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Die Antiklinale stösst im SO. direkt an die Synklinale von Leysin, deren Flyschausfüllung von Veiges bis in die Vallée d'Ayerne sich zieht und die Fortsetzung der Flyschzone Hundsrück-Rodomont-La Braye bildet. An eine Ueberschiebung erinnern hier bloss noch ein erster Aufschluss von roten Kreideschichten bei En Rouvenaz ob Crettaz und ein zweiter, in Verbindung mit Malm, zwischen Le Feydey und Veiges. Die südwärts an das Plateau von Leysin sich lehnenden Schichten bestehen aus einer verkehrten Folge vom Malm bis zur Trias und scheinen einen Gewölbeschenkel darzustellen, dessen Gegenstück nicht mehr aufgefunden werden kann. Auf die aus der Umgebung von Aigle bis Le Sépey hinaufziehende Trias des Bois de la Chenau, die wahrscheinlich als Aequivalent der Triasmasse in der Kette des Rübli aufzufassen ist, folgt nach oben zuerst Gips und endlich noch Flysch.
Auf die rote Kreide des Kammes der Gastlosen legt sich die die beiden Wald- und Alpweidenkämme Hundsrück und Rodomont ausschliesslich aufbauende Flyschmasse, die sich weiter südwestwärts zum Plateau von La Braye verflacht und dann am Thalrand von L'Étivaz mit der Zone des Niesenflysch verwächst, weil hier der überschobene Innenrand der Präalpen fehlt. Die Juramasse der Gastlosen, des Rocher de la Raye und der Deckscholle der Laitemaire taucht unter die Mulde des Flysch des Rodomont und des Thales von Rougemont ein, um südostwärts dieses letztern im Bergstock des Rübli wieder aufzusteigen.
Der Rübli baut sich aus der selben Schichtenreihe auf wie die Gastlosen, zeigt aber weitaus mächtiger entwickelte Malm- und Triasschichten. Die ganze Schichtenreihe des Rübligrates erscheint auf die spitze Mulde zwischen Rübli und Gummfluh überschoben; doch ist die Richtung dieser Ueberschiebung derjenigen der Gastlosen direkt entgegengesetzt. Als Komplikation erscheint hier eine nordwärts gerichtete Querverwerfung, wodurch die westl. Fortsetzung des Rübli, die Triasmasse des Rocher du Midi, auf den Flysch des Plateau von La Braye hinaufgeschoben wurde, wo Malm und Dogger der Erosion zum Opfer gefallen sind. So erklärt sich, dass der Rocher du Midi ausschliesslich aus in Form mehrerer Schuppen übereinander gelegter Trias sich aufbaut.
3. Decke der Hornfluhbreccie. Längs der N.-Flanke des Rüblikammes erstreckt sich ein Kalkbreccienband, das scheinbar in einer aus roten Kreideschichten bestehenden Mulde liegt. Tatsächlich sind jedoch beide Bildungen verkehrt gelagert und gehören zusammen einer besondern Ueberschiebungsdecke an, die sich auf diejenige der Präalpen legt. Während des Schubes hat die Breccie die roten Schichten der darunter liegenden Falte angeschürft und vor sich her aufgestaut, wodurch die ihren Stirnrand gleichsam einwickelnde Anhäufung entstand.
Weitere Fetzen dieser Breccie liegen in der Mulde zwischen Rübli und Gummfluh, wo sie die obersten Abschnitte der Gräte Rubloz-Videmanette und Videman-Minaude bilden und so offenbar dem Flysch aufsitzen, dass sie lange Zeit mit diesem zusammengefasst und als tertiäres Gebilde betrachtet wurden. Dass dies nicht der Fall sein kann, beweisen die in dieser Jurabreccie gefundenen Belemniten und ihre normale Lagerung auf dem Rät, unter dem wieder dolomitische Kalke und Rauhwacke der Trias liegen (vergl. das Querprofil durch Gummfluh, Rübli und Laitemaire).
4. Niesenflyschzone. Der Kamm der Gummfluh besteht aus mächtig entwickeltem Malm mit einem schwachen Doggerband (Bathonien), welche jurassischen Schichten auf einer sehr mächtigen Masse von Triaskalk mit Gips im Sockel ruhen. Der gesamte Schichtenkomplex aber ist dem Niesenflysch aufgesetzt, welchem das ganze Gebiet um L'Étivaz und der Ormonts angehört. Die Vereinigung des Gummfluhkammes mit dem Rocher du Midi am Col de la Base gibt Anlass zu recht seltsamen Komplikationen, die die Trias direkt auf den Flysch überschoben zeigen und diesen letztern gleich einem Gewölbekern durchstechen lassen.
