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vom wird als Beweis einer enormen Kälte berichtet, dass sogar der Walensee sich mit einer leichten Eiskruste überzogen habe. Ueber die Temperaturverteilung in vertikaler Richtung haben Forel und Heuscher folgende Resultate gewonnen:
Tiefe m | Temperatur in° C. (Forel) | (Heuscher) |
---|---|---|
0 | 17.0 | 16.5 |
20 | 12.0 | 8.0 |
40 | 6.6 | 5.5 |
60 | 5.5 | 5.0 |
80 | 4.9 | 4.6 |
100 | 4.6 | 4.6 |
120 | 4.6 | 4.6 |
Klima; Flora. Das Walenseegebiet zeichnet sich wie die Gestade der andern nordalpinen Randseen durch ein mildes Klima aus und verdankt es der mildernden Wirkung der Seefläche, der Abhaltung des N.-Windes durch die Churfirstenkette, der starken Insolation am S.-Abhang derselben und dem Föhn, der oft, vom Rheinthal nach W. abzweigend, das Walenseethal durchweht. Den Seeufern ist darum eine üppige, an südl. Elementen ziemlich reiche Vegetation eigen. Der Weinbau spielt in Walenstadt und Weesen noch eine ziemlich wichtige Rolle, und Quinten und Betlis bringen in kleinen Weingärten einen feurigen Wein hervor. Die Edelkastanie schmückt die Wälder des S.-Ufers bei Mühlehorn und Murg und diejenigen des N.-Ufers bei Quinten bis in eine Höhe von 600 m. Als Vertreter der mediterranen Flora treffen wir am Walensee noch: Coronilla Emerus, Prunus Mahaleb, Sedum hispanicum, Asperula taurina, Galium rubrum, Artemisia Absinthium, Cyclaminus europaea, Lilium croceum, Allium sphaeorocephalum, Tamus communis, Stipa pennata, Bromus tectorum, Juniperus Sabina.
Der Steilheit der Ufer wegen sind die spezifischen Wasserpflanzen relativ spärlich vertreten. Günstige Standorte finden sie nur an den beiden Enden des Sees und in der Nähe des Gostenhorns zwischen Unterterzen und Mols. Dort findet man den seichten Seegrund auf grössere Strecken mit dichten Rasen von Chara bedeckt, zwischen denen eine Reihe von Potamogeton -Arten sich angesiedelt haben.
Fauna; Fischerei. Die niedere Tierwelt, die teils den feinen Schlamm am Grund des Sees, teils das offene Wasser bewohnt, steht an Arten- und Individuenzahl derjenigen anderer Schweizerseen nicht nach. Der Seegrund beherbergt in grossen Mengen die Larven zahlreicher Insektenarten, namentlich von Mücken und Phryganiden, ferner Wassermilben (Pachygaster), Borstenwürmer, Egel (Nephelis, Clepsine), Schnecken (Limnaea, Planorbis), kleine Muscheln (Pisidium, Cyclas), Rädertiere, Moostiere (Fredericella sultana), Krebschen und Inusorien. Im offenen Wasser tummeln sich neben zahlreichen Algen ungeheure Mengen von Protozoen, Rotatorien und Entomostraken.
Die Fischfauna setzt sich aus folgenden Arten zusammen: Aal (Anguilla vulgaris), Hecht (Esox Lucius), Seeforelle (Trutta lacustris), Rötel (Salmo salvelinus), Aesche (Thymallus vulgaris), Blaulig (Coregonus dolosus), Albeli (Coregonus sp.), Nase (Chondrostoma nasus), Alet (Squalius cephalus), Hasel (Squalius leuciscus), Schwal (Leuciscus rutilus), Rottele (Scardinius erythrophthalmus), Laugeli (Alburnus lucidus), Ellritze (Phoxinus laevis), Brachsmen (Abramis brama), Barbe (Barbus fluviatilis), Schleihe (Tinca vulgaris), Trüsche (Lots vulgaris), Barsch (Perca fluviatilis).
Weitaus am häufigsten sind der Hecht und die Seeforelle, die beide eine bedeutende Grösse erreichen, der Aal und die Trüsche, im obern Teil des Sees auch der Barsch. Dieses Vorherrschen der Raubfische beeinträchtigt den Fischreichtum des Sees und hat zur Folge, dass die Zahl der Friedfische relativ klein ist. Die Weissfische sind im vorigen Jahrhundert an Zahl stark zurückgegangen, weil infolge der Senkung des Seespiegels durch die Linthkorrektion ihre Laichplätze, die seichten Uferstellen, fast ganz verschwunden sind.
Obschon dem Walensee die natürlichen Bedingungen für einen guten Fischbestand nicht fehlen und der Fischreichtum tatsächlich nicht gering ist, erscheint die Fischerei hier doch nicht von so grosser Bedeutung wie auf manchen andern Schweizerseen. Die meisten Fischer betreiben die Fischerei bloss zu ihrem Vergnügen oder als gelegentlichen Nebenerwerb; nur für eine kleine Zahl bildet sie einen wesentlichen Erwerbszweig. Wirkliche Berufsfischer gibt es hier aber nicht. Als Fischereigeräte kommen vor allem die Schleike und die Setzangel, weniger häufig die Reuse und Netze zur Verwendung. Die gefangenen Fische werden grösstenteils in die Hôtels von Ragaz, Zürich, Weesen und Glarus verkauft.
