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Trajektkähnen (mit je 2 Geleisen für Güterwagen) und mehreren Schleppboten ohne Schienen. Die durchschnittlichen jährlichen Betriebsergebnisse der schweizerischen Schiffe betragen für die thurgauischen Stationen des Obersees: 120000 Personen, 3200 Stück Vieh, 140000 Tonnen Güter;
Fr. 530000 Einnahmen und Fr. 410000 Ausgaben.
[F. Ribi.]
18. Verfassung.
Im Jahr 1798 ward der Thurgau vom Untertanenverhältnis losgesprochen, und durch die Mediationsverfassung vom Jahr 1803 ist er ein selbständiger Kanton geworden. Eine erste Verfassung teilte ihn in 8 Bezirke und 32 Kreise ein. Der Grosse Rat von 100 Mitgliedern war oberste gesetzgebende, ein Kleiner Rat von 9 Mitgliedern vollziehende und ein Appellationsgericht von 13 Mitgliedern oberste richterliche Behörde. Unter dem Einfluss der Reaktion von 1814 erhielt der Kanton seine zweite Verfassung, in der das Niederlassungsrecht erschwert, das Wahlrecht beschränkt und das Armenwesen als konfessionelle Angelegenheit erklärt ward.
Die dritte Verfassung erhielt der Thurgau im Jahr 1831. Die Anregung dazu gab Pfarrer Thomas Bornhauser. Die ganze Staatsverwaltung wurde öffentlich, die Beamten für ihre Amtshandlungen verantwortlich und ihre Amtsdauer auf eine bestimmte Zeit beschränkt. Die Staatslasten waren nach dem Mass des Vermögens zu leisten. Petitionsrecht, Press-, Handels- und Gewerbefreiheit wurden gewährleistet. Die Hebung des öffentlichen Unterrichts war Aufgabe des Staates, der 1833 das Lehrerseminar in Kreuzlingen unter Direktor Wehrli eröffnete.
Infolge von Missständen, besonders im Gebiete der Rechtssprechung, kam schon im Jahr 1837 die vierte Verfassung, welche die Zahl der Beamten reduzierte und Verbesserungen brachte im Gebiete der Rechtssprechung. Nach dem Sonderbundskrieg und der Bundesverfassung von 1848 gab auch der Thurgau 1849 sich sein fünftes Grundgesetz. Das Volk erhielt das Vetorecht: eine gewisse Zahl von Stimmberechtigten konnte die Volksabstimmung über ein vom Grossen Rat erlassenes Gesetz verlangen.
Das Schwurgericht wurde eingeführt, und der Kleine Rat erhielt den Namen Regierungsrat. 1853 folgte die Gründung der Kantonsschule. Die Lebensdauer dieser Verfassung betrug 20 Jahre. Im Jahr 1869 kam es zur sechsten Verfassung, die heute noch in Kraft besteht. Nach ihr sind alle Gesetze, welche der Grosse Rat durchberaten hat, der Volksabstimmung (dem Referendum) zu unterwerfen. Die auf 5 Mitglieder reduzierte Regierung wird vom Volk gewählt. Der Staat übernimmt die erste militärische Ausrüstung und errichtet eine Kantonalbank.
19. Verwaltung und Behörden.
1. Gemeinden. Der Kanton ist in 74 Munizipalgemeinden eingeteilt, von welchen die meisten aus verschiedenen Ortsgemeinden bestehen. Den letztern liegt Anlage und Unterhalt der Gemeindestrassen, sowie Frohndienst- und Feuerlöscheinrichtungen ob. Sie haben an ihrer Spitze den Ortsvorsteher. Er führt die Fremdenkontrolle und das Viehinspektorat und leitet die Ganten (Versteigerungen). Die Munizipalgemeinde wählt den Gemeinderat, den Gemeindeammann und den Zivilstandsbeamten. Die Ortsvorsteher sind von Amtes wegen Mitglieder des Gemeinderates. Dieser übt die niedere Polizei, verhängt Bussen bis auf 20 Fr., wacht über die öffentlichen Brunnen und handhabt die Feuerpolizei. Er ist Flur- und Waisenbehörde, letzteres mit Zuzug des Notars. Präsident ist der Gemeindeammann. Ferner wählt der Gemeinderat den Katasterführer, den Fleischschauer und eine Gesundheitskommission.