Noch eigentümlicher aber ist die scheinbar vollständige Unterbrechung im Verlauf der Triaskalkmasse jenseits des Thales der Tourneresse. Die Erosion hat hier dieses ganze dem Flysch aufgelagerte Schichtensystem zum Verschwinden gebracht, dabei aber doch noch einige Zeugen seines einstigen Vorhandenseins in Gestalt von Triaskalk- und Gipsfetzen bei La Lécherette und an der vom Heilbad L'Étivaz benutzten Quelle bestehen lassen. Weiter südostwärts tritt die Triaskalkmasse mit dem Rücken des Mont d'Or wieder auf; freilich bloss auf eine Länge von etwa 4 km, da der ausserordentlich steilwandige Felsgrat ob dem Dorf Le Sépey plötzlich abbricht. Die Trias des Mont d'Or hat keine Wurzel nach unten, sondern schwimmt auf dem Flysch und ist als von der Stirn der Präalpendecke durch Rückstauchung abgebrochene Masse auf die Flyschmulde Leysin-La Braye hinaufgeschoben worden, wie dies in gleicher Weise mit der Trias des Rocher du Midi der Fall war.
Es erscheint somit der Innenrand der Präalpendecke im Gebiet das Mont d'Or unter dem Flysch und den aufgeschobenen Schichtenpaketen in der Tiefe versteckt. Das nämliche gilt für die ganze Länge des Thales der Grande Eau zwischen Le Sépey und Aigle. Dieses Thal trennt demnach zwei verschieden gebaute Regionen voneinander: Während es im untern Abschnitt von Aigle bis Le Sépey zwischen den Jurakalkrand der Mulde von Leysin und die verwickelte Scholle des Chamossaire eingeschnitten ist, bettet sich sein oberer Teil von Le Sépey bis Ormont Dessus zwischen das Gebiet des Chamossaire und die Flyschmasse der Ormonts und des Niesen.
Diese letztgenannte Region umfasst Erosionsformen mit scharf zugespitzten Kämmen und Gräten, die aber dennoch meist bis zur Kammlinie hinauf Vegetation tragen. Ein eigenartiges landschaftliches Bild ergibt sich aus der petrographischen Natur des Flysches der Ormonts, dessen unzählige Schichten von harten Sandsteinen und aus grobem Material zusammengekitteten Konglomeraten unablässig mit sehr weichen Schiefern wechsellagern. Dieser Flysch umwickelt noch ein von Ormont Dessus bis zum Col des Mosses hinauf ziehendes Band von Kalken und Schiefern des Lias und lässt ausserdem an verschiedenen Stellen Lias- und sogar Triasgesteine zutage anstehen, die eine gewisse Verbindung mit der sog. Sattelzone vermitteln.
Als ganzes genommen, bildet die Zone des Niesen- und Ormontsflysches eine Mulde. Nordwärts biegen sich die zusammengeschobenen und angehäuften Flyschmassen gegen den überfalteten Stirnrand der medianen Präalpen auf; südwärts scheinen sie sich den Falten der Hochalpen aufzulegen, doch ist dieser Kontakt nirgends ein unmittelbarer, da zwischen den beiden tektonischen Elementen immer noch längs der Gleitfläche mitgerissenes Gestein sich einlagert.
5. Sattelzone. Diese der sog. Sattelzone angehörenden mesozoischen Fetzen und Schichtenpakete sind verschiedener Art und bestehen aus bedeutenden Massen triadischer Gesteine wie Gips, Anhydrit, dolomitischen Kalken und Rauhwacke, aus Lias, Dogger und unterm Malm. Sie bilden das Gebiet um den Col de Pillon und den Col de la Croix und setzen sich bis in den Sockel des Chamossaire fort, dessen höhere Teile aus einer der Hornfluhbreccie entsprechenden brecciösen Kalkmasse bestehen.
