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Der kleinere Handwerksbetrieb ist nicht von Bedeutung und genügt nicht einmal dem inländischen Bedürfnis.
Nur die Schreinerei mit mechanischem Betrieb hat sich auf eine höhere Stufe heraufgearbeitet und produziert aus dem feingängigen, langsam gewachsenen Holz der Bergwälder gesuchte Möbelwaaren und Bauschreinereiartikel. Wenn schon deren Absatzgebiet nicht ein so ausgedehntes wie das der Parkettfabriken ist, die tatsächlich nach allen Weltteilen liefern, so umfasst es doch immerhin das Gebiet nahezu der ganzen Schweiz. In früherer Zeit (und in Nidwalden zum Teil jetzt noch) stand das Goldschmiedegewerbe auf einer ziemlich hohen Stufe; es wurden da Haarnadeln und Halsketten, speziell in Filigranarbeit hergestellt, die in ihren besten Formen eigentlich künstlerischen Wert haben.
Mit dem Verschwinden der originellen Landestrachten geht natürlich auch der Rückschritt dieses Gewerbezweiges Hand in Hand. Erst aus neuerer Zeit datiert der ungeahnte Aufschwung des Hotelwesens, in dessen Betrieb Unterwalden mehr Kapital als in irgend einem andern Gewerbe niedergelegt hat und das im Sommer unter allen Gewerben (ausgenommen die Landwirtschaft) am meisten Hände beschäftigt. Unterwalden verdankt es seiner leichten Zugänglichkeit, den vorzüglichen und billigen Verkehrsmitteln, seiner herrlichen Lage, seinen bezaubernden Landschaftsbildern und seinem vorzüglichen Klima, dass innerhalb seiner Grenzen der Fremdenverkehr ein aussergewöhnlich grosser ist.
Einzelne seiner Fremdenzentren, wie Engelberg, Pilatus, Bürgenstock, Schönegg-Emmetten erfreuen sich eines Weltrufes, und es ist auch sonst keine Ortschaft in Unterwalden, in der sich über den Sommer nicht Kuranten für kürzere oder längere Zeit aufhalten. Einzelne der Fremdenzentren, wie besonders Engelberg, haben bereits eine zahlreiche Winterklientel. In ganz Unterwalden mögen sich im Juli und August zur Zeit des stärksten Besuches sicherlich bis auf 6500 Kurgäste aufhalten. Sehr gross, aber einer genauen Kontrolle sich entziehend ist die Anzahl der Touristen. Sie ist von Jahr zu Jahr im Steigen begriffen. Der Pilatus hatte z. B. im Jahr 1906 über 50000 Besucher, während noch im 16. Jahrhundert die Besteigung des Berges bei Todesstrafe verboten war!
14. Kreditinstitute und Geldwesen.
Obwalden besitzt eine Kantonalbank (mit ehemaliger Notenemission), die im Jahr 1906 einen Jahresumsatz von 15278133 Fr. mit einem Gewinn von 77078 Fr. auswies, wovon 22500 Fr. zur Verzinsung des Dotationskapitals im Betrag von 500000 Fr. verwendet und der Reingewinn von 54578 Fr. zur Hälfte an die Staatskasse und zur Hälfte in den Baufonds für ein neu zu erstellendes Bankgebäude kam.
Nidwalden besitzt zwei öffentliche Geldinstitute, wovon die kantonale Spar- und Leihkasse im Jahr 1879 vom Kanton gegründet wurde und im Jahr 1906 einen Umsatz von 55667416 Fr. zeigte. Der Gewinnanteil zu Handen der Staatskasse betrug 26964 Fr. Die Nidwaldnerische Sparkasse ist die Gründung (1827) einer kantonalen Gesellschaft und verwendet ihren Reingewinn alljährlich zum grössten Teil zur Förderung humanitärer und sozialer Zwecke.
