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Namentlich das thurgauische Mostobst erfreut sich eines ausgezeichneten
Rufes. Eine Obstbaustatistik mit Zählung sämtlicher
Obstbäume ist im Jahr 1884 aufgenommen worden. Darnach betrug die Zahl sämtlicher Obstbäume im Acker- und Wiesland 968839,
die der Gartenobstbäume 30093, zusammen 998
932 Stück. Davon waren 806
356 Kernobstbäume und 147
491 Steinobstbäume. Es
entfielen: pro ha Gesamtfläche 11,5 und pro ha Obstbauareal 16,1
Bäume, sowie auf je 1 Ew. rund 10
Bäume.
Von 1859 bis 1884 vermehrte sich die Zahl der Obstbäume um 91229 Stück. 1884 war der Prozentanteil der Apfelbäume 50,4%, der Birnbäume 32,9%, der Kirschbäume 3,0%, der Zwetschgen- und Pflaumenbäume 12,3% und der Nussbäume 1,4%. Der Hauptexport geht immer noch nach Stuttgart, wohin innert 11 Jahren 16379 Wagenladungen aus Oesterreich und 16375 solcher aus der Schweiz (meist aus dem Thurgau) gegangen sind. Erst in grossen Abständen von 1800-4700 Wagenladungen folgen Holland, Belgien, Hessen, Frankreich und Baden.
In neuerer Zeit haben sich Genossenschaften für Obstexport, sowie für rationelle Herstellung und Kelterung des Obstweins gebildet; so in Egnach, Bischofszell, Märstetten, Oberaach etc. Die Obstverwertungsgenossenschaft Bischofszell zählt z. B. etwa 60 Landwirte aus Bischofszell und den Nachbargemeinden als Mitglieder. Es wird laut Statuten zunächst das verfügbare Obst der Genossenschafter und, je nach Bedarf, nachher auch dasjenige anderer Bauern verarbeitet und abgesetzt.
Grosse, von Motoren getriebene Obstmühlen in der obern Etage des Gebäudes mahlen täglich 500-600 Meterzentner Obst; dieses fällt in die im Parterre befindlichen Pressen-Beete (auf Rollwagen), wird hier mittels hydraulischer Pressen ausgepresst und der Saft durch Schläuche in die prächtigen ovalen (bis 5 m hohen und 100-120 hl fassenden) Lagerfässer im Keller geleitet. Nach aussen ist der Verkehr sehr kulant. Hunderte von Transportfässern in allen möglichen Grössen werden den Konsumenten leihweise zur Verfügung gestellt.
Egnach besitzt eine Dampfzentralheizung in den Kellern, um durch gleichmässige Temperatur einen raschen Gährungsprozess
und damit glanzhelle, haltbare Produkte zu erzielen. Eine selbsttätige Wasserdruckpumpe befördert die
Säfte in die Lagerfässer. Die Genossenschaft
Egnach
hat 1905/06 nicht weniger als 800000 Liter Saft und Most verkauft. Das
Jahr 1906 hatte bisher im Thurgau
wahrscheinlich den stärksten Handel in Obst und Obstsäften aufzuweisen. Die Zufahrtsstrassen
zu den Obstmärkten, zu den Genossenschaftsmostereien und den Eisenbahnstationen waren zeitweise von
Obstfuhrwerken förmlich gesperrt. Der Export über
Romanshorn und Singen dürfte 1500 Eisenbahnwagenladungen betragen haben
(in
Romanshorn allein während 14 Tagen täglich 100-120 Wagenladungen).
[F. Ribi.]

Die Hauptobstgegend ist das Egnach mit seinen riesigen Birnbäumen; hier allein gedeiht auch noch der Kirschbaum in grösseren Mengen auf Kalkboden im sog. «Chriesichratten» Obstbaumwälder haben auch die Seeufer von Horn bis unterhalb Steckborn, der flache O.-Teil des Seerückens und der Bezirk Bischofszell. Das Thurthal mit seinem Kiesboden ist dem Obstbaum weniger günstig. Leider werden noch immer viel zu viele Sorten gepflanzt (nach Schwyzer-Reber 264 Aepfel- und 172 Birnensorten), weshalb keine Gleichmässigkeit in der Handelsware und im Obstwein vorhanden ist.
Als beste Mostobstsorten erfreuen sich weiter Verbreitung: unter den Aepfeln Waldhöfler, Uttwiler oder Spätlauber, Gelbjoggler, Rotenhauser Holzapfel, Palmoder Nägeliapfel, Hessenreuter, Salomonsapfel etc.;
unter den Birnen: Sülibirne, Bergler, Gelbmöstler, Grünmöstler, Guntershauser, Knollbirne, Spätweinbirne und.
