranse bildet das Massiv des Mont Combin, dessen höchster Gipfel, der Grand Combin, 4317 m erreicht. Der Mont Velan und der Mont Avril als Eckstöcke des wasserscheidenden Kammes haben eine Höhe von 3765 m, bezw. 3341 m. Westl. des erstgenannten findet sich der Pass des Grossen St. Bernhard (2472 m) und ferner der Col de Fenêtre de Durand oder Col de Balme (2786 m) hinten über der Vallée de Bagnes. Die schönsten Gletscher des Gebietes sind diejenigen von Corbassière und des Mont Durand.
Die beiden Thäler von Bagnes und Hérens (Eringerthal) haben aus den südl. Wallisermassiven eine Berggruppe herausgeschnitten, deren höchster Punkt der Mont Blanc de Cheillon (3871 m) ist. Von ihr fliessen weite Eisfelder nach allen Richtungen herab, beherrscht von zahlreichen Gipfeln geringerer Höhe, wie dem Pigne d'Arolla (3801 m), der Gabbropyramide des Mont Collon (3644 m) und dem Grenzkamm zwischen der Schweiz und Italien, der vom Mont Gelé (3517 m) zur Dent d'Hérens (4180 m) reicht. Diese ganze Hochregion besteht aus Arollagneis, als dessen Grundlage in den drei nordwärts ziehenden Thälern die sedimentären Kalke und Schiefer in grosser Mächtigkeit zum Vorschein kommen.
Am Massiv des Mont Blanc de Cheillon vereinigen sich drei sekundäre Kämme, welche von dem grossen Thal der Dranse de Bagnes und denjenigen von Nendaz, Hérens und Hérémence herausmodelliert worden sind. Der erste dieser Kämme folgt der Richtung der Vallée de Bagnes. Zwischen dem Mont Pleureur (3706 m) und der Rosa Blanche (3348 m) ist er von S. nach N. gerichtet, um dann vom Mont Fort (3330 m) an deutlich nach NO. abzubiegen. Gleichzeitig sehen wir seine Höhe bedeutend abnehmen; am Mont Gelé beträgt sie nur noch 3028 m und an der von Quarzit gebildeten Spitze der «Tête» noch 2419 m. Hier wendet sich der Kamm westwärts und trägt noch als Gipfel die Pierre à Voir (2476 m), den Roc de Vence (1817 m) und den Mont Chemin (1449 m), zwischen welchen die verhältnismässig wenig begangenen Pässe Croix de Coeur (2182 m), Col du Len (1660 m), Col du Tronc (1617 m) und Col des Planches (1440 m) eingesenkt sind, welche alle das Dransethal mit dem Rhonethal verbinden.
Die beiden Kämme, welche sich zwischen die Thäler von Nendaz und Hérens einschalten, haben dagegen deutlich S.-N.-Richtung. Vom Mont Fort (3330 m), der mit seinen Hängegletschern das Thal von Nendaz beherrscht, lösen sich die zwei Kämme der Dent de Nendaz (2467 m) und des Bec de la Montau (2932 m) ab, an deren Fuss sich mit Weiden und Wäldern bedeckte Gelände ausbreiten. Die beiden Arme des Eringerthales sind fast symmetrisch in die Gneismasse der Zone des Grossen St. Bernhard eingegraben, welche der Trias und den karbonischen Sedimenten längs des Rhonethales aufliegt.
Die durch den Pic d'Arzinol (3002 m) und die aus Gabbro aufgebaute Pointe de Vouasson (3496 m) voneinander getrennten beiden obern Thalarme verzweigen sich ihrerseits wieder und leiten die Schmelzwasser der beiden Gletscher oder Gletschergruppen am Arollamassiv ab. Während der Otemmagletscher, der wichtigste der Region, einer Muldenumbiegung der Gneisdecke folgt und seine Wasser gleich dem durch periodische Eisabstürze über die Felswand bekannt gewordenen Giétrozgletscher zum Bagnesthal hinuntersendet, sehen wir alle andern Gletscher des Massives sich nach N. richten und mit ihren Schmelzwassern die Borgne speisen. Es sind dies der Lendarey-, der Durand- oder Cheillon- und der Arollagletscher, sowie auf der andern Seite des Gneisstockes der Dent de Perroc (3680 m) die Zwillingsgletscher des Mont Miné und von Ferpècle.