Wie die übrigen Kantone der Schweiz hatte auch Unterwalden bis 1850 sein eigenes Münzrecht, machte aber davon einen verhältnismässig bescheidenen Gebrauch. Obwalden fing mit seinen Prägungen erst 1725 an und prägte Dukaten, Taler, Halbtaler, 40, 30 und 20 Kreuzerstücke, Batzen, Halbbatzen, Groschen, Kreuzer, Halbkreuzer und Rappen. Nidwalden prägte nur im Jahr 1811 und zwar Fünfbätzner, Batzen und Halbbatzen. Viel beschäftigt hat die Medailleure und Stempelschneider die Verehrung, die dem Landespatron Bruder Klaus erwiesen wurde. Es existieren von ihm etwa 70 verschiedene Medaillen, darunter mehrere von der Hand des berühmten Medailleurs Hedlinger in Schwyz.
15. Verkehr.
Bis 1861 fehlte Unterwalden jegliche fahrbare Strassenverbindung nach Aussen. Doch bildete der Vierwaldstättersee von jeher mehr ein verbindendes als trennendes Element. Der Saumweg über den Brünig ist uralt und wurde von jeher benutzt. Im 16. Jahrhundert z. B. bezog Bern von Luzern Schiesspulver und liess es über den Brünig transportieren. 1861 wurde dieser Saumweg in eine fahrbare Strasse umgebaut, diese bis nach Luzern weitergeführt und damit eine stark frequentierte Verkehrsader zwischen den damaligen Hauptfremdenzentren Luzern und Berner Oberland geschaffen. Im Anschluss an die Brünigstrasse überspannte man den schmalen Seearm am Acheregg mit einer eisernen, für den Dampferverkehr senkrecht zu hebenden Brücke. Damit war eine Abzweigung nach Stansstad und also auch für Nidwalden eine Verbindung über Land mit der äussern Schweiz geschaffen. Doch benutzte Nidwalden von jeher und auch heute noch als seine Hauptverbindung nach Aussen den Schiffsverkehr (Dampfboot, Motornauen, Ruderboot). Die Hauptverkehrsader für Obwalden ist die Brünigbahn, die den Kanton auf einer Strecke von 34 km ¶
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durchfährt und hiebei acht Stationen und eine Haltestelle bedient. Mehr dem Fremdenverkehr dient die Pilatusbahn, eine der kühnsten und meist frequentierten Bergbahnen der Schweiz, 4 km lang und 1885 mit einem Kostenaufwand von rund 2400000 Fr. erbaut. Ob- und Nidwalden gemeinsam ist die elektrische Bahn Stansstad-Engelberg, die auf einer Länge von 22 km 6 Stationen und 4 Haltestellen bedient und 1895-1896 mit einem Kostenaufwand von rund 2600000 Fr. erstellt worden ist. Die Drahtseilbahn Stans-Stanserhorn ist nur Touristenbahn (erbaut 1889; Kosten rund 1480000 Fr.). Die Bürgenstockbahn ist eine elektrische Drahtseilbahn zwischen der Dampfschiffstation Kersiten-Bürgenstock und dem Hotel Bürgenstock (erbaut 1878; Kosten rund 270000 Fr.).
Zwischen den einzelnen Gemeinden besteht überall ein ziemlich gut ausgebautes Strassennetz. Nebst mehreren Bergübergängen im Landesinnern wird Unterwalden nach Aussen verbunden durch Seewenegg und Sattelpass mit dem Marienthal und Entlebuch, durch den Jochpass mit Meiringen und dem Aarethal, durch den Surenen- und Schoneggpass mit Uri.
[Ed. Etlin.]
