Während die Vorfahren die Bergflanken in wirklich unsinniger Weise abgeholzt und ihres Waldkleides beraubt haben, gibt sich
die heutige Generation mehr als in irgend einem andern Tessinerthal die lobenswerteste Mühe mit Aufforstung durch
Buchen,
Tannen, Lärchen,
Ahornen etc. So hat man in den letztvergangenen Jahren eine Fläche von 55 ha aufgeforstet,
was einen Kostenaufwand von insgesamt Fr. 43600 bedingte Daran trugen bei: der
Bund Fr. 21300, der Kanton Tessin
Fr. 7100 und die Patriziati
(Korporationen) Fr. 15200.
Die einzige industrielle Tätigkeit
im Thal ist der
Bruch und die Herrichtung von Granit und Gneis. Von
Vogorno bis
Gerra und
ganz besonders bei Brione sieht man überall Steinhauer an der Arbeit, von denen Blöcke bis auf 12 m2
Seitenfläche exportiert werden. In
Gerra besteht seit dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts eine kleine Fischbrutanstalt,
in der jährlich 150000 Forelleneier (Salmo variabilis) ausgebrütet werden. Der Fischreichtum der Verzasca ist an Quantität
wie Qualität erfreulich.
Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts pflegten die meisten Männer aus fast allen
Dörfern des Verzascathales als
Hausierer zeitweilig nach Italien auszuwandern.
Manche führten dabei 7-8 jährige Knaben mit sich, die ihr Brot als Kaminkehrer
verdienen mussten. Dann aber machten strenge Gesetzesvorschriften dieser Art Menschenhandel, der den Familien
und der Schule zahlreiche Kinder entzog, ein Ende. Die Bevölkerungsziffer ist im letzten Jahrhundert stetig zurückgegangen: 3270 Ew.
im Jahr 1830, 2714 im Jahr 1880, 1825 im Jahr 1900. Die Schuld daran trägt die sehr starke Auswanderung nach den Vereinigten
Staaten von Nordamerika, speziell nach Kalifornien, wohin sich die jungen Leute wenden, um wie in der
Heimat Weinbau und Viehzucht zu treiben. Mehr als 2000 Ew. des Verzascathales wohnen in
SanLuis Obispo, in Loleta und in der
Umgebung von
San Francisco. Aber auch der Ausgewanderten Herz hängt noch treu an der angestammten Heimat, und nicht ungehört
verhallt bei ihnen der
Ruf nach Unterstützung, wenn es sich um ein ihrem Thal zugute kommendes gemeinnütziges
Werk handelt.
Gleich den übrigen Bewohnern von abseits von Handel und Verkehr liegenden Landschaften zeigt sich auch der Verzaschese allem
Neuen oder Fremden gegenüber sehr zurückhaltend, ja misstrauisch. Man hält zäh am
Alten fest, so dass
sich moderner Fortschritt nur sehr langsam seinen Weg bis zu den Ortschaften des Verzascathales hinauf zu bahnen vermag.
Die aus Steinblöcken und ohne Mörtel zusammengefügten
Häuser haben als Oeffnung fast stets bloss die
Türe, selten auch
Fenster.
Ein solches
Haus umfasst meist nur eine einziges Gemach, das der Familie als Küche, Wohn- und Schlafzimmer
zugleich dient. Ueber einem die Feuerstelle darstellenden
Loch in der Mitte des Gemaches hängen an eiserner Kette die Kochtöpfe;
in Ermangelung eines Kamins zieht der Rauch durch die
Türe ab, freilich nicht, ohne vorher an
Wänden und Decke eine starke
und glänzende Schicht Russ abzulagern. In der einen
Ecke befindet sich die anspruchslose Schlafstelle,
in der zweiten ein alter Wäscheschrank, in der dritten ein Hühnerkäfig, ein
HaufenHolz und einige Ackergerätschaften etc.
Wie die Wohnung ist auch die Kleidung noch ziemlich urwüchsig, beginnt aber doch allmählig sich der modernen Mode anzupassen.
Verschwunden sind die Kniehosen der Männer, und auch die Frauentracht wird immer seltener angelegt.
Sie bestand der Hauptsache nach in einem kurzen Rock aus
im Thal selbst gewobenem groben Wollenstoff, einer unter den Armen
gebundenen farbigen Schürze und einem kleinen, vorn offenen Leibchen aus grauer Baumwolle, das das weisse Hemd aus selbstverfertigtem
groben
Linnen sichtbar liess. Die langen Rohrstrümpfe (ohne Fuss) reichten genau bis zu den Schuhen herab,
die aus groben Tuchresten zusammengeflickt waren.