Das Eifischthal (Val d'Anniviers) zeigt in seiner Struktur eine gewisse Analogie mit den Thälern von Hérens und Hérémence. Es teilt sich in der selben Weise in zwei gleichwertige Zweige: das Thal von Moiry, welches die Wasser des gleichnamigen Gletschers erhält, und dasjenige von Zinal, das von den Wassern des Doppelgletschers Glacier de Durand (oder Glacier de Zinal) und Glacier de Moming gespiesen wird, welcher eine ähnliche Disposition zeigt wie der Zwillingsgletscher des Mont Miné und von Ferpècle im O.-Arm des Eringerthales. Es zeigt sich zwar zwischen den beiden Zweigen ¶
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des Eifischthales ein sehr bedeutender Höhenunterschied, indem der oberste Thalboden des Val de Moiry in über 2300 m, der von Zinal dagegen nur in 1752 m liegt. Zwischen den beiden erhebt sich der Bergstock der Garde de Bordon (3316 m). Zinal- und Moirygletscher steigen beide von der Dent Blanche (4364 m) herab, deren Eismantel fast nirgends das das Felsgerüst bildende Gestein zutage anstehen lässt. Von allen Seiten fliessen Eisströme hernieder, und zwar besonders nach N., wohin eben die Parallelgletscher von Moiry und Zinal sich senken. Von der Dent Blanche geht ein seitlicher Kamm nordwärts über den Grand Cornier (3969 m) bis zur Za de l'Ano (3374 m), um dann die zwischen Eringer- und Eifischthal gelegene quarzitische und schiefrige Masse der Becs de Bosson (3160 m) zu bilden.
Das Massiv der Dent Blanche zeigt zahlreiche Gipfel von fast gleicher Höhe, die alle aus dem Gneis von Arolla bestehen. Zu nennen ist da in erster Linie das stolze Matterhorn (4482 m), dessen Pyramide sich aus den weiten Schnee- und Eisfeldern prachtvoll emporschwingt. Dieser Gipfel steht neben einer beträchtlichen Absenkung des hohen Kammes, welchen hier der Col du Saint Théodule oder Matterjoch (3322 m) überschreitet. Nordwärts folgen sich das Obergabelhorn (4073 m), Trifthorn (3737 m), Rothorn (4223 m) und Weisshorn (4512 m), der höchste Gipfel der Gneismasse von Arolla. Von ihm geht ein von zahlreichen kleinen Gletschern bedeckter Kamm über die Gruppe der Barrhörner (3633 m) bis zum Schwarzhorn (3207 m) hinten ob dem gegenüber Raron ins Rhonethal mündenden Ginanzthal. Das Turtmanthal trennt diesen Kamm von dem der Diablons (3598 m) und des Grand Tounot (3084 m), deren Gegenstück die auf der andern Seite des Eifischthales sich erhebenden Gipfel der Garde de Bordon und der Becs de Bosson bilden.
Die Zwillingsthäler der Visp (Visperthäler) haben nur die kurze Strecke zwischen Stalden und Visp gemeinsam
und grenzen eine neue Sektion der Walliseralpen ab, indem sie einerseits zwischen ihren beiden Zweigen, dem Nikolai- oder
Zermatterthal und dem Saasthal, die majestätische Gruppe der Mischabelhörner und andrerseits auf der östl. Seite die weniger
hohe aber längere Kette des Fletschhornes herausschneiden. Die ganz aus den schiefrigen Gneisen der Zone
des Grossen St. Bernhard aufgebauten Mischabelhörner haben in ihrem Hauptkamm vier mehr als 4000 m hohe Gipfel: Nadelhorn (4334
m), Dom (4554 m), Täschhorn (4498 m) und Alphubel (4207 m). Allalinhorn (4034 m), Rimpfischhorn (4203 m) und Strahlhorn (4191
m) bilden quer durch eine fast ganz mit Gletschern bedeckte Region die Verbindung gegen das hohe Massiv
des Monte Rosa, dessen höchster Gipfel die Dufourspitze (4638 m) ist. Im Gebiet der Mischabelhörner bedingen die beiden seitlichen
Furchen des Nikolai- und des Saasthales ein nach zwei Seiten hin gerichtetes
Abfliessen der mehr als 20 Gletscher, von denen
der Balfrin-, Gasenried-, Fee-, Findelen- und Schwarzenberggletscher als die bedeutendsten genannt sein mögen:
Der hohe Kamm des Monte Rosa besteht aus einer z. T. granitartigen Gneismasse und zeigt von der Cima di Jazzi (3818 m) bis zum
Matterjoch eine nordwärts konkave halbkreisförmige Gestalt, so dass alle Gletscher der Schweizerseite in dem einen grossen
Gornergletscher zusammenfliessen.
Damit hat dieser wenigstens zehn Seitenarme, welche zwischen den den Grenzkamm bildenden Gipfeln der Signalkuppe (4344 m), des Lyskamm (4478 m), der Zwillinge (4230 m und 4094 m), des Breithorns (4171 m) und des Klein Matterhorns (3886 m) herabfliessen. Der Weissthorpass (3612 m), Allalinpass (3570 m) und Alphubelpass (3802 m) führen alle über weite Eisfelder und sind die begangensten Pässe dieser Gegend. Der Monte Moropass (2862 m) ist für das Saasthal, was das Matterjoch für das Zermatterthal.
Die Gruppe des Fletschhorns gleicht der der Mischabelhörner in der allgemeinen Form, sowie in der Anordnung der Gletscher, Runsen und Seitenkämme. Der im N. des Weissmies gelegene nördl. Teil zeigt übrigens auch die selbe geologische Zusammensetzung wie die Mischabelhörner. Etwa 15 grössere Gletscher senden ihre Zungen zu Thal und endigen ob den hoch gelegenen Alpweiden der O.-Flanke des Saasthales oder des Gebietes am Simplonpass. Als deren bedeutendste seien genannt: der Gamsen-, Gruben-, Trift-, Rossboden-, Bodmen-, Laquin- und der Gemeinalpgletscher, dieser hinter über dem Zwischbergenthal gelegen.