Daneben bestehen noch Bürgergemeinden, denen nur die in der Gemeinde Verbürgerten angehören und die das Bürgergut verwalten; ferner Schulgemeinden, welche über alles die Schule Betreffende beschliessen, und endlich Kirchgemeinden, denen die Wahl der Pfarrer, der Kirchenvorsteherschaft und der Synodalmitglieder, sowie die Beschlussfassung über Bau und Reparatur von Kirche und Pfarrhaus zusteht.
2. Kreisbehörden. Einen Kreis bilden meist mehrere, in einzelnen Fällen auch nur eine Munizipalgemeinde. Der Kreis wählt den Friedensrichter, den Notar und auf je 250 Stimmberechtigte ein Mitglied des Grossen Rates. Der Friedensrichter ist Vermittler in privatrechtlichen Streitigkeiten, in Ehrverletzungen und entscheidet in Forderungsklagen bis auf 10 Fr. Höhere Beträge bis 30 Fr. gehen an den Gerichtspräsidenten, bis 60 Fr. an die Gerichtskommission und über 60 Fr. an das Bezirksgericht. Der Friedensrichter ist zugleich auch Betreibungsbeamter und besorgt die Schuldbetreibung. Der Notar besorgt das Fertigungswesen und die Schuldkopien.
3. Bezirksbehörden. Der Statthalter, dessen Stellvertreter und 2 Mitglieder mit 2 Suppleanten bilden den Bezirksrat. Der Statthalter ist dessen Präsident. Er wacht über die öffentliche Sicherheit und handhabt die polizeiliche Ordnung. Bei Verbrechen führt er die Voruntersuchung und hat das Recht der Verhaftung. Er stellt die Wanderbücher, Reisepässe, Fischerei- und Jagdpatente aus. Neubauten müssen ihm angezeigt werden, ebenso Arbeiterunfälle, die eine mehr als sechstägige Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben.
Ihm liegt die Inspektion der Geschäftsführung der Gemeindebeamten ob. Der Bezirksrat führt die Aufsicht über das Notariats-, Vormundschafts- und Armenwesen und ist darin Rekursbehörde. Er prüft die diese Gebiete beschlagenden Rechnungen und entscheidet in Flursachen endgiltig bei einem Sachwert bis auf 60 Fr. Für höhere Beträge ist er erste Rekursinstanz. Das Bezirksgericht besteht aus 5 Mitgliedern und 3 Suppleanten. Es urteilt in Zivil- und Strafprozesssachen.
Aus seiner Mitte bestellt es 3 Mitglieder als bezirksgerichtliche Kommission, die bis auf 60 Fr. endgiltig entscheidet. Anwälte dürfen vor der Kommission nicht erscheinen. Ueber die schwereren Fälle urteilt das Gesamtgericht, vor dem Anwälte plädieren dürfen. Bei einem Sachwert über 60 Fr. ist die Appellation ans Obergericht möglich. Der Bezirksgerichtspräsident wird vom Gericht gewählt. Er leitet die Verhandlungen, übt die Aufsicht über die Friedensrichter und hat auch die Befugnis, Verbote oder Befehle zum provisorischen Rechtsschutz zu erlassen. Seine Einzelkompetenz geht bis auf 30 Fr. Er ist auch Konkursbeamter.
4. Kantonale Behörden. Gesetzgebende Behörde ist der Grosse Rat von zur Zeit 112 Mitgliedern, der seine Sommersitzungen in Weinfelden, seine Wintersitzungen in Frauenfeld hält. Der Regierungsrat entwirft, der Grosse Bat berät die Gesetze, worauf sie der Volksabstimmung (Referendum) unterliegen. Der Grosse Rat wählt das Obergericht, den Staatsanwalt und den Verhörrichter. Er überwacht den Geschäftsgang aller Behörden und Gerichte und stellt das Budget für die Staatsrechnung fest.