Thurgau

* 2
Seite 46.107.Wasser- oder Kugelbirne. Als Tafeläpfel erzielen hohe Preise: Fraurotacher, Baumanns und Kasseler Reinette, Gravensteiner, Goldparmaine, Breitacher, Pariser Rambour, Lederapfel, Sommerer (roter Sommerkalvill) u. a. Unter den Birnen spielt fast nur die Pastorenbirne eine Rolle als Lagerfrucht; der Baum ist sehr tragbar. Einige wertvolle alte Sorten gehen immer mehr zurück: Fraurotacher- und Gelbjogglerbäume wollen nicht mehr recht gedeihen, und auch die Langstieler- oder Chriesibirne wird nur noch selten angetroffen. Beim Steinobst spielt die Zwetschge die wichtigste Rolle; einzelne Gemeinden führen in günstigen Jahren 1200-1500 Zentner aus, meist zum Brennen. Als Dörrfrucht kann sie mit den billigen Balkanzwetschgen nicht konkurrieren. Die Hauptsorte ist die gewöhnliche Hauszwetschge, doch sind auch die ¶
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italienische oder welsche und die Fellenbergzwetschge allgemein verbreitet und beliebt. Die früher häufigen Nussbäume sind überall selten geworden.
Im eingehagten Krautgarten pflanzt die Bäuerin nicht mehr wie vor Zeiten ausschliesslich Kraut, d. h. Mangold (Beta cicla). Die Ansprüche an ihre Küche sind bedeutend gestiegen. Sie zieht Bohnen (Höckerli und Stangenbohnen), Zuckererbsen, gelbe Rüben und Spinat, Kohlarten, Zwiebeln, Salat und Rettig, Lauch und Sellerie, Petersilie und Schnittlauch. In neuerer Zeit bürgert sich auch der im Frühling ein Obstgemüse liefernde Rhabarber ein, während das Butterkraut (Gartenmelde) verschwunden und die Wegluege (Cichorium intybus) durch käufliche Kaffeesurrogate verdrängt ist.
Jeder Garten hat eine Abteilung für Blumen, und wie schon vor Jahrhunderten schmücken ihn vorzüglich weisse und gelbe Narzissen und Tulpen, Grasnelken (Dianthus plumarius), Goldlack und Levkojen, Ringelblume, Rittersporn und Resede, Händscheli (Primula acaulis und P. elatior), Salbei und Lavendel. Häufig enthalten die Blumenbeete auch Hyazinthen, Kaiserkrone, weisse Lilie, Pfingstrose, Stockrose (Althaea rosea), Bartnelke, Nachtviole und Winteraster (Chrysanthemum indicum), - alles durch Zwiebel, Knolle oder Wurzelstock im Freien ausdauernde oder durch Selbstaussaat sich erhaltende einjährige Pflanzen.
Mehr Sorgfalt erfordern Majoran, Dahlie, Aster und Balsamine. Nirgends fehlen einige Rosen; häufig sind Zimmtröschen (Philadelphus coronarius), spanischer Flieder und der Blütenschmuck des Balusters (Cydonia japonica); da und dort wird auch ein Hollunderstrauch (Sambucus nigra) der Latwerge liefernden Beeren wegen geduldet. Mehr und mehr aber beansprucht in den Hausgärten edles Spalierobst den verfügbaren Raum, und die Hauswände überziehen sich mit «Trüetern» von feinen Trauben, Pfirsichen, Aprikosen und Birnen. Schönheitssinn und Bedürfnis für gedeckte Ausschau schmücken überall die Fenster mit Pelargonien, Fuchsien, Nelken, Blattkaktus, Primeln u. a.
Die Villengärten haben kein dem Thurgau eigenes Gepräge. Sie zeigen Spalierobst, Ziersträucher, Bäume und Blumen, wie es die Mode mit sich bringt und das Klima es erlaubt.
Die Obstbäume leiden unter dem Schorf, der die Entwicklung der Blätter beeinträchtigt und die Früchte unansehnlich und minderwertig macht; ferner unter den Fäulepilzen, die Apfelbäume speziell unter dem Krebs. Der früher so häufige Gitterrost des Birnbaums ist fast völlig verschwunden, seit dem Sevistrauch (Juniperus Sabina) der Gärten zielbewusst der Krieg erklärt ist. Das Getreide wird häufig von Rost, Stein- und Flugbrand, die Kohlarten von Zeit zu Zeit durch die Hernie heimgesucht. Der Kartoffelkrankheit steuert man durch Einführung widerstandsfähiger Sorten.
[Prof. H. Wegelin.]
9. Wald und Waldwirtschaft.
Die Waldungen nehmen noch etwa 1/5 des produktiven Areals ein. Wie die Mitteilungen über die geologische Beschaffenheit gezeigt, ist der Boden auch für diese Kultur geeignet, stellenweise sogar in hohem Grade. Die Waldungen bekleiden hauptsächlich die Kuppen und Rücken der Hügel; weniger dagegen die Gehänge, es sei denn, dass diese gegen N. liegen. Die stolzesten und ausgedehntesten Waldbestände treffen wir im Gebiet bezw. Besitz der Gemeinden Tägerwilen, Neuwilen, Ermatingen, Güttingen, Bischofszell und Frauenfeld, sodann in den Staatswald-Revieren Feldbach, Kreuzlingen-Münsterlingen, Kalchrain-Steinegg und Katharinenthal, endlich im Hinterthurgau.
