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Vaucher de Blonay zu Lehen gab, welche Vergabung zwar von den Nachfolgern Lamberts auf dem bischöflichen Stuhl nicht anerkannt wurde, aber auch nicht rückgängig gemacht werden konnte, da die Herren von Blonay ihren Besitz nicht mehr herausgaben. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts riss Graf Aymon II. von Genevois, Kastvogt der Diözese Lausanne, des Bischofs Oberhoheit über Vevey an sich selbst und seine Familie, welche sie während etwa 150 Jahren beibehielt. Am musste dann Graf Amadeus II. von Genevois im Vertrag von Annemasse diese Hoheitsrechte dem Grafen Peter von Savoyen abtreten, der sie bereits als Pfand innehatte und nun deren Wahrnehmung den Herren von Blonay und von Oron übertrug.
Dieses Verhältnis bildete sich in der Folge derart aus, dass der «Vieux Mazel» genannte Flecken der Herren von Blonay ostwärts und der Flecken der Herren von Oron westwärts einer N.-S. ziehenden Grenzlinie lag. Das Ganze bildete bis ums Jahr 1236 die Stadt Vevey. Zu dieser Zeit gründete Rudolf I. von Oron ausserhalb seines alten Fleckens ein neues Quartier, den sog. «bourg franc», der als erster einen Freiheitsbrief erhielt. Diesem Beispiel folgten andere Glieder aus Rudolfs Familie durch Stiftung der Quartiere (bourgs) La Villeneuve (1290),
Le Marche (vor 1356) und Le Sauveur (vor 1397),
sowie die Herren von Blonay, die dem Vieux Mazel nach und nach die neuen «Bourgs» Blonay Dessus und Blonay Dessous (1280), sowie Bottonens (1341) angliederten. Die der Reihe nach sowohl den alten als den neuen Quartieren von ihren Herrn verliehenen Freiheiten und Vorrechte wurden 1370 durch Amadeus VI. von Savoyen bestätigt. Von dieser Zeit an lag die städtische Verwaltung von Vevey bei einem 12gliedrigen kleinen und einem 60gliedrigen grossen Rat. (Zur Zeit der Herrschaft der Berner fügte man noch einen Rat der 30 und einen Rat der 120 an, welch letzterer die allgemeine Bürgerversammlung ersetzen sollte).
Während der Burgunderkriege wurde Vevey von den Berner Oberländern zweimal (Oktober 1475 und Juni 1476) genommen und geplündert. Kurz vor der zweiten Plünderung hatten die Leute von Vevey, über die von einer aus der Schlacht bei Grandson heimkehrenden Bande savoyischer Truppen verübten Ausschreitungen empört, deren Anführer, den grausamen Jean de Compey ergriffen und hingerichtet. Gegen das Ende der Savoyer Oberhoheit sah sich die Herrschaft Vevey zwischen Franz von Luxemburg und Karl von Challant geteilt.
Als die Berner die Waadt eroberten, ergaben sich die von General Nägeli am zur Unterwerfung aufgeforderten «Veveysans» erst nach dem Ultimatum vom 19. Februar. Unter den Bernern bildeten die Burgherrschaften Vevey und Chillon zusammen eine gemeinsame Vogtei, deren Landvogt im Schloss Chillon residierte, während sich die eigentliche Verwaltung in Vevey befand. Bern anerkannte der Stadt Freiheiten und Vorrechte und gewährte ihr Religionsfreiheit. Doch kamen die Anhänger der Reformation rasch ans Ruder, so dass die Klarissinnen im Vieux Mazel schon in der Nacht des Vevey verliessen und nach Évian flüchteten.
Schon vom Anfang des 16. Jahrhunderts an hatten sich, wie anderwärts, auch in Vevey Vereinigungen zur Wahrung militärischer oder beruflicher Interessen, die den Zünften der deutschen Schweiz entsprechenden sog. Abbayes oder Confréries gebildet, so zunächst die militärischen Abbayes der «Couleuvriniers» und der «Arbalétriers», sowie die Zunft der «Cordonniers», dann diejenigen der «Mousquetaires», der «Fusiliers», des «Arc» und endlich die aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammende und heute durch ihre Feste allgemein bekannt gewordene Winzerzunft (Abbaye des Vignerons).
Im Jahr 1613 wütete in Vevey die Pest. Einige Jahre später trennte man die Gemeinde La Tour administrativ von Vevey ab.
Der Villmergerkrieg von 1656 erregte auch in den Städten am Genfersee die Gemüter. In der Furcht, der Herzog von Savoyen möchte sich Berns Verlegenheiten zu nutze machen und einen Einfall ins Waadtland versuchen, beauftragte der Rat zu Vevey den schwedischen General de Treytorrens mit der Ausarbeitung eines Projektes zur Befestigung der Stadt. Die Widerrufung des Ediktes von Nantes 1685 führte zahlreiche reformierte französische Refugianten auch nach Vevey, wo sie sehr zuvorkommend aufgenommen wurden und mehrere neue Industrien einführten. Im August 1676 wurde ein Teil des Fleckens Bottonens durch eine Feuersbrunst zerstört, und 1688 wütete in den westl. Quartieren ein noch furchtbareres Schadenfeuer, das der Blüte der Stadt einen schweren Schlag versetzte.
