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Stratigraphische Uebersicht über das Waadtländer Mittelland. | |||
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Stufen | Jurafuss | Lausanne und Jorat | Alpenrand |
Helvétien: | Fehlt. Von der Erosion weggewaschen. | Sandstein von La Molière mit Zähnen von Lamna. - Dicke Sandsteinbänke mit Blattabdrücken (Le Mont, Épalinges etc.). | Oberste Schicht der Nagelfluh? - Marine Molasse von Châtel Saint Denis. |
Langhien (Burdigalien). | Dicke Sandsteinbänke von Champvent-Saint Saphorin ob Morges. | Graue, Molasse mit Blattabdrücken und Aceratherium incisivum (Lausanne, Signal etc.). | Oberer Abschnitt der Nagelfluh des Mont Pèlerin, Mont Cheseaux, Mont Vuarat etc. |
Oberes Aquitanien. | Mergel u. Sandsteine mit Gips (Grandson, Essertines etc.). | Mergel und Sandsteine mit Limnäen und Neritinen. | Wechsellagernde Nagelfluh und Mergel mit Blattabdrücken (Rivaz etc.). |
Mittleres Aquitanien. | Sandsteine und bituminöse Kalke mit Planorben und Limnäen. | Sandsteine und bituminöse Kalke mit Anthracotherium, Molassekohle von Rochette etc. | Kohlenführende Molasse von Oron und Palézieux; unterer Abschnitt der Nagelfluh. |
Unteres Aquitanien. | Rote Molasse mit Nagelfluh. Kalksandstein von Orbe mit Helix. | Rote Molasse der Paudèze, von Grandvaux und von Gourze. | Rote Molasse von Vevey, Le Chatelard, Blonay etc. |
In der Nähe des Jura fehlen die obersten Stufen allgemein, und zwar infolge der lebhaften Erosion, denen diese Gebiete, besonders während der Diluvialzeit ausgesetzt gewesen sind. Dafür finden wir in den Moränenablagerungen zahlreiche Molassegerölle. Zunächst liegen die Molasseschichten im allgemeinen den angrenzenden Schichten der ersten Jurakette konkordant an, um erst nachher in eine nahezu wagerechte Lagerung abzubiegen. In dem von uns als subjurassisches Plateau unterschiedenen Abschnitt des Waadtländer Mittellandes nehmen auch die direkt unter der Molasse folgenden Neokomschichten einen gewissen Anteil an der Herausbildung der Oberflächenformen, indem sie mitten im Molasseland noch auf ziemlich grosse Strecken zutage anstehen.
Der Mormont stellt in Wirklichkeit nichts andres dar als eine Querfalte des Juragebirges, die auf eine Länge von mehr als 10 km vom Jurarand weg ins Tertiärland hineingreift und, in Begleitung einer mächtigen Schicht von eozäner Bohnerzbildung, sogar noch am Boden des Talenttobels nachgewiesen werden kann. Auch das sog. Signal d'Orbe ist eine, dem Juragebirge parallel laufende, Falte aus Urgonkalk. Das nämliche gilt für einen kleinen Aufschluss bei Valleyres sous Rances.
Eine weitere seitliche Nebenfalte zum Jura sticht in Feurtille bei Baulmes aus der Tertiärdecke herauf. In grösserer Distanz finden wir am Mont de Chamblon noch die mittlere und untere Neokomstufe als anstehendes Gestein. Diese Schichten stechen als kuppelförmiges Gewölbe gleich einer Insel aus der Tertiär- und Alluvialbedeckung hervor. Und endlich bricht unweit Pomy ein Urgonriff mit Bohnerzformation mitten in der grauen Molasse an die Oberfläche durch. Im subjurassischen Plateau liegt die Molasse nichts weniger als horizontal, indem man stellenweise, namentlich aber in der Umgebung des Mormont, des Mont de Chamblon und sogar bei Calamin-Pomy stark geneigte Schichtenlage beobachten kann. Andrerseits steht fest, dass der Jura zur Zeit des Absatzes der Molasse in diesem Gebiet bereits teilweise landfest war und den seinen Fuss begleitenden miozänen Seen sogar eigene Wasserläufe zusandte. Den Beweis hiefür bilden Geröllablagerungen (subjurassische Nagelfluh) mit mitgeschwemmten Neokomfossilien, sowie die transgredierende Lagerung der aquitanischen Molasse auf Urgon und Hauterivien.
Da das tertiäre schweizerische Mittelland als mächtige Schüssel mit flach aufgebogenen Rändern aufgefasst werden kann, würde man im mittlern Abschnitt des Waadtländer Anteiles, dem sog. Jorat, eine dem Boden der weitgespannten Mulde entsprechende, mehr oder weniger horizontale Lagerung der Molasse erwarten dürfen. Dies ist denn auch der Fall für das Gebiet zwischen dem subjurassischen Plateau und Lausanne, wo vom See an die aquitanische Molasse, die graue langhische Molasse und (am «Mont» ob Lausanne, am Vully und bei La Molière) die marinen Sandsteine inkl. Muschelsandstein normal aufeinander folgen.
Eine erste Störung der Molasseschichten tritt aber schon wenig östl. Lausanne auf. Sie besteht in einem plötzlichen Eintauchen der Schichten gegen Südosten, begleitet von einer eine doppelte Aufeinanderfolge der verschiedenen Stufen bedingenden Ueberschiebung, die auf einen von den Alpen ausgegangenen Druck oder Schub hinweist. Wir haben hier in der der Ueberschiebung vorangehenden Aenderung der Fallrichtung der Molasse eine eigentliche Flexur vor uns, die unter dem Namen der Antiklinalaxe der Molasse allgemein bekannt ist. Weiter ostwärts treten noch andre Dislokationslinien auf. Besonders interessant ist in dieser Hinsicht eine Zone von eigenartigen Zickzackfalten der roten Molasse im Eisenbahneinschnitt der Berner Linie östl. vom. Bach von Le Châtelard ob Lutry. Diese Dislokationslinie hängt mit einer zweiten Ueberschiebung oder Deckschuppe zusammen, die die rote Molasse über die Kohlenschichten der mittlern aquitanischen Stufe zu liegen bringt.
Von der «Antiklinalaxe» genannten Flexur an fallen die Molasseschichten bis zum Fuss der Alpen beständig nach SO., d. h. alpeneinwärts.
Der Unterlauf der Veveyse folgt einer dritten Dislokationslinie, längs welcher die rote Molasse der Nagelfluh des Langhien oder obern Aquitanien aufgelagert erscheint. Im Hochjorat lassen sich solche Dislokationslinien kaum erkennen und noch weniger verfolgen, weil das ganze Gebiet mit einer mächtigen Moränendecke (bestehend aus Schottern, Sanden und Glaziallehmen mit abgeschliffenen und gekritzten Geschieben) überführt und fast überall mit Wald oder Kulturland bestanden ist und daher auch nur wenig abgedeckten Felsboden zeigt. Am Gehänge von Lavaux beobachtet man Randmoränen in zwei verschiedenen Niveaux, die verschiedenen Stillstandslagen des Rhonegletschers während seiner letzten Rückzugsphase entsprechen.
Die tiefere Zone erreicht das Seeufer in der Nähe von Saint Sulpice, nachdem sie die Randmoräne der Côte de la Bourdonnette, des Bois de Vaud und von Montoie-Montbenon gebildet hat. Glazialen Ursprungs ist auch der durch eine Moränenbarre aufgestaute Lac de Bret; das gleiche gilt für die heute vertorften kleinen Seebecken von Le Verney bei Chexbres und Le Tronchet ob Grandvaux. Im N.-Abschnitt des Jorat bis zum Murtensee hin äusserte sich die Wirkung der eiszeitlichen Gletscher besonders in der Auffüllung sowohl der Erosionsrinnen als des Murtenseebeckens selbst. So ist im Verlauf der verschiedenen Rückzugsphasen des Rhonegletschers und bei jedem seiner neuen Vorstösse namentlich das Gebiet zwischen Avenches und Payerne durchgehends mit Moränenschutt und fluvioglazialen Schottern überführt worden. Das nämliche war der Fall bei dem ehemals von Yverdon bis zum Mormont sich hinaufziehenden Golf des Neuenburgersees.
c) Alpen.
Am Kontakt des Mittellandes mit den Alpen sieht man überall die miozänen (und oligozänen) Schichten des erstern mit SO.-Fallen unter das Alpenland eintauchen, sodass dieses seinem ganzen Aussenrand entlang auf das Tertiär des erstern hinaufgeschoben zu sein ¶
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scheint. Wir haben hier also ganz andre Verhältnisse vor uns als am Jurafuss, wo sich die Tertiärschichten normal auf diejenigen des Jura legen. Ursache des abweichenden Verhaltens am Alpenrand sind beträchtliche Dislokationsvorgänge, zu deren Verständnis wir uns zunächst mit der Stratigraphie sowohl der Präalpen als der hohen Kalkalpen vertraut machen müssen.
A. In den Präalpen
unterscheiden wir folgende stratigraphische Glieder:
Quaternär. Wildbach- und Flussalluvionen, Verwitterungs- und Sturzschutt, Moränen.
Tertiär. Schiefer, harte Sandsteine und grobe Konglomerate des Flysch (Gurnigel- und Niesenflysch).
Kreide. Obere Kreide, bestehend aus rotem, grünlich-grauem, zuweilen auch blassrosa oder weissem schiefrigen Kalkstein (sog. Couches rouges). - Untere Kreide oder Neokorn, bestehend aus dünnbankigem grauen, zuweilen auch dunkler gefärbtem mergligen Kalkstein mit Kephalopoden. Umfasst die ganze untere Kreide und tritt bloss in der äussern und der Sattelzone, sowie im N.-Abschnitt der medianen Präalpen auf.
Jura. Malm: Dichte Kalke in den nördl. Präalpen, rötlich- oder grünlich-grauen Knollenkalk und Mergel (Birmensdorferschichten) überlagernd. Im S.-Abschnitt der medianen Präalpen besteht die ganze Masse des Malm aus dichtem weissen oder grauen Kalk. In der Gurnigel- und der Sattelzone findet man ausserdem noch Oxfordmergel mit pyritisierten Fossilien und knolligen Konkretionen. - Dogger: Graue oolithische oder feinkörnige Kalke und Mergel mit Zoophykos, mächtig entwickelt im NW.-Abschnitt;
dann Mytilusschichten (Uferfazies), in reduzierter Mächtigkeit im SO.-Abschnitt. - Lias: Schiefriger oberer Lias (Toarcien), Kiesel- oder Spatkalke (Echinodermenbreccie) des mittlern Lias (Charmouthien) und dunkler Kieselkalk oder schiefriger Kalk des untern Lias (Sinémurien und Hettangien).
In der SO.-Zone, wo Mytilusdogger auftritt, fehlt der Lias vollständig.
Trias. Rät mit Avicula contorta, auf dolomitischen und oft zu Rauhwacke (oder Dolomitbreccie) umgeformten Dolomitkalken, die ihrerseits wieder auf Gips oder Anhydrit ruhen. Im SO. fehlt das Rät und ist dagegen die dolomitische Serie mächtig entwickelt; sie enthält hier oft schwarze und feinkörnige dolomitische Kalke.
Die Trias stellt das älteste Formationsglied der Präalpen dar. Im SO. findet man stellenweise sog. Hornfluhbreccie, eine auf dem Rät der Trias ruhende Jurafazies. In der Tektonik der Präalpen spielen alle diese verschiedenen Formationen eine sehr bemerkenswerte Rolle. Es lassen sich in den Waadtländer Präalpen folgende tektonische Zonen unterscheiden:
1. Zone der Pléiades oder Gurnigelzone. Anhäufung von Flysch mit eingeschlossenen wurzellosen Fetzen von Kreide- und Juragesteinen in Form von Schuppen, die oft buchstäblich in den Flysch eingewickelt sind. Der ganze Komplex scheint den Molasseschichten direkt aufgelagert zu sein und keilt sich in der Tiefe nach und nach aus. Dieser Zone gehört die kurze Kette der Pléiades an, deren ¶