mehr
dass hier Tödikette und Claridenkette fast zu einer einzigen Gebirgsmasse verschmelzen.
2. Der mittlere, zwischen dem Sandalppass und dem Kistenpass liegende Teil der Tödikette ist der kürzeste, aber grossartigste Abschnitt des ganzen Gebirgszuges. Ihm gehören die höchsten Gipfel der ganzen Gruppe an, und hier erreicht die Vergletscherung ihre grösste Intensität. Auch die Bergformen bieten einen wesentlich andern Anblick dar als im westl. Teil der Kette. Während dort, wo die Berge grösstenteils aus kristallinen Gesteinen aufgebaut sind, scharfe, zackige Gräte und steile Pyramiden mit ziemlich gleichförmig geneigten Abhängen vorherrschen, treten uns hier die charakteristischen Formen des Kalkgebirges entgegen: unregelmässig eckige, oft blockförmige Gipfel, die auf ihrem Scheitel vielfach ein kleines vergletschertes Plateau tragen und mit gebänderten, oft durch flachere Terrassen unterbrochenen Steilwänden in die Thäler abstürzen.
Die Haupt
kette schwingt sich vom
Sandalppass über den aus dem
Sandfirn herausragenden Felszahn des Klein
Tödi (3074 m) zum
Tödi, dem König der
Glarneralpen auf, dessen höchster Gipfel, der
Piz Rusein (3623 m), nicht nur der
Kulminationspunkt der Tödigruppe, sondern der nordostschweizerischen
Alpen überhaupt
ist. Von diesem Gipfel aus verläuft
der Hauptkamm
in Form eines grossen, nach N. geöffneten
Bogens ostwärts bis zum
Bifertenstock und bildet so das S.-Ufer des
Bifertenfirns, der mit der breiten Firnkappe des Tödigipfels zusammenhängt und als 4 km langer
Thalgletscher gegen
die Untere
Sandalp hinunterfliesst.
Mehrere vereiste Scharten, unter denen die Porta da Spescha und die Gliemspforte die bekanntesten sind, zerlegen den Grat in eine Reihe von Spitzen, deren Höhe nach O. allmählich abnimmt, aber immer noch 3000 m beträchtlich übersteigt: Piz de Dor (3424 m), Piz Mellen (3379 m), Stockgron (3418 m), Piz Urlaun (3371 m), Bündner Tödi (3125 m). Breite Eisfelder, der Gliemsgletscher und der Puntaiglasgletscher, bedecken auch den S.-Abhang des Grates. Am Bifertenstock (3426 m), dem zweithöchsten Gipfel der Tödigruppe, gabelt sich die Kette in drei Aeste.
Der Hauptkamm
setzt sich ohne besonders hervortretende Gipfelpunkte als rauher Felsrücken, der in mächtigen Steilwänden
südwärts in das
Val Frisal, nordwärts gegen den Limmernfirn abstürzt, nach NO. bis zum
Kistenstöckli (2748 m) fort. Eine
zweite Kette streicht nordwärts über die
Scheibe (3084 m), entwickelt sich im Hintern und
Mittleren
Selbsanft
(3029 und 2934 m) zu einem breiten, von imposanten Steilwänden eingefassten und mit den weiten Firnfeldern des
Gries- und
Limmerngletschers bedeckten Felsmassiv und endigt über der Vereinigung von
Limmernbach und
Sandbach mit der mächtigen Pyramide
des Vorder
Selbsanft (2755 m). Die dritte Kette endlich wendet sich vom
Bifertenstock zunächst über den
Piz Frisal (3295 m) nach S., biegt dann nach O. um und bildet auf der
S.-Seite des
Val Frisal die wilde Zackenreihe der Brigelserhörner
(Crap Grond 3196 m,
Kavestrau Grond 3250 m,
Kavestrau
Pin 3217 m,
Piz Tumbif 3060 m,
Piz Dadens 2772 m und
Piz Dado 2702 m).
3. Oestl. vom
Kistenpass wird die Haupt
kette durch das weit nach N. ausgreifende Thal von
Panix gezwungen, stark nach N. zurückzuweichen.