Der Befreiungsversuch des Majors Davel fand nicht die Anerkennung des Rates von Vevey, der ihn in einem amtlichen Schreiben ausdrücklich tadelte. Am überschwemmte die Veveyse einen Teil der Aussenquartiere der Stadt und richtete hier grossen Schaden an. 1733 verlegte Bern den Sitz seines Landvogtes von Chillon nach Vevey in das Haus des Obersten Stephan Sigismund von Tavel, das seither unter der Bezeichnung des «Château» bekannt geblieben ist. Anerkennend sei hier des segensreichen Einflusses einer zu Beginn des 18. Jahrhunderts gestifteten ökonomischen Gesellschaft gedacht, die rasch in Blüte kam und durch Wort, Schrift und Vorbild in Ackerbau und Gewerbe wesentliche Fortschritte erzielte.
Die französische Revolution von 1789 zählte in Vevey gleich von Anfang an zahlreiche Anhänger, deren eifrigste den Bastillensturm am durch ein Bankett feierten, das dem Landvogt stark missfiel. Trotz des gespannten Verhältnisses zwischen Stadt und Landvogt blieb aber die Ruhe bis 1798 aufrecht erhalten. Am 4. Januar dieses Jahres liess Vincent Perdonnet den Rat der 120 eine Petition an die Regierung zu Bern unterschreiben, und am Tag darauf bemächtigten sich eine Anzahl junger Bürger von Vevey des Schlosses Chillon. Auf die Nachricht vom bevorstehenden Einmarsch der französischen Truppen in die Schweiz bildete sich eine Sicherheitswache. Am 28. Januar landete in Vevey ein Teil der Brigade Rampolla der italienischen Armee. Am 29. Januar erhob sich auf dem Marktplatz ein Freiheitsbaum. Am besichtigte hier General Bonaparte auf seinem Zug nach Italien eine Armeedivision von 6000 Mann.
Hervorragende Männer.
In Vevey sind eine Reihe von Männern geboren, die sich nach den verschiedensten Richtungen hin einen Namen gemacht haben. An dieser Stelle seien folgende genannt: Der Architekt Dangeau de ¶
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la Belye, Erbauer der Westminsterbrücke in London (1705-1781);
der Waadtländer Landammann Muret (1759-1847);
Oberst F. de Rovéréa (1763-1829), Anführer der den Bernern treu gebliebenen Legion 1798;
die Dichter Aimé Steinlen (18211842) und Henri Durand (geb. 1818);
Aimé Louis Herminjard, Herausgeber der grossen Correspondance des réformateurs en pays de langue française.
Von Bürgern Veveys seien folgende hervorgehoben: General Boinod (1756-1842), Freund Bonapartes;
der Maler und Bildhauer Brandouin (1733-1790);
der Naturforscher und Historiker Dr. Levade (geb. 1748), Verfasser eines Dictionnaire géographique et historique du canton de Vaud;
der englische Diplomat und Schriftsteller James Morier (geb. 1780) und sein Bruder David Richard Morier (geb. 1790), englischer Gesandter in Bern; der Schriftsteller Reybaz (geb. 1737);
der in Aegypten berühmt gewordene Divisionsgeneral Reynier (geb. 1771);
General Abram Hubert de Joffrey (geb. 1675);
der holländische Generalleutnant Cornabé (1706-1763) und der Generalmajor in holländischen Diensten Charles Marc Louis de Mellet (geb. 1759);
der mit zahlreichen ausländischen Orden beehrte Arzt Dr. Charles de Montet (geb. in Corsier 1817);
der Wechselagent Alex. F. V. Perdonnet (geb. 1758) in Paris, Wohltäter seiner Vaterstadt;
der Naturforscher Jean Louis F. A. Reynier (geb. 1762), Generalpostmeister des Königreichs Neapel;
der 1904 gestorbene Bildhauer David Doret;
die aus den Confessions von J. J. Rousseau bekannte Frau von Warens (getauft in Vevey 1699);
der Agronom Georges Rodolphe Nicolas Blanchet (1807-1864);
der Historiker und Politiker Daniel Alexandre Chavannes (1765-1846);
die Schriftstellerin Herminie Chavannes (1798-1853), Lehrerin am englischen Königshof;
General Jean François Charles Du Fresne (1773-1858), zuerst in sardinischen und nachher in französischen Diensten;
General Rossier (1710-1778) in preussischen Diensten;
Grossrat Seydoux (1796-1875), ehemals Offizier in französischen Diensten.
Bibliographie.
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