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abfallende Silbern (2317 m). Malmkalk und Schrattenkalk nehmen einen hervorragenden Anteil am Aufbau dieser Gebirgsgruppe; daher dehnen sich hier die grössten Karrenfelder der Schweizeralpen aus, und ebenso erklärt sich hieraus die Armut an oberflächlichen Wasserläufen und die geringe Durchthalung des Gebirges. - 3. Die Gruppe der Schächenthaler Windgälle erhebt sich westl. vom Bisithal und des Ruosalper Kulm und wird im W. vom Kinzigkulm (2076 m) und dem bei Muotathal ausmündenden Hürithal begrenzt.
Von dem steil gegen das Schächenthal abfallenden S.-Rand aus, auf dem sich die Schächenthaler Windgälle (2752 m), der Hoch Pfaffen (2481 m) und der Sirtenstock (2305 m) erheben, zieht sich die Kette als Querkamm über den Seestock (2430 m) und das Alplerhorn (2328 m) nordwärts, sendet noch einen Seitenzweig mit Alplerstock (2365 m) und Langgrat (2165 m) nach NO. und endigt mit dem breiten, allmählig gegen das Muotathal sich abdachenden Wasserberg (2341 m). - 4. Die Kaiserstockkette, zwischen dem Kinzigkulm und dem Schächenthal einerseits und dem Thal von Riemenstalden andrerseits gelegen, ist eine typische Längskette und als geologische Fortsetzung von Silbern und Wasserberg durch ein pultförmiges Querprofil ausgezeichnet.
Steile Felswände, an deren Fuss sich grosse Schutthalden anlehnen, senken sich von der Gratlinie südwärts gegen das Schächenthal und das Thal der Seenalp; die N.-Abdachung ist wesentlich flacher und von vielen meist wasserlosen, unregelmässigen Thalmulden durchfurcht, welche den Kamm in eine grosse Zahl von Gipfeln zerlegen. Deren wichtigste sind, von O. nach W. aufgezählt: Blümberg (2414 m), Kaiserstock oder Liedernen (2517 m), Faulen (2494 m), Rossstock (2463 m), Hundstock (2216 m), Dieppen (2226 m) und Rophaien (2082 m). Mit dem durch seine wundervollen Faltungen bekannten Steilhang des Axenberges fällt die Kette zum Urnersee ab. - 5. Die Fronalpstockgruppe ist im S. vom Riemenstalderthal und dem Katzenzagelpass (1490 m), im N. vom Muotathal und im W. vom Urnersee eingerahmt und stellt, ähnlich wie die Kaiserstockkette, eine Längskette mit sehr unsymmetrischen Abdachungen dar, mit dem Unterschied jedoch, dass hier die Gratbildung weniger ausgeprägt und die N.-Abdachung noch wesentlich flacher ist als dort. Kein einziger Gipfel erreicht mehr 2000 m Höhe, und die Alpweiden der im obern Teil fast plateauförmigen N.-Abdachung erstrecken sich meistens bis auf die Gratlinie hinauf. Die wichtigsten Erhebungen sind der Dreiangel (1781 m), der Hengst (1880 m), der Klingenstock (1929 m), der Hauserstock (1900 m) und endlich am W.-Ende der durch seine herrliche Aussicht auf den Vierwaldstättersee und die Alpen der Zentralschweiz ausgezeichnete Frohnalpstock (1922 m).
3. Geologie.
Die Tödigruppe zerfällt in geologischer Beziehung in zwei Hauptteile, die Region der kristallinen Gesteine im SW. und die Region der Sedimentgesteine im mittleren und nördl. Teil der Gruppe. Die Grenze der beiden Gebiete fällt nicht mit einer orographisch besonders hervortretenden Linie zusammen. Die Sedimente bildeten einst eine zusammenhängende Decke über die kristallinen Gesteine; sie wurden im S., wo letztere am höchsten aufragten, vollständig abgetragen und greifen nun auf der Grenze der beiden Zonen in unregelmässigen Lappen und inselförmig abgetrennten Fetzen über das kristalline Gebirge hinüber.