In dieser Richtung streicht sie, den
Hintergrund der Seitenzweige des
Panixerthales bildend, über den rauhen Felsgrat der
Muttenberge,
den
Muttenstock (3091 m) und den Grossen
Ruchi (3106 m) bis zu dem durch seine dachförmige
Gestalt auffälligen
Hausstock (3160 m) und sinkt dann, wieder südöstl. zurückbiegend, zur breiten Einsenkung des
Panixerpasses
(2407 m) herab.
Unter den nach SO. gerichteten Seitenzweigen zeichnen sich die südlichen (Piz da Dartgas 2784 m und Crap Tgietschen 2584 m) durch sanfte, allmählig gegen das Rheinthal sich senkende und mit ausgedehnten Weideflächen bedeckte Abdachungen aus, während die nördl. kurze Felsgräte darstellen, welche die an Ruchi und Hausstock sich anlehnenden Eisfelder des Cavirolas-, Fluaz- und Meergletschers voneinander trennen. Reich gegliedert sind die nach N. gerichteten Abzweigungen der Hausstockgruppe.
Eine hübsche Berggruppe dehnt sich vom Ruchi nach NW. aus und erfüllt den Zwischenraum zwischen dem Linththal und dem Durnachthal; ihre bedeutendsten Gipfel, Scheidstöckli (2811 m), Rüchi (2851 m) und Nüschenstock (2896 m), bilden den zirkusförmigen Hintergrund des wilden Felsplateaus des Muttensees. Eine zweite Kette senkt sich vom Hausstock nordwärts über den Mättlenstock (2808 m) zum Richetlipass (2263 m) hinunter und breitet sich nördl. davon zu der fast selbständigen Berggruppe des Kärpfstocks (2797 m) aus, die den ganzen Raum zwischen Linththal, Durnachthal und Sernfthal bedeckt.
Das vom Kärpfstock nach N. verlaufende Niederenthal, das westwärts zum Linththal absteigende Diesthal und die vielen ins Sernfthal ausmündenden kleinen Thälchen und Bachtobel bewirken eine reiche Verzweigung dieser durch ihre hübschen Landschaftsbilder und ihren Reichtum an Gemsen bekannten Berggruppe. Ihre Gipfel, unter denen noch der Karrenstock (2424 m), der Gandstock (2318 m), der Bützistock (2340 m) und die aussichtsreiche Schönau (1853 m) zu nennen sind, erreichen bei weitem nicht mehr die Höhe der Haupt-Tödikette und entbehren daher auch der Gletscher, abgesehen von den kleinen Firnfeldern des Kärpfstocks.
b) Die Claridenkette streicht auf 27 km Länge der Tödikette parallel von SW. nach NO. Sie ist beträchtlich kürzer als letztere, da sie im O. schon an der tiefen Furche des Linththales ihr Ende findet. Auch ihre Breitenentwicklung ist geringer als diejenige der Tödikette. Am W.-Ende zwar sind die sie begrenzenden Längsthäler, das Maderanerthal und das Schächenthal, volle 12 km voneinander entfernt; im zentralen und östl. Teil dagegen reduziert sich die Breite der Kette auf 5-6 km. Das bewirkt zum Teil auch, dass die Gipfelhöhe merklich geringer ist als in der Tödikette.
Immerhin weist die Claridenkette noch eine Reihe von Gipfeln mit über 3000 m
Höhe und ausgedehnte
Gletscher auf, besitzt
also, wenigstens im zentralen
Kamm, noch ächt hochalpinen Charakter. Von der Tödikette unterscheidet sie sich auch durch
die weniger intensive Durchthalung. Nur wenige mühsame Passübergänge sind in den Hauptkamm
eingeschnitten,
und wir vermissen hier die Gliederung in deutlich getrennte Berggruppen, welche die Tödikette auszeichnet.