Unheimlich verwickelt gestaltet sich diese zwischen Hochalpen und Präalpen eingeschobene Zone im Steinsalzgebiet von Bex, wo alle die eben genannten Schichtenpakete mit Flysch vergesellschaftet und dazu noch mehrfach zusammengefaltet und buchstäblich ineinander und übereinander geschoben sind. Den offenkundigen und greifbaren Beweis hierfür haben die unterirdischen Anlagen erbracht, die mehr als 40 km an Stollen, Rampen, Treppen und Schächten umfassen. In der Sattelzone finden wir nur selten obern Malm und noch seltener Kreidegesteine.
Immerhin kommen aber längs des Col de la Croix und zwischen Taveyannaz und Solalex doch Fetzen von oberer Kreide vor, wie auch zwischen Solalex, Bovonnaz und Javernaz eine nicht unbeträchtliche Scholle Neokom mit Kephalopoden liegt, die sich auf eine Länge von nahezu 7 km zwischen die beiden Falten der Dents de Morcles und der Diablerets einschiebt. Die Sattelzone bietet eines der schlagendsten Beispiele für die tiefgreifenden und oft nahezu unbeschreiblichen Umwälzungen, die die Kontaktzone zwischen Hochalpen und Präalpen stören. Begreiflich wird uns diese Verwickelung, wenn wir bedenken, dass die ganze Masse der Präalpen und des Ormonts-Gurnigelflysches, wie auch die ¶
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Brecciendecke über die Sattelzone hinüber abgeglitten ist. Daher kommt denn auch die Vergesellschaftung der mesozoischen Schichtenpakete mit dem Flysch, in den manche derselben geradezu eingewickelt erscheinen.
6. Neuerdings ist (von A. Jeannet) erkannt worden, dass die schon vor Jahren ausgesprochene Vermutung des einstigen Vorhandenseins einer vierten Voralpendecke der Wirklichkeit entspreche. Die exotischen Blöcke im Hornfluhgebiet (ebenso diejenigen über der Decke der Chablais-Breccie), welche mit Radiolariten vergesellschaftet sind, können keiner der drei genannten Decken entstammen. Nun hat sich gezeigt, dass über dem Flysch der Synklinale der Eau Froide ob Roche Fetzen von Zenoman und Radiolarit aufliegen, welche tatsächlich einer besondern Ueberschiebungsdecke angehören müssen. Es ist die «Rätische Decke» Steinmanns in Form von wenig ausgedehnten Fetzen, welche dem Flysch aufsitzen oder in ihn eingeknetet sind.
B. Der Waadtländer Anteil der Hochalpen
umfasst einen verhältnismässig geringen Abschnitt der mächtigen Kalkkette zwischen Rhonethal und Aarmassiv. Drei Deckfalten beteiligen sich an deren Aufbau. Die wichtigste und zugleich am besten zu beobachtende ist die Deckfalte der Dents de Morcles, die sich rittlings auf die Gesteine des nordostwärts untertauchenden doppelten kristallinen Massives der Aiguilles Rouges legt. Die Umrisse dieser Deckfalte lassen sich an den dem Rhonethal zugekehrten Felswänden sehr gut erkennen.
Gleich der kristallinen Unterlage schiesst auch die Deckfalte der Dents de Morcles rasch gegen NO. ein. Sie bildet eine Reihe kleiner Auffaltungen von geringerm Ausmass. Solche sind: der Kamm der Pointe des Savoleires als muldenförmiger Stirnlappen und der Lion d'Argentine als vermutlich obere Verzweigung der kleinen Auffaltung an der Gipfelpartie der Petite Dent de Morcles. Auf der ganzen Länge der Kette der Dents de Morcles sind die Schichten überstürzt und zeigen sie die ganze kretazische Reihe in verkehrter Lagerung auf dem Flysch ruhend.
Von der Dent aux Favres an legen sich die Juraschichten auf das Neokom und bauen nun die Felsspitzen des prachtvoll gezackten Kammes auf, der über die beiden Muveran bis zur Tête à Pierre Grept sich hinzieht. Infolge des SO.-Fallens stellt sich auf dem Jura nach und nach die ganze normale Schichtenreihe der Kreide ein, die den SW.-Rand der Tiefenlinie des Pas de Cheville und der Vallée de Derborence bildet und nachher bis in die Gipfelregion des Grates des Haut de Cry hinansteigt. Auffaltungen dieser Juradecke bestimmen die Neokomspitzen der Pierre Cabotz und Tête du Gros Jean mit dem dazwischen eingesenkten Thälchen von Paneyrossaz, sowie die Ausbildung des schon auf Walliserboden gelegenen Thälchens von Derbon.