Der Verzaschese ist ein unermüdlicher Arbeiter, guter Viehzüchter und ausgezeichneter Weinbauer, dessen zäher Ausdauer
das üppige Rebgelände aus einheimischen Rebsorten (Bondola- und Barberarebe), das sich von
Bellinzona bis
Locarno erstreckt,
seine Erhaltung und seinen
Schutz vor parasitären Ansteckungen verdankt.
(Kt. Freiburg,
Bez. Broye).
515 m. Gem. und Dorf an der Kreuzung der
StrassenGrangesMarnand-Estavayer und Combremont-Payerne;
1,6 km sw. der Station
Cugy der Linie
Freiburg-Yverdon. Postablage; Postwagen
Cugy-Combremont. Gemeinde, mit La Léchière: 48
Häuser, 259 kathol.
Ew.; Dorf: 42
Häuser, 225 Ew. Kirchgemeinde
Cugy. Getreide- und Tabakbau. Schöne Aussichtspunkte auf
Alpen und
Jura. Urkundliche
Namensform: Visins; vom latein. vicinus, mundartl. vesin = «benachbart»
herzuleiten.
(Poncionedi) (Kt. Tessin,
Bez. Leventina).
2714 m. Gipfel, westl. vom
Poncione di Mezzodi (2636 m) und östl. vom
Pizzo Sella (2755
m), in der das Bedrettothal südwärts begleitenden Glimmerschieferzone. Am N.-Fuss des Poncione di Vespero und ob der Waldzone
südl.
Airolo liegt die Alpweide
Piscium.
600 m. Gruppe von 3
Häusern in einem Thälchen ob
Ligerz und nahe
einem Felsvorsprung des Schafisbergs, der die Burgruine der im 16. Jahrhundert erloschenen Edlen von
Ligerz trägt. 14 reform. Ew. Kirchgemeinde
Ligerz.
(Sasso)(Kt. Tessin,
Bez. Leventina).
1350 m. Gneisfelsen ob dem
Monte di
Sobrio nördl.
Biasca; bildet den Bergsporn zwischen der
Leventina
und der Ausmündung des Bleniothales. Besteht aus einer Reihe von aufeinandergelegten Gneisschichten und gehört dem Kern
der grossen kristallinen Antiklinale des Tessinermassives an.
(Kt. Wallis,
Bez. Conthey).
500 m. Gem. und Pfarrdorf, Hauptort des Bezirkes
Conthey, im
Rhonethal und an der Simplonstrasse, 1 km
nö. der Station
Ardon der Simplonbahn und 6 km w. der Stadt
Sitten. Postablage, Telephon. Gemeinde, mit
Magnon: 104
Häuser, 761 kathol.
Ew.; Dorf: 73
Häuser, 546 Ew. Weinbau mit vier Weinbaugenossenschaften. In dem ob dem Dorf sich hinziehenden
Rebgelände werden hauptsächlich die berühmten Weinsorten «Amigne» und
«Dôle» gezogen. Schiessplatz. Der in der
Sohle des
Rhonethales gelegene Abschnitt des Gemeindebodens gehört noch immer den
beiden Gemeinden Vétroz und
Conthey (von welch
¶
mehr
letzterer jene erst 1861 losgelöst wurde) gemeinsam an und bildet die von den Hochwassern der Rhone überschwemmte Sumpfebene
der sog. Praz Pourris, die aber durch den Entwässerungskanal Sitten-Riddes schon zu einem ansehnlichen Teil trocken gelegt
und für den Anbau urbar gemacht worden sind. Die früher als gefährlich geltende Nachbarschaft des
Sumpflandes scheint den hygienischen Verhältnissen des Dorfes keinen grossen Eintrag getan zu haben, da nämlich die heutige
Bevölkerung von Vétroz tätig, gesund und kräftig ist.
Auf Gegenseitigkeit beruhender Unterstützungsverein. Obwohl Vétroz administrativ bis vor kurzer Zeit noch zu Conthey gehört
hat, bildete es seit jeher eine eigene Kirchgemeinde, deren Pfarrer den Titel eines Propstes führt.
Vétroz gehörte zu den durch König Sigismund von Burgund der Abtei Saint Maurice vergabten zahlreichen Ländereien und wurde
von dieser letztern schon im Jahr 517 zur Propstei erhoben. Im Mittelalter besassen die Aebte von Saint Maurice in Vétroz
ein festes Haus. Auf Boden der Gemeinde Vétroz besitzen auch die Bauern von NendazReben, die sie aber
weniger sorgfältig behandeln als die Leute aus dem Rhonethal selbst zu tun pflegen. Fund eines Bronzebeiles, eines Grabes
mit massiven Walliserfibeln aus dem Ende der Eisenzeit und von römischen Gräbern (in Magnon). Urkundliche Namensformen: 1050 Vertriacus;