Die Haupt
kette beginnt östl. über
Silenen im
Reussthal und stellt zunächst eine wilde, jäh aufragende Kalkmauer dar, deren
bekannteste Gipfel die Kleine
Windgälle (2998 m),
die Grosse
Windgälle (3192 m), der Grosse
Ruchen (3136
m) und der Kleine
Ruchen (2949 m) sind. Mit gewaltigen Kalkwänden stürzt sie nordwärts gegen den
Hintergrund des
Evithales
und des
Schächenthaler
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Brunnithales ab. An ihre weniger hohen S.-Wände lehnt sich ein Kranz von kleinen Hängegletschern, die den obern Rand der breiten, gegen das Maderanerthal sich senkenden Terrasse von Alp Gnof umsäumen. Zwei beschwerliche und selten begangene Gletscherpässe, der Ruchkehlenpass (2679 m) und der Scheerhorn-Griggelipass (2798 m) führen über den östl. Teil dieser Mauer aus dem Brunnithal ins Maderanerthal hinüber. Oestl. vom Kleinen Ruchen nimmt die Kette ein anderes Aussehen an. Die Kalkmauer wird zu einem schmalen Grat, der sich relativ wenig über die an seine S.-Seite sich anlehnende Terrasse des Bocktschingelfirns und das breite Gletscherplateau des Hüfifirns und des Claridenfirns erhebt.
Nordwärts senkt sich die Kette teils mit gleichförmig geneigten Hängen, teils mit breiten, stufenförmig übereinanderliegenden Terrassen gegen den Hintergrund des Schächenthals, den Klausenpass und den Urnerboden. Hier kulminiert sie in dem doppelgipfligen Scheerhorn (3296 und 3234 m). Darauf folgen nordöstl. von der vergletscherten Kammlilücke (2848 m) der Kammlistock (3238 m), der Claridenstock (3270 m), dem die ganze Kette ihren Namen verdankt, die grotesken Felszacken der Teufelsstöcke und der seiner leichten Zugänglichkeit wegen vielbesuchte Gemsfayrenstock (2976 m). Hier treffen wir die ausgedehntesten Gletschermassen der ganzen Tödigruppe, den südl. von Scheerhorn, Kammlistock, Claridenstock und Gemsfayrenstock sich ausbreitenden Claridenfirn, der die prachtvolle Gletscherzunge des Hüfifirns in den Hintergrund des Maderanerthals hinuntersendet, über die Kammlilücke mit dem Griesgletscher auf der N.-Seite des Scheerhorns zusammenhängt und über die Planura mit den Gletschern der Tödikette in Verbindung steht. Am O.-Ende wird die Kette durch die tief eingeschnittenen Thälchen der Fisitenalp und der Altenorenalp in drei Aeste zerlegt, die rasch gegen das Linththal absinken.
Der nördl. derselben endigt im Kammerstock (2152 m), der mittlere trägt den Rotstock (2475 m) und der südl. stürzt im
Gemsistock (2432 m) mit hohen Felswänden zur Untern Sandalp ab, setzt sich aber noch als Ufer des Claridenfirns über den Zutreibistock
(2645 m), Geissbützistock (2720 m), Vorderen und Hinteren Spitzalplistock (2918 und 3003 m) der Haupt
kette
parallel nach W. fort. Durch das vom Schächenthal aus weit nach S. eingeschnittene malerische Brunnithal, die Seewelifurkel
(2260 m) und das steil zum Reussthal absteigende Evithal wird von der Haupt
kette der Clariden eine fast selbständige Gebirgsgruppe
abgetrennt, die Gruppe des Hohen Faulen, die den Winkel zwischen Schächenthal und Reussthal bedeckt.
Ihre höchsten Gipfel: Belmeten (2417 m), Rinderstock (2476 m), Hoher Faulen (2518 m), Sittliser (2450 m) und Spitzen (2403 m)
ordnen sich zu einer von SW. nach NO. streichenden felsigen Kette, die jedoch der Haupt
kette an Höhe
bedeutend nachsteht und auch der Gletscher völlig entbehrt. Ihre mässig steile, gegen den Ausgang des Schächenthals gerichtete
NW.-Abdachung ist mit ausgedehnten Wäldern und Weiden bedeckt und von mehreren kleinen Thälchen durchschnitten.
c) Die Glärnisch-Kaiserstockkette ist im Gegensatz zu Tödi- und Claridenkette keine eigentliche Kette mit ausgesprochenem Hauptkamm, sondern ein Komplex von mehreren ziemlich selbständig nebeneinander laufenden Bergzügen. Die Gruppe hat einen annähernd trapezförmigen Grundriss, dessen parallele Seiten 35 km und 27 km messen und dessen Breite 12 km beträgt. Da sie fast ganz aus Jura- und Kreideschichten aufgebaut ist, besitzt sie das architektonische Gepräge eines typischen Kalkgebirges.