Am Pas de Cheville taucht die Deckfalte der Dents de Morcles endgiltig in die Tiefe. Die nordwärts davon aufsteigende und das Thälchen von Derborence umrahmende Felswand der Diablerets gehört einer neuen Deckfalte an. Zwischen beide ist ein Fetzen von Neokomkalk der innern Voralpenzone (Sattelzone) eingeklemmt. Die Deckfalte der Diablerets, deren Stirnrand mit den Rochers du Van gleichsam in den Taveyannazsandstein eingeknetet erscheint, setzt die ganze obere Felsmasse der Diablerets mit ihrem Eismantel und den aus diesem hervorstechenden Felszähnen aus Neokom oder Nummulitengestein zusammen.
Aber schon am N.-Rand des Erosionszirkus Creux de Champ erscheint eine neue Deckfalte, die den Dom der Diableretsfalte gleich einem Mantel überdeckt und mit ihrem Stirnrand längs dem Vallon du Dard und dem Col de Pillon über die Steilrampe der Hochalpen hinüber in das Trias- und Liasgebiet der Sattelzone der Präalpen taucht. Während ihr Neokommantel den Gipfel des Oldenhorns aufbaut, bleibt der jurassische Kern südl. vom Sanetschpass zurück, wo er den Mont Gond, die Pointe de la Fava und den Sublage aufbaut.
Der Unterschied im tektonischen Bau der Hoch- und der Präalpen bedingt auch den Kontrast beider Gebiete hinsichtlich ihres landschaftlichen Bildes. Die Präalpendecken sind nicht sehr mächtig. Ihr liegender Flügel fehlt gewöhnlich oder ist lediglich in Form von Fetzen vorhanden, und auch die frontale Umbiegung hat sich nirgends zu erhalten vermocht. Dazu kommt die Zerstückelung der obern Decken. In den Hochalpen erscheint sowohl die ganze stratigraphische Reihe als die tektonische Struktur anders geartet.
Hier bedingt die Aufeinanderfolge der Deckfalten die Entstehung der machtvollen Steilrampe südl. über der Sattelzone, welch letztere zwischen dem Nummulitengestein der Hochalpen und dem Niesen- und Ormontsflysch eingesenkt ist. Ihre mesozoischen Fetzen und Pakete bilden die zerstückelten und zerrissenen, dann in den Flysch hineingepressten Ueberreste einer vierten hochalpinen Deckfalte, derjenigen des Mont Bonvin, die bei der Ueberschiebung buchstäblich geschunden wurde und deren abgequetschte und ausgewalzte Fetzen zum Teil längs der Sattelzone liegen geblieben, zum Teil auch bis in die äussere Randzone der Präalpen, die Gurnigel-Pléiadeszone, hinausgeschoben worden sind. Diese vierte Holchalpendecke funktioniert also mit den von ihr abgerissenen Fetzen zugleich als tiefste Präalpendecke. Es darf vermutet werden, dass in der Sattelzone den Schollen der Mont Bonvindecke auch noch aus den obern Präalpen selbst stammende Fetzen (Trias, Lias, Dogger) beigemengt sind.
Bibliographie. Jaccard, A. Description géolog. du Jura vaudois et neuchâtelois. (Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 6, 1869). Dazu: Supplément und Deuxième supplément (Beiträge. 7, 1870 und 1893). - Favre, E., und H. Schardt. Description des Alpes du cant. de Vaud. (Beiträge. 22, 1887). - Renevier, E. Monographie des Hautes Alpes vaudoises. (Beiträge. 16, 1890). - Zahlreiche geologische Artikel sind im Bulletin de la Société vaudoise des Sciences naturelles abgedruckt.
[Prof. Dr. H. Schardt.]
6. Nutzbare Mineralprodukte.
An Bergwerksbetrieben ist der Kanton Waadt arm. Im Jura hat man früher bei Le Pont im Jouxthal und in der Umgebung von Sainte Croix eozänes Bohnerz abgebaut, dessen Vorkommen an diesen Stellen heute nicht einmal mehr bekannt ist. Anlass zu Abbauversuchen gaben zeitweise auch die als Füllmaterial in Erosionsklüften des Urgon am Mormont ¶