Der stark parzellierte Wald ist vorherrschend Nadelwald, während noch vor 200 Jahren das Laubholz überwog, und zwar dominiert die Rottanne. Die Weisstanne bildet selten ausgedehnte Bestände, und die Föhre ist an trockene, sandige S.-Hänge und auf Kiesböden beschränkt. Nach P. Vogler sind an der N.-Abdachung des Wellenbergzuges und des Seerückens, sowie im Hinterthurgau noch zahlreiche Eiben vorhanden. Nur längs des Unter- und Bodensees finden sich ausgedehnte, in Mittelwaldbetrieb stehende Laubholzwaldungen. Einen prächtigen Buchenwald hat Ittingen. Die Auenwälder längs der Flüsse sind vorzugsweise aus Weiden, Pappeln, Erlen und Eschen zusammengesetzt.
Dem Wald sind verderblich der Hallimasch (Agaricus melleus) und der Fichtennadelrost (Chrysomyxa Abietis). Melampsorella Caryophyllacearum erzeugt die sehr häufigen Hexenbesen der Weisstanne, und die Föhrennadelschütte vernichtet ganze, selbst noch 8-10 jährige Saaten.
Auf die schweizerische landwirtschaftliche Ausstellung in Frauenfeld 1903 hin wurden Erhebungen über die thurgauischen Waldungen gemacht, denen Folgendes entnommen sei:
Gesamtfläche ha | Betriebsart Hochwald ha | Mittelwald und Niederwald ha | Wert Fr. | |
---|---|---|---|---|
I. Staatswaldungen | 1159.71 | 1091.04 | 68.67 | 1![]() ![]() |
II. Bürgergemeinde-Waldungen | 5166.85 | 2791.87 | 2368.98 | 7![]() ![]() |
III. Korporationswaldungen | 667.66 | 61.79 | 605.87 | 1![]() ![]() |
IV. Pfrund- und Kirchgemeinde-Wald | 211.09 | 196.04 | 15.05 | 304![]() |
V. Grössere Privatwaldungen | 499.85 | 418.77 | 81.08 | 580![]() |
VI. Waldungen auswärtiger Besitzer | 485.63 | 404.21 | 81.42 | 753![]() |
: | 8190.79 | 4963.72 | 3221.07 | 11![]() ![]() |
Uebrige (meist stark parzellierte) Privatwaldungen | 11![]() |
12![]() ![]() | ||
Total | 19![]() |
24![]() ![]() |
Im allgemeinen stehen Waldbau und Waldnutzung unter der Oberaufsicht des Staates bezw. des Finanzdepartements, dem zu diesem Zweck 3 Kreisförster zur Seite stehen. Ihren Wohnsitz haben sie möglichst in der Mitte ihres Kreises zu nehmen. Es liegt ihnen die Verwaltung der Staatswaldungen, sowie die Überwachung der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom und der kantonalen Vollziehungs-Verordung vom mit Bezug auf die öffentlichen und Privatwaldungen ob. In den Bürgerwaldungen verwalten Gemeindeförster und Bürgerausschüsse den Waldbesitz; in den Staatswaldungen wird der Wirtschaftsbetrieb seit mehr als 50 Jahren durch technisch gebildetes Personal geleitet.
Ueber den Wirtschaftsbetrieb und die Nutzungsverhältnisse in den Gemeinde-Waldungen sagt der Rechenschaftsbericht des Regierungsrates pro 1904 u. a.: «Vom Gemeindewaldareal stehen zirka 50% im Mittel- und Niederwaldsbetrieb, und 50% gehören dem Hochwald an dieses Verhältnis ändert sich aber fortwährend zu Gunsten des Hochwaldes, da in den grössern Waldungen am Untersee und im Bezirk Diessenhofen mit den Umwandlungen schon seit einiger Zeit begonnen worden ist und dieselben von Jahr zu Jahr zunehmen. Die Umtriebszeit beträgt für den Mittelwald 30-40 Jahre, für die Buschholzwaldungen an der Thur 6-15 Jahre; im Hochwald wird durchgehends an einem 70-90jährigen Umtrieb festgehalten.
Die Waldpflege, bestehend in Säuberungshieben und Durchforstungen, lässt noch zu wünschen übrig; doch wird seit zirka 10 Jahren hierin mehr als früher geleistet, namentlich weil jetzt das geringe Material besser verwertet werden kann.
Hinsichtlich des Kulturbetriebes ergibt sich aus den eingegangenen Berichten, dass in den Gemeinde- und
Korporationswaldungen zirka 260480 Nadel- und Laubholzpflanzen gesetzt und 32 kg Samen ausgesät wurden. Die Pflanzgärten
haben einen Umfang von 640 a.
Die Holznutzungen der Bürger- und Kirchgemeinden betragen 25537 m3 und in den Waldungen der Privatkorporationen 4063 m3 also zusammen 29600 m3. Davon fallen auf die Zwischennutzungen ¶