Wir beobachten hier viel weniger als in der Tödikette eine strahlenförmige Verästelung der Bergketten; vielmehr herrschen parallele Längskämme vor, deren Anordnung durch den Faltenbau des Gebirges bedingt ist. Der innere geologische Bau schimmert also hier weit mehr in der äussern Orographie des Gebirges durch als in den beiden vorher besprochenen Ketten. Mit dem Umstand, dass in dieser Gebirgsgruppe die Schichten und ihre Faltensysteme allmählig nach NW. einsinken, hängen noch zwei Eigentümlichkeiten ihres orographischen Baues zusammen: die Erscheinung, dass die Ketten fast ohne Ausnahme nach S. viel steiler abfallen als nach N., und die Tatsache, dass die Gipfelhöhe im allgemeinen sowohl in der Richtung von S. nach N., als auch von O. nach W. abnimmt. Während das Gebirge im S. und O. zum Teil noch recht hochalpinen Charakter hat, nimmt es im NW. bereits ein voralpines Gepräge an. Mehrere tiefe Thaleinschnitte zerlegen die Glärnisch-Kaiserstockkette in eine Anzahl sekundäre Berggruppen.
1. Die Glärnischkette im engern Sinn bildet den östlichsten und höchsten Teil der ganzen Kette. Sie wird durch das vom Klönthal aus nach S. eingeschnittene Rossmatterthal, das vom Linththal aus nach W. sich erstreckende Thal von Bösbächi und die Zeinenfurkel abgegliedert. Dieser mächtige Gebirgsklotz, eine der markantesten Berggestalten der ostschweizerischen Alpen, fällt fast ringsum mit hohen Steilwänden in die Thäler ab. Zwischen den beiden Aesten, in die sich der Glärnisch im W. gabelt, liegt der Glärnischfirn, die am weitesten gegen das Flachland vorgeschobene grössere Eismasse der Alpen. Die wichtigsten Gipfel dieser Kette sind der Vorder Glärnisch (2331 m), das Vrenelisgärtli (2907 m), der Ruchen Glärnisch (2910 m) und der Bächistock (2920 m). - 2. Die Silbern-Ortstockgruppe, im O. von Rossmatterthal, Zeinenfurkel und Bösbächithal, im W. vom Bisithal und dem Ruosalper Kulm (2172 m) begrenzt, stellt eine grosse, fast plateauartige Gebirgstafel dar, die im O., S. und W. mit steilen Wänden gegen die Thäler abstürzt, im N. jedoch sich flacher gegen den Pragelpass und das Muotathal abdacht.
Auf dem durchschnittlich 1600-2100 m hoch liegenden Plateau erheben sich mehrere auffällig parallel von SW. nach NO. streichende Längsketten: am S.-Rand über dem Urnerboden die Ortstockkette mit Ortstock (2720 m), den Jägernstöcken (2450-2609 m), Leckistock (2483 m) und Glatten (2507 m);
nördl. davon zwischen Glattalp und Karrenalp die Kirchbergkette mit der steilen Pyramide des Hohen Turm (2669 m);
am N.-Rand der öden Felswüste der Karrenalp die Faulenkette mit dem Bösen Faulen (2804 m), der schroffen Kalkmauer der Eggstöcke (2449 m), dem Grieset (2726 m) und dem Pfannenstock (2575 m);
nördl. vom Rätschthal der schmale, zackige Kratzerngrat ohne besonders hervortretende Gipfel (höchster Punkt 2347 m);
endlich die breite, nordwärts gegen den Pragelpass und westwärts gegen das Muotathal flach ¶