Die Gipfel des Fletschhorns oder Rossbodenhorns (4001 m), des Laquinhorns (4005 m) und des Weissmies (4031 m) beherrschen das Relief dieser Berggruppe. Südl. vom Zwischbergenpass setzt sich ein schmaler Kamm fort, welcher die Grenze zwischen der Schweiz und Italien bildet und sich nach S. bis zum Monte Moro (2988 m) wendet. Er besteht aus einem dem Gneis des Monte Rosa entsprechenden Gestein, erreicht aber nirgends mehr eine Höhe von 4000 m. Die hervorstechendsten Spitzen sind: der Portjengrat oder Pizzo d'Andolla (3660 m), das Sonnighorn oder Pizzo Bottarello (3492 m) und das Stellihorn (3445 m), alle mit kleinen Gletschern, von denen der Rotplattgletscher unter dem Almagellhorn (3332 m) der grösste ist.
Der Simplonpass (2008 m), der am wenigsten hohe Uebergang über die Walliseralpen, trennt die Gruppe des Fletschhornes vom Gebiet des Monte Leone. Sowohl die topographische Gestaltung als das orographische Bild der Landschaft ändern sich von hier an in auffallender Weise. Die Thäler der S.-Flanke greifen weiter nordwärts in das Gebrige hinauf und drängen die Wasserscheide stark nach N. zurück. Infolge davon wird das S.-Gehänge des Rhonethales schmäler und die Seitenthäler kürzer.
Diese Tatsache geht schon aus der geringen Länge des Nanzerthales hervor, das auf der N.-Seite der Fletschhorngruppe zwischen dem Kamm Gebidem-Ochsenhorn (2910 m) und der vom Rauthorn (3269 m) über das Magenhorn (2548 m) und Faulhorn (2625 m) zum Glishorn (2528 m) ziehenden Kette liegt. Der sich dem Rhonethal mehr und mehr nähernde Krummbach (Diveria) lenkt den grössten Teil der Schmelzwasser des Gebietes zu sich ab, so dass der Rhone selbst nur noch ein bescheidener Anteil daran zukommt.
Das Massiv des Monte Leone (3565 m) ist von den tiefen Thälern der Diveria, der Cairasca, der Saltine und der Einsattelung des Simplon umgeben und sendet den grössten Teil seiner Wasser durch die zwei erstgenannten Wildbäche nach der S.-Abdachung der Alpen hin, so dass Saltine und Ganterbach davon nur eine sehr geringe Menge erhalten. In der ganzen Gegend haben die Thäler die Neigung, der Rhone parallele Längsthäler zu werden, nachdem sie zuerst quer zur Streichrichtung des Gebirges verlaufen sind.
Aus dieser Erscheinung ergibt sich ihr gewundener Verlauf. Diese Tatsache beobachtet man bei der Saltine, der auf eine grosse Strecke als Längsfluss entwickelten Binna, der Diveria, der Cairasca und auch bei der am Fuss des Ofenhorns entspringenden Tosa. Die Erklärung dieser eigentümlichen Anordnung liegt im geologischen Bau. Die Erosion ist den Kontaktlinien zwischen den Gneisdecken gefolgt, wo die triadischen und jurassischen Einfaltungen besonders günstige Angriffsflächen bot.
Der Simplonpass selbst ist das beste Beispiel hiefür, indem er längs einer jurassischen Einfaltung zwischen dem Gneis des Monte Leone und demjenigen der Zone des Grossen St. Bernhard (Berisalgneis) eingeschnitten erscheint. Das nämliche gilt für das Steinenthal und mehrere Thäler der italienischen Seite (Val di Bognanco). Das Massiv des Monte Leone nährt mehrere kleine Gletscher. An der S.-Flanke senkt sich der Alpiengletscher zum Kar der schönen Alpienalp (1607 m), einem alten Seeboden, hinab.
Auf dem N.-Hang findet sich der Kaltwassergletscher, dessen eine Zunge, der Auronagletscher, ostwärts ins Längsthal der Alp Veglia (Italien) niedersteigt. Ebenfalls aus dem Berisalgneis besteht die Kette mit dem Wasenhorn oder Punta di Terrarossa (3255 m), Bortelhorn oder Punta del Rebbio (3204 m) und Hüllehorn oder Punta Mottiscia (3186 m) mit ihren kleinen Eisfeldern, während dagegen die Region zwischen der italienischen Grenze und dem Binnenthal dem Gneis des Monte Leone angehört und damit auch andre orographische Formen zeigt. Hier liegen, vom gemeinschaftlichen Kamm abfliessend, der Steinen- und der Kämigletscher. Die Gipfel des Helsenhorns oder Punta di Boccareccio (3274 m), des Cherbadung oder Cervandone (3213 m) und des Ofenhorns oder Punta d'Arbola (3270 m) haben dank der Widerstandsfähigkeit ihres Felsgesteins ebenso steil abbrechende Sockel wie die Serpentinspitzen des ¶