16. Verfassung.
a) Obwalden. Der Kanton Unterwalden ob dem Wald (Obwalden) ist ein rein demokratischer Freistaat und bildet als solcher ein Bundesglied der schweizerischen Eidgenossenschaft. In Verbindung mit dem Kanton Unterwalden nid dem Wald (Nidwalden) macht er den Gesamtkanton Unterwalden aus. Die staatsrechtlichen Beziehungen zwischen den beiden Halbkantonen beschränken sich jedoch darauf, dass sie bei Abstimmungen über Revision der Bundesverfassung nur je eine halbe Standesstimme abgeben und dass jeder von ihnen nur je ein Mitglied in den schweizerischen Ständerat entsendet. Die «alten Landleute», d. h. die Angehörigen derjenigen Geschlechter, welche im Jahr 1740 in einem der beiden Landesteile das Landrecht besassen, werden heute noch als Doppelbürger in dem Sinn angesehen, dass ihnen auch das Landrecht im andern Landesteil zukommt. Allerdings findet dieses Verhältnis nur auf das Kantonsbürgerrecht und nicht auch auf das Gemeindebürgerrecht seine Anwendung.
Die Souveränetät wird direkt vom Volk ausgeübt und zwar zunächst durch das Organ der Landsgemeinde, welche die Versammlung der stimmfähigen Bürger und Einwohner des Landes bildet und sich ordentlicher Weise alljährlich am letzten Sonntag im April und ausserordentlicher Weise dann besammelt, wenn sie vom Kantonsrat wichtiger und dringender Geschäfte wegen einberufen wird. Besammlungsort der Landsgemeinde ist der Landenberg ob Sarnen. Die Landsgemeinde ist die oberste Wahlbehörde.
Als solche wählt sie die sieben Mitglieder des Regierungsrates und aus deren Mitte den Landammann und den Landstatthalter, sowie die neun Mitglieder und die drei Ersatzmänner des Obergerichtes und aus den Erstern den Präsidenten und den Vizepräsidenten. Von der Landsgemeinde werden ferner gewählt das Mitglied in den schweizerischen Ständerat und die Landschreiber, sowie der Landweibel. Landschreiber und Landweibel können nur aus den vom Regierungsrat fähig befundenen Bewerbern gewählt werden.
Die Mitglieder des Regierungsrates, sowie diejenigen des Obergerichtes werden auf eine vierjährige Amtsdauer gewählt. Je das zweite Jahr kommen drei, bezw. vier Mitglieder des Regierungsrates und wieder je das zweite Jahr vier, bezw. fünf Mitglieder und ein oder zwei Ersatzmänner des Obergerichtes in periodischen Austritt. Der Landammann und der. Landstatthalter werden jedes Jahr gewählt. Ersterer ist im unmittelbar folgenden Jahr nicht wieder wählbar. Der Präsident und der Vizepräsident des Obergerichtes werden auf zwei Jahre, das Mitglied in den schweizerischen Ständerat auf drei Jahre und die Landschreiber und der Landweibel auf vier Jahre gewählt. Wer das aktive Wahlrecht besitzt, dem kommt, auch das passive Wahlrecht zu. Eine Ausnahme besteht aber für die Landschreiber und den Landweibel, indem die Kandidaten für diese Stellen nur dann wählbar sind, wenn sie ein vom Regierungsrat ausgestelltes Wahlfähigkeitszeugnis besitzen.
Die Landsgemeinde ist die gesetzgebende Behörde des Kantons. Sie entscheidet in dieser Eigenschaft über Annahme oder Verwerfung totaler oder partieller Revisionen der Kantonsverfassung. Ihr kommt der Entscheid zu über die vom Kantonsrat oder im Wege der Initiative aus den Reihen der Stimmberechtigten an sie gelangenden Gesetzesvorlagen. Sie hat eine Staatssteuer zu bewilligen und über einmalige Ausgaben von mehr als Fr. 15000 und über wiederkehrende Ausgaben, sofern sie je für einen bestimmten Zweck Fr. 3000 übersteigen, zu beschliessen. Die Landsgemeinde erteilt das Kantonsbürgerrecht und setzt den Salzpreis fest.
Es besteht ein sehr weit gehendes Recht der Initiative. Jeder Stimmfähige kann bis zum 1. Januar jeweilen dem Landammann Anträge, welche ihrer Natur nach in den Bereich der Landsgemeinde gehören, zu Handen der letztern einreichen. Die Eingabe muss schriftlich abgefasst, von Erwägungsgründen begleitet und vom Antragsteller unterzeichnet sein. Sofern eine solche Eingabe nicht gegen die Bundes- oder die Kantonsverfassung verstösst und keine Verletzung von Privatrechten in sich schliesst, muss sie der Landsgemeinde unterbreitet werden. Der Kantonsrat hat sie mit seinem Gutachten zu begleiten.