Die Siedelungsverhältnisse stehen in engem Zusammenhang mit der physischen Beschaffenheit der Seeufer. Am steilen N.-Ufer fehlt nicht nur der Raum, sondern besonders auch das kulturfähige Hinterland für grössere Ansiedelungen. Wir finden darum hier, abgesehen von dem auf einer Terrasse hoch über dem N.-Ufer und schon ziemlich weit davon entfernt liegenden Dorf Amden, nur wenige kleine Weiler und Häusergruppen (Betlis, Quinten, Au, Schild, Gand, Seemühle), zusammen etwa 50 Häuser mit kaum 200 Einwohnern, deren Erwerbszweige Wiesenbau und Viehzucht, Weinbau, etwas Seidenweberei und Schiffahrt sind. Keine Strasse, nicht einmal ein bequemer Fussweg verbindet diese Höfe unter sich und mit den Ortschaften an den Enden des Sees. In den letzten Jahren ist zwar zwischen Weesen und Betlis ein schmales Strässchen in das Felsenufer gesprengt worden; allein Quinten und die östl. davon liegenden Höfe sind für den Verkehr mit Walenstadt und Weesen immer noch auf den Wasserweg oder auf schlechte, hoch an die Felshänge hinaufsteigende Fusspfade angewiesen.
Das sanfter sich abdachende S.-Ufer ist mit einer ganzen Reihe von ziemlich volkreichen Dörfern und Weilern besetzt und die terrassenförmig ansteigenden Abhänge bis hoch hinauf mit zahlreichen Häusergruppen und Höfen überstreut. Da jedoch auch hier ein zusammenhängender flacher Ufersaum fehlt, liegen die Dörfer und Weiler teils auf den Bachschuttkegeln am Seerand (Mols, Unterterzen, Murg, Tiefenwinkel, Mühlehorn und Mühlethal), teils auf den tiefern Terrassen (Oberterzen, Quarten, Obstalden, Filzbach). Die bedeutendste Ortschaft des Walenseegebietes, Walenstadt am O.-Ende des Sees, lag einst wohl am Seeufer, wie sein alter Name andeutet, ist aber heute bereits 1 km davon entfernt. Das alte ¶
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Städtchen Weesen am W.-Ende des Sees schmiegt sich den hinter dem schmalen Ufersaum sich steil erhebenden Felsenhügeln an und verdankt seiner malerischen Lage wie dem milden Klima seinen guten Ruf als Fremdenstation.
Schiffahrt. Da das Walenseethal den kürzesten Verbindungsweg zwischen den nach Italien führenden bündnerischen Alpenpässen und der NW.-Schweiz bildet, spielte die Schiffahrt auf dem Walensee seit der Zeit der Römer bis in die neueste Zeit eine gewisse Rolle. Ihre Bedeutung wuchs mit dem Aufblühen der Industrien im 18. Jahrhundert, um so mehr, als bis 1848 eine durchgehende fahrbare Strasse im Walenseethal fehlte. Die steilen, felsigen Ufer und die oft plötzlich auftretenden Stürme waren jedoch stets eine Gefahr für die Schiffahrt und hinderten ihre Entwicklung.
Als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Industrie einen lebhaften Aufschwung nahm, genügten die Ruderboote und Segelschiffe, die bisher den Warentransport besorgt hatten, nicht mehr. Der See erhielt daher im Jahr 1837 das erste Dampfschiff, den «Splügen», der hauptsächlich den Transport der glarnerischen Baumwollfabrikate und der zürcherischen Seidenwaren besorgte, die dann über den Splügenpass nach den Häfen des mittelländischen Meeres und nach dem Orient gingen.
Vom Jahr 1849 an wurde der «Splügen» durch ein zweites Dampfschiff, den «Delphin» unterstützt, ein kleines Boot, das vorher auf dem Zürichsee kursiert hatte und nun auf dem Walensee besonders den Personentransport und Postdienst besorgen sollte. In der Nacht vom 16. auf den ging jedoch der «Delphin» während eines furchtbaren Sturmes auf der Fahrt von Walenstadt nach Weesen, nahe an seinem Ziel, unter, wobei alle seine Insassen, 13 Personen, den Tod in den Wellen fanden.
Diese Katastrophe versetzte der Dampfschiffahrt auf dem Walensee den Todesstoss. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Zürich-Weesen-Sargans-Chur im Jahr 1859 büsste die Schiffahrt auf dem Walensee ihre Bedeutung vollends ein und diente fortan fast ganz nur dem lokalen Verkehr. Der Warenverkehr beschränkt sich heute meist auf den Transport von Bausteinen, Zement, Holz und Streue und wird durch mehrere Ledischiffe besorgt, die früher durch Ruder und Segel, gegenwärtig aber durch Motoren betrieben werden.
Für Vergnügungsfahrten auf dem prächtigen See steht in Weesen ein elektrisches Akkumulatorenboot zur Verfügung. Zahlreiche kleine Ruderboote stehen im Dienst der Fischerei und des lokalen Personenverkehrs. Das Aufblühen des Fremdenverkehrs im Walenseegebiet hat in jüngster Zeit den Wunsch entstehen lassen, der See, dessen Ufer so reich an Naturschönheiten sind, möchte durch Wiedereinführung des Dampfschiffverkehrs neu belebt werden. Doch ist zur Zeit noch keine Aussicht auf Verwirklichung dieses Gedankens vorhanden.
Bibliographie: Heim, Arnold, und J. Oberholzer, Geologische Karte der Gebirge am Walensee. - Heuscher, J. Die Fischereiverhältnisse im Walensee (in der Schweizerischen Fischereizeitung. 1893). - Legler, G. Hydrotechnische Mitteilungen. Glarus 1868. - Heule, A. Vom Walensee zur Tamina. Glarus 1903.
[J. Oberholzer.]