Vollziehende Behörde ist der Regierungsrat, dem alle administrativen Behörden in Bezirken und Gemeinden unterstellt sind. Seine 5 Mitglieder sind direkt vom Volk gewählt und verwalten ihre ihnen zustehenden Aufgaben in 5 Departementen:
1) für die innern und volkswirtschaftlichen Angelegenheiten;
2) für Justiz, Polizei und Armenwesen;
3) für Erziehungs-, Kirchen- und Sanitätswesen;
4) für Bauten, Strassen und Militär;
5) für Finanz- und Vormundschaftswesen, Forst- und Fischereiwesen. Oberste richterliche Behörde ist das Obergericht, das aus ¶
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7 Mitgliedern besteht. Die 3 erstgewählten Mitglieder bilden die Rekurskommission, die als Appellationsinstanz über alle Fälle entscheidet, die den Wert von 100 Fr. nicht übersteigen, sowie über Injurien- und Straffälle, die von den Bezirksgerichtskommissionen bereits beurteilt worden sind. Ebenso bilden die drei erstgewählten Mitglieder die Kriminalkammer, welche den Geschwornengerichten vorsteht. Auf je 75 Stimmberechtigte wählt jede Munizipalgemeinde einen Geschwornen, deren 36 für jede Gerichtssitzung ausgelost werden. 12 aus ihnen bilden dann das Gericht. Der Verhörrichter führt die Untersuchungen. Oeffentlicher Ankläger ist der Staatsanwalt. Ein ausserordentliches Gericht ist das Schiedsgericht, zu dessen Aufstellung sich zwei Zivilparteien verständigen können und gegen dessen Entscheid nicht weiter appelliert werden kann.
Die Verfassung stipuliert ausser dem obligatorischen Referendum auch das Recht der Initiative, das eintritt, wenn 2500 Stimmberechtige Aufhebung oder Abänderung eines Gesetzes verlangen, worauf eine Volksabstimmung anzuordnen ist.
Für die Wahl der sechs Nationalräte und der beiden Ständeräte bildet der Kanton den 40. eidg. Wahlkreis.
[a. Pfarrer Wælli.]
20. Finanzwesen.
Als der Kanton im Jahr 1803 zur Selbständigkeit kam, war seine Kasse leer. Mit viel Sorgen musste er sich nach Mitteln und Wegen umsehen, wie er all den Anforderungen des öffentlichen Lebens gerecht werde. Es war ein Glücksfall für ihn, dass gerade in jenen ersten Jahren seines Bestehens durch ein Napoleonisches Machtwort der Johanniterorden in Europa aufgehoben wurde. Dadurch kam der Thurgau in den Besitz der Komthurei Tobel mit ihrem nicht geringen Reichtum und konnte in der Folge deren Gebäulichkeiten zu einer Strafanstalt herrichten. Dabei verstand es die damalige Regierung, vor allem der Finanzdirektor Regierungsrat Freienmuth von Wigoltingen, mit solcher Ein- und Umsicht die vorhandenen Mittel zu verwenden, dass die staatlichen Finanzen von Jahr zu Jahr sich besser stellten. Auch durch die Aufhebung der Klöster um die Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Kanton in den Besitz nicht unbeträchtlicher weiterer Mittel gekommen.
[a. Pfarrer Wælli.]
Der Staatshaushalt ist heute ein geordneter, das Vermögen zwar ein mässiges, aber infolge haushälterischer Verwaltung in stetiger Vermehrung begriffen.
Am betrugen die verschiedenen Fonds Fr. 7821833 und das unmittelbare Staatsgut Fr. 5277588, am dagegen die verschiedenen Fonds Fr. 8696564 und das unmittelbare Staatsgut Fr. 6394533. Die verschiedenen Fonds haben somit in den letzten 10 Jahren um Fr. 874731 und das unmittelbare Staatsgut um Fr. 1116945 zugenommen. Dabei muss aber bemerkt werden, dass das unabträgliche Vermögen sich einer bedeutend grösseren Vermehrung erfreut als das abträgliche, verzinsbare Vermögen.
Das aus Fr. 18562078 bestehenden Aktivvermögen ist zusammengesetzt aus: Fr. 4948834 Immobilien (wovon Fr. 4043900 Gebäude und Fr. 904934 Boden);
Fr. 1957625 Waldungen;
Fr. 7662 Kies- und Sandgruben;
Fr. 411735 Mobilien;
Fr. 27032 diverse Vorräte;
Fr. 2457172 Hypothekaranlagen und Obligationen;
Fr. 5000000 Guthaben bei der Kantonalbank (Gründungskapital);
Fr. 702140 Aktien;
Fr. 848079 Konto-Korrentguthaben;
Fr. 1532868 Anstaltenvermögen;
Fr. 668929 Barschaft.
Diesem Aktivvermögen stehen an Passiven Fr. 3470980 gegenüber, wovon Fr. 2650000 in festen (à 3½% verzinslichen) Anleihen, Fr. 24879 in Ratazinsen und Rückständen, Fr. 726263 in Konto-Korrentschulden und Fr. 69838 in Guthaben der Brandassekuranzanstalt bestehen.
Die Einnahmen pro 1906 erreichen die Summe von Fr. 2772301 und setzen sich zusammen aus: Fr. 693523 Ertrag des Staatsgutes, Fr. 307641 Regalien und Monopole, Fr. 908085 direkte Abgaben, Fr. 590674 indirekte Abgaben, Fr. 58779 Bussen und Gerichtsgebühren, Fr. 181421 von besondern Administrationen und Fr. 32178 Verschiedenem.
Die Ausgaben beziffern sich auf Fr. 2583758 und bestehen in Fr. 206072 allgemeinen Verwaltungskosten, Fr. 181960 Kosten für das Polizeiwesen, Fr. 270594 Kosten für das Bauwesen (Hochbau), Fr. 71774 Kosten für den Wasserbau, Fr. 239123 Kosten für den Strassenbau, Fr. 18995 Kosten für das Militärwesen, Fr. 67578 Kosten für das Forstwesen, Fr. 22660 Kosten für das Armenwesen, Fr. 641527 Kosten für das Erziehungswesen, Fr. 362448 Kosten für das Sanitätswesen, Fr. 179830 Kosten für die Landwirtschaft, Fr. 73100 Kosten für die innern und volkswirtschaftlichen Angelegenheiten, Fr. 90578 Kosten für das Gerichtswesen, Fr. 118862 für Verzinsung der Passiva und Fr. 38657 für Verschiedenes.
Die Mehreinnahmen betragen Fr. 188543 gegenüber Fr. 183780 vorgesehenem Defizit.
Unter den Zuschreibungen steht an erster Stelle der Immobilien-Konto mit dem von der Kaiserin Eugenie von Frankreich dem Fiskus geschenkten Schlossgut Arenenberg, in welchem zur Zeit die sehr gut frequentierte landwirtschaftliche Winterschule untergebracht ist. Die Gebäude dieser Schenkung wurden zu Fr. 200000 (Brandassekuranzsumme), der Boden zu Fr. 41213 und das Mobiliar zu Fr. 150000 gewertet; Gesamtwert der Schenkung also Fr. 391213.
Der Abschluss der Staatsrechnung pro 1906 ergab nachfolgendes Resultat: Einnahmen Fr. 2772301;
Ausgaben Fr. 2583758;
Mehreinnahmen Fr. 188543;
Zuschreibungen Fr. 571759;
Abschreibungen Fr. 107625;
Mehrgutschreibungen Fr. 464134;
Vermögensvermehrung Fr. 652677.
Die Vermögens- und Einkommenssteuer wurde zum erstenmal nach den Bestimmungen des Steuergesetzes vom bezogen. Das neue Gesetz ist an Stelle des Gesetzes vom getreten und mehr zum Zwecke einer gerechtern Verteilung der Steuerlast, als um mehr Steuern herauszupressen, ins Leben gerufen worden. Es gibt den Behörden die Mittel an die Hand, Vermögensverheimlichungen an Kapitalien und Gewerbefonds, soweit möglich, viel wirksamer als früher aufzudecken, und hat auch infolge der Neueinschätzung sämtlicher Liegenschaften (inkl. Waldung) nach dem Ertragswert eine gerechtere Verteilung der Liegenschaftensteuer gebracht.
Schon die erstmalige Anwendung dieses Gesetzes war von erfreulichem Erfolg begleitet: während die Vermögens- und Einkommenssteuer zum Ansatze von 1¾‰ im Jahre 1905 Fr. 791483 (netto) abwarf, ist dieselbe im Jahre 1906 zum reduzierten Ansatze von 1½‰ auf Fr. 860650 angewachsen. Die ganze Erhöhung der Steuer ist auf eine vermehrte Heranziehung des Kapitals zu Steuerzwecken zurückzuführen, indem der Ertrag der Steuer vom Einkommen, obwohl das steuerbare Einkommen ganz ¶