a) Die Zone der kristallinen Gesteine bildet den östl. Abschnitt des Aarmassivs, das weiter im W. den Hauptteil der Dammagruppe und der Finsteraarhorngruppe aufbaut. Am W.-Rand der Tödigruppe, im Reussthal, ist sie zwischen Erstfeld und Andermatt auf eine Breite von 20 km entblösst; ostwärts jedoch sinkt ihre Oberfläche immer tiefer unter die Sedimentdecke ein. Auf den beiden Abdachungen des Tödi bildet letztere bereits eine vollständige Brücke über das Zentralmassiv hinüber, und östl. davon treten die kristallinen Gesteine bloss noch in den tiefen Thaleinschnitten des Val Frisal und des Limmernbodens zu Tage. Von N. nach S. lassen sich darin fünf in der Streichrichtung des Gebirges verlaufende Gesteinszonen unterscheiden:
1. Die nördl. Gneiszone wird zwischen Erstfeld und Silenen auf eine Länge von 3 km vom Reussthal durchschnitten und taucht ostwärts schon am W.-Abhang der Windgällenkette unter die Sedimentgesteine. Sie besteht fast ausschliesslich aus feinkörnigem, an braunem Glimmer reichen Gneis. - 2. Die nördl. Zone der Serizit-Gneise und Serizit-Phyllite beginnt im Reussthal als breiter Streifen zwischen Amstäg und Gurtnellen, bildet die Abhänge des Maderanerthales und streicht ostwärts unter dem Tödi durch bis zur Untern Sandalp und zum Limmernboden.
Die Hauptnasse ihrer Gesteine wird durch serizitische, mehr oder weniger kristallinisch-schiefrig ausgebildete Gneise und Phyllite repräsentiert. In dieselben sind in der Längsrichtung des Gebirges verlaufende Streifen vieler anderer Gesteine eingelagert, darunter ächte Sedimentgesteine, z. B. schiefrig gequetschter Verrucano (Limmernboden, Sandalp, Brunnithal) und schwarze Anthrazitschiefer (N.-Abhang des Bristenstocks, Etzlithal, Tödi). Diese Sedimenteinlagerungen sprechen dafür, dass ein grosser Teil der Serizitgneise durch Dynamometamorphose aus alten Sedimentgesteinen entstanden sind. Unter den Einlagerungen sind ferner zu erwähnen Granite und granitische Gneise, Amphibolite (besonders am S.-Abhang des Maderanerthales);
Topfstein am Ausgang des Etzlithales, wo er als Ofenstein gebrochen wird;
Serpentine auf der S.-Seite des Maderanerthales;
Titanit-Syenit am Ausgang des Brunnithales und im Val Gliems;
Felsitporphyr am Gipfel der Kleinen Windgälle. - 3. Die Protoginzone umfasst die ältesten Gesteine des Zentralmassivs und ist tektonisch als eine Gewölbezone aufzufassen.
Sie besitzt zwischen Gurtnellen und Andermatt eine Breite von 8 km und nimmt einen hervorragenden Anteil am Aufbau der Gruppen des Rienzerstocks, des Piz Giuf und des Oberalpstocks. Nach O. wird sie jedoch mit dem Einsinken des Zentralmassivs immer schmäler und mehr auf die S.-Abdachung der Hauptkette gedrängt. Es lassen sich darin drei Haupttypen von Gesteinen unterscheiden, die jedoch durch vielfache Abänderungen ineinander übergehen: weisser, glimmerarmer Bankgranit, Granit-Gneis oder Protogin, der sich vom vorigen durch etwas reichern Glimmergehalt unterscheidet, und hellgrauer, meistens zweiglimmeriger Gneis. Unter den in die Protoginzone eingelagerten Gesteinen sind schöne Hornblendeprotogine hervorzuheben, nämlich der prachtvolle Puntaiglasgranit, der sich vom Val Frisal bis über das Val Rusein hinaus erstreckt, der Titanitsyenit des Piz Ner im Val Puntaiglas und der Kali-Syenit des Piz Giuf. Zahlreiche Gänge von weissem, feinkörnigem Granit durchziehen die ¶
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Protoginzone, greifen aber nicht in die benachbarten Serizitgneise hinüber. - 4. Die südl. Gneiszone zieht sich als ziemlich schmaler Streifen auf den gegen den Oberalppass und das Tavetsch gerichteten Abhängen dahin und enthält vorwiegend hellgraue, glimmerarme, feinkörnige Gneise, die nordwärts ohne scharfe Grenze in die Protogine übergehen. - 5. Der S.-Rand des Aarmassivs wird am Oberalppass und im Tavetsch durch eine Zone von serizitischen Phylliten, Gneisen und Tonschiefern gebildet, die an die Serizitschieferzone des Maderanerthales erinnert. Als besondere Einlagerungen sind spärliche Reste von Jurakalk bei Disentis, Talkschiefer (Oberalppass, Disentis) und besonders die Dioritmassen zwischen Schlans und Disentis hervorzuheben. In tektonischer Hinsicht stellt diese Zone eine Synklinale dar, die Fortsetzung der Urserenmulde, die das Aarmassiv vom Gotthardmassiv trennt.