Die Mitglieder des Kantonsrates werden von den Einwohnergemeinden gewählt. Auf je 200 Seelen kommt ein Mitglied. Der Kantonsrat hat die Gesetzeserlasse vorzuberaten, welche an die Landsgemeinde gelangen. Er ist auch befugt, von sich aus Gesetze zu erlassen, wenn ihm in einem gegebenen Fall das Gesetzgebungsrecht von der Landsgemeinde delegiert wird. Alsdann können aber 400 Stimmfähige innert zwei Monaten nach der Veröffentlichung eines derartigen Gesetzes dessen Vorlage an die Landsgemeinde verlangen, und es wird bis zum Entscheid dieser letztern die Vollziehung des Gesetzes eingestellt.
Der Kantonsrat erlässt Verordnungen über die allgemeine Landesverwaltung und über einzelne Zweige derselben. Er setzt das Budget der Landesverwaltung fest. Er beschliesst über Ausgaben, welche nicht in den Bereich der Landsgemeinde fallen. Er nimmt die Rechnungen über die Landesverwaltungen entgegen. Er behandelt den Bericht über die Staatsverwaltung und die Rechtspflege. Er übt das Recht der Begnadigung aus. Er ist Wahlbehörde für eine ganze Reihe kantonaler Beamtungen.
Dem Regierungsrat stehen alle diejenigen Attribute zu, welche durch seine Stellung als oberstes kantonales Verwaltungs- und Vollziehungsorgan bedingt sind. Der Regierungsrat teilt sich in folgende Departemente: Justiz und Politisches, Staatswirtschaft, Finanzen, Bauwesen, Militärwesen, Polizei, Vormundschafts- und Armenwesen und Gemeindewesen.
Dem Regierungsrat untergeordnete Verwaltungsbehörden sind: der Erziehungsrat und der Sanitätsrat. Dem erstern liegt die Oberaufsicht und die Obsorge über das Schulwesen und dem letztern die Pflege des öffentlichen Gesundheitswesens ob. Diese beiden Behörden zählen je fünf Mitglieder. Der Erziehungsrat hat auch (unter angemessener Mitwirkung der Geistlichkeit) die stiftungsgemässe Verwaltung der kantonalen kirchlichen Fonds zu besorgen, und es steht ihm (in seiner angegebenen Zusammensetzung) die Vorberatung kirchlich-religiöser Angelegenheiten gemischter Natur zu.
Das Gerichtswesen ist folgendermassen geordnet: In jeder Gemeinde besteht ein Friedensrichteramt, welchem die Anbahnung eines Sühneversuches in allen Zivilrechtsstreitigkeiten obliegt. Ferner besteht in jeder Gemeinde ein dreigliedriges Vermittlungsgericht mit einer endgiltigern Spruchkompetenz bis auf Fr. 100. In allen wichtigern Fällen bildet die erste Instanz das vom Kantonsrat gewählte und sieben Mitglieder zählende Kantonsgericht. In Forderungsstreitigkeiten bis zu einem Wert von Fr. 300 urteilt dasselbe inappellabel.
Alle andern Rechtsstreitigkeiten können an das Obergericht gezogen werden, über dessen Zusammensetzung und Wahlart wir uns schon ausgesprochen haben. Diese Behörde bildet auch die Revisions- und Kassationsinstanz. Ein Ausschuss des Obergerichtes ist dessen Justizkommission, welche über Rehabilitationen etc. zu entscheiden hat. In Strafsachen ist die Untersuchungs- und Ueberweisungsbehörde das Organ, welches - in wichtigern Fällen unter Mitwirkung des Verhörrichters - die Untersuchung durchführt und welchem auch die Befugnis zukommt, einen Angeschuldigten ¶