Im kristallinen Gebiet der Tödigruppe fällt die Schichtung fast ohne Ausnahme steil nach S. ein, und zwar im S. merklich steiler als im N., so dass das Querprofil durch das Zentralmassiv einen etwas unsymmetrischen, leicht nach N. überliegenden Fächer darstellt. Die zonenförmige Gruppierung der Gesteine und die tief in die kristallinen Schiefer eindringenden Mulden der sedimentären Falten sprechen dafür, dass das Zentralmassiv aus einem System von eng aneinandergepressten Falten besteht, das grösstenteils gleichzeitig mit der Faltung der Sedimente entstanden ist.
b) Das sedimentäre Gebiet der Tödigruppe. In der Sedimentdecke sind alle Stufen vom Verrucano der Karbonzeit bis zum tertiären Flysch vertreten. Einen stratigraphischen Ueberblick darüber findet man im Abschnitt Geologie der Artikel Kanton Glarus und Sardonagruppe. In der Hausstockkette, Tödikette und Claridenkette bilden Trias, Jura, Kreide und Eozän über dem kristallinen Kern des Gebirges zahlreiche nach N. überliegende, eng übereinandergeschobene Falten.
Sehr deutlich lässt sich dieses autochthone Faltensystem z. B. im Hintergrund des Panixerthales und am O.-Ende der Claridenkette beobachten; besonders schön ist es längs des Kistenpassweges am Abhang von Nüschenstock und Rüchi gegen das Linththal aufgeschlossen, wo man den Malmkalk in vielen lang ausgezogenen Keilen nordwärts in den Flysch eindringen sieht. (Siehe auch das geologische Profil durch den Rüchi). Nordwärts sinkt das autochthone Faltensystem mit den mächtigen Eozänmassen zur Tiefe, die als breiter Gürtel vom Urnersee ostwärts durch das Schächenthal, über den Klausenpass, durch den hintern Teil von Linththal und Sernfthal und durch die Sardonagruppe bis nach Ragaz im Rheinthal ziehen.
Die nördl. von dieser Eozänzone liegenden Bergketten der Tödigruppe abermals aus Sedimenten (Verrucano bis Eozän) aufgebaut; ihre Schichten hängen jedoch nicht direkt mit der unter jenem Eozän liegenden Sedimentserie zusammen: sie schwimmen wurzellos auf dem Eozän und sind bei der Alpenfaltung vom S.-Rand des Aarmassivs her über das autochthone Gebirge hinübergeschoben worden. Die in den letzten Jahren durchgeführte neue Untersuchung dieses Gebietes hat gezeigt, dass sich diese Ueberschiebungsmasse wieder in mehrere übereinanderliegende Ueberfaltungsdecken gliedert. Am O.-Rand der Tödigruppe, an den Abhängen des Linththales, lassen sich deutlich drei übereinandergeschobene Decken unterscheiden.
Die beiden tiefsten, die Glarnerdecke und die Mürtschendecke, besitzen ihr Hauptverbreitungsgebiet östl. von der Tödigruppe in den Bergen zwischen Sernfthal und Walensee und umfassen dort beide die ganze Schichtreihe vom Verrucano bis zum Eozän. Innerhalb der Tödigruppe gehören zur Glarnerdecke die auf dem Flysch aufruhenden Verrucanomassen der Kärpfgruppe und eine vom Rötidolomit bis zum eozänen Flysch reichende, stark gequetschte Schichtfolge, die sich am Sockel des Glärnisch von Glarus bis nach Linthal verfolgen lässt. Diese letztere bildet vielleicht auch die ganz in den Flysch eingewickelte, von ihrer Wurzel abgequetschte Malm- und Kreidemasse, die in der Claridenkette z. B. die Balmwand am Klausenpass und den Gipfel des Kammerstocks bei Linthal bildet. Die Mürtschendecke umfasst Trias und Jura und baut am Vorder Glärnisch die über Mitlödi aufragende imposante Malmwand auf.
Während nördl. von der Tödigruppe, im Sockel des Wiggis und der Churfirsten, über dem Malm noch Kreide und Eozän vorhanden sind, scheint die Mürtschendecke südwärts und westwärts mehr und mehr verquetscht zu werden, so dass am Klausenpass nichts mehr davon zu sehen ist.
Die dritte grosse Ueberfaltungsdecke, die Axen- oder Deyendecke, nimmt den hervorragendsten Anteil am Aufbau der ausgedehnten Jura- und Kreideregion zwischen Klausenpass und Pragelpass, Linththal und Urnersee. Ihr gehören der mittlere und obere Teil der Glärnisch-Ortstockgruppe und das ganze Gebiet der Silbern, der Schächenthaler Windgälle und der Kaiserstockkette an. Lias, Dogger und Malm sind hier über dem Flysch des Schächenthales wieder zu sekundären Falten zusammengeschoben, deren Gewölbebiegungen alle nach N. gerichtet sind. Besonders hübsch sind